Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2112/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5084/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 22.04.1948 geborene und aus Kroatien stammende Klägerin hat ihren Angaben zufolge keinen Beruf erlernt und in keinem Anlernverhältnis gestanden. Nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland war sie zwischen September 1973 und April 1999 als Arbeiterin und zuletzt als Küchenhilfe in einem Altenzentrum beschäftigt. Seither ist sie arbeitsunfähig oder arbeitslos bzw. geringfügig beschäftigt.
Ein erster Rentenantrag der Klägerin vom Juni 1994 wurde mit Bescheid vom 06.12.1994/Widerspruchsbescheid vom 10.03.1995 abgelehnt, nachdem die Ärztin für Anästhesie Dr. S. und der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. zu dem Ergebnis gelangt waren, die Klägerin könne trotz der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen (infantil-regressives Verhaltensmuster, sekundär generalisierte Epilepsie, rezidivierende Epicondylitis, Verdacht auf CTS rechts, Cervikobrachialsyndrom) noch leichte Tätigkeiten ohne erhöhte geistige Anforderungen sowie ohne besonderen Zeitdruck, Nachtschicht und ohne Belastung durch Kälte, Zugluft und Nässe vollschichtig verrichten.
Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) - S 9 J 1060/95 - hörte das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen und holte ein nervenfachärztliches Gutachten bei Dr. W. ein. Dr. W. diagnostizierte bei unauffälligem klinischem sowie normalem EEG- und Echobefund eine Oligo-Epilepsie sowie eine chronifizierte neurotische Depression mit Somatisierungs- und Regressionstendenzen und erachtete die Klägerin noch für fähig, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte körperliche Tätgkeiten ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit und an laufenden Maschinen, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeitsbedingungen vollschichtig zu verrichten. Mit Urteil vom 26.09.1996 wies das SG die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) - L 2 J 3539/96 - ein. Das LSG veranlasste nach einer Befragung der behandelnden Ärzte ein fachorthopädisches Gutachten durch Dr. F., Chefarzt der Orthopädischen Rehabilitationsklinik B. R ... Dieser beschrieb ein vertebragenes cervikales und lumbales Lokalsyndrom und eine Epicondylitis ulnaris rechts und wies darauf hin, die Hauptproblematik liege bei der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Aus orthopädischer Sicht bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten möglichst im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Der sodann beauftragte Sachverständige Dr. H., Zentrum für Psychiatrie W., gab die Akten unerledigt zurück, nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie zwischenzeitlich eine dauerhafte Arbeit aufgenommen habe und aus diesem Grund den Termin nicht wahrnehmen könne. Die Klägerin nahm die Berufung zurück.
Am 20.07.2004 stellte die Klägerin erneut einen Rentenantrag. Die Beklagte ließ die Klägerin auf der klinischen Beobachtungsstation der LVA Baden-Württemberg fachorthopädisch, nervenfachärztlich und internistisch untersuchen und begutachten. Der Orthopäde Dr. K. stellte bei der Klägerin folgende Diagnosen: SIG-Irritation rechts ohne Nachweis einer Funktionseinschränkung bei Ansatztendinose Muskulus gluteus medius rechts und leichter Arthrose der Kreuzdarmbeingelenke, beginnende Coxarthrose bds. bei Coxa vara, Infraspinatussehnensyndrom rechts, Chondropathia patellae bds., Heberdenarthrose Langfinger bds ... Unter Berücksichtigung vorgelegter Hausarztunterlagen führte er zusammenfassend aus, als Küchenhelferin könne die Klägerin nurmehr unter 3 Stunden täglich arbeiten. Leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus seien weiterhin 6 Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar, wobei Tätigkeiten überwiegend in WS-Zwangshaltung, kniend, hockend, gebückt sowie mit überwiegender Überkopfarbeit zu vermeiden seien. Dr. B., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, kam zu der Beurteilung, bei der Klägerin bestünden unreife Persönlichkeitszüge mit vermehrter Affektlabilität und regressiven Verhaltensmustern, die bekannte Oligoepilepsie mit (wahrscheinlich) sekundär generalisierten Anfällen, ein Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne überdauernde klinisch-neurologische Ausfälle, angegebene LWS-Beschwerden mit rezidivierender lumboischialgischer Ausstrahlung rechts - ohne Anhalt für radikuläre Ausfälle - sowie ein intermittierender feinschlägiger Haltetremor. Anspruchslose Tätigkeiten zu ebener Erde, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung und ohne Nacht- oder Wechselschicht könne die Klägerin vollschichtig verrichten. Dr. M., Arzt für Innere Medizin, führte zusätzlich eine Schwerhörigkeit der Klägerin bei regelrechtem Verständnis der Umgangssprache ohne Hörgerät und kleine regressive Schilddrüsenveränderungen bei ausgeglichener Schilddrüsenfunktion an. Leistungslimitierende Erkrankungen hätten sich auf internistischem Fachgebiet nicht ergeben.
Mit Bescheid vom 19.04.2005 lehnte die Beklagte hierauf den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2005 zurück.
Deswegen erhob die Klägerin Klage zum SG mit der Begründung, entgegen der Auffassung der Beklagten sei bei ihr aufgrund ihrer Krankheiten (Epilepsie, Wesensveränderung, Wirbelsäulenleiden, Veränderungen der Wirbelsäule und großer Gelenke, Arthrose, Kreislaufstörungen, Verlust der Gallenblase, Reizmagen) eine volle Erwerbsminderung eingetreten.
Das SG befragte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, teilte mit, er habe die Klägerin nur einmalig wegen Missempfindungen der linken Hand untersucht und ein Karpaltunnelsyndrom diagnostiziert. Nach einer Operation und Schonfrist von 2 bis 3 Wochen wäre die Klägerin mit den Händen wieder voll belastbar. Wegen der Epilepsie-Vorgeschichte sei sie nicht geeignet für einen Beruf an gefährlichen Maschinen oder exponierten sturzgefährdenden Arbeitsplatzsituationen.
Dr. H., Facharzt für Innere Medizin, berichtete unter Befügung weiterer Arztunterlagen (Arztbriefe des Chirurgen Dr. B., des HNO-Arztes J., des Dr. H. und des Internisten Dr. A.) über Behandlungen der Klägerin zwischen Dezember 2004 und Juli 2005. Soweit von ihm als Internist beurteilbar, sei die Klägerin aufgrund der persistierenden Polyarthrose und depressiven Grundstimmung nicht mehr in der Lage, aktiv am Erwerbsleben teilzunehmen.
Der HNO-Arzt J. bekundete, er habe bei der Klägerin ein Stimmbandödem bds. diagnostiziert. Sofern der Arbeitsbereich keine ausgesprochene Sprechbelastung beinhalte, sei seines Erachtens eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchaus vertretbar. Beigefügt wurde der Entlassungsbericht der St. V.-Kliniken K. vom Februar 2005.
Der Chirurg Dr. B. führte aus, er behandle die Klägerin seit 2001 in mehr oder weniger unregelmäßigen Abständen. Die von ihm erhobenen Befunde (Lumbago, Ausschluss Coxarthrose, HWS-Syndrom) dürften einer leichten Tätigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich nicht entgegenstehen.
Nach der Aussage des Arztes für Urologie W. handle es sich bei der Klägerin um eine rezidivierende Urolithiasis mit kolikartigen Schmerzen. Da es sich um Harnsäurekonkremente handle, hätten sich die Konkremente durch Urinalkalisierung auflösen und zum Abgang bringen lassen. Bei Auftreten von Koliken sei die Klägerin nicht arbeitsfähig. Ansonsten sehe er keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete sodann Dr. R. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Dr. R. nannte zusammenfassend die Diagnosen einer kryptogenen Epilepsie mit Grand mal Anfällen, einer reaktiven Depression im Sinne der Anpassungsstörung, eines Karpaltunnelsyndroms beiderseits, eines Tremor vom essentiellen Typ, einer beginnenden Hüftgelenksarthrose beiderseits und einer Heberdenarthrose der Langfinger beiderseits. Schon aufgrund der Einschränkungen vom orthopädischen Fachgebiet her seien körperlich schwere und ausschließlich mittelschwere Tätigkeiten, solche mit überwiegender Wirbelsäulenzwangshaltung, überwiegendem Knien, Hocken oder Bücken, überwiegender Überkopfarbeit und auf unebenen Böden zu vermeiden. Darüber hinaus seien aufgrund der Epilepsie Arbeiten mit Absturzgefahr, an laufenden Maschinen, Arbeiten, die das Führen von Fahrzeugen oder das Bedienen von gefährlichen Maschinen erforderlich machten, zu vermeiden. Auch sollten Arbeiten mit extremem Zeitdruck, im Schichtbetrieb und in Nachtschicht nicht durchgeführt werden. Aufgrund der depressiven Anpassungsstörung seien Arbeiten mit hoher geistiger Beanspruchung und Anforderungen an das Konzentrationsvermögen zu vermeiden. Bei Beachtung dieser Ausschlüsse könnten körperlich leichte und gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis etwa 10 kg 6 Stunden täglich und länger durchgeführt werden. Betriebsunübliche Pausen seien nicht notwendig, auch andere besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich. Wegstrecken von jeweils mehr als 500 m könnten mit einem Zeitaufwand von jeweils maximal 20 Minuten zu Fuß zurückgelegt und öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden. Der jetzt festgestellte Gesundheitszustand bestehe nach Aktenlage weitgehend unverändert bereits seit August 1994. An neueren Arztunterlagen waren dem Gutachten u.a. Arztbriefe des Dr. H., Dr. B. und des HNO-Arztes J. von Januar bzw. Februar 2006 beigefügt.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.08.2006, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 25.09.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, die Klägerin sei zur Überzeugung des Gerichts nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, insbesondere den urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten von Dr. K., Dr. B. und Dr. M., sowie dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R. noch in der Lage, jedenfalls leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Für die Kammer sei insbesondere auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin geschilderten Tagesablaufs nachvollziehbar und schlüssig, dass sämtliche sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Gerichtsverfahren mit der Sache befassten Gutachter die Klägerin für jedenfalls leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zeitlich uneingeschränkt leistungsfähig erachtet hätten. Die Klägerin habe einen geregelten Tagesablauf und verfüge über ein erhaltenes Interessenspektrum, auch sei sie aufgrund der bestehenden orthopädischen und nervenärztlichen Gesundheitsstörungen in ihrer Alltagsbewältigung nicht merklich eingeschränkt.
Hiergegen richtet sich die am 25.09.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, die trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet worden ist.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. August 2006 sowie den Bescheid vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat einen aktuellen Versicherungsverlauf vom Oktober 2006 vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Vorprozessakten S 9 J 1060/95 und L 2 J 3539/96 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung sind im angefochtenen Bescheid vom 19.04.2005 und Widerspruchsbescheid vom 23.05.2005 sowie im Gerichtsbescheid des SG zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar hat sie zum Zeitpunkt der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wie sich aus dem Bescheid vom 19.04.2005 ergibt; sie ist jedoch weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert.
Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet vorliegend bereits von vornherein aus, weil die Klägerin in ihrem Berufsleben nur ungelernte bzw. allenfalls angelernte Tätigkeiten des unteren Bereichs (vgl. insoweit BSG SozR - 2200 § 1246 Nr. 45) verrichtet hat und weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung noch über sonstige berufsspezifische Qualifikationen verfügt. Etwas anderes hat die Klägerin auch nicht vorgetragen. Sie ist deshalb nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSGE 42, 74 ff.; 59, 249 ff. sowie 43, 243, 246; BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 49 und 50; BSG, Urteil vom 27.02.1997 - 13 RJ 9/96 -) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich und regelmäßig auszuüben. Damit ist die Klägerin auch nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die bei der Klägerin vorliegenden orthopädischen Gesundheitsstörungen sind im urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten von Dr. K. eingehend gewürdigt worden. Das beschriebene Leistungsvermögen ist nachfolgend durch die Aussage des Dr. B. im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt worden. Hinweise auf eine Befundverschlechterung sind insoweit nicht ersichtlich und werden auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. Solche ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. R ... Vielmehr zeigte sich dort bei im wesentlichen freier Beweglichkeit der Wirbelsäule und der großen Gelenke ein unauffälliger neurologischer Befund ohne Wurzelreizzeichen oder Sensibilitätsstörungen. Auffällig war lediglich ein leichter Haltetremor der Hände ohne eigentlichen Krankheitswert, der einer medikamentösen Behandlung zugänglich ist, sowie das bereits diagnostizierte Karpaltunnelsyndrom bds., welches, solange eine erfolgreiche operative Behandlung nicht erfolgt ist, lediglich schwere körperliche Arbeiten mit extremer Handbelastung ausschließt.
Im Vordergrund der die Leistungsfähigkeit der Klägerin einschränkenden Gesundheitsstörungen steht das Anfallsleiden, an dem die Klägerin nach Aktenlage bereits seit deutlich mehr als 10 Jahren leidet. Wie der Sachverständige Dr. R. insoweit herausgearbeitet hat, treten epileptische Anfälle mit Generalisierung und Bewusstseinsverlust trotz antiepileptischer Medikation noch gelegentlich auf, so zweimal im Laufe des Jahres 2005 (dreimal 2004 nach dem Gutachten von Dr. B.). Eine rentenrechtlich relevante quantitative Leistungseinschränkung resultiert hieraus jedoch ebenso wenig wie aus der reaktiven Depression im Sinne einer Anpassungsstörung. Es fanden sich keine Befunde einer hirnorganischen Wesensänderung, keine Störung der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und der Konzentration. Auch spricht die im Gutachten von Dr. R. dargestellte Tagesstruktur der Klägerin, insbesondere die Exploration der Alltagsgewohnheiten, welche gut erhaltene Alltagsaktivitäten und die weitgehende Selbstversorgung des Haushalts durch die Klägerin zeigt, auch unter Berücksichtigung der dargestellten depressiven Komponente der bei der Klägerin bestehenden Epilepsieerkrankung gegen die Annahme einer zeitlichen Leistungslimitierung. Im Freizeitverhalten, wie etwa beim Reisen, ist die Klägerin durch die finanzielle Situation beschränkt. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist nämlich von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 08.02.2006 - L 3 R 1643/04 -).
Für den Senat steht hiernach fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis etwa 10 kg mindestens 6 Stunden täglich an 5 Arbeitstagen in der Woche zu verrichten. Vermeiden muss sie aufgrund der orthopädischen Gesundheitsstörungen schwere und ausschließlich mittelschwere Tätigkeiten, solche mit überwiegender Wirbelsäulenzwangshaltung, überwiegendem Knien, Hocken oder Bücken, überwiegende Überkopfarbeit und Tätigkeiten auf unebenen Böden. Darüber hinaus sind aufgrund der Epilepsie Arbeiten mit Absturzgefahr, an laufenden Maschinen, Arbeiten, die das Führen von Fahrzeugen oder das Bedienen von gefährlichen Maschinen erforderlich machen sowie Arbeiten mit extremem Zeitdruck, im Schichtbetrieb oder in Nachtschicht zu vermeiden. Aufgrund der depressiven Anpassungsstörung sind Arbeiten mit hoher geistiger Beanspruchung und Anforderungen an das Konzentrationsvermögen nicht möglich. Soweit demgegenüber der Hausarzt der Klägerin ein 6-stündiges Leistungsvermögen aus fachfremden Gründen verneint hat, muss diese Leistungsbeurteilung im Hinblick auf die vorliegenden Gutachten und die Aussage von Dr. B. als widerlegt angesehen werden.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern. Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Schließlich ist der Klägerin auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn der Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von seiner Wohnung nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach den Entscheidungen des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 abschließend. Im Falle der Klägerin ist keiner dieser Fälle gegeben.
Die Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 1/95 -). Das Risiko, dass die Klägerin keinen für sie geeigneten Arbeitsplatz findet, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -).
Die Berufung der Klägerin konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 22.04.1948 geborene und aus Kroatien stammende Klägerin hat ihren Angaben zufolge keinen Beruf erlernt und in keinem Anlernverhältnis gestanden. Nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland war sie zwischen September 1973 und April 1999 als Arbeiterin und zuletzt als Küchenhilfe in einem Altenzentrum beschäftigt. Seither ist sie arbeitsunfähig oder arbeitslos bzw. geringfügig beschäftigt.
Ein erster Rentenantrag der Klägerin vom Juni 1994 wurde mit Bescheid vom 06.12.1994/Widerspruchsbescheid vom 10.03.1995 abgelehnt, nachdem die Ärztin für Anästhesie Dr. S. und der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. zu dem Ergebnis gelangt waren, die Klägerin könne trotz der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen (infantil-regressives Verhaltensmuster, sekundär generalisierte Epilepsie, rezidivierende Epicondylitis, Verdacht auf CTS rechts, Cervikobrachialsyndrom) noch leichte Tätigkeiten ohne erhöhte geistige Anforderungen sowie ohne besonderen Zeitdruck, Nachtschicht und ohne Belastung durch Kälte, Zugluft und Nässe vollschichtig verrichten.
Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) - S 9 J 1060/95 - hörte das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen und holte ein nervenfachärztliches Gutachten bei Dr. W. ein. Dr. W. diagnostizierte bei unauffälligem klinischem sowie normalem EEG- und Echobefund eine Oligo-Epilepsie sowie eine chronifizierte neurotische Depression mit Somatisierungs- und Regressionstendenzen und erachtete die Klägerin noch für fähig, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte körperliche Tätgkeiten ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit und an laufenden Maschinen, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeitsbedingungen vollschichtig zu verrichten. Mit Urteil vom 26.09.1996 wies das SG die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) - L 2 J 3539/96 - ein. Das LSG veranlasste nach einer Befragung der behandelnden Ärzte ein fachorthopädisches Gutachten durch Dr. F., Chefarzt der Orthopädischen Rehabilitationsklinik B. R ... Dieser beschrieb ein vertebragenes cervikales und lumbales Lokalsyndrom und eine Epicondylitis ulnaris rechts und wies darauf hin, die Hauptproblematik liege bei der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Aus orthopädischer Sicht bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten möglichst im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Der sodann beauftragte Sachverständige Dr. H., Zentrum für Psychiatrie W., gab die Akten unerledigt zurück, nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie zwischenzeitlich eine dauerhafte Arbeit aufgenommen habe und aus diesem Grund den Termin nicht wahrnehmen könne. Die Klägerin nahm die Berufung zurück.
Am 20.07.2004 stellte die Klägerin erneut einen Rentenantrag. Die Beklagte ließ die Klägerin auf der klinischen Beobachtungsstation der LVA Baden-Württemberg fachorthopädisch, nervenfachärztlich und internistisch untersuchen und begutachten. Der Orthopäde Dr. K. stellte bei der Klägerin folgende Diagnosen: SIG-Irritation rechts ohne Nachweis einer Funktionseinschränkung bei Ansatztendinose Muskulus gluteus medius rechts und leichter Arthrose der Kreuzdarmbeingelenke, beginnende Coxarthrose bds. bei Coxa vara, Infraspinatussehnensyndrom rechts, Chondropathia patellae bds., Heberdenarthrose Langfinger bds ... Unter Berücksichtigung vorgelegter Hausarztunterlagen führte er zusammenfassend aus, als Küchenhelferin könne die Klägerin nurmehr unter 3 Stunden täglich arbeiten. Leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus seien weiterhin 6 Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar, wobei Tätigkeiten überwiegend in WS-Zwangshaltung, kniend, hockend, gebückt sowie mit überwiegender Überkopfarbeit zu vermeiden seien. Dr. B., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, kam zu der Beurteilung, bei der Klägerin bestünden unreife Persönlichkeitszüge mit vermehrter Affektlabilität und regressiven Verhaltensmustern, die bekannte Oligoepilepsie mit (wahrscheinlich) sekundär generalisierten Anfällen, ein Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne überdauernde klinisch-neurologische Ausfälle, angegebene LWS-Beschwerden mit rezidivierender lumboischialgischer Ausstrahlung rechts - ohne Anhalt für radikuläre Ausfälle - sowie ein intermittierender feinschlägiger Haltetremor. Anspruchslose Tätigkeiten zu ebener Erde, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung und ohne Nacht- oder Wechselschicht könne die Klägerin vollschichtig verrichten. Dr. M., Arzt für Innere Medizin, führte zusätzlich eine Schwerhörigkeit der Klägerin bei regelrechtem Verständnis der Umgangssprache ohne Hörgerät und kleine regressive Schilddrüsenveränderungen bei ausgeglichener Schilddrüsenfunktion an. Leistungslimitierende Erkrankungen hätten sich auf internistischem Fachgebiet nicht ergeben.
Mit Bescheid vom 19.04.2005 lehnte die Beklagte hierauf den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2005 zurück.
Deswegen erhob die Klägerin Klage zum SG mit der Begründung, entgegen der Auffassung der Beklagten sei bei ihr aufgrund ihrer Krankheiten (Epilepsie, Wesensveränderung, Wirbelsäulenleiden, Veränderungen der Wirbelsäule und großer Gelenke, Arthrose, Kreislaufstörungen, Verlust der Gallenblase, Reizmagen) eine volle Erwerbsminderung eingetreten.
Das SG befragte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, teilte mit, er habe die Klägerin nur einmalig wegen Missempfindungen der linken Hand untersucht und ein Karpaltunnelsyndrom diagnostiziert. Nach einer Operation und Schonfrist von 2 bis 3 Wochen wäre die Klägerin mit den Händen wieder voll belastbar. Wegen der Epilepsie-Vorgeschichte sei sie nicht geeignet für einen Beruf an gefährlichen Maschinen oder exponierten sturzgefährdenden Arbeitsplatzsituationen.
Dr. H., Facharzt für Innere Medizin, berichtete unter Befügung weiterer Arztunterlagen (Arztbriefe des Chirurgen Dr. B., des HNO-Arztes J., des Dr. H. und des Internisten Dr. A.) über Behandlungen der Klägerin zwischen Dezember 2004 und Juli 2005. Soweit von ihm als Internist beurteilbar, sei die Klägerin aufgrund der persistierenden Polyarthrose und depressiven Grundstimmung nicht mehr in der Lage, aktiv am Erwerbsleben teilzunehmen.
Der HNO-Arzt J. bekundete, er habe bei der Klägerin ein Stimmbandödem bds. diagnostiziert. Sofern der Arbeitsbereich keine ausgesprochene Sprechbelastung beinhalte, sei seines Erachtens eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchaus vertretbar. Beigefügt wurde der Entlassungsbericht der St. V.-Kliniken K. vom Februar 2005.
Der Chirurg Dr. B. führte aus, er behandle die Klägerin seit 2001 in mehr oder weniger unregelmäßigen Abständen. Die von ihm erhobenen Befunde (Lumbago, Ausschluss Coxarthrose, HWS-Syndrom) dürften einer leichten Tätigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich nicht entgegenstehen.
Nach der Aussage des Arztes für Urologie W. handle es sich bei der Klägerin um eine rezidivierende Urolithiasis mit kolikartigen Schmerzen. Da es sich um Harnsäurekonkremente handle, hätten sich die Konkremente durch Urinalkalisierung auflösen und zum Abgang bringen lassen. Bei Auftreten von Koliken sei die Klägerin nicht arbeitsfähig. Ansonsten sehe er keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete sodann Dr. R. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Dr. R. nannte zusammenfassend die Diagnosen einer kryptogenen Epilepsie mit Grand mal Anfällen, einer reaktiven Depression im Sinne der Anpassungsstörung, eines Karpaltunnelsyndroms beiderseits, eines Tremor vom essentiellen Typ, einer beginnenden Hüftgelenksarthrose beiderseits und einer Heberdenarthrose der Langfinger beiderseits. Schon aufgrund der Einschränkungen vom orthopädischen Fachgebiet her seien körperlich schwere und ausschließlich mittelschwere Tätigkeiten, solche mit überwiegender Wirbelsäulenzwangshaltung, überwiegendem Knien, Hocken oder Bücken, überwiegender Überkopfarbeit und auf unebenen Böden zu vermeiden. Darüber hinaus seien aufgrund der Epilepsie Arbeiten mit Absturzgefahr, an laufenden Maschinen, Arbeiten, die das Führen von Fahrzeugen oder das Bedienen von gefährlichen Maschinen erforderlich machten, zu vermeiden. Auch sollten Arbeiten mit extremem Zeitdruck, im Schichtbetrieb und in Nachtschicht nicht durchgeführt werden. Aufgrund der depressiven Anpassungsstörung seien Arbeiten mit hoher geistiger Beanspruchung und Anforderungen an das Konzentrationsvermögen zu vermeiden. Bei Beachtung dieser Ausschlüsse könnten körperlich leichte und gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis etwa 10 kg 6 Stunden täglich und länger durchgeführt werden. Betriebsunübliche Pausen seien nicht notwendig, auch andere besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich. Wegstrecken von jeweils mehr als 500 m könnten mit einem Zeitaufwand von jeweils maximal 20 Minuten zu Fuß zurückgelegt und öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden. Der jetzt festgestellte Gesundheitszustand bestehe nach Aktenlage weitgehend unverändert bereits seit August 1994. An neueren Arztunterlagen waren dem Gutachten u.a. Arztbriefe des Dr. H., Dr. B. und des HNO-Arztes J. von Januar bzw. Februar 2006 beigefügt.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.08.2006, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 25.09.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, die Klägerin sei zur Überzeugung des Gerichts nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, insbesondere den urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten von Dr. K., Dr. B. und Dr. M., sowie dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R. noch in der Lage, jedenfalls leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Für die Kammer sei insbesondere auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin geschilderten Tagesablaufs nachvollziehbar und schlüssig, dass sämtliche sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Gerichtsverfahren mit der Sache befassten Gutachter die Klägerin für jedenfalls leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zeitlich uneingeschränkt leistungsfähig erachtet hätten. Die Klägerin habe einen geregelten Tagesablauf und verfüge über ein erhaltenes Interessenspektrum, auch sei sie aufgrund der bestehenden orthopädischen und nervenärztlichen Gesundheitsstörungen in ihrer Alltagsbewältigung nicht merklich eingeschränkt.
Hiergegen richtet sich die am 25.09.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, die trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet worden ist.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. August 2006 sowie den Bescheid vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat einen aktuellen Versicherungsverlauf vom Oktober 2006 vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Vorprozessakten S 9 J 1060/95 und L 2 J 3539/96 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung sind im angefochtenen Bescheid vom 19.04.2005 und Widerspruchsbescheid vom 23.05.2005 sowie im Gerichtsbescheid des SG zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Zwar hat sie zum Zeitpunkt der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wie sich aus dem Bescheid vom 19.04.2005 ergibt; sie ist jedoch weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert.
Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet vorliegend bereits von vornherein aus, weil die Klägerin in ihrem Berufsleben nur ungelernte bzw. allenfalls angelernte Tätigkeiten des unteren Bereichs (vgl. insoweit BSG SozR - 2200 § 1246 Nr. 45) verrichtet hat und weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung noch über sonstige berufsspezifische Qualifikationen verfügt. Etwas anderes hat die Klägerin auch nicht vorgetragen. Sie ist deshalb nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSGE 42, 74 ff.; 59, 249 ff. sowie 43, 243, 246; BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 49 und 50; BSG, Urteil vom 27.02.1997 - 13 RJ 9/96 -) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich und regelmäßig auszuüben. Damit ist die Klägerin auch nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die bei der Klägerin vorliegenden orthopädischen Gesundheitsstörungen sind im urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten von Dr. K. eingehend gewürdigt worden. Das beschriebene Leistungsvermögen ist nachfolgend durch die Aussage des Dr. B. im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt worden. Hinweise auf eine Befundverschlechterung sind insoweit nicht ersichtlich und werden auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. Solche ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. R ... Vielmehr zeigte sich dort bei im wesentlichen freier Beweglichkeit der Wirbelsäule und der großen Gelenke ein unauffälliger neurologischer Befund ohne Wurzelreizzeichen oder Sensibilitätsstörungen. Auffällig war lediglich ein leichter Haltetremor der Hände ohne eigentlichen Krankheitswert, der einer medikamentösen Behandlung zugänglich ist, sowie das bereits diagnostizierte Karpaltunnelsyndrom bds., welches, solange eine erfolgreiche operative Behandlung nicht erfolgt ist, lediglich schwere körperliche Arbeiten mit extremer Handbelastung ausschließt.
Im Vordergrund der die Leistungsfähigkeit der Klägerin einschränkenden Gesundheitsstörungen steht das Anfallsleiden, an dem die Klägerin nach Aktenlage bereits seit deutlich mehr als 10 Jahren leidet. Wie der Sachverständige Dr. R. insoweit herausgearbeitet hat, treten epileptische Anfälle mit Generalisierung und Bewusstseinsverlust trotz antiepileptischer Medikation noch gelegentlich auf, so zweimal im Laufe des Jahres 2005 (dreimal 2004 nach dem Gutachten von Dr. B.). Eine rentenrechtlich relevante quantitative Leistungseinschränkung resultiert hieraus jedoch ebenso wenig wie aus der reaktiven Depression im Sinne einer Anpassungsstörung. Es fanden sich keine Befunde einer hirnorganischen Wesensänderung, keine Störung der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und der Konzentration. Auch spricht die im Gutachten von Dr. R. dargestellte Tagesstruktur der Klägerin, insbesondere die Exploration der Alltagsgewohnheiten, welche gut erhaltene Alltagsaktivitäten und die weitgehende Selbstversorgung des Haushalts durch die Klägerin zeigt, auch unter Berücksichtigung der dargestellten depressiven Komponente der bei der Klägerin bestehenden Epilepsieerkrankung gegen die Annahme einer zeitlichen Leistungslimitierung. Im Freizeitverhalten, wie etwa beim Reisen, ist die Klägerin durch die finanzielle Situation beschränkt. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist nämlich von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 08.02.2006 - L 3 R 1643/04 -).
Für den Senat steht hiernach fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis etwa 10 kg mindestens 6 Stunden täglich an 5 Arbeitstagen in der Woche zu verrichten. Vermeiden muss sie aufgrund der orthopädischen Gesundheitsstörungen schwere und ausschließlich mittelschwere Tätigkeiten, solche mit überwiegender Wirbelsäulenzwangshaltung, überwiegendem Knien, Hocken oder Bücken, überwiegende Überkopfarbeit und Tätigkeiten auf unebenen Böden. Darüber hinaus sind aufgrund der Epilepsie Arbeiten mit Absturzgefahr, an laufenden Maschinen, Arbeiten, die das Führen von Fahrzeugen oder das Bedienen von gefährlichen Maschinen erforderlich machen sowie Arbeiten mit extremem Zeitdruck, im Schichtbetrieb oder in Nachtschicht zu vermeiden. Aufgrund der depressiven Anpassungsstörung sind Arbeiten mit hoher geistiger Beanspruchung und Anforderungen an das Konzentrationsvermögen nicht möglich. Soweit demgegenüber der Hausarzt der Klägerin ein 6-stündiges Leistungsvermögen aus fachfremden Gründen verneint hat, muss diese Leistungsbeurteilung im Hinblick auf die vorliegenden Gutachten und die Aussage von Dr. B. als widerlegt angesehen werden.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern. Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Schließlich ist der Klägerin auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn der Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von seiner Wohnung nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach den Entscheidungen des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 abschließend. Im Falle der Klägerin ist keiner dieser Fälle gegeben.
Die Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 1/95 -). Das Risiko, dass die Klägerin keinen für sie geeigneten Arbeitsplatz findet, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -).
Die Berufung der Klägerin konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved