Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2096/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3287/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 27.09.1945 geborene und aus Griechenland stammende Kläger hat nach seinen Angaben keinen Beruf erlernt und in der Bundesrepublik Deutschland seit September 1969 bis 1995 überwiegend als Maschinenarbeiter bei der Firma B. und nach Arbeitslosigkeit zuletzt von März 2000 bis August 2003 als Gaststättenhilfsarbeiter versicherungspflichtig gearbeitet. Ab 01.10.2005 wurde ihm von der Beklagten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit bewilligt (neu festgestellt mit Bescheid vom 30.01.2006).
Am 29.01.2003 beantragte der Kläger unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. L., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, wegen Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel, psychomotorischer Unruhe und Depression die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger untersuchen und begutachten. Die Internistin Dr. R. erhob beim Kläger rezidivierende Cervicocephalgien. Die Halswirbelsäule sei frei beweglich, Hinweise für Wurzelreizsymptome hätten sich nicht gefunden, auch sonst keine Funktionseinschränkungen von Seiten des Bewegungsapparates. Der internistische Befund sei unauffällig. Der Kläger könne alle Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Funktionseinschränkungen vollschichtig ausüben. Wegen der von Dr. L. bescheinigten chronischen Depression sei eine nervenärztliche Begutachtung erforderlich. Die Beklagte veranlasste hierauf ein nervenärztliches Gutachten durch Dr. S ... Dieser diagnostizierte unter Berücksichtigung weiterer Arztunterlagen (u.a. Befundberichte des Neurochirurgen Dr. K.) als Gesundheitsstörungen: 1. Neurasthenische Symptomatik mit berichteter vermehrter Reizbarkeit und zeitweisen Stimmungsschwankungen, 2. bei berichteten cervikogenen Kopfschmerzen langjährig zurückreichender Analgetika-Abusus, 3. bei früher röntgenologisch festgestellten degenerativen cervikalen Veränderungen kein Anhalt für segmentale Reiz- oder Ausfallserscheinungen. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch die asthenisch-gereizte Symptomatik mit zeitweisen depressiven Verstimmungszuständen und cervikogenen Kopfschmerzen qualitativ eingeschränkt. Der Kläger könne sowohl als Arbeiter in einer Gastwirtschaft als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden und mehr leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht, erhöhtem Zeitdruck und ohne überdurchschnittliche Anforderungen an das Konzentrations- und Umstellungsvermögen verrichten.
Mit Bescheid vom 02.04.2003 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger eine weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. L. vor, wonach er nur in der Lage sei, ein bis zwei Stunden täglich eine kontinuierliche Arbeit zu verrichten. Nach Einholung einer Stellungnahme des Ärztlichen Prüfdienstes wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2003 zurück.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der er sein Begehren weiterverfolgte. Aufgrund der bei ihm vorhandenen Krankheiten und Behinderungen sei er außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin K. teilte unter Beifügung weiterer Arztunterlagen mit, der Kläger klage seit 1999 über schmerzhafte HWS-Beschwerden. Die Symptomatik habe nur vorübergehend gebessert werden können. In seinem alten Beruf werde der Kläger nicht mehr tätig sein können, leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen und schwerem Heben seien jedoch eventuell machbar, eine sichere Prognose sei ihm nicht möglich.
Dr. K. berichtete über Behandlungen des Klägers seit November 1994 und die dokumentierten Gesundheitsstörungen. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger ca. acht Stunden täglich zumutbar. Zu vermeiden seien Arbeiten im Freien, unter Nässe- oder Kälteeinwirkung, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an ein schnelles Reaktionsvermögen, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten mit Zwangshaltungen und Belastungen in gebückter Stellung.
Dr. L. bekundete, dass er den Kläger seit September 2002 wegen Depressionen behandle. Trotz intensiver psychiatrischer Behandlung sei es nicht gelungen, die Chronifizierung des Krankheitsgeschehens zu verhindern. Fortgesetzt hätten die Antriebsstörungen, die Vitalsymptome und die neuropsychologischen Defizite bestanden. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei aufgrund der inzwischen chronifizierten Depression soweit reduziert, dass an eine geordnete berufliche Tätigkeit nicht zu denken sei. In einer leichteren Tätigkeit könne er maximal drei Stunden an guten Tagen arbeiten.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete Dr. B. ein nervenfachärztliches Gutachten. Dr. B. kam zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden 1. eine Anpassungsstörung mit "missmutig-frustrierter", aber auch etwas "kindlich-trotziger" Verstimmung mit zusätzlicher Akzentuierung bereits von jeher bestehender Persönlichkeitszüge - im Kontext mit fehlender beruflicher Perspektive, seit Jahren nicht realisierbaren aber erhofften Griechenland-Rückkehr-Wünschen und dem berichteten Partnerkonflikt sowie 2. HWS-Beschwerden (mit rezidivierendem cervicogenem Kopfschmerz und auch rezidivierenden Nacken-Schulter-Arm-Beschwerden links), klinisch wie elektrophysiologisch ohne Anhalt für zusätzlich assoziierte neurologische Komplikationen. Die Persönlichkeitsstörung sei von jeher anzunehmen und die beschriebene Anpassungsstörung auf die 1995 eingetretene Lebenssituation zurückverfolgbar. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne ständigen Zeitdruck, ständige nervöse Anspannung, möglichst auch ohne Nachtschicht und ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen weiterhin vollschichtig verrichten. Dies schließe auch die langjährige Tätigkeit als Maschinenführer nicht aus. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt, auch die Benutzung öffentlicher oder privater Verkehrsmittel nicht.
Der Kläger beantragte gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Einholung eines Gutachtens zunächst bei Dr. L. und dann auf Hinweis des SG, dass Dr. L. behandelnder Arzt und bereits als sachverständiger Zeuge gehört worden sei, bei Dr. S ...
Mit Urteil vom 14.06.2005, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 04.08.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es, gestützt auf die Gutachten der Internistin Dr. R. und des Neurologen und Psychiaters Dr. S. sowie der sachverständigen Zeugenaussagen des Neurochirurgen Dr. K. und des Gutachtens des Sachverständigen Dr. B., im wesentlichen aus, dass die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen insgesamt nicht so stark ausgeprägt seien, dass er dadurch gehindert wäre, einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Halswirbelsäule sei frei beweglich und Hinweise für eine Wurzelreizsymptomatik fänden sich nicht. Auf internistischem Fachgebiet seien keine relevanten Erkrankungen gegeben. Auf psychiatrischem Fachgebiet seien Hinweise für eine chronifizierte Depression, die zu einer deutlichen Reduzierung des Leistungsvermögens des Klägers führen könnten, nicht gegeben. Dies ergebe sich ganz eindeutig auch aus dem im Gutachten des Sachverständigen Dr. B. geschilderten Tagesablauf des Klägers und seinen Aktivitäten. Den Ausführungen des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. L. habe die Kammer nicht zu folgen vermocht, da eine chronische Depression des Klägers weder von Dr. S. noch von dem Sachverständigen Dr. B. bestätigt worden sei. Die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 109 SGG von Dr. S. sei abzulehnen gewesen, da dieser Antrag weit nach der vom Gericht gesetzten Frist zur Antragstellung gestellt worden sei. Der vom Kläger zunächst als Gutachter benannte Dr. L. habe sich bereits im Verfahren dreimal geäußert, so dass seine Meinung bekannt gewesen und er zudem auch behandelnder Arzt sei, was zumindest aufgrund des Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnisses Zweifel an seiner Objektivität aufkommen lasse.
Hiergegen richtet sich die am 09.08.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt vor, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 109 SGG unterlassen, da Dr. L., auch wenn er behandelnder Arzt sei und Stellungnahmen im Rahmen des Rechtsstreits abgegeben habe, durchaus ein Gutachten erstellen könne. Auch die Benennung von Dr. S. sei keineswegs verspätet erfolgt, vielmehr sei es nur ein Alternativantrag gewesen, nachdem sich das Gericht dem ersten Antrag verschlossen habe. Seine (des Klägers) Leistungsfähigkeit sei erheblich reduziert, was Dr. L. in seiner Stellungnahme vom Januar 2003 ausführlich beschrieben habe. Er leide unter Antriebsstörungen und auch sein Durchhaltevermögen sei vermindert, weshalb eine Leistungsfähigkeit auch für nur drei Stunden täglich nicht gegeben sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Juni 2005 sowie den Bescheid vom 02. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung bis 30. September 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat Dr. S. mit der Erstattung eines nervenfachärztlichen Gutachtens beauftragt. Dr. S. hat die Diagnosen einer reizbaren Persönlichkeitsstörung (emotional instabile Persönlichkeit), einer depressiven Verstimmung wechselnder Schwere (chronische Dysthymie/rezidivierende mittelschwere/schwere Depressionen mit Endzeitgedanken), mittelschwerer intellektueller Defizite, dd. ausgeprägter kognitiver Störungen im Rahmen depressiver Begleitsymptome sowie eines arteriellen Hypertonus gestellt. Dem Kläger seien aufgrund der vorliegenden gesundheitlichen, vor allem psychischen und intellektuellen Einschränkungen, nur noch körperlich leichte bis mittelschwere, geistig einfachste Tätigkeiten, aufgrund vorzeitiger geistig-konzentrativer Erschöpfbarkeit bis zu zwei Stunden pro Tag mit wiederholten, frei verfügbaren Pausen zuzumuten. Erwerbstätigkeiten auf dem freien Arbeitsmarkt seien dem Kläger nicht mehr möglich, da das konzentrative Leistungsvermögen, die emotionale Stabilität sowie die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit weder zur Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit als Restaurant-Mitarbeiter, noch zu einer Umschulung oder Einarbeitung in eine neue Tätigkeit ausreichten. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel könne wegen der Reizbarkeit und der aggressiven Erregbarkeit des Klägers nur noch in Ausnahmesituationen und nur noch zur Nebenverkehrszeit, jedoch nicht mehr mit alltäglicher Regelmäßigkeit erwartet werden. Fußwege von viermal 500 Meter seien zu leisten, soweit es sich um ruhige Nebenstraßen handle. Als Beginn der Leistungseinschränkungen sei der 01.01.2003 festzustellen.
Die Beklagte hat dazu eine beratungsärztliche Stellungnahme des Obermedizinialrates F. vorgelegt, wonach das Gutachten von Dr. S. keine hinreichende Begründung dafür gebe, von den sozialmedizinischen Beurteilungen der Gutachter Dr. S. und Dr. B. abzuweichen.
Der Senat hat sodann weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens bei Prof. Dr. Dr. W ... Prof. Dr. Dr. W. hat unter Mitarbeit von Dr. M. zusammenfassend dargelegt, beim Kläger liege eine schwere depressive Anpassungsstörung bei leicht kränk- und irritierbarer sowie leicht erregbarer Persönlichkeitsstruktur vor. Außerdem bestünden eine Neigung zu Cephalgien, HWS-Beschwerden ohne fassbare neurologische Komplikationen und eine Hypertonie. Die sich mittlerweile verselbständigt habende depressive Symptomatik sei als so chronifiziert und ausgeprägt anzusehen, dass der Kläger nicht in der Lage erscheine, weiterhin Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuführen. Als Zeitpunkt der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung sei der Februar 2007 anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger wieder aus Griechenland zurückgekehrt, hier habe sich nach fremdanamnestischen Angaben gezeigt, dass er auch im privaten Umfeld nicht mehr in der Lage sei, seinen Alltag adäquat zu gestalten. Bei Durchsicht der Aktenlage und Berücksichtigung der bisherigen nervenärztlichen Gutachten sei davon auszugehen, dass sich der psychische Zustand des Klägers auch seit Rentenantragstellung noch verschlechtert habe, insbesondere die massive soziale Rückzugstendenz und die depressiv-mürrische Grundstimmungslage. Seine Symptomatik sei mittlerweile so ausgeprägt, dass sie den ganzen Tagesablauf und den privaten Bereich durchdrungen habe und der Kläger auch zur adäquaten Gestaltung eines sinnvollen Tagesablaufs nicht mehr in der Lage sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Soweit der Kläger die Ablehnung seines Antrags nach § 109 SGG durch das SG gerügt hat, macht er zwar einen wesentlichen Verfahrensmangel geltend. Nach § 109 SGG ist ein Gericht grundsätzlich gehalten, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, wenn es sich nicht um einen unzulässigen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG handelt oder die Ablehnungsgründe nach § 109 Abs. 2 SGG vorliegen. Die Regelung des § 109 SGG stellt eine zwingende Verfahrensvorschrift dar. Der Senat braucht vorliegend jedoch nicht abschließend zu entscheiden, ob das SG den Antrag des Klägers, den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. L. gutachtlich zu hören, mit dem Hinweis auf seine bereits vorliegenden Äußerungen und Zweifel an seiner Objektivität aufgrund des Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnisses ablehnen durfte. Ebenso kann offenbleiben, ob die daraufhin beantragte Einholung eines Gutachtens bei Dr. S. wegen Verspätung des Antrags abgelehnt werden durfte. Denn die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG gemäß § 159 Abs. 1 SGG, die im Ermessen des Senats steht und eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten an einer Sachentscheidung und Prozessökonomie einerseits und dem Verlust der Instanz andererseits erfordert, sind hier nicht gegeben. Das vom Kläger gemäß § 109 SGG beantragte Gutachten des Dr. S. ist vom Senat eingeholt worden.
Streitgegenstand ist vorliegend nur noch ein Rentenanspruch des Klägers ab Antragstellung (Januar 2003) bis September 2005. Denn da der Kläger seit 01.10.2005 eine Altersrente bezieht und gemäß § 34 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit besteht, scheidet ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für Leistungsfälle ab September 2005 aus (§ 99 Abs. 1 SGB VI).
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung (§§ 300, 99, 302 b Abs. 1 SGB VI) sind im angefochtenen Bescheid und im Urteil des SG zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers im hier streitigen Zeitraum von Januar 2003 bis September 2005 nicht vor. Zwar erfüllt er die Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem Bescheid vom 02.04.2003 ergibt, er ist jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert noch berufsunfähig.
Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet vorliegend bereits von vornherein aus, weil der Kläger während seines Berufslebens lediglich ungelernte, allenfalls angelernte Tätigkeiten des unteren Bereichs verrichtet hat und weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung noch über sonstige berufsspezifische Qualifikationen verfügt. Etwas anderes hat er auch nicht geltend gemacht. Der Kläger ist deshalb nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSGE 62, 74 ff.; 59, 249 ff. und 43, 243, 246) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung noch in der Lage, zumindest leichte Arbeiten unter Vermeidung von Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, schwerem Heben und Arbeiten im Freien, unter Nässe- oder Kälteeinwirkung, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Nachtschicht, erhöhtem Zeitdruck und überdurchschnittlichen Anforderungen an das Konzentrations- und Umstellungsvermögen bzw. überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Damit war der Kläger nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt auch insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahrens und der durchgeführten Beweiserhebung vermochte sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass beim Kläger der Leistungsfall der Erwerbsminderung vor September 2005 eingetreten ist.
Weder auf internistischem noch orthopädischem Fachgebiet konnten beim Kläger schwerwiegende krankhafte Veränderungen festgestellt werden. Die von dem Allgemeinarzt K. und insbesondere von Dr. K. berichteten cervikalen Reizsymptome und Spannungskopfschmerzen bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, jedoch ohne Nachweis medulärer oder radikulärer Kompressionszeichen und ohne nachgewiesene wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen im Bereich des Bewegungsapparates bedingen lediglich qualitative Einschränkungen bezüglich der Schwere der zumutbaren Belastungen, jedoch keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Das gleiche gilt im Hinblick auf die von Dr. S. und Prof. Dr. Dr. W. beschriebene Hypertonie, die einer Behandlung zugänglich ist.
Im Vordergrund der die Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkenden Gesundheitsstörungen steht die psychische Symptomatik im Sinne einer jetzt schweren depressiven Anpassungsstörung bei leicht kränk- und irritierbarer sowie leicht erregbarer Persönlichkeitsstruktur, die im Anschluss an das überzeugende Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. zumindest seit Februar 2007 so chronifiziert und ausgeprägt ist, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, weiterhin Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuführen. Im Februar 2007 kehrte der Kläger wieder aus Griechenland zurück, wobei sich nun zeigte, dass er auch im privaten Umfeld nicht mehr in der Lage ist, seinen Alltag adäquat zu gestalten.
Ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers aufgrund der psychischen Erscheinungen vor September 2005 erachtet der Senat indes nicht für nachgewiesen. Eine psychisch bedingte Störung kann (nur) dann zur Gewährung einer Rente führen, wenn feststeht, dass sie tatsächlich vorliegt, der Betroffene sie aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe gleich oder doch bald - innerhalb eines halben Jahres - nicht überwinden kann, und wenn die Störung die Erwerbsfähigkeit in dem in § 43 SGB VI vorausgesetzten Umfang mindert (BSG SozR Nrn. 38, 39 und 76 zu § 1246 RVO; BSGE 21, 189). Den Rentenbewerber trifft für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit die objektive Beweislast (BSGE 21, 189). Davon ausgehend ist eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers durch die psychische Erkrankung jedenfalls bis September 2005 nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom März 2003, dem nervenärztlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. B. aufgrund einer Untersuchung des Klägers im Oktober 2004 sowie der Feststellungen des Prof. Dr. Dr. W ... Dr. S. beschrieb das Bild einer asthenisch-gereizten Symptomatik, die der Kläger im Untersuchungszeitraum gut zu beherrschen vermochte. Eine eigenständige krankheitswertige depressive Erkrankung bzw. eine gravierende Depression konnte nicht erschlossen werden. Es bestand keine Affektlabilität und der Gedankengang war formal und inhaltlich unauffällig. Dr. S. wies darauf hin, dass die gereizt-depressive Symptomatik persönlichkeitsgebunden und dementsprechend bereits seit Jahrzehnten manifest ist. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei qualitativ aber nicht soweit eingeschränkt, dass von Erwerbsunfähigkeit ausgegangen werden könnte. Dr. B. hat im wesentlichen gleiche Erscheinungen beschrieben und eine Anpassungsstörung mit missmutig-frustrierter, aber auch etwas kindlich-trotziger Verstimmung mit zusätzlicher Akzentuierung bereits von jeher bestehender Persönlichkeitszüge diagnostiziert und ebenfalls deutlich gemacht, dass die Persönlichkeitsstörung von jeher anzunehmen und die Anpassungsstörung auf eine im Jahr 1995 eingetretene Lebenssituation nachverfolgbar ist. Psychisch ergaben sich keine Hinweise für das Vorliegen einer Psychose. Ausführungen des Klägers zu beruflichen Überlegungen ließen durchaus auf ein subjektiv erhaltenes Leistungsvermögen schließen. Eine überdauernde depressive Symptomatik von weiterreichender sozialmedizinischer Relevanz war nach den Darlegungen von Dr. B. aus der Exploration und Verhaltensbeobachtung nicht herleitbar, auch keine Antriebsstörung. Von daher ist die Beurteilung von Dr. B., dass der Kläger leichte Arbeiten noch vollschichtig bzw. sechs Stunden und mehr täglich verrichten konnte, nachvollziehbar und überzeugend.
Soweit demgegenüber Dr. L. den Kläger seit September 2002 (erste Vorstellung des Klägers) nurmehr für in der Lage erachtete, ein bis zwei Stunden, an besonders guten Tagen auch drei Stunden, leichte Tätigkeiten auszuführen, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. L. begründet seine Einschätzung vor allem mit einer Affektabsenkung, Antriebslosigkeit, einem hohen Aggressionsniveau und neuropsychologischen Defiziten (Merkfähigkeitsstörungen, Konzentrationsstörungen, verminderte Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit) sowie einem drastisch reduzierten Durchhaltevermögen. Bei der langen Exploration durch Dr. B. war jedoch keine objektive Störung der Merkfähigkeit, des Gedächtnisses und der Auffassung und Konzentration auffällig. Ebenso wenig war in der naturgemäß für jeden zu Begutachtenden überdurchschnittlich anstrengenden gutachterlichen Exploration kein psychisch "drastisch reduziertes Durchhaltevermögen" erkennbar. Die Ausführungen von Dr. L. lassen auch Überlegungen zur Primärpersönlichkeit und zum biographischen Hintergrund des Klägers vermissen. Gegen die Einschätzung des Dr. L. spricht zudem, dass der Kläger noch bis August 2003 in der Gaststätte versicherungspflichtig beschäftigt war (vgl. zum stärkeren Beweiswert der tatsächlichen Arbeitsleistung: Niesel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI Rdnr. 28).
Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. hat für den Senat überzeugend aufgezeigt, dass sich beim Kläger allerdings zwischenzeitlich ein erhebliches depressives Syndrom eingestellt hat, welches sich vor allem in einer gereizt-missmutigen Grundstimmung, gelegentlichen massiven Unruhezuständen mit Aggressionsdurchbrüchen und einem völligen sozialen Rückzug manifestiert. Dieses Verhalten hat sich, wie Prof. Dr. Dr. W. herausgearbeitet und begründet hat, in den letzten Monaten so verfestigt, dass der Kläger auch in privaten Situationen nicht mehr entspannen und für ihn selbst befriedigende menschliche Kontakte erleben kann. Es ist jetzt von einer depressiven Verbitterungsreaktion auszugehen, die mittlerweile fast das Ausmaß einer malignen Regression angenommen und sich weitgehend verselbständigt hat. Die depressive Symptomatik ist so chronifiziert und ausgeprägt, dass der Kläger jetzt Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht mehr verrichten kann. Als Zeitpunkt der sozialmedizinischen Leistungseinschränkung nimmt Prof. Dr. Dr. W. den Februar 2007 an, da der Kläger nach seiner Rückkehr aus Griechenland auch im privaten Umfeld nicht mehr in der Lage ist, seinen Alltag adäquat zu gestalten. Prof. Dr. Dr. W. macht deutlich, dass sich der psychische Zustand des Klägers seit der Rentenantragstellung verschlechtert hat, insbesondere die massive Rückzugstendenz und die depressiv-mürrische Grundstimmungslage, die in diesem Ausmaß weder zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. S. noch bei der Untersuchung durch Dr. B. vorlag. Prof. Dr. Dr. W. bestätigt unter Hinweis auf die Progredienz des Krankheitsbildes ausdrücklich die sozialmedizinischen Schlussfolgerungen von Dr. S. und Dr. B. als im Einklang mit den damals erhobenen Befunden stehend.
Was die Leistungseinschätzung durch Dr. S. angeht, unterscheidet sie sich zwar nicht wesentlich von der Beurteilung durch Prof. Dr. Dr. W., jedoch ist auch für den Senat mit Prof. Dr. Dr. W. die diagnostische Einschätzung und die psychiatrische Beschreibung des Klägers nicht überzeugend. So ist die intellektuelle Ausstattung des Klägers - wie sich aus allen anderen Gutachten ergibt - nicht an der Grenze zur Minderbegabung anzusiedeln. Auch erfüllt die reizbare Persönlichkeitsstörung - so Prof. Dr. Dr. W. - nicht die Kriterien einer emotional instabilen Persönlichkeit. Zu Recht weist im übrigen auch der beratende Arzt der Beklagten, Obermedizinalrat F., auf die Inkonsistenzen bei der Anamnese von Dr. S. im Vergleich zu den früheren Gutachten hin und die zweifellos ins Berufsleben mit eingebrachten Persönlichkeitszüge mit eingeschränkten Möglichkeiten bezüglich der Beherrschung von Emotionen. Beim Tagesablauf werden zwar einzelne Alltagsbetätigungen erwähnt, eine detaillierte Beschreibung des gesamten Tagesablaufs fehlt jedoch. Dem Gutachten ist auch nicht zu entnehmen, ob der Kläger erst am Tag der Untersuchung mehrere Stunden angereist ist mit der Folge eventueller Beeinflussung der Untersuchungsergebnisse. Der Senat schließt sich daher den Bedenken von Obermedizinalrat F. an, dass sich aus dem Gutachten keine hinreichende Begründung dafür gibt, von den sozialmedizinischen Beurteilungen durch die Dres. S. und B. abzuweichen. Soweit Dr. S. das von ihm angenommene Leistungsvermögen von bis zu zwei Stunden pro Tag bereits seit 01.01.2003 (Stellungnahme von Dr. L.) annimmt, kann dem bereits aus den oben genannten Gründen der noch tatsächlichen Beschäftigung des Klägers nicht gefolgt werden.
Nicht nachvollziehbar ist für den Senat ebenso wie für Prof. Dr. Dr. W. auch die Auffassung des Dr. S., der Kläger könne nur öffentliche Verkehrsmittel in Ausnahmesituationen und nur noch Fußwege auf ruhigen Nebenstraßen benutzen.
Im übrigen geht auch Dr. S. von einer Progredienz der psychischen Störung beim Kläger aus. Selbst wenn vor dem Hintergrund der von Dr. S. beschriebenen Defizite und Störungen zum Zeitpunkt der Begutachtung im Januar 2006 von einer Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf unter sechs Stunden pro Tag ausgegangen würde, lässt sich daraus keine entsprechende Beeinträchtigung bereits im September 2005 ableiten.
Für den Senat steht hiernach fest, dass der Kläger über den Zeitpunkt der Rentenantragstellung hinaus bis zum Beginn der Altersrente (01.10.2005) noch in der Lage war, leichte Tätigkeiten mit den oben genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht dem Kläger keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern. Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen des Klägers erlaubte ihm noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Schließlich war dem Kläger auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn der Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von seiner Wohnung nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach den Entscheidungen des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 abschließend. Im Falle des Klägers ist keiner dieser Fälle gegeben.
Die Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 1/95 -). Das Risiko, dass der Kläger keinen für ihn geeigneten Arbeitsplatz fand, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -).
Die Berufung des Klägers konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 27.09.1945 geborene und aus Griechenland stammende Kläger hat nach seinen Angaben keinen Beruf erlernt und in der Bundesrepublik Deutschland seit September 1969 bis 1995 überwiegend als Maschinenarbeiter bei der Firma B. und nach Arbeitslosigkeit zuletzt von März 2000 bis August 2003 als Gaststättenhilfsarbeiter versicherungspflichtig gearbeitet. Ab 01.10.2005 wurde ihm von der Beklagten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit bewilligt (neu festgestellt mit Bescheid vom 30.01.2006).
Am 29.01.2003 beantragte der Kläger unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. L., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, wegen Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel, psychomotorischer Unruhe und Depression die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger untersuchen und begutachten. Die Internistin Dr. R. erhob beim Kläger rezidivierende Cervicocephalgien. Die Halswirbelsäule sei frei beweglich, Hinweise für Wurzelreizsymptome hätten sich nicht gefunden, auch sonst keine Funktionseinschränkungen von Seiten des Bewegungsapparates. Der internistische Befund sei unauffällig. Der Kläger könne alle Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Funktionseinschränkungen vollschichtig ausüben. Wegen der von Dr. L. bescheinigten chronischen Depression sei eine nervenärztliche Begutachtung erforderlich. Die Beklagte veranlasste hierauf ein nervenärztliches Gutachten durch Dr. S ... Dieser diagnostizierte unter Berücksichtigung weiterer Arztunterlagen (u.a. Befundberichte des Neurochirurgen Dr. K.) als Gesundheitsstörungen: 1. Neurasthenische Symptomatik mit berichteter vermehrter Reizbarkeit und zeitweisen Stimmungsschwankungen, 2. bei berichteten cervikogenen Kopfschmerzen langjährig zurückreichender Analgetika-Abusus, 3. bei früher röntgenologisch festgestellten degenerativen cervikalen Veränderungen kein Anhalt für segmentale Reiz- oder Ausfallserscheinungen. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch die asthenisch-gereizte Symptomatik mit zeitweisen depressiven Verstimmungszuständen und cervikogenen Kopfschmerzen qualitativ eingeschränkt. Der Kläger könne sowohl als Arbeiter in einer Gastwirtschaft als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden und mehr leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht, erhöhtem Zeitdruck und ohne überdurchschnittliche Anforderungen an das Konzentrations- und Umstellungsvermögen verrichten.
Mit Bescheid vom 02.04.2003 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger eine weitere gutachterliche Stellungnahme von Dr. L. vor, wonach er nur in der Lage sei, ein bis zwei Stunden täglich eine kontinuierliche Arbeit zu verrichten. Nach Einholung einer Stellungnahme des Ärztlichen Prüfdienstes wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2003 zurück.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der er sein Begehren weiterverfolgte. Aufgrund der bei ihm vorhandenen Krankheiten und Behinderungen sei er außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin K. teilte unter Beifügung weiterer Arztunterlagen mit, der Kläger klage seit 1999 über schmerzhafte HWS-Beschwerden. Die Symptomatik habe nur vorübergehend gebessert werden können. In seinem alten Beruf werde der Kläger nicht mehr tätig sein können, leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen und schwerem Heben seien jedoch eventuell machbar, eine sichere Prognose sei ihm nicht möglich.
Dr. K. berichtete über Behandlungen des Klägers seit November 1994 und die dokumentierten Gesundheitsstörungen. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger ca. acht Stunden täglich zumutbar. Zu vermeiden seien Arbeiten im Freien, unter Nässe- oder Kälteeinwirkung, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an ein schnelles Reaktionsvermögen, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten mit Zwangshaltungen und Belastungen in gebückter Stellung.
Dr. L. bekundete, dass er den Kläger seit September 2002 wegen Depressionen behandle. Trotz intensiver psychiatrischer Behandlung sei es nicht gelungen, die Chronifizierung des Krankheitsgeschehens zu verhindern. Fortgesetzt hätten die Antriebsstörungen, die Vitalsymptome und die neuropsychologischen Defizite bestanden. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei aufgrund der inzwischen chronifizierten Depression soweit reduziert, dass an eine geordnete berufliche Tätigkeit nicht zu denken sei. In einer leichteren Tätigkeit könne er maximal drei Stunden an guten Tagen arbeiten.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete Dr. B. ein nervenfachärztliches Gutachten. Dr. B. kam zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden 1. eine Anpassungsstörung mit "missmutig-frustrierter", aber auch etwas "kindlich-trotziger" Verstimmung mit zusätzlicher Akzentuierung bereits von jeher bestehender Persönlichkeitszüge - im Kontext mit fehlender beruflicher Perspektive, seit Jahren nicht realisierbaren aber erhofften Griechenland-Rückkehr-Wünschen und dem berichteten Partnerkonflikt sowie 2. HWS-Beschwerden (mit rezidivierendem cervicogenem Kopfschmerz und auch rezidivierenden Nacken-Schulter-Arm-Beschwerden links), klinisch wie elektrophysiologisch ohne Anhalt für zusätzlich assoziierte neurologische Komplikationen. Die Persönlichkeitsstörung sei von jeher anzunehmen und die beschriebene Anpassungsstörung auf die 1995 eingetretene Lebenssituation zurückverfolgbar. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne ständigen Zeitdruck, ständige nervöse Anspannung, möglichst auch ohne Nachtschicht und ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen weiterhin vollschichtig verrichten. Dies schließe auch die langjährige Tätigkeit als Maschinenführer nicht aus. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt, auch die Benutzung öffentlicher oder privater Verkehrsmittel nicht.
Der Kläger beantragte gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Einholung eines Gutachtens zunächst bei Dr. L. und dann auf Hinweis des SG, dass Dr. L. behandelnder Arzt und bereits als sachverständiger Zeuge gehört worden sei, bei Dr. S ...
Mit Urteil vom 14.06.2005, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 04.08.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es, gestützt auf die Gutachten der Internistin Dr. R. und des Neurologen und Psychiaters Dr. S. sowie der sachverständigen Zeugenaussagen des Neurochirurgen Dr. K. und des Gutachtens des Sachverständigen Dr. B., im wesentlichen aus, dass die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen insgesamt nicht so stark ausgeprägt seien, dass er dadurch gehindert wäre, einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Halswirbelsäule sei frei beweglich und Hinweise für eine Wurzelreizsymptomatik fänden sich nicht. Auf internistischem Fachgebiet seien keine relevanten Erkrankungen gegeben. Auf psychiatrischem Fachgebiet seien Hinweise für eine chronifizierte Depression, die zu einer deutlichen Reduzierung des Leistungsvermögens des Klägers führen könnten, nicht gegeben. Dies ergebe sich ganz eindeutig auch aus dem im Gutachten des Sachverständigen Dr. B. geschilderten Tagesablauf des Klägers und seinen Aktivitäten. Den Ausführungen des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. L. habe die Kammer nicht zu folgen vermocht, da eine chronische Depression des Klägers weder von Dr. S. noch von dem Sachverständigen Dr. B. bestätigt worden sei. Die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 109 SGG von Dr. S. sei abzulehnen gewesen, da dieser Antrag weit nach der vom Gericht gesetzten Frist zur Antragstellung gestellt worden sei. Der vom Kläger zunächst als Gutachter benannte Dr. L. habe sich bereits im Verfahren dreimal geäußert, so dass seine Meinung bekannt gewesen und er zudem auch behandelnder Arzt sei, was zumindest aufgrund des Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnisses Zweifel an seiner Objektivität aufkommen lasse.
Hiergegen richtet sich die am 09.08.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt vor, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 109 SGG unterlassen, da Dr. L., auch wenn er behandelnder Arzt sei und Stellungnahmen im Rahmen des Rechtsstreits abgegeben habe, durchaus ein Gutachten erstellen könne. Auch die Benennung von Dr. S. sei keineswegs verspätet erfolgt, vielmehr sei es nur ein Alternativantrag gewesen, nachdem sich das Gericht dem ersten Antrag verschlossen habe. Seine (des Klägers) Leistungsfähigkeit sei erheblich reduziert, was Dr. L. in seiner Stellungnahme vom Januar 2003 ausführlich beschrieben habe. Er leide unter Antriebsstörungen und auch sein Durchhaltevermögen sei vermindert, weshalb eine Leistungsfähigkeit auch für nur drei Stunden täglich nicht gegeben sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Juni 2005 sowie den Bescheid vom 02. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung bis 30. September 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat Dr. S. mit der Erstattung eines nervenfachärztlichen Gutachtens beauftragt. Dr. S. hat die Diagnosen einer reizbaren Persönlichkeitsstörung (emotional instabile Persönlichkeit), einer depressiven Verstimmung wechselnder Schwere (chronische Dysthymie/rezidivierende mittelschwere/schwere Depressionen mit Endzeitgedanken), mittelschwerer intellektueller Defizite, dd. ausgeprägter kognitiver Störungen im Rahmen depressiver Begleitsymptome sowie eines arteriellen Hypertonus gestellt. Dem Kläger seien aufgrund der vorliegenden gesundheitlichen, vor allem psychischen und intellektuellen Einschränkungen, nur noch körperlich leichte bis mittelschwere, geistig einfachste Tätigkeiten, aufgrund vorzeitiger geistig-konzentrativer Erschöpfbarkeit bis zu zwei Stunden pro Tag mit wiederholten, frei verfügbaren Pausen zuzumuten. Erwerbstätigkeiten auf dem freien Arbeitsmarkt seien dem Kläger nicht mehr möglich, da das konzentrative Leistungsvermögen, die emotionale Stabilität sowie die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit weder zur Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit als Restaurant-Mitarbeiter, noch zu einer Umschulung oder Einarbeitung in eine neue Tätigkeit ausreichten. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel könne wegen der Reizbarkeit und der aggressiven Erregbarkeit des Klägers nur noch in Ausnahmesituationen und nur noch zur Nebenverkehrszeit, jedoch nicht mehr mit alltäglicher Regelmäßigkeit erwartet werden. Fußwege von viermal 500 Meter seien zu leisten, soweit es sich um ruhige Nebenstraßen handle. Als Beginn der Leistungseinschränkungen sei der 01.01.2003 festzustellen.
Die Beklagte hat dazu eine beratungsärztliche Stellungnahme des Obermedizinialrates F. vorgelegt, wonach das Gutachten von Dr. S. keine hinreichende Begründung dafür gebe, von den sozialmedizinischen Beurteilungen der Gutachter Dr. S. und Dr. B. abzuweichen.
Der Senat hat sodann weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens bei Prof. Dr. Dr. W ... Prof. Dr. Dr. W. hat unter Mitarbeit von Dr. M. zusammenfassend dargelegt, beim Kläger liege eine schwere depressive Anpassungsstörung bei leicht kränk- und irritierbarer sowie leicht erregbarer Persönlichkeitsstruktur vor. Außerdem bestünden eine Neigung zu Cephalgien, HWS-Beschwerden ohne fassbare neurologische Komplikationen und eine Hypertonie. Die sich mittlerweile verselbständigt habende depressive Symptomatik sei als so chronifiziert und ausgeprägt anzusehen, dass der Kläger nicht in der Lage erscheine, weiterhin Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuführen. Als Zeitpunkt der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung sei der Februar 2007 anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger wieder aus Griechenland zurückgekehrt, hier habe sich nach fremdanamnestischen Angaben gezeigt, dass er auch im privaten Umfeld nicht mehr in der Lage sei, seinen Alltag adäquat zu gestalten. Bei Durchsicht der Aktenlage und Berücksichtigung der bisherigen nervenärztlichen Gutachten sei davon auszugehen, dass sich der psychische Zustand des Klägers auch seit Rentenantragstellung noch verschlechtert habe, insbesondere die massive soziale Rückzugstendenz und die depressiv-mürrische Grundstimmungslage. Seine Symptomatik sei mittlerweile so ausgeprägt, dass sie den ganzen Tagesablauf und den privaten Bereich durchdrungen habe und der Kläger auch zur adäquaten Gestaltung eines sinnvollen Tagesablaufs nicht mehr in der Lage sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Soweit der Kläger die Ablehnung seines Antrags nach § 109 SGG durch das SG gerügt hat, macht er zwar einen wesentlichen Verfahrensmangel geltend. Nach § 109 SGG ist ein Gericht grundsätzlich gehalten, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, wenn es sich nicht um einen unzulässigen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG handelt oder die Ablehnungsgründe nach § 109 Abs. 2 SGG vorliegen. Die Regelung des § 109 SGG stellt eine zwingende Verfahrensvorschrift dar. Der Senat braucht vorliegend jedoch nicht abschließend zu entscheiden, ob das SG den Antrag des Klägers, den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. L. gutachtlich zu hören, mit dem Hinweis auf seine bereits vorliegenden Äußerungen und Zweifel an seiner Objektivität aufgrund des Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnisses ablehnen durfte. Ebenso kann offenbleiben, ob die daraufhin beantragte Einholung eines Gutachtens bei Dr. S. wegen Verspätung des Antrags abgelehnt werden durfte. Denn die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG gemäß § 159 Abs. 1 SGG, die im Ermessen des Senats steht und eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten an einer Sachentscheidung und Prozessökonomie einerseits und dem Verlust der Instanz andererseits erfordert, sind hier nicht gegeben. Das vom Kläger gemäß § 109 SGG beantragte Gutachten des Dr. S. ist vom Senat eingeholt worden.
Streitgegenstand ist vorliegend nur noch ein Rentenanspruch des Klägers ab Antragstellung (Januar 2003) bis September 2005. Denn da der Kläger seit 01.10.2005 eine Altersrente bezieht und gemäß § 34 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit besteht, scheidet ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für Leistungsfälle ab September 2005 aus (§ 99 Abs. 1 SGB VI).
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung (§§ 300, 99, 302 b Abs. 1 SGB VI) sind im angefochtenen Bescheid und im Urteil des SG zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers im hier streitigen Zeitraum von Januar 2003 bis September 2005 nicht vor. Zwar erfüllt er die Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem Bescheid vom 02.04.2003 ergibt, er ist jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert noch berufsunfähig.
Die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit scheidet vorliegend bereits von vornherein aus, weil der Kläger während seines Berufslebens lediglich ungelernte, allenfalls angelernte Tätigkeiten des unteren Bereichs verrichtet hat und weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung noch über sonstige berufsspezifische Qualifikationen verfügt. Etwas anderes hat er auch nicht geltend gemacht. Der Kläger ist deshalb nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSGE 62, 74 ff.; 59, 249 ff. und 43, 243, 246) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung noch in der Lage, zumindest leichte Arbeiten unter Vermeidung von Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, schwerem Heben und Arbeiten im Freien, unter Nässe- oder Kälteeinwirkung, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Nachtschicht, erhöhtem Zeitdruck und überdurchschnittlichen Anforderungen an das Konzentrations- und Umstellungsvermögen bzw. überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Damit war der Kläger nicht erwerbsgemindert. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt auch insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahrens und der durchgeführten Beweiserhebung vermochte sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass beim Kläger der Leistungsfall der Erwerbsminderung vor September 2005 eingetreten ist.
Weder auf internistischem noch orthopädischem Fachgebiet konnten beim Kläger schwerwiegende krankhafte Veränderungen festgestellt werden. Die von dem Allgemeinarzt K. und insbesondere von Dr. K. berichteten cervikalen Reizsymptome und Spannungskopfschmerzen bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, jedoch ohne Nachweis medulärer oder radikulärer Kompressionszeichen und ohne nachgewiesene wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen im Bereich des Bewegungsapparates bedingen lediglich qualitative Einschränkungen bezüglich der Schwere der zumutbaren Belastungen, jedoch keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Das gleiche gilt im Hinblick auf die von Dr. S. und Prof. Dr. Dr. W. beschriebene Hypertonie, die einer Behandlung zugänglich ist.
Im Vordergrund der die Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkenden Gesundheitsstörungen steht die psychische Symptomatik im Sinne einer jetzt schweren depressiven Anpassungsstörung bei leicht kränk- und irritierbarer sowie leicht erregbarer Persönlichkeitsstruktur, die im Anschluss an das überzeugende Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. zumindest seit Februar 2007 so chronifiziert und ausgeprägt ist, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, weiterhin Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuführen. Im Februar 2007 kehrte der Kläger wieder aus Griechenland zurück, wobei sich nun zeigte, dass er auch im privaten Umfeld nicht mehr in der Lage ist, seinen Alltag adäquat zu gestalten.
Ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers aufgrund der psychischen Erscheinungen vor September 2005 erachtet der Senat indes nicht für nachgewiesen. Eine psychisch bedingte Störung kann (nur) dann zur Gewährung einer Rente führen, wenn feststeht, dass sie tatsächlich vorliegt, der Betroffene sie aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe gleich oder doch bald - innerhalb eines halben Jahres - nicht überwinden kann, und wenn die Störung die Erwerbsfähigkeit in dem in § 43 SGB VI vorausgesetzten Umfang mindert (BSG SozR Nrn. 38, 39 und 76 zu § 1246 RVO; BSGE 21, 189). Den Rentenbewerber trifft für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit die objektive Beweislast (BSGE 21, 189). Davon ausgehend ist eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers durch die psychische Erkrankung jedenfalls bis September 2005 nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom März 2003, dem nervenärztlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. B. aufgrund einer Untersuchung des Klägers im Oktober 2004 sowie der Feststellungen des Prof. Dr. Dr. W ... Dr. S. beschrieb das Bild einer asthenisch-gereizten Symptomatik, die der Kläger im Untersuchungszeitraum gut zu beherrschen vermochte. Eine eigenständige krankheitswertige depressive Erkrankung bzw. eine gravierende Depression konnte nicht erschlossen werden. Es bestand keine Affektlabilität und der Gedankengang war formal und inhaltlich unauffällig. Dr. S. wies darauf hin, dass die gereizt-depressive Symptomatik persönlichkeitsgebunden und dementsprechend bereits seit Jahrzehnten manifest ist. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei qualitativ aber nicht soweit eingeschränkt, dass von Erwerbsunfähigkeit ausgegangen werden könnte. Dr. B. hat im wesentlichen gleiche Erscheinungen beschrieben und eine Anpassungsstörung mit missmutig-frustrierter, aber auch etwas kindlich-trotziger Verstimmung mit zusätzlicher Akzentuierung bereits von jeher bestehender Persönlichkeitszüge diagnostiziert und ebenfalls deutlich gemacht, dass die Persönlichkeitsstörung von jeher anzunehmen und die Anpassungsstörung auf eine im Jahr 1995 eingetretene Lebenssituation nachverfolgbar ist. Psychisch ergaben sich keine Hinweise für das Vorliegen einer Psychose. Ausführungen des Klägers zu beruflichen Überlegungen ließen durchaus auf ein subjektiv erhaltenes Leistungsvermögen schließen. Eine überdauernde depressive Symptomatik von weiterreichender sozialmedizinischer Relevanz war nach den Darlegungen von Dr. B. aus der Exploration und Verhaltensbeobachtung nicht herleitbar, auch keine Antriebsstörung. Von daher ist die Beurteilung von Dr. B., dass der Kläger leichte Arbeiten noch vollschichtig bzw. sechs Stunden und mehr täglich verrichten konnte, nachvollziehbar und überzeugend.
Soweit demgegenüber Dr. L. den Kläger seit September 2002 (erste Vorstellung des Klägers) nurmehr für in der Lage erachtete, ein bis zwei Stunden, an besonders guten Tagen auch drei Stunden, leichte Tätigkeiten auszuführen, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. L. begründet seine Einschätzung vor allem mit einer Affektabsenkung, Antriebslosigkeit, einem hohen Aggressionsniveau und neuropsychologischen Defiziten (Merkfähigkeitsstörungen, Konzentrationsstörungen, verminderte Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit) sowie einem drastisch reduzierten Durchhaltevermögen. Bei der langen Exploration durch Dr. B. war jedoch keine objektive Störung der Merkfähigkeit, des Gedächtnisses und der Auffassung und Konzentration auffällig. Ebenso wenig war in der naturgemäß für jeden zu Begutachtenden überdurchschnittlich anstrengenden gutachterlichen Exploration kein psychisch "drastisch reduziertes Durchhaltevermögen" erkennbar. Die Ausführungen von Dr. L. lassen auch Überlegungen zur Primärpersönlichkeit und zum biographischen Hintergrund des Klägers vermissen. Gegen die Einschätzung des Dr. L. spricht zudem, dass der Kläger noch bis August 2003 in der Gaststätte versicherungspflichtig beschäftigt war (vgl. zum stärkeren Beweiswert der tatsächlichen Arbeitsleistung: Niesel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI Rdnr. 28).
Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. hat für den Senat überzeugend aufgezeigt, dass sich beim Kläger allerdings zwischenzeitlich ein erhebliches depressives Syndrom eingestellt hat, welches sich vor allem in einer gereizt-missmutigen Grundstimmung, gelegentlichen massiven Unruhezuständen mit Aggressionsdurchbrüchen und einem völligen sozialen Rückzug manifestiert. Dieses Verhalten hat sich, wie Prof. Dr. Dr. W. herausgearbeitet und begründet hat, in den letzten Monaten so verfestigt, dass der Kläger auch in privaten Situationen nicht mehr entspannen und für ihn selbst befriedigende menschliche Kontakte erleben kann. Es ist jetzt von einer depressiven Verbitterungsreaktion auszugehen, die mittlerweile fast das Ausmaß einer malignen Regression angenommen und sich weitgehend verselbständigt hat. Die depressive Symptomatik ist so chronifiziert und ausgeprägt, dass der Kläger jetzt Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht mehr verrichten kann. Als Zeitpunkt der sozialmedizinischen Leistungseinschränkung nimmt Prof. Dr. Dr. W. den Februar 2007 an, da der Kläger nach seiner Rückkehr aus Griechenland auch im privaten Umfeld nicht mehr in der Lage ist, seinen Alltag adäquat zu gestalten. Prof. Dr. Dr. W. macht deutlich, dass sich der psychische Zustand des Klägers seit der Rentenantragstellung verschlechtert hat, insbesondere die massive Rückzugstendenz und die depressiv-mürrische Grundstimmungslage, die in diesem Ausmaß weder zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. S. noch bei der Untersuchung durch Dr. B. vorlag. Prof. Dr. Dr. W. bestätigt unter Hinweis auf die Progredienz des Krankheitsbildes ausdrücklich die sozialmedizinischen Schlussfolgerungen von Dr. S. und Dr. B. als im Einklang mit den damals erhobenen Befunden stehend.
Was die Leistungseinschätzung durch Dr. S. angeht, unterscheidet sie sich zwar nicht wesentlich von der Beurteilung durch Prof. Dr. Dr. W., jedoch ist auch für den Senat mit Prof. Dr. Dr. W. die diagnostische Einschätzung und die psychiatrische Beschreibung des Klägers nicht überzeugend. So ist die intellektuelle Ausstattung des Klägers - wie sich aus allen anderen Gutachten ergibt - nicht an der Grenze zur Minderbegabung anzusiedeln. Auch erfüllt die reizbare Persönlichkeitsstörung - so Prof. Dr. Dr. W. - nicht die Kriterien einer emotional instabilen Persönlichkeit. Zu Recht weist im übrigen auch der beratende Arzt der Beklagten, Obermedizinalrat F., auf die Inkonsistenzen bei der Anamnese von Dr. S. im Vergleich zu den früheren Gutachten hin und die zweifellos ins Berufsleben mit eingebrachten Persönlichkeitszüge mit eingeschränkten Möglichkeiten bezüglich der Beherrschung von Emotionen. Beim Tagesablauf werden zwar einzelne Alltagsbetätigungen erwähnt, eine detaillierte Beschreibung des gesamten Tagesablaufs fehlt jedoch. Dem Gutachten ist auch nicht zu entnehmen, ob der Kläger erst am Tag der Untersuchung mehrere Stunden angereist ist mit der Folge eventueller Beeinflussung der Untersuchungsergebnisse. Der Senat schließt sich daher den Bedenken von Obermedizinalrat F. an, dass sich aus dem Gutachten keine hinreichende Begründung dafür gibt, von den sozialmedizinischen Beurteilungen durch die Dres. S. und B. abzuweichen. Soweit Dr. S. das von ihm angenommene Leistungsvermögen von bis zu zwei Stunden pro Tag bereits seit 01.01.2003 (Stellungnahme von Dr. L.) annimmt, kann dem bereits aus den oben genannten Gründen der noch tatsächlichen Beschäftigung des Klägers nicht gefolgt werden.
Nicht nachvollziehbar ist für den Senat ebenso wie für Prof. Dr. Dr. W. auch die Auffassung des Dr. S., der Kläger könne nur öffentliche Verkehrsmittel in Ausnahmesituationen und nur noch Fußwege auf ruhigen Nebenstraßen benutzen.
Im übrigen geht auch Dr. S. von einer Progredienz der psychischen Störung beim Kläger aus. Selbst wenn vor dem Hintergrund der von Dr. S. beschriebenen Defizite und Störungen zum Zeitpunkt der Begutachtung im Januar 2006 von einer Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf unter sechs Stunden pro Tag ausgegangen würde, lässt sich daraus keine entsprechende Beeinträchtigung bereits im September 2005 ableiten.
Für den Senat steht hiernach fest, dass der Kläger über den Zeitpunkt der Rentenantragstellung hinaus bis zum Beginn der Altersrente (01.10.2005) noch in der Lage war, leichte Tätigkeiten mit den oben genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht dem Kläger keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern. Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen des Klägers erlaubte ihm noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Schließlich war dem Kläger auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn der Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von seiner Wohnung nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach den Entscheidungen des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 abschließend. Im Falle des Klägers ist keiner dieser Fälle gegeben.
Die Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 1/95 -). Das Risiko, dass der Kläger keinen für ihn geeigneten Arbeitsplatz fand, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -).
Die Berufung des Klägers konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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