Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1414/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 201/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 8. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 15. September 1961 geborene Klägerin ist gelernte Krankenschwester und war in diesem Beruf mit Unterbrechungen bis 1999 tätig. Von 1999 bis 2002 wurde sie zur Arbeitserzieherin umgeschult, war im Anschluss daran noch ca. 1 Jahr als Krankenschwester tätig und danach für 4 Monate als Arbeitserzieherin. Seit dem 1. Januar 2004 ist sie arbeitsunfähig erkrankt, zuletzt mit Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Seit Dezember 2004 hat sie sich in geringfügigem Umfang mit einer Ich-AG selbständig gemacht.
Am 6. Februar 2003 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, wobei sie angab, aufgrund eines Cervicobrachial-Syndroms seit 1. Juni 1999 erwerbsgemindert zu sein.
Die Beklagte veranlasste eine orthopädische Begutachtung nach ambulanter Untersuchung. Dr. Z. beschrieb eine Cervicobrachialgie rechts, einen intermittierenden Schwindel, einen Tinnitus sowie einen Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung. Er erachtete die Klägerin als Krankenschwester für 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie aber noch 6 Stunden und mehr bei ausgewogenem Wechsel der Körperhaltungen und unter Vermeidung von betonter Belastung des rechten Armes sowie von Zugluft, Nässe, wechselnden Temperaturen und regelmäßiger Überkopfarbeit verrichten.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juli 2003 den Rentenantrag ab.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihre weiteren Gesundheitseinschränkungen seien nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine weitere nervenärztliche und erneute orthopädische Begutachtung. Der Nervenarzt Dr. H. beschrieb ein neurovegetatives Reizsyndrom mit cerebraler Vasomotorenstörung, ein funktionell ausgestaltetes Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Ausfälle, eine Migräne, einen Tinnitus rechts, eine Meralgia paraesthetica rechts und einen Verdacht auf Münchhausensyndrom. In der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arbeitserzieherin/-therapeutin könne sie bei Vermeiden von lang dauernden Zwangshaltungen und Heben schwerer Lasten noch vollschichtig tätig sein. Dies gelte auch für entsprechende Verweisungstätigkeiten. Der Orthopäde Dr. D. diagnostizierte: 1. funktionelle Cervicocephalgie bei hypotoner Muskelsituation, 2. sternocostales Syndrom bei rezidivierenden thoracalen Blockierungen, 3. Lumbomyalgie bei hypotoner Muskelsituation und 4. Verdacht auf somatoforme und psychovegetative Schmerzempfindungsstörung. Es bestehe lediglich eine Einschränkung der Belastbarkeit der gesamten Wirbelsäule aufgrund der hypertonen Muskelsituation, so dass das Heben und Tragen, auch von mittelschweren Lasten, oder Wirbelsäulenzwangshaltungen, langes Stehen und vorwiegend Sitzen orthopädischerseits nicht zu empfehlen sei. Die Klägerin könne daher noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten 6 Stunden und mehr verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2004 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach den Ermittlungen könne sie noch in ihrer zuletzt maßgeblichen Tätigkeit als Krankenschwester/-Pflegerin mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein und sei damit nicht erwerbsgemindert.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, aufgrund ihrer langen Erkrankung sei sie ausgesteuert.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen gehört und sie anschließend orthopädisch und nervenfachärztlich begutachten lassen.
Der Orthopäde Dr. B. führte aus, dass körperliche Belastungen bei Überbeanspruchung zu teilweise monatelang anhaltenden Beschwerden geführt hätten, welche trotz Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen jeweils nur sehr zögerlich rückläufig seien. Er erachte die Klägerin deswegen nur noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt halb- bis untervollschichtig zu verrichten. Der Internist Dr. A. war hingegen der Ansicht, dass leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit vorwiegend sitzender Tätigkeit und ohne körperliche Belastung sehr wohl noch möglich wären, nicht aber ihr Einsatz als Krankenschwester.
Der orthopädische Sachverständige Dr. H. beschrieb ein chronisches Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom ohne orthopädisch somatisch fassbare relevante Strukturstörungen und ohne objektivierbare neurologische Defizite, einen Tinnitus, eine Migräne sowie rezidivierende Schwindelattacken unklarer Genese. Die Klägerin könne seiner Auffassung nach sowohl im Beruf als Arbeitserzieherin, mit Einschränkungen auch als Krankenschwester wie auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig, d.h. mehr als 6 Stunden täglich an 5 Tagen in der Woche, verrichten. Dabei solle sie Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, häufiges Treppensteigen, Besteigen von Leitern und Arbeiten auf Gerüsten wie an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechsel- und Nachtschichten sowie Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Bedingungen (Kälte, Zugluft, Nässe, Lärm) vermeiden.
Der Psychiater und Neurologe Dr. M. diagnostizierte ein chronisches Schmerzsyndrom der HWS und LWS, einen Tinnitus aureum, einen Spannungskopfschmerz und ein Migräneleiden, zusätzlich eine Somatisierungsstörung, die bisher nicht behandelt werde. Aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms solle sie schwere körperliche Arbeiten und Arbeiten in Zwangshaltung ebenso wie Akkord- oder Fließbandtätigkeit vermeiden. Seiner Auffassung nach könne die Klägerin sowohl als Arbeitserzieherin wie Krankenschwester mehr als 6 Stunden täglich arbeiten. Sie habe ihm berichtet, dass sie sich am 15. Dezember 2004 als Ich-AG selbständig gemacht habe und Betreuung und Pflegeberatung anbiete.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. Dezember 2005, dem klägerischem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2005, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, nach den überzeugenden Gutachten von Dr. H. und Dr. M. könne die Klägerin noch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten wie auch in ihrem erlernten Beruf als Arbeitserzieherin und mit gewissen Einschränkungen auch als Krankenschwester tätig sein und sei damit nicht erwerbsgemindert.
Mit ihrer dagegen am 13. Januar 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, insbesondere das orthopädische Gutachten von Dr. H. leide an handwerklichen Fehlern, sei auf der Grundlage einer manuellen Untersuchung auf Minimalstatus und unter ausschließlicher Berücksichtigung von alten Röntgenaufnahmen aus den Jahren 2002 und 2003, die von dritter Seite gefertigt worden wären, erstellt worden. Dr. M. habe es an wissenschaftlichen Testverfahren zur Feststellung der Schmerzzustände fehlen lassen. Wenig nachvollziehbar sei auch, warum die Migräne nicht rentenrelevant sei, zumal angesichts der Häufigkeit der Anfälle.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 08. Dezember 2005 sowie den Bescheid vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der erstinstanzliche Gerichtsbescheid sei zutreffend.
Die Klägerin ist auf ihren Antrag und Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. begutachtet worden. Bei dem Neurologen und Psychiater Dr. E. ist sie zu der anberaumten Begutachtung nicht erschienen.
Dr. R. hat ausgeführt, er komme zur gleichen Bewertung hinsichtlich der körperlichen Restleistungsfähigkeit im Berufsleben wie der Vorgutachter, erachte die therapeutischen Möglichkeiten noch nicht für ausgeschöpft, so dass eine Besserung innerhalb von 2 Jahren zu erwarten sei. Die objektivierbare Störung des Achsenorganes, die lumbale und cervicobrachiale Problematik, schränke die Leistungsfähigkeit insofern ein, als gleichförmige Rumpfhaltungen sowie Bewegungsabläufe, insbesondere Bücken/Drehen, Heben von mittelschweren oder schweren Lasten, Arbeiten über Schulterhöhe oder gleichförmiges Hantieren mit den Händen nach vorne zu vermeiden seien. Unter Beachtung dessen könne sie noch 6 Stunden und mehr an 5 Wochentagen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und damit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar erfüllt sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem vorgelegten Versicherungsverlauf vom 25. Februar 2003 ergibt. Sie ist indessen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) scheidet schon deswegen aus, weil die Klägerin nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist sie auch zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, zumindest leichte Arbeiten vollschichtig unter Beachtung qualitativer Einschränkungen, die eingangs im Tatbestand beschrieben wurden, zu verrichten. Damit ist sie nicht erwerbsgemindert. Das hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt auch insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug.
Ergänzend ist auszuführen, dass im Vordergrund der Leistungsbeeinträchtigungen mittlerweile das chronische Schmerzsyndrom der HWS und LWS, überlagert durch eine Somatisierungsstörung steht. Dies hat insbesondere der Gutachter Dr. M.r herausgearbeitet. Er hat weiter in seiner Anamnese festgestellt, dass die Klägerin selbst ihre aktuelle Lebenssituation als befriedigend beschreiben kann. Ihr Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis sind regelgerecht, ebenso sind Auffassungsgabe, Umstellungs- sowie Kritik- und Urteilsfähigkeit erhalten. Sie hat deswegen einen gut strukturierten Tagesablauf, während dessen sie nach eigenen Angaben im vorgelegten Flyer 3,5 Stunden pro Woche in ihrer Ich-AG selbständig tätig ist, auch regelmäßige freundschaftliche Kontakte wie auch die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten pflegen kann. Sie geht noch sportlichen Betätigungen (z. B. Schwimmen) nach. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Ordner, Stand August 2006, ergibt sich, dass sie über vielfältige Interessen (Musik hören, kulturelle Veranstaltungen, Computer) verfügt, sich sehr stark beruflich insbesondere durch vielfältige Fortbildungen engagiert und auch im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit gut und angemessen repräsentieren kann. Die Somatisierungsstörung ist demnach nicht derart ausgeprägt, dass die Klägerin nicht mehr vollschichtig arbeiten kann, da sie durch das Schmerzgeschehen nicht so eingeschränkt sein kann, wie sie dies den Gutachtern gegenüber geschildert hat. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. Urteil vom 15. Mai 2007 - L 11 R 1499/06) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen.
Der Gutachter Dr. M. hat bei seiner Leistungsbeurteilung auch die Migräneerkrankung der Klägerin berücksichtigt, diese aber in ihrer Ausprägung als nicht rentenrelevant erachtet. Die Richtigkeit dieser Leistungseinschätzung wird auch dadurch belegt, dass die Klägerin zu einer solchen strukturierten Lebensweise in der Lage ist.
Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin im orthopädischen Forschungsinstitut S. von Dr. H. angemessen und zutreffend begutachtet wurde. Insbesondere geht der klägerische Einwand fehl, das Gutachten sei schon deswegen fehlerhaft, weil die Klägerin nicht neu geröntgt worden wäre. Dazu besteht nur dann Anlass, wenn sich ein neuer orthopädischer Befund ergibt, der weiterer Aufklärung bedarf, ansonsten ist eine Untersuchung unter Verwendung von bereits erstellten Röntgenaufnahmen sogar wegen der geringeren Eingriffsintensität für die Klägerin günstiger. Auch kommt es für die rentenrelevante Beurteilung allein auf Funktionseinschränkungen an, nicht auf Feststellung von Diagnosen, denn ein Befund wie bspw. ein Bandscheibenvorfall kann sich sehr unterschiedlich auswirken. Dessen ungeachtet hat auch die Röntgenuntersuchung durch Dr. R. zu keinen neuen Befunden geführt, sondern die Einschätzung von Dr. H. bestätigt.
Der Sachverhalt ist hierdurch aufgeklärt, die Klägerin hat von ihrem Antragsrecht nach § 109 SGG auf nervenfachärztlichem Gebiet keinen Gebrauch gemacht.
Nach alledem war deshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 15. September 1961 geborene Klägerin ist gelernte Krankenschwester und war in diesem Beruf mit Unterbrechungen bis 1999 tätig. Von 1999 bis 2002 wurde sie zur Arbeitserzieherin umgeschult, war im Anschluss daran noch ca. 1 Jahr als Krankenschwester tätig und danach für 4 Monate als Arbeitserzieherin. Seit dem 1. Januar 2004 ist sie arbeitsunfähig erkrankt, zuletzt mit Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Seit Dezember 2004 hat sie sich in geringfügigem Umfang mit einer Ich-AG selbständig gemacht.
Am 6. Februar 2003 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, wobei sie angab, aufgrund eines Cervicobrachial-Syndroms seit 1. Juni 1999 erwerbsgemindert zu sein.
Die Beklagte veranlasste eine orthopädische Begutachtung nach ambulanter Untersuchung. Dr. Z. beschrieb eine Cervicobrachialgie rechts, einen intermittierenden Schwindel, einen Tinnitus sowie einen Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung. Er erachtete die Klägerin als Krankenschwester für 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie aber noch 6 Stunden und mehr bei ausgewogenem Wechsel der Körperhaltungen und unter Vermeidung von betonter Belastung des rechten Armes sowie von Zugluft, Nässe, wechselnden Temperaturen und regelmäßiger Überkopfarbeit verrichten.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juli 2003 den Rentenantrag ab.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihre weiteren Gesundheitseinschränkungen seien nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine weitere nervenärztliche und erneute orthopädische Begutachtung. Der Nervenarzt Dr. H. beschrieb ein neurovegetatives Reizsyndrom mit cerebraler Vasomotorenstörung, ein funktionell ausgestaltetes Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Ausfälle, eine Migräne, einen Tinnitus rechts, eine Meralgia paraesthetica rechts und einen Verdacht auf Münchhausensyndrom. In der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arbeitserzieherin/-therapeutin könne sie bei Vermeiden von lang dauernden Zwangshaltungen und Heben schwerer Lasten noch vollschichtig tätig sein. Dies gelte auch für entsprechende Verweisungstätigkeiten. Der Orthopäde Dr. D. diagnostizierte: 1. funktionelle Cervicocephalgie bei hypotoner Muskelsituation, 2. sternocostales Syndrom bei rezidivierenden thoracalen Blockierungen, 3. Lumbomyalgie bei hypotoner Muskelsituation und 4. Verdacht auf somatoforme und psychovegetative Schmerzempfindungsstörung. Es bestehe lediglich eine Einschränkung der Belastbarkeit der gesamten Wirbelsäule aufgrund der hypertonen Muskelsituation, so dass das Heben und Tragen, auch von mittelschweren Lasten, oder Wirbelsäulenzwangshaltungen, langes Stehen und vorwiegend Sitzen orthopädischerseits nicht zu empfehlen sei. Die Klägerin könne daher noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten 6 Stunden und mehr verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2004 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach den Ermittlungen könne sie noch in ihrer zuletzt maßgeblichen Tätigkeit als Krankenschwester/-Pflegerin mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein und sei damit nicht erwerbsgemindert.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, aufgrund ihrer langen Erkrankung sei sie ausgesteuert.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen gehört und sie anschließend orthopädisch und nervenfachärztlich begutachten lassen.
Der Orthopäde Dr. B. führte aus, dass körperliche Belastungen bei Überbeanspruchung zu teilweise monatelang anhaltenden Beschwerden geführt hätten, welche trotz Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen jeweils nur sehr zögerlich rückläufig seien. Er erachte die Klägerin deswegen nur noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt halb- bis untervollschichtig zu verrichten. Der Internist Dr. A. war hingegen der Ansicht, dass leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit vorwiegend sitzender Tätigkeit und ohne körperliche Belastung sehr wohl noch möglich wären, nicht aber ihr Einsatz als Krankenschwester.
Der orthopädische Sachverständige Dr. H. beschrieb ein chronisches Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom ohne orthopädisch somatisch fassbare relevante Strukturstörungen und ohne objektivierbare neurologische Defizite, einen Tinnitus, eine Migräne sowie rezidivierende Schwindelattacken unklarer Genese. Die Klägerin könne seiner Auffassung nach sowohl im Beruf als Arbeitserzieherin, mit Einschränkungen auch als Krankenschwester wie auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig, d.h. mehr als 6 Stunden täglich an 5 Tagen in der Woche, verrichten. Dabei solle sie Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, häufiges Treppensteigen, Besteigen von Leitern und Arbeiten auf Gerüsten wie an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechsel- und Nachtschichten sowie Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Bedingungen (Kälte, Zugluft, Nässe, Lärm) vermeiden.
Der Psychiater und Neurologe Dr. M. diagnostizierte ein chronisches Schmerzsyndrom der HWS und LWS, einen Tinnitus aureum, einen Spannungskopfschmerz und ein Migräneleiden, zusätzlich eine Somatisierungsstörung, die bisher nicht behandelt werde. Aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms solle sie schwere körperliche Arbeiten und Arbeiten in Zwangshaltung ebenso wie Akkord- oder Fließbandtätigkeit vermeiden. Seiner Auffassung nach könne die Klägerin sowohl als Arbeitserzieherin wie Krankenschwester mehr als 6 Stunden täglich arbeiten. Sie habe ihm berichtet, dass sie sich am 15. Dezember 2004 als Ich-AG selbständig gemacht habe und Betreuung und Pflegeberatung anbiete.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. Dezember 2005, dem klägerischem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2005, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, nach den überzeugenden Gutachten von Dr. H. und Dr. M. könne die Klägerin noch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten wie auch in ihrem erlernten Beruf als Arbeitserzieherin und mit gewissen Einschränkungen auch als Krankenschwester tätig sein und sei damit nicht erwerbsgemindert.
Mit ihrer dagegen am 13. Januar 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, insbesondere das orthopädische Gutachten von Dr. H. leide an handwerklichen Fehlern, sei auf der Grundlage einer manuellen Untersuchung auf Minimalstatus und unter ausschließlicher Berücksichtigung von alten Röntgenaufnahmen aus den Jahren 2002 und 2003, die von dritter Seite gefertigt worden wären, erstellt worden. Dr. M. habe es an wissenschaftlichen Testverfahren zur Feststellung der Schmerzzustände fehlen lassen. Wenig nachvollziehbar sei auch, warum die Migräne nicht rentenrelevant sei, zumal angesichts der Häufigkeit der Anfälle.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 08. Dezember 2005 sowie den Bescheid vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der erstinstanzliche Gerichtsbescheid sei zutreffend.
Die Klägerin ist auf ihren Antrag und Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Orthopäden und Rheumatologen Dr. R. begutachtet worden. Bei dem Neurologen und Psychiater Dr. E. ist sie zu der anberaumten Begutachtung nicht erschienen.
Dr. R. hat ausgeführt, er komme zur gleichen Bewertung hinsichtlich der körperlichen Restleistungsfähigkeit im Berufsleben wie der Vorgutachter, erachte die therapeutischen Möglichkeiten noch nicht für ausgeschöpft, so dass eine Besserung innerhalb von 2 Jahren zu erwarten sei. Die objektivierbare Störung des Achsenorganes, die lumbale und cervicobrachiale Problematik, schränke die Leistungsfähigkeit insofern ein, als gleichförmige Rumpfhaltungen sowie Bewegungsabläufe, insbesondere Bücken/Drehen, Heben von mittelschweren oder schweren Lasten, Arbeiten über Schulterhöhe oder gleichförmiges Hantieren mit den Händen nach vorne zu vermeiden seien. Unter Beachtung dessen könne sie noch 6 Stunden und mehr an 5 Wochentagen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und damit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar erfüllt sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem vorgelegten Versicherungsverlauf vom 25. Februar 2003 ergibt. Sie ist indessen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) scheidet schon deswegen aus, weil die Klägerin nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist sie auch zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, zumindest leichte Arbeiten vollschichtig unter Beachtung qualitativer Einschränkungen, die eingangs im Tatbestand beschrieben wurden, zu verrichten. Damit ist sie nicht erwerbsgemindert. Das hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt auch insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug.
Ergänzend ist auszuführen, dass im Vordergrund der Leistungsbeeinträchtigungen mittlerweile das chronische Schmerzsyndrom der HWS und LWS, überlagert durch eine Somatisierungsstörung steht. Dies hat insbesondere der Gutachter Dr. M.r herausgearbeitet. Er hat weiter in seiner Anamnese festgestellt, dass die Klägerin selbst ihre aktuelle Lebenssituation als befriedigend beschreiben kann. Ihr Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis sind regelgerecht, ebenso sind Auffassungsgabe, Umstellungs- sowie Kritik- und Urteilsfähigkeit erhalten. Sie hat deswegen einen gut strukturierten Tagesablauf, während dessen sie nach eigenen Angaben im vorgelegten Flyer 3,5 Stunden pro Woche in ihrer Ich-AG selbständig tätig ist, auch regelmäßige freundschaftliche Kontakte wie auch die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten pflegen kann. Sie geht noch sportlichen Betätigungen (z. B. Schwimmen) nach. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Ordner, Stand August 2006, ergibt sich, dass sie über vielfältige Interessen (Musik hören, kulturelle Veranstaltungen, Computer) verfügt, sich sehr stark beruflich insbesondere durch vielfältige Fortbildungen engagiert und auch im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit gut und angemessen repräsentieren kann. Die Somatisierungsstörung ist demnach nicht derart ausgeprägt, dass die Klägerin nicht mehr vollschichtig arbeiten kann, da sie durch das Schmerzgeschehen nicht so eingeschränkt sein kann, wie sie dies den Gutachtern gegenüber geschildert hat. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. Urteil vom 15. Mai 2007 - L 11 R 1499/06) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen.
Der Gutachter Dr. M. hat bei seiner Leistungsbeurteilung auch die Migräneerkrankung der Klägerin berücksichtigt, diese aber in ihrer Ausprägung als nicht rentenrelevant erachtet. Die Richtigkeit dieser Leistungseinschätzung wird auch dadurch belegt, dass die Klägerin zu einer solchen strukturierten Lebensweise in der Lage ist.
Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin im orthopädischen Forschungsinstitut S. von Dr. H. angemessen und zutreffend begutachtet wurde. Insbesondere geht der klägerische Einwand fehl, das Gutachten sei schon deswegen fehlerhaft, weil die Klägerin nicht neu geröntgt worden wäre. Dazu besteht nur dann Anlass, wenn sich ein neuer orthopädischer Befund ergibt, der weiterer Aufklärung bedarf, ansonsten ist eine Untersuchung unter Verwendung von bereits erstellten Röntgenaufnahmen sogar wegen der geringeren Eingriffsintensität für die Klägerin günstiger. Auch kommt es für die rentenrelevante Beurteilung allein auf Funktionseinschränkungen an, nicht auf Feststellung von Diagnosen, denn ein Befund wie bspw. ein Bandscheibenvorfall kann sich sehr unterschiedlich auswirken. Dessen ungeachtet hat auch die Röntgenuntersuchung durch Dr. R. zu keinen neuen Befunden geführt, sondern die Einschätzung von Dr. H. bestätigt.
Der Sachverhalt ist hierdurch aufgeklärt, die Klägerin hat von ihrem Antragsrecht nach § 109 SGG auf nervenfachärztlichem Gebiet keinen Gebrauch gemacht.
Nach alledem war deshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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