L 13 AS 1976/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 410/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1976/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 14. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Für den im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist prozessuale Grundlage § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. November 2006 L 13 AS 4113/06 ER-B - in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - m.w.N. in Juris).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass sie einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Übernahme des Mietrückstands für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 auf der Grundlage von § 22 SGB II haben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht glaubhaft gemacht haben (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 14. Juni 2007 - L 13 AS 1241/07 ER-B), der Voraussetzung der von ihnen begehrten Schuldenübernahme ist. Die Antragsteller haben aber auch einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Übernahme des Mietrückstands für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 SGB XII, der, wenn, wie hier, keine aktuelle Bedürftigkeit nach § 9 SGB II besteht, nach § 21 Satz 2 SGB XII für Erwerbsfähige nicht gemäß § 21 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen ist (vgl. hierzu Oestreicher, SGB XII/SGB II, Losebl., Stand: November 2006, § 21 SGB XII Rdnr. 6), nicht glaubhaft gemacht. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Nach Satz 3 können Geldleistungen als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden. Mit diesem Wortlaut stellt der Gesetzgeber sowohl bei dem Ermessenstatbestand des Satz 1 als auch bei der Soll-Vorschrift des Satz 2 die Schuldübernahme unter das Primat, dass diese zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage "gerechtfertigt" sein muss. Bei dieser Formulierung handelt es sich um ein Tatbestandsmerkmal der Norm (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. August 2006 - L 7 SO 2938/06 ER-B -, in Juris). An einer Rechtfertigung der Schuldübernahme in diesem Sinne kann es unter Anderem dann fehlen, wenn Mietschulden dadurch entstanden sind - und möglicherweise nachhaltig wieder zu entstehen drohen -, dass der Leistungsberechtigte trotz Belehrung durch den Träger in einer unangemessen teuren Wohnung verblieben ist und die Differenz zwischen angemessenen und tatsächlichen Kosten nicht aufgebracht hat (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. August 2006, a.a.O., m.w.N.). Entsprechendes gilt, wenn die Mietschulden dadurch entstanden sind, dass die hierfür vorhandenen Mittel anderweitig eingesetzt wurden. Insoweit kann die aus § 34 SGB XII folgende Einstandspflicht des Trägers der Sozialhilfe, die ausnahmsweise auch Schulden des Leistungsberechtigten aus der Vergangenheit umfasst, nicht dazu führen, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft fortlaufend in Form von Mietschulden übernommen werden, obwohl ein Anspruch auf Leistungen hierfür aufgrund der erzielten Einnahmen nicht besteht. Dementsprechend ist jedenfalls im vorliegenden Fall ein Anspruch aus § 34 SGB X schon deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil die Antragsteller einen Anspruch gegen den für sie zuständigen Träger der Grundsicherung auf Leistungen nach dem SGB II für Unterkunft und Heizung für die Zeit, in der die Mietschulden entstanden sind, nicht glaubhaft gemacht haben (vgl. hierzu SG Freiburg, Beschluss vom 30. Oktober 2006 - S 4 AS 4951/06 ER und Beschluss des Senats vom 14. Juni 2007 - L 13 AS 1241/07 ER-B) und deutliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Antragsteller ihre Mietschulden aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln hätten begleichen können. So ist es nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller zu 1 am 29. November 2006 998,- EUR für einen Computer mit Bildschirm in bar zahlt, wenn die Antragsteller nach ihrem Vorbringen für Dezember 2006 bereits die Miete für das von ihnen bewohnte Haus nicht mehr zahlen konnten. Weiterhin fällt ebenso auf, dass der Antragsteller zu 1 nach seinen Angaben im Verfahren S 3 AS 410/07 ER am 16. Januar 2007 die Miete für Büro und Lager für die Monate November 2006, Dezember 2006 und Januar 2007 in Höhe von insgesamt 600,- EUR auf das Konto seiner Vermieter eingezahlt hat. Setzen die Antragsteller ihnen verfügbare Mittel aber nicht ein, um ihre Wohnraummiete zu begleichen, ist eine Übernahme der hierdurch entstandenen Rückstände offensichtlich nicht gerechtfertigt.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Angaben der Antragsteller über die Höhe ihrer Wohnraummiete und der diesbezüglichen Rückstände nicht verlässlich sind. Die Antragsteller haben zunächst entsprechend der Kopie des vorgelegten Mietvertrags geltend gemacht, monatliche Mietkosten in Höhe von 450,- EUR zzgl. jeweils 100,- EUR für eine Garage und einen Lagerraum zu haben sowie 75 EUR Heizkostenvorauszahlung leisten zu müssen. Dann haben sie allerdings ohne Nachweis im Antrag vom 20. September 2006 vorgetragen haben, die Heizkostenvorauszahlung habe sich seit Juni 2006 auf 170 EUR erhöht. Im Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 30. April 2007 (L 13 AS 2406/07 PKH-A) haben sie Mietkosten in Höhe von 650,- EUR, Heizkosten in Höhe von 135,- EUR und übrige Nebenkosten in Höhe von 65,82 EUR angegeben. Aus dem im Verfahren S 3 AS 410/07 ER vorgelegten Schreiben des Rechtsanwalts ihrer Vermieter vom 20. Februar 2007 geht hervor, dass sie für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 in Mietrückstand in Höhe von 2.235, EUR sind, wobei monatliche Mietschulden mit 450,- EUR zzgl. 200 EUR für Lager/Büro zzgl. 75 EUR und zzgl. 20 EUR beziffert wird. Die Antragsteller selbst geben mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. Februar 2007 im Verfahren S 3 AS 410/07 ER an, mit drei Wohnraummieten in Höhe von 605,- EUR sowie wie einer Büromiete in Höhe von 200,- EUR in Rückstand zu sein. Auch die von ihnen vorgelegten Einzahlungsbelege für vorangegangene Monate weisen Beträge in Höhe von 605 EUR und 200 EUR auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved