Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 AL 4339/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 126/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002, hilfsweise nun auch für die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002, in Anspruch.
Der Kläger, geboren 1971, war ab 14. Mai 2001 bei der M & B GmbH (im Folgenden: M.) als Maurer beschäftigt. Nach seinen Angaben arbeitete er bis 14. Dezember 2001 und hatte dann Urlaub bis zum 31. Dezember 2001. Am 21. Januar 2002 ging ihm das Kündigungsschreiben der M. vom 01. Dezember 2001 zu, mit dem das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2001 gekündigt wurde.
Bereits am 08. Januar 2002 hatte der Kläger sich arbeitslos gemeldet. Er bezog Arbeitslosengeld (Alg) von dem Tag der Arbeitslosmeldung an und meldete sich dann nach seinem Umzug von M nach B am 04. März 2002 in B arbeitslos. Vom 08. April 2002 bis 30. September 2002 arbeitete der Kläger als Maurer/Putzer bei der S B GmbH in B.
Auf die am 28. Januar 2002 erhobene arbeitsgerichtliche Klage hin (Aktz.: ) erging am 12. März 2002 ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München, in dem festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 01. Dezember 2001 beendet worden sei, sondern unverändert fortbestehe. Die M. wurde verurteilt, an den Kläger 8.844,02 Euro brutto zu zahlen. Nachdem M. Einspruch eingelegt hatte, schlossen der Kläger und M., diese vertreten durch die Geschäftsführerin V H (im Folgenden: H.), am 17. Juni 2002 den folgenden Vergleich:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31. Januar 2002 geendet hat. 2. Die Beklagte rechnet den Monat Januar 2002 entsprechend dem November 2001 ab (1.360,63 Euro netto). 3. Die Beklagte zahlt an den Kläger Euro 2.813,08 netto, wobei Euro 1360,63 auf den Januar 2002 entfallen. Bei der Auszahlung des Januargehalts sind eventuell auf das Arbeitsamt übergegangene Ansprüche zu berücksichtigen. 4. Die Beklagte zahlt an den Kläger Euro 1.500,00 als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes 5. 6. Die sich aus dem Vergleich ergebenden Zahlungen sind bis 15.08.2002 zu leisten. Falls die Zahlungen nicht bis 15.08.2002 geleistet werden sollten, werden die Regelungen dieses Vergleichs hinfällig und das Versäumnisurteil vom 12.03.2002 lebt auf. 7. Dieser Vergleich wurde von den Parteien des Arbeitsgerichtsverfahrens, die sich den Widerruf bis 01. Juli 2002 vorbehalten hatten, nicht widerrufen.
Den am 30. April 2002 von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) B wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01. Juli 2001 bis 31. März 2002 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wies das Amtsgericht München – Insolvenzgericht (Aktz.: ) – mit Beschluss vom 16. August 2002 mangels Masse ab.
Am 09. Oktober 2002 beantragte der Kläger die Gewährung von Insg für die Zeit von November 2001 bis Januar 2002. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 08. Mai 2003 diesen Antrag ab mit der Begründung, dass der Insg-Zeitraum sich wegen des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses auf die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002 erstrecke. Für diesen Zeitraum habe der Kläger einen Anspruch auf Arbeitsentgelt aber nicht geltend gemacht. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, dass es bereits Ende Januar 2002 zur vollständigen Betriebseinstellung gekommen sei. Das ergebe sich aus den Feststellungen der AOK B. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. August 2003).
Die auf Gewährung von Insg für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil vom 01. Februar 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Das Insolvenzereignis liege hier in der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. Für ein Insolvenzereignis gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) fehle jeglicher Anhaltspunkt. Denn der Kläger habe noch am 17. Juni 2002 vor dem Arbeitsgericht München mit seiner Arbeitgeberin einen Vergleich geschlossen. Insg-Zeitraum sei hier der Zeitraum vom 16. Mai bis 15. August 2002. Dies folge aus der Ziffer 6 des Vergleichs des Klägers mit seiner Arbeitgeberin vom 17. Juni 2002 vor dem Arbeitsgericht München. Da die Arbeitgeberin ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem Vergleich nicht nachgekommen sei, sei das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. März 2002 wieder aufgelebt. Danach bestehe das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin unverändert fort. Da die Beteiligten des Arbeitsverhältnisses eine einvernehmliche Regelung getroffen hätten, sei hier keine eigenständige Kontrolle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt zur Begründung vor: Es habe sich erst im Nachhinein heraus gestellt, dass das Versäumnisurteil materiellrechtlich falsch gewesen sei, da sich u.a. nach den Unterlagen der Urlaubskasse ergeben habe, dass es sich tatsächlich bei der M. um einen Kleinbetrieb gehandelt habe, bei dem nur vier Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Das SG sei grundsätzlich an eine arbeitsgerichtliche Entscheidung nicht gebunden, sondern habe unter Heranziehung auch sonstiger materiellrechtlicher Ansprüche zu prüfen, ob das Ergebnis, das im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens getroffen worden sei, auch materiellrechtlich richtig sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Parteien auch in den folgenden Vergleichsverhandlungen davon ausgegangen seien, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich zum 31. Januar 2002 beendet worden sei. Überdies lägen auch die Voraussetzungen des § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III mit der vollständigen Beendigung der Geschäftstätigkeit zum 31. Januar 2002 vor. Die Geschäftsführerin habe im Rahmen der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht München am 17. Juni 2002 bestätigt, dass tatsächlich sämtliche Aufträge Mitte Dezember ausgelaufen und danach sämtliche Mitarbeiter gekündigt worden seien und die M. ab Januar 2002 keine Geschäftstätigkeit im Bausektor mehr ausgeübt habe. Dementsprechend sei das Ziel der vergleichsweisen Einigung vor dem Arbeitsgericht München allein gewesen, dass die Insolvenz der M. abgewendet werde. Zu diesem Zeitpunkt sei die Betriebstätigkeit jedoch bereits eingestellt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. Februar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002, hilfsweise für die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Als Insg-Zeitraum sei die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002 zugrunde gelegt worden. Soweit der Kläger geltend mache, dass der Geschäftsbetrieb der M. bereits Ende Januar 2002 eingestellt worden sei, habe die M. nach den Feststellungen der Agentur für Arbeit München auch nach Januar 2002 fortbestanden. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei von der AOK erst am 30. April 2002 gestellt worden. Im Übrigen sei die Geschäftsführerin der M. nicht auffindbar gewesen und habe keine Insg-Bescheinigungen ausgestellt, so dass weitere Erkenntnisse nicht vorlägen. Soweit der Kläger mit der M. am 17. Juni 2002 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen habe, seien sich die Parteien des Vergleichs einig gewesen, dass das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31. Januar 2002 geendet habe. Dies bedeute jedoch nicht, dass damit das Arbeitsverhältnis zu dem genannten Zeitpunkt beendet gewesen sei. Es bedeute vielmehr, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis am 17. Juni 2002 beendet hätten, wobei sie sich darüber einig gewesen seien, dass nach dem 31. Januar 2002 keine gegenseitigen Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis (mit Ausnahme der im Vergleich vereinbarten) hergeleitet werden könnten. Zudem sei in dem Vergleich vereinbart worden, dass das Versäumnisurteil vom 12. März 2002 wieder aufleben solle, wenn die vereinbarten Zahlungen seitens der Arbeitgeberin nicht erfolgten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte des Arbeitsgerichts München – -, die Leistungsakte der Beklagten, die Betriebsakte der AOK M und die Akten der Beklagten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Insg für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002 und auch nicht für den - hilfsweise geltend gemachten – Zeitraum vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der ab 01. Januar 2002 geltenden hier maßgeblichen Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I, 3443) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. An diesen Voraussetzungen fehlt es deshalb, weil der Kläger für die letzten drei Monate vor dem maßgeblichen Insolvenzereignis keine Ansprüche auf Arbeitsentgelt mehr gegen die M. hatte. Maßgebliches Insolvenzereignis ist der Beschluss des Amtsgerichts München vom 16. August 2002, mit dem der von der AOK B gestellte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden war (Aktz.: ). Ein früheres Insolvenzereignis lässt sich demgegenüber nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur vollen Überzeugung des Senats nicht feststellen. Als derartiges Insolvenzereignis kommt allein ein Insolvenzereignis i. S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III in Betracht. Das Vorbringen des Klägers, die M. habe bereits zum Ende Januar 2002 ihre Betriebstätigkeit vollständig eingestellt, erweist sich indes nach dem Inhalt der Betriebsakte der AOK B als nicht zutreffend. Denn die M. schuldete danach der AOK B noch Sozialversicherungsbeiträge für einen Arbeitnehmer namens J F aufgrund einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Zeit vom 18. März bis 31. März 2002 (Aufstellung vom 03. Februar 2003 zur Betriebsnummer). Die – beitragspflichtige – Beschäftigung dieses Arbeitnehmers spricht aber eindeutig gegen die vollständige Einstellung jeglicher Betriebstätigkeit. Feststellungen zur gleichzeitig erforderlichen Masselosigkeit der M. (vgl. die in § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III normierten Tatbestandsvoraussetzungen) zu diesem Zeitpunkt sind zudem ohnehin nicht möglich.
Für eine Einstellung der Betriebstätigkeit der M. zum Ende April 2002, die Grundlage des Vergleichsvorschlages des Senats war, lassen sich bestehende Zweifel ausschließende Feststellungen ebenfalls nicht mehr treffen; das gilt sowohl in Bezug auf die vollständige Einstellung jeglicher Betriebstätigkeit als auch in Bezug auf die Masselosigkeit. Allein der Umstand, dass die AOK B am 30. April 2002 wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, vermag die notwendigen Feststellungen zur Einstellung jeglicher Betriebstätigkeit jedenfalls nicht zu ersetzen. Die insoweit auskunftspflichtige Geschäftsführerin der M., die aus Kroatien stammende H., ist nicht mehr auffindbar. Eine für Ende August 2002 in Aussicht genommene Betriebsprüfung bei der M. konnte nicht durchgeführt werden, und ein am 10. Juni 2002 vom Amtsgericht München als Insolvenzgericht ausgestellter Haftbefehl, mit dem H. als gesetzliche Vertreterin der M. zur Erzwingung einer Auskunftserteilung über die Vermögensverhältnisse der M. verhaftet werden sollte, konnte nicht vollstreckt werden.
Auch ausgehend von einem Insolvenzereignis i. S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III am 30. April 2002 ist überdies der am 09. Oktober 2002 von dem Kläger gestellte Antrag auf Gewährung von Insg verspätet; darauf weist die Beklagte zu Recht hin. Denn nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III muss Insg innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis beantragt werden. Diese Ausschlussfrist ist, ausgehend von einem Insolvenzereignis Ende April 2000, aber jedenfalls Ende Juni 2000 abgelaufen.
Stellt man auf den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 16. August 2002 als maßgebliches Insolvenzereignis ab, handelt es sich aber bei dem mit dem Hauptanspruch geltend gemachten Anspruch für die Monate November und Dezember 2001 und Januar 2002 nicht um die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der M ... Denn dieses Arbeitsverhältnis hatte über den 31. Januar 2002 hinaus fortbestanden. Allerdings gründete sich der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht auf das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München – – vom 12. März 2002, in dem festgestellt worden war, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der M. vom 01. Dezember 2001, zugegangen am 21. Januar 2002, beendet worden sei, sondern unverändert fortbestehe. Da die M. fristgerecht gegen dieses Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hatte und die Parteien des Arbeitsgerichtsverfahrens am 17. Juni 2002 einen das Arbeitsgerichtsverfahren beendenden Vergleich geschlossen hatten, vermag das Versäumnisurteil vielmehr Rechtswirkungen nicht mehr zu zeitigen. Das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ist indes darauf zurückzuführen, dass der Kläger, vertreten durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten, mit seiner Arbeitgeberin unter der Nummer 6 des am 17. Juni 2002 geschlossenen Vergleiches vereinbart hatte, dass das Versäumnisurteil vom 12. März 2002 für den Fall wieder aufleben sollte, dass die M. ihren im Vergleich übernommenen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen sollte. Da die vereinbarte Bedingung, die Nichterfüllung der vergleichsweise übernommenen Zahlungsverpflichtungen innerhalb der bis zum 15. August 2002 laufenden Zahlungsfrist, eingetreten war, bestand das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der M. aufgrund vertraglicher Vereinbarung über den 31. Januar 2002 hinaus fort, und zwar nicht aufgrund dieses Ausspruchs in dem Versäumnisurteil vom 12. März 2002, sondern allein aufgrund der Vertragsabrede. Ohne den Abschluss dieses Vergleichs wäre das Arbeitsverhältnis hingegen zum 31. Januar 2002 beendet gewesen, da Kündigungsschutz wegen der geringen Größe des Betriebs mit nur vier Arbeitnehmern, darauf weist der Kläger zu Recht hin, nicht bestanden haben dürfte. Dass das Arbeitsverhältnis rechtlich fortbestand, ist dabei – das verkennt der Kläger – nicht auf eine Bindung an das Versäumnisurteil vom 12. März 2002 zurückzuführen, sondern allein auf die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen in dem am 17. Juni 2002 protokollierten arbeitsgerichtlichen Vergleich. Die Frage, ob die Sozialgerichte an die rechtsgestaltende Wirkung eines arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteils gebunden sind, kann daher dahinstehen. Denn die Bindung des Gerichts erwächst nicht aus dem Versäumnisurteil, sondern allein aus der vertraglich vereinbarten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der erhobene Insg-Anspruch für die Monate November und Dezember 2001 und Januar 2002 erweist sich demgemäß als unbegründet, da es sich bei diesen Monaten nicht um die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem 16. August 2002 handelt.
Das daher zwischen dem Kläger und der M. fortbestehende Arbeitsverhältnis vermag indes auch nicht den für die Zeit vom 16. Mai bis 15. August 2002 erhobenen Hilfsanspruch zu begründen. Abgesehen davon, dass auf einen Arbeitsentgeltanspruch des Klägers gegen die M. für diesen Zeitraum das Arbeitsentgelt aus dem von dem Kläger in B bereits am 08. April 2002 eingegangenen Arbeitsverhältnis anzurechnen wäre, standen dem Kläger auch nach seinem Umzug von M nach B Arbeitsentgeltansprüche unter dem allein in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkt des Annahmeverzuges der M. nicht zu. Ein derartiger – den Arbeitsentgeltanspruch begründender – Annahmeverzug des Arbeitgebers ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist (BAG, Urteil vom 19. Mai 2004 – 5 AZR 434/03 = AP Nr. 108 zu § 615 BGB). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fehlt es an jeglichem Anhalt dafür, dass der Kläger nach seinem Umzug nach B noch willens gewesen sein könnte, seine Arbeitsleistung für die M. in M zu erbringen. Diese Leistungsunwilligkeit hat der Kläger dann zusätzlich durch das Eingehen eines neuen Vollzeitarbeitsverhältnisses in B und die vorangehende dortige Arbeitslosmeldung dokumentiert. Eine subjektive Leistungsbereitschaft, die Grundlage für einen Arbeitsentgeltanspruch nach § 615 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges sein könnte, ist zudem auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers ausgeschlossen; danach hatte die M. bereits zum Ende Januar 2002 oder spätestens zum Ende April 2002 ihre Betriebstätigkeit eingestellt. Da es auch aus der Sicht des Klägers keine Beschäftigungsmöglichkeit bei der M. nach dem Ende des Monats Januar 2002 mehr gab, hatte er dieser Situation dadurch Rechnung getragen, dass er in B nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten gesucht und diese auch gefunden hatte. Eine die M. in Annahmeverzug setzende subjektive Leistungsbereitschaft des Klägers scheidet bei dieser Sachverhaltsgestaltung aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002, hilfsweise nun auch für die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002, in Anspruch.
Der Kläger, geboren 1971, war ab 14. Mai 2001 bei der M & B GmbH (im Folgenden: M.) als Maurer beschäftigt. Nach seinen Angaben arbeitete er bis 14. Dezember 2001 und hatte dann Urlaub bis zum 31. Dezember 2001. Am 21. Januar 2002 ging ihm das Kündigungsschreiben der M. vom 01. Dezember 2001 zu, mit dem das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2001 gekündigt wurde.
Bereits am 08. Januar 2002 hatte der Kläger sich arbeitslos gemeldet. Er bezog Arbeitslosengeld (Alg) von dem Tag der Arbeitslosmeldung an und meldete sich dann nach seinem Umzug von M nach B am 04. März 2002 in B arbeitslos. Vom 08. April 2002 bis 30. September 2002 arbeitete der Kläger als Maurer/Putzer bei der S B GmbH in B.
Auf die am 28. Januar 2002 erhobene arbeitsgerichtliche Klage hin (Aktz.: ) erging am 12. März 2002 ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München, in dem festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 01. Dezember 2001 beendet worden sei, sondern unverändert fortbestehe. Die M. wurde verurteilt, an den Kläger 8.844,02 Euro brutto zu zahlen. Nachdem M. Einspruch eingelegt hatte, schlossen der Kläger und M., diese vertreten durch die Geschäftsführerin V H (im Folgenden: H.), am 17. Juni 2002 den folgenden Vergleich:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31. Januar 2002 geendet hat. 2. Die Beklagte rechnet den Monat Januar 2002 entsprechend dem November 2001 ab (1.360,63 Euro netto). 3. Die Beklagte zahlt an den Kläger Euro 2.813,08 netto, wobei Euro 1360,63 auf den Januar 2002 entfallen. Bei der Auszahlung des Januargehalts sind eventuell auf das Arbeitsamt übergegangene Ansprüche zu berücksichtigen. 4. Die Beklagte zahlt an den Kläger Euro 1.500,00 als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes 5. 6. Die sich aus dem Vergleich ergebenden Zahlungen sind bis 15.08.2002 zu leisten. Falls die Zahlungen nicht bis 15.08.2002 geleistet werden sollten, werden die Regelungen dieses Vergleichs hinfällig und das Versäumnisurteil vom 12.03.2002 lebt auf. 7. Dieser Vergleich wurde von den Parteien des Arbeitsgerichtsverfahrens, die sich den Widerruf bis 01. Juli 2002 vorbehalten hatten, nicht widerrufen.
Den am 30. April 2002 von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) B wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01. Juli 2001 bis 31. März 2002 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wies das Amtsgericht München – Insolvenzgericht (Aktz.: ) – mit Beschluss vom 16. August 2002 mangels Masse ab.
Am 09. Oktober 2002 beantragte der Kläger die Gewährung von Insg für die Zeit von November 2001 bis Januar 2002. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 08. Mai 2003 diesen Antrag ab mit der Begründung, dass der Insg-Zeitraum sich wegen des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses auf die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002 erstrecke. Für diesen Zeitraum habe der Kläger einen Anspruch auf Arbeitsentgelt aber nicht geltend gemacht. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, dass es bereits Ende Januar 2002 zur vollständigen Betriebseinstellung gekommen sei. Das ergebe sich aus den Feststellungen der AOK B. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. August 2003).
Die auf Gewährung von Insg für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil vom 01. Februar 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Das Insolvenzereignis liege hier in der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. Für ein Insolvenzereignis gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) fehle jeglicher Anhaltspunkt. Denn der Kläger habe noch am 17. Juni 2002 vor dem Arbeitsgericht München mit seiner Arbeitgeberin einen Vergleich geschlossen. Insg-Zeitraum sei hier der Zeitraum vom 16. Mai bis 15. August 2002. Dies folge aus der Ziffer 6 des Vergleichs des Klägers mit seiner Arbeitgeberin vom 17. Juni 2002 vor dem Arbeitsgericht München. Da die Arbeitgeberin ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem Vergleich nicht nachgekommen sei, sei das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. März 2002 wieder aufgelebt. Danach bestehe das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin unverändert fort. Da die Beteiligten des Arbeitsverhältnisses eine einvernehmliche Regelung getroffen hätten, sei hier keine eigenständige Kontrolle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt zur Begründung vor: Es habe sich erst im Nachhinein heraus gestellt, dass das Versäumnisurteil materiellrechtlich falsch gewesen sei, da sich u.a. nach den Unterlagen der Urlaubskasse ergeben habe, dass es sich tatsächlich bei der M. um einen Kleinbetrieb gehandelt habe, bei dem nur vier Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Das SG sei grundsätzlich an eine arbeitsgerichtliche Entscheidung nicht gebunden, sondern habe unter Heranziehung auch sonstiger materiellrechtlicher Ansprüche zu prüfen, ob das Ergebnis, das im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens getroffen worden sei, auch materiellrechtlich richtig sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Parteien auch in den folgenden Vergleichsverhandlungen davon ausgegangen seien, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich zum 31. Januar 2002 beendet worden sei. Überdies lägen auch die Voraussetzungen des § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III mit der vollständigen Beendigung der Geschäftstätigkeit zum 31. Januar 2002 vor. Die Geschäftsführerin habe im Rahmen der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht München am 17. Juni 2002 bestätigt, dass tatsächlich sämtliche Aufträge Mitte Dezember ausgelaufen und danach sämtliche Mitarbeiter gekündigt worden seien und die M. ab Januar 2002 keine Geschäftstätigkeit im Bausektor mehr ausgeübt habe. Dementsprechend sei das Ziel der vergleichsweisen Einigung vor dem Arbeitsgericht München allein gewesen, dass die Insolvenz der M. abgewendet werde. Zu diesem Zeitpunkt sei die Betriebstätigkeit jedoch bereits eingestellt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. Februar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002, hilfsweise für die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Als Insg-Zeitraum sei die Zeit vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002 zugrunde gelegt worden. Soweit der Kläger geltend mache, dass der Geschäftsbetrieb der M. bereits Ende Januar 2002 eingestellt worden sei, habe die M. nach den Feststellungen der Agentur für Arbeit München auch nach Januar 2002 fortbestanden. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei von der AOK erst am 30. April 2002 gestellt worden. Im Übrigen sei die Geschäftsführerin der M. nicht auffindbar gewesen und habe keine Insg-Bescheinigungen ausgestellt, so dass weitere Erkenntnisse nicht vorlägen. Soweit der Kläger mit der M. am 17. Juni 2002 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen habe, seien sich die Parteien des Vergleichs einig gewesen, dass das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31. Januar 2002 geendet habe. Dies bedeute jedoch nicht, dass damit das Arbeitsverhältnis zu dem genannten Zeitpunkt beendet gewesen sei. Es bedeute vielmehr, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis am 17. Juni 2002 beendet hätten, wobei sie sich darüber einig gewesen seien, dass nach dem 31. Januar 2002 keine gegenseitigen Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis (mit Ausnahme der im Vergleich vereinbarten) hergeleitet werden könnten. Zudem sei in dem Vergleich vereinbart worden, dass das Versäumnisurteil vom 12. März 2002 wieder aufleben solle, wenn die vereinbarten Zahlungen seitens der Arbeitgeberin nicht erfolgten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte des Arbeitsgerichts München – -, die Leistungsakte der Beklagten, die Betriebsakte der AOK M und die Akten der Beklagten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Insg für die Zeit vom 01. November 2001 bis 31. Januar 2002 und auch nicht für den - hilfsweise geltend gemachten – Zeitraum vom 16. Mai 2002 bis 15. August 2002.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der ab 01. Januar 2002 geltenden hier maßgeblichen Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I, 3443) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. An diesen Voraussetzungen fehlt es deshalb, weil der Kläger für die letzten drei Monate vor dem maßgeblichen Insolvenzereignis keine Ansprüche auf Arbeitsentgelt mehr gegen die M. hatte. Maßgebliches Insolvenzereignis ist der Beschluss des Amtsgerichts München vom 16. August 2002, mit dem der von der AOK B gestellte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden war (Aktz.: ). Ein früheres Insolvenzereignis lässt sich demgegenüber nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur vollen Überzeugung des Senats nicht feststellen. Als derartiges Insolvenzereignis kommt allein ein Insolvenzereignis i. S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III in Betracht. Das Vorbringen des Klägers, die M. habe bereits zum Ende Januar 2002 ihre Betriebstätigkeit vollständig eingestellt, erweist sich indes nach dem Inhalt der Betriebsakte der AOK B als nicht zutreffend. Denn die M. schuldete danach der AOK B noch Sozialversicherungsbeiträge für einen Arbeitnehmer namens J F aufgrund einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Zeit vom 18. März bis 31. März 2002 (Aufstellung vom 03. Februar 2003 zur Betriebsnummer). Die – beitragspflichtige – Beschäftigung dieses Arbeitnehmers spricht aber eindeutig gegen die vollständige Einstellung jeglicher Betriebstätigkeit. Feststellungen zur gleichzeitig erforderlichen Masselosigkeit der M. (vgl. die in § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III normierten Tatbestandsvoraussetzungen) zu diesem Zeitpunkt sind zudem ohnehin nicht möglich.
Für eine Einstellung der Betriebstätigkeit der M. zum Ende April 2002, die Grundlage des Vergleichsvorschlages des Senats war, lassen sich bestehende Zweifel ausschließende Feststellungen ebenfalls nicht mehr treffen; das gilt sowohl in Bezug auf die vollständige Einstellung jeglicher Betriebstätigkeit als auch in Bezug auf die Masselosigkeit. Allein der Umstand, dass die AOK B am 30. April 2002 wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, vermag die notwendigen Feststellungen zur Einstellung jeglicher Betriebstätigkeit jedenfalls nicht zu ersetzen. Die insoweit auskunftspflichtige Geschäftsführerin der M., die aus Kroatien stammende H., ist nicht mehr auffindbar. Eine für Ende August 2002 in Aussicht genommene Betriebsprüfung bei der M. konnte nicht durchgeführt werden, und ein am 10. Juni 2002 vom Amtsgericht München als Insolvenzgericht ausgestellter Haftbefehl, mit dem H. als gesetzliche Vertreterin der M. zur Erzwingung einer Auskunftserteilung über die Vermögensverhältnisse der M. verhaftet werden sollte, konnte nicht vollstreckt werden.
Auch ausgehend von einem Insolvenzereignis i. S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III am 30. April 2002 ist überdies der am 09. Oktober 2002 von dem Kläger gestellte Antrag auf Gewährung von Insg verspätet; darauf weist die Beklagte zu Recht hin. Denn nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III muss Insg innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis beantragt werden. Diese Ausschlussfrist ist, ausgehend von einem Insolvenzereignis Ende April 2000, aber jedenfalls Ende Juni 2000 abgelaufen.
Stellt man auf den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 16. August 2002 als maßgebliches Insolvenzereignis ab, handelt es sich aber bei dem mit dem Hauptanspruch geltend gemachten Anspruch für die Monate November und Dezember 2001 und Januar 2002 nicht um die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der M ... Denn dieses Arbeitsverhältnis hatte über den 31. Januar 2002 hinaus fortbestanden. Allerdings gründete sich der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht auf das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München – – vom 12. März 2002, in dem festgestellt worden war, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der M. vom 01. Dezember 2001, zugegangen am 21. Januar 2002, beendet worden sei, sondern unverändert fortbestehe. Da die M. fristgerecht gegen dieses Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hatte und die Parteien des Arbeitsgerichtsverfahrens am 17. Juni 2002 einen das Arbeitsgerichtsverfahren beendenden Vergleich geschlossen hatten, vermag das Versäumnisurteil vielmehr Rechtswirkungen nicht mehr zu zeitigen. Das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ist indes darauf zurückzuführen, dass der Kläger, vertreten durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten, mit seiner Arbeitgeberin unter der Nummer 6 des am 17. Juni 2002 geschlossenen Vergleiches vereinbart hatte, dass das Versäumnisurteil vom 12. März 2002 für den Fall wieder aufleben sollte, dass die M. ihren im Vergleich übernommenen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen sollte. Da die vereinbarte Bedingung, die Nichterfüllung der vergleichsweise übernommenen Zahlungsverpflichtungen innerhalb der bis zum 15. August 2002 laufenden Zahlungsfrist, eingetreten war, bestand das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der M. aufgrund vertraglicher Vereinbarung über den 31. Januar 2002 hinaus fort, und zwar nicht aufgrund dieses Ausspruchs in dem Versäumnisurteil vom 12. März 2002, sondern allein aufgrund der Vertragsabrede. Ohne den Abschluss dieses Vergleichs wäre das Arbeitsverhältnis hingegen zum 31. Januar 2002 beendet gewesen, da Kündigungsschutz wegen der geringen Größe des Betriebs mit nur vier Arbeitnehmern, darauf weist der Kläger zu Recht hin, nicht bestanden haben dürfte. Dass das Arbeitsverhältnis rechtlich fortbestand, ist dabei – das verkennt der Kläger – nicht auf eine Bindung an das Versäumnisurteil vom 12. März 2002 zurückzuführen, sondern allein auf die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen in dem am 17. Juni 2002 protokollierten arbeitsgerichtlichen Vergleich. Die Frage, ob die Sozialgerichte an die rechtsgestaltende Wirkung eines arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteils gebunden sind, kann daher dahinstehen. Denn die Bindung des Gerichts erwächst nicht aus dem Versäumnisurteil, sondern allein aus der vertraglich vereinbarten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der erhobene Insg-Anspruch für die Monate November und Dezember 2001 und Januar 2002 erweist sich demgemäß als unbegründet, da es sich bei diesen Monaten nicht um die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem 16. August 2002 handelt.
Das daher zwischen dem Kläger und der M. fortbestehende Arbeitsverhältnis vermag indes auch nicht den für die Zeit vom 16. Mai bis 15. August 2002 erhobenen Hilfsanspruch zu begründen. Abgesehen davon, dass auf einen Arbeitsentgeltanspruch des Klägers gegen die M. für diesen Zeitraum das Arbeitsentgelt aus dem von dem Kläger in B bereits am 08. April 2002 eingegangenen Arbeitsverhältnis anzurechnen wäre, standen dem Kläger auch nach seinem Umzug von M nach B Arbeitsentgeltansprüche unter dem allein in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkt des Annahmeverzuges der M. nicht zu. Ein derartiger – den Arbeitsentgeltanspruch begründender – Annahmeverzug des Arbeitgebers ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist (BAG, Urteil vom 19. Mai 2004 – 5 AZR 434/03 = AP Nr. 108 zu § 615 BGB). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fehlt es an jeglichem Anhalt dafür, dass der Kläger nach seinem Umzug nach B noch willens gewesen sein könnte, seine Arbeitsleistung für die M. in M zu erbringen. Diese Leistungsunwilligkeit hat der Kläger dann zusätzlich durch das Eingehen eines neuen Vollzeitarbeitsverhältnisses in B und die vorangehende dortige Arbeitslosmeldung dokumentiert. Eine subjektive Leistungsbereitschaft, die Grundlage für einen Arbeitsentgeltanspruch nach § 615 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges sein könnte, ist zudem auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers ausgeschlossen; danach hatte die M. bereits zum Ende Januar 2002 oder spätestens zum Ende April 2002 ihre Betriebstätigkeit eingestellt. Da es auch aus der Sicht des Klägers keine Beschäftigungsmöglichkeit bei der M. nach dem Ende des Monats Januar 2002 mehr gab, hatte er dieser Situation dadurch Rechnung getragen, dass er in B nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten gesucht und diese auch gefunden hatte. Eine die M. in Annahmeverzug setzende subjektive Leistungsbereitschaft des Klägers scheidet bei dieser Sachverhaltsgestaltung aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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