L 16 B 22/07 KR ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KR 1/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 22/07 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 20.04.2007 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten für die Versorgung der Antragstellerin mit dem Arzneimittel "Fiblaferon" über den 03.06.2007 hinaus bis zur Zustellung der Entscheidung im Hauptsacheverfahren SG Duisburg - S 7 KR 13/05 - , längstens bis zum 04.09.2007, in einem Umfang von 3 x 1 Mio E.s.c. pro Woche vorläufig zu übernehmen. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Wegen der Begründung nimmt der Senat entsprechend § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug. Wie das Sozialgericht in der Nichtabhilfeentscheidung unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin und des Inhalts der von ihr vorgelegten ärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. N, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am N1-hospital C, vom 22.05.2007 ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich daraus keine andere rechtliche Beurteilung des Falles. Ob keine andere - anerkannte - Therapiemöglichkeit für die Antragstellerin besteht (Alternativbehandlung mit dem neu zugelassenen "Infliximab"), ist auch und gerade unter Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, Sozialrecht -SozR- 4-2500 § 27 Nr. 5) und ihm folgend vom Bundessozial-gericht (BSG, Urt. vom 14.12.2006, Az.: B 1 KR 12/06 R, www.juris.de, Urt. vom 14.12.2006, Az.: B 1 KR 8/06 R, www.juris.de, Urt. vom 26.09.2006, SozR 4-2500 § 31 Nr. 5; Urt. vom 26.09.2006, SozR 4-2500 § 31 Nr. 6; Urt. vom 04.04.2006, SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 ) zur Anwendung von Arzneimitteln über den zugelassenen Indikationsbereich hinaus (sog. "off-label-use") zwingend zu klären. Mit dem Sozialgericht sieht der Senat eine Alternativbehandlung mit "Infliximab" nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht als ausgeschlossen an.

Im Rahmen der Interessenabwägung hat der Senat lediglich den Zeitraum, in dem die Antragstellerin vorläufig mit "Fiblaferon" zu versorgen ist, um längstens drei Monate verlängert. Bislang sind die vor einer möglichen Umstellung auf "Infliximab" notwendigen Untersuchungen, wie Tuberkulose-Screening und Koloskopie, offensichtlich nicht durchgeführt worden. Dazu, aber auch zur evtl. Durchführung der von ihrem behandelnden Arzt Prof. Dr. N, ins Gespräch gebrachten (wenn auch zustimmungsbedürftigen) hohen Coloskopie, (vgl. Bescheinigung vom 22.05.2007, Bl. 77 unten der Gerichtsakte) soll der Antragstellerin Gelegenheit gegeben werden. Des weiteren scheint nach dem Inhalt der vorliegenden, noch unvollständigen Akten und nach den Berichten über die Anhörungen des Sachverständigen im erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren erforderlich, kurzfristig eine abschließende Beweisaufnahme, am ehesten durch persönliche Anhörung des Sachverständigen, durchzuführen. Zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse im vorrangigen Hauptsacheverfahren soll dem Sozialgericht und den Beteiligten noch weitere Gelegenheit gegeben werden. Dazu scheint ein Zeitraum von drei Monaten unter Berücksichtigung der Urlaubszeit und der Ladungsfristen sinnvoll. Eine zeitlich darüber hinausgehende Möglichkeit der vorläufigen Bewilligung von "Fiblaferon" sieht der Senat mit dem Sozialgericht nicht. Wie das Sozialgericht ebenfalls zu Recht ausgeführt hat, besteht für die Antragstellerin bei einer Änderung der Sachlage, auch bei neuen Erkenntnissen, zum Ablauf der nunmehrigen Bewilligungsfrist jederzeit die Möglichkeit, erneut im Wege eines weiteren einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Versorgung mit "Fiblaferon" zu erstreiten.

Eine weitere Beweisaufnahme durch den Senat erscheint angesichts des weit fortgeschrittenen Hauptsacheverfahrens derzeit nicht tunlich, zumal auch die vom SG eingeräumte Bewillligungsfrist bereits abgelaufen ist und schon heute Bedarf für die Gewährung des Interferon-Medikamentes besteht.

Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin die vom Sozialgericht eingeräumte Frist zur Durchführung der ersten notwendigen Untersuchungen, wenn auch offensichtlich auf Anraten des behandelnden Arztes, versäumt und die Stellungnahme von Prof. Dr. N erst kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist bewirkt hat, entspricht eine auch nur teilweise Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren durch die Antragsgegnerin jedenfalls derzeit nicht der Billigkeit, § 193 SGG analog.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved