Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 2001/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2392/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung noch die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 28. Dezember 2004.
Die 1955 geborene Klägerin bezog zuletzt ab dem 1. Juli 2001 bis zum 6. Mai 2002 (Erschöpfung des Anspruchs) Arbeitslosengeld in Höhe von zuletzt 260,75 EUR wöchentlich (Bemessungsentgelt: 805 EUR wöchentlich). Alhi beantragte sie im Anschluss nicht. Während der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme erhielt sie vom 1. Juli 2002 bis zum 31. Dezember 2002 Unterhaltsgeld in Höhe von 264,39 EUR wöchentlich (Bemessungsentgelt: 825 EUR wöchentlich). Am 13. Dezember 2002 meldete sie sich arbeitslos und beantragte am 23. Dezember 2002 die Gewährung von Anschlussunterhaltsgeld und Alhi. Mit Schreiben vom 15. Januar 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass wegen einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen Anschlussunterhaltsgeld nicht geleistet werden könne. Am 5. Februar 2003 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Gewährung von Alhi. Hierin gab sie an, dass sie über zwei Girokonten (Guthaben insgesamt 784,46 EUR), drei Sparbücher (Gesamtsparguthaben 1.788,37 EUR), einen Bausparvertrag (Guthaben 343,- EUR), eine Lebensversicherung (Rückkaufswert: 25.443,84 EUR) und eine selbstbewohnte Eigentumswohnung mit 83,3 qm (Verkehrswert: 140.000, EUR) verfüge. Mit Bescheid vom 19. Februar 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nicht bedürftig sei. Sie verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 28.096,67 EUR, von dem nach Abzug eines Freibetrages in Höhe von 24.440,00 EUR 3.656,67 EUR zu berücksichtigen seien. Hiergegen legte die Klägerin am 27. Februar 2003 Widerspruch ein und machte geltend, dass die Verwertung der Lebensversicherung unwirtschaftlich sei.
Mit Bescheid vom 3. März 2003 hob die Beklagte den Bescheid vom 19. Februar 2003 auf und lehnte gleichzeitig die Gewährung von Alhi ab dem 1. Januar 2003 erneut ab. Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin verfüge über Vermögen in Höhe von 28.096,67 EUR, von welchem nach Abzug eines Freibetrags in Höhe von 9.400,00 EUR ein Betrag in Höhe von 18.696,67 EUR als Vermögen zu berücksichtigen sei. Auch hiergegen legte die Klägerin am 7. März 2003 Widerspruch. Dieser wurde durch ihren Bevollmächtigten damit begründet, dass dem Rückkaufswert der Versicherung, der zum 30. April 2003 26.185,05 EUR betrage, eine Versicherungssumme von 38.452,47 EUR gegenüberstehe. Damit sei die Verwertung unwirtschaftlich, weil sie zu einem Verlust in Höhe von 12.267,42 EUR führen würde. Dies sei der Klägerin nicht zumutbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, die Verwertung der Lebensversicherung sei nicht unwirtschaftlich. Die bisherigen Erträge lägen nach Mitteilung der Versicherungsgesellschaft über der Summe der bisher eingezahlten Beiträge in Höhe von 23.275,07 EUR.
Die Klägerin hat 22. April 2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Am 9. Januar 2004 meldete sie sich erneut arbeitslos und stellte einen weiteren Antrag auf Gewährung von Ahli. Mit Bescheid vom 30. Januar 2004 wurde dieser Antrag abgelehnt und in der Begründung ausgeführt, sie sei aufgrund des nach Abzug des Freibetrags in Höhe von 9.800,- EUR zu berücksichtigenden Vermögens in Höhe von 16.429,91 EUR nicht bedürftig. Hiergegen legte die Klägerin am 26. Februar 2004 Widerspruch ein, über den nicht entschieden wurde.
Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsätzen ihres Bevollmächtigten vom 16. April 2003, 16. Juni 2003 und 20. Oktober 2004 damit begründet, dass die Verwertung der Lebensversicherung bei der W. V. unwirtschaftlich sei. Der Rückkaufswert der Versicherung betrage zum 30. April 2003 26.185,05 EUR. Demgegenüber ergebe sich bei einem beitragsfreien Ruhen eine Auszahlungssumme bei Vertragsablauf in Höhe von 38.452,47 EUR. Hiernach sei die aktuelle Verwertung der Lebensversicherung mit einem Verlust von 12.267,42 EUR verbunden. Dies sei der Klägerin, die wegen einer angemessenen Altersversorgung auf die Lebensversicherung angewiesen sei, nicht zumutbar. Die Klägerin hat weiterhin ein Schreiben der W. L. vorgelegt, nach welchem bis zum 31. Oktober 2004 Beiträge in Höhe von insgesamt 24.871,55 EUR eingezahlt worden seien. Der Rückkaufswert der Versicherung einschließlich der Überschussanteile betrage zum 30. November 2004 29.151,35 EUR. Die Ablaufleistung zum 31. Januar 2016 belaufe sich auf 68.000 EUR. Mit Schriftsatz vom 26. April 2005 hat die Klägerin weiter vortragen lassen, dass der Versicherungsvertrag zwischenzeitlich teilweise aufgelöst worden sei. Den ihr hieraus ausgezahlten Betrag in Höhe von. 15.000 EUR habe sie zur Schuldentilgung verbraucht. Bezüglich der verbleibenden Summe des Versicherungsvertrags sei ein Verwertungsausschluss vereinbart worden sei. Ferner sei das Guthaben der Girokonten und der Sparbücher aufgebraucht worden. Wegen einer Erkrankung sei sie auf die im Rahmen des Versicherungsvertrages bestehende Absicherung des Risikos der Berufunfähigkeit angewiesen. Die Beklagte ist der Klage aus den Gründen der angegriffenen Bescheide entgegengetreten. Weiterhin hat sie vorgetragen, dass es bei der Beurteilung der Verwertbarkeit der Lebensversicherung nicht auf den Auszahlungsbetrag am Ende der Vertragslaufzeit, sondern ausschließlich auf den aktuellen Wert der bisher eingezahlten Beträge zuzüglich der Überschussanteile und Renditen ankomme. Mit Urteil vom 28. April 2005 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 3. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2003 verurteilt, der Klägerin vom 29. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Alhi zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das zu berücksichtige Vermögen der Klägerin bis zum 28. Dezember 2004 den Bedarf überstiegen habe. Auch sei die Verwertung der Lebensversicherung, die vertraglich erst am 28. Dezember 2004 ausgeschlossen worden sei, bis dahin möglich und zumutbar gewesen.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 11. Mai 2005 zugestellte Urteil am Montag, den 13. Juni 2005 Berufung eingelegt, Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ihren Vortrag im Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2005 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 3. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2003 sowie des Bescheids vom 30. Januar 2004 zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 28. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig und die angegriffene Klageabweisung durch das SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte sowie die Berufungsakte verwiesen.
II.
Der Senat hat über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluss entschieden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu im Erörterungstermin vom 17. April 2007 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen gehört worden; Anlass, von der angekündigten Verfahrensform abzuweichen, hat sich nicht mehr ergeben.
Die frist- und formgerecht (vgl. § 151 SGG) nur von der Klägerin eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143 SGG), jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alhi für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 28. Dezember 2004 und vollständiger Aufhebung der Ablehnungsbescheide abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alhi für diesen Zeitraum; die diesen Anspruch ablehnenden Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 190 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis Ende 2004 geltenden Fassung hat Anspruch auf Alhi, wer (1.) arbeitslos ist, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat, (3.) einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht hat, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat, (4.) in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten erloschen ist und (5.) bedürftig ist. Sämtliche Voraussetzungen bis auf die Bedürftigkeit sind erfüllt.
Die Klägerin war nicht bedürftig im gesetzlichen Sinne. Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Der Arbeitslose ist auch nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und dasjenige seines nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (Abs. 2). Gemäß § 206 Nr. 1 SGB III konnten diese Voraussetzungen durch Verordnung näher bestimmt werden. Hier ist die mit Wirkung zum 1. Januar 2005 durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) aufgehobene Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734) in der Fassung von Artikel 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4619) anzuwenden. Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen (Nr. 1) und des Ehegatten oder Partners (Nr. 2) zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag von 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen (und Partners), insgesamt höchstens 13.000 EUR (§ 1 Abs. 2 AlhiV 2002 in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl. I S. 4607; die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 gilt für die Klägerin nicht, weil diese im Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 schon mangels Antragstellung, fehlender Arbeitslosmeldung und Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf Alhi hatte). Gemäß § 1 Abs. 4 AlhiV 2002 ist das Vermögen ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Die Ausnahmevorschriften des § 1 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002 greifen im Falle der Klägerin ersichtlich nicht ein (Nr. 1 durch Bescheinigung nach § 92 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes nachgewiesenes Altersvorsorgevermögen; Nr. 2 Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung).
Die von der Klägerin über den gesamten streitbefangenen Zeitraum innegehabte Lebensversicherung ist als verwertbares Vermögen im Sinne des § 1 AlhiV 2002 zu berücksichtigen. Denn Vermögen ist im Sinne von § 193 Abs. 2 SGB III und der AlhiV 2002 der gesamte Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert, d.h. die Summe der gesamten aktiven Vermögenswerte in der Hand des Berechtigten (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 87, 43 ff. = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8). Ihre Lebensversicherung war nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002 von der Berücksichtigung als Vermögen ausgenommen war. Die Klägerin wurde hierdurch auch nicht in einer gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoßenden Weise benachteiligt, dass die AlhiV 2002 in § 1 Abs. 3 Nr. 3 nur noch bestimmte Altersvorsorgevermögensbestandteile privilegiert (Urteil des Senats vom 7. November 2006 - L 13 941/06 veröffentlicht in Juris).
Das damit zu berücksichtigende Vermögen der Klägerin betrug im Januar 2003 und im Januar 2004 (Bewilligungsbeginn der Alhi) allein in Form der Lebensversicherung 25.443,84 EUR bzw. 26.185,05 EUR. Die allein lebende Klägerin war zu Beginn des Bewilligungsabschnitts im Januar 2003 47 Jahre alt und im Januar 2004 48 Jahre alt, so dass hiervon gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 Freibeträge in Höhe von 9.400,- EUR bzw. 9.600,- EUR abzusetzen waren (zur Verfassungsmäßigkeit der Absenkung des Freibetrages durch die AlhiV 2002 ab 1. Januar 2003 eingehend BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 5). Aufgrund des danach verbleibenden zu berücksichtigenden Vermögens lag damit keine Bedürftigkeit vor.
Auch wenn bei der Klägerin somit Bedürftigkeit im Sinne des § 193 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 1 AlhiV 2002 zu verneinen ist, ist bei ihr aber ein Härtefall zu bejahen. Anders als die AlhiV 1974 und jetzt das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; vgl. § 12 SGB II) sah die AlhiV 2002 eine allgemeine Härtefallregelung nicht mehr vor. Das BSG hat in mehreren Entscheidungen jedoch klargestellt, dass auf eine allgemeine Härteklausel nicht verzichtet werden kann (vgl. BSGE 91, 94, 105 = SozR 4-4220 § 6 Nr. 1; SozR 4-4300 § 193 Nr. 5; SozR 4-4300 § 206 Nr. 2). Es ist deshalb folgerichtig, im Rahmen der AlhiV 2002 die später vom Gesetzgeber im SGB II gesetzten Standards zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 4-4300 § 206 Nr. 2). Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sind vom Vermögen abzusetzen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, höchstens jedoch 13.000 EUR nicht übersteigt. Um zu gewährleisten, dass auch für die Zeit bis zum Inkrafttreten des SGB II Arbeitslose im Rahmen einer gesetzlichen Härtefallregelung (§ 193 Abs. 2 SGB III) zumindest in den Genuss der in dieser Vorschrift enthaltenen Privilegierungsregelung kommen können, hat das BSG entschieden, dass die in § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bezeichnete Unverwertbarkeit aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht uneingeschränkt gelten kann. Vor dem 1. Januar 2005 konnten bei Lebensversicherungen die Versicherungsnehmer die Voraussetzungen des erst am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bei der damaligen Vertragsgestaltung, die eine Einschränkung der Verwertbarkeit üblicherweise nicht vorsah, von vornherein nicht erfüllen. Dies zwingt bei der entsprechenden Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der Zeit vor dem 1. Januar 2005 für die Härtefallprüfung des § 193 Abs. 2 SGB III dazu, auf die Voraussetzung der vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit zu verzichten (vgl. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 5; BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 2). Bei dem von der Klägerin in der Lebensversicherung angesparten Vermögen handelt es sich im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II um geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, so dass ein - weiterer - Altersvorsorgefreibetrag in Höhe von 200,- EUR je vollendetem Lebensjahr anzusetzen ist.
Damit war von dem zu berücksichtigende Vermögen der Klägerin für den Bewilligungszeitraum ab Januar 2003 ein Freibetrag von 18.800 EUR und für den Bewilligungszeitraum ab Januar 2004 ein Freibetrag von 19.200,- EUR abzusetzen. Die Klägerin verfügte aber im Januar 2003 und Januar 2004 allein aus ihrer Lebensversicherung über ein Vermögen, das auch diese – doppelten – Freibeträge noch erheblich überstieg. Das Vermögen war zu berücksichtigen, solange es vorhanden ist; auch die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002) war hier wegen eines fehlenden Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu verneinen (vgl. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 9 m.w.N.). Dies hat das SG zutreffend ausgeführt. Auf diese Darlegungen nimmt der Senat Bezug. Auf die Frage, in welchem Umfang weitere Vermögenswerte, insbesondere der Verkehrswert der hinsichtlich der Wohnfläche sicher nicht mehr als angemessen anzusehenden Eigentumswohnung, bei der Ermittlung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen waren, kam es damit nicht mehr an.
An der Höhe des zu berücksichtigenden Vermögens ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin vorträgt, Darlehenverbindlichkeiten Verwandten gegenüber in Höhe von zuletzt 33.300 EUR gehabt zu haben. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten erlangt Bedeutung lediglich bei der Frage der Verwertbarkeit bzw. der Zumutbarkeit. Ein Ansatz von Verbindlichkeiten ist auf der Stufe der Feststellung der vorhandenen Vermögensgegenstände nur geboten, soweit die Verbindlichkeiten unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lasten (vgl. BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 7). Vorliegend fehlt es an einem rechtlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Aufnahme der Darlehen bei Verwandten und der Lebensversicherung. Von einer Verwertbarkeit des Vermögens ist allerdings dann nicht auszugehen, wenn es gebunden ist. Eine Bindung in diesem Sinn ist dann zu bejahen, sofern und soweit der Vermögensinhaber im Zeitpunkt der grundsätzlich gebotenen Verwertung zur Tilgung der Schulden verpflichtet ist, das ist regelmäßig der Zeitpunkt der Fälligkeit (vgl. BSGE 46, 271, 276). Nach den von der Klägerin vorgelegten Darlehensverträgen vom März 2003, Juni 2003, Juli 2003, Oktober 2003, Dezember 2003 und Januar 2004 war jedoch die Tilgung der Darlehen nicht zum 1. Januar 2003 und auch nicht zum 1. Januar 2004 fällig. Die Darlehen waren zinslos und unbefristet gewährt worden. Sie sollten nach wirksamer Kündigung der Darlehensverträge fällig werden, wobei den Darlehensgebern lediglich ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand.
Es bleibt schließlich noch zu prüfen, ob bezüglich des den Freibetrag übersteigenden Vermögens die allgemeine Härteklausel des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II zur Anwendung kommt. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Wegen Fehlens einer offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung bleibt lediglich eine besondere Härte zu prüfen. Wann eine solche vorliegt, ist im Gesetz nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck von Härtefallregelungen begründen nur besondere Umstände des Einzelfalles, nicht jedoch allgemein gültige Verhältnisse eine besondere Härte. Bei der Bestimmung des Begriffs der besonderen Härte kommt es darauf an, ob die Anwendung der Regelvorschriften bezüglich des Vermögenseinsatzes in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II wegen des Vorliegens einer Atypik zu einem den Leitvorstellungen der SGB II Vorschriften nicht entsprechenden Ergebnis führen würde (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18. August 2006 - L 7 AS 81/06 - veröffentlicht in Juris; Senatsurteil vom 7. November 2006 - L 13 AL 941/06 - veröffentlicht in Juris). Zur Beantwortung der Frage, ob die Verwertung seines über den Freibetrag hinausgehenden Vermögens aus der Lebensversicherung für die Klägerin eine besondere Härte darstellt, kommt es darauf an, ob bei ihr besondere Lebensumstände vorliegen, durch die die Vermögenssituation atypisch wird und die mit den in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II verfolgten Ziele durch die vorgesehenen Privilegierungen nicht mehr erreicht werden können. Vorliegend sind bei der Klägerin keine Besonderheiten feststellbar, die über den Umstand hinaus gehen, dass es sich bei dem vorhandenen Vermögen im wesentlichen um Altersvorsorgevermögen handelt; dieser Besonderheit wird jedoch durch die Verdoppelung des Freibetrags in Anwendung der Härtefallregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II Rechnung getragen. Ansonsten sind jedoch keine bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände erkennbar, die die Verwertung des über die Freibeträge 18.800 EUR bzw. 19.200 EUR hinausgehenden Vermögens als eine besondere Härte erscheinen lassen. So liegen bei der Klägerin etwa keine Besonderheiten in der Berufsbiographie und daraus resultierende ungewöhnliche Versorgungslücken vor, die geeignet wären, einen Härtefall zu begründen. Die Klägerin war ab Eintritt in das Berufsleben im September 1971 annähernd 27 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt. Auf von der Rechtsordnung gebilligten Dispositionen beruhende Versorgungslücken (vgl. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 9) weist der Versicherungsverlauf der Klägerin nicht auf.
Auch im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Absicherung gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit sind keine Besonderheiten ersichtlich. Insoweit hat das SG zutreffend ausgeführt, dass auch nach teilweiser Auszahlung der Lebensversicherung dieser Versicherungsschutz erhalten geblieben ist. Zum anderen spricht dagegen, dass die Berücksichtigung des Vermögens aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Härte im Einzelfall darstellen könnte, dass dieser die Absetzung von bestimmten Altersvorsorgevermögen geregelt hat, jedoch grundsätzlich eine Privilegierung von in Berufsunfähigkeitsversicherungen angelegtem Vermögen, selbst für diejenigen Versicherten, die anders als die Klägerin insoweit nicht mehr im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung geschützt sind, nicht vorsieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung noch die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 28. Dezember 2004.
Die 1955 geborene Klägerin bezog zuletzt ab dem 1. Juli 2001 bis zum 6. Mai 2002 (Erschöpfung des Anspruchs) Arbeitslosengeld in Höhe von zuletzt 260,75 EUR wöchentlich (Bemessungsentgelt: 805 EUR wöchentlich). Alhi beantragte sie im Anschluss nicht. Während der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme erhielt sie vom 1. Juli 2002 bis zum 31. Dezember 2002 Unterhaltsgeld in Höhe von 264,39 EUR wöchentlich (Bemessungsentgelt: 825 EUR wöchentlich). Am 13. Dezember 2002 meldete sie sich arbeitslos und beantragte am 23. Dezember 2002 die Gewährung von Anschlussunterhaltsgeld und Alhi. Mit Schreiben vom 15. Januar 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass wegen einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen Anschlussunterhaltsgeld nicht geleistet werden könne. Am 5. Februar 2003 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Gewährung von Alhi. Hierin gab sie an, dass sie über zwei Girokonten (Guthaben insgesamt 784,46 EUR), drei Sparbücher (Gesamtsparguthaben 1.788,37 EUR), einen Bausparvertrag (Guthaben 343,- EUR), eine Lebensversicherung (Rückkaufswert: 25.443,84 EUR) und eine selbstbewohnte Eigentumswohnung mit 83,3 qm (Verkehrswert: 140.000, EUR) verfüge. Mit Bescheid vom 19. Februar 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nicht bedürftig sei. Sie verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 28.096,67 EUR, von dem nach Abzug eines Freibetrages in Höhe von 24.440,00 EUR 3.656,67 EUR zu berücksichtigen seien. Hiergegen legte die Klägerin am 27. Februar 2003 Widerspruch ein und machte geltend, dass die Verwertung der Lebensversicherung unwirtschaftlich sei.
Mit Bescheid vom 3. März 2003 hob die Beklagte den Bescheid vom 19. Februar 2003 auf und lehnte gleichzeitig die Gewährung von Alhi ab dem 1. Januar 2003 erneut ab. Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin verfüge über Vermögen in Höhe von 28.096,67 EUR, von welchem nach Abzug eines Freibetrags in Höhe von 9.400,00 EUR ein Betrag in Höhe von 18.696,67 EUR als Vermögen zu berücksichtigen sei. Auch hiergegen legte die Klägerin am 7. März 2003 Widerspruch. Dieser wurde durch ihren Bevollmächtigten damit begründet, dass dem Rückkaufswert der Versicherung, der zum 30. April 2003 26.185,05 EUR betrage, eine Versicherungssumme von 38.452,47 EUR gegenüberstehe. Damit sei die Verwertung unwirtschaftlich, weil sie zu einem Verlust in Höhe von 12.267,42 EUR führen würde. Dies sei der Klägerin nicht zumutbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, die Verwertung der Lebensversicherung sei nicht unwirtschaftlich. Die bisherigen Erträge lägen nach Mitteilung der Versicherungsgesellschaft über der Summe der bisher eingezahlten Beiträge in Höhe von 23.275,07 EUR.
Die Klägerin hat 22. April 2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Am 9. Januar 2004 meldete sie sich erneut arbeitslos und stellte einen weiteren Antrag auf Gewährung von Ahli. Mit Bescheid vom 30. Januar 2004 wurde dieser Antrag abgelehnt und in der Begründung ausgeführt, sie sei aufgrund des nach Abzug des Freibetrags in Höhe von 9.800,- EUR zu berücksichtigenden Vermögens in Höhe von 16.429,91 EUR nicht bedürftig. Hiergegen legte die Klägerin am 26. Februar 2004 Widerspruch ein, über den nicht entschieden wurde.
Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsätzen ihres Bevollmächtigten vom 16. April 2003, 16. Juni 2003 und 20. Oktober 2004 damit begründet, dass die Verwertung der Lebensversicherung bei der W. V. unwirtschaftlich sei. Der Rückkaufswert der Versicherung betrage zum 30. April 2003 26.185,05 EUR. Demgegenüber ergebe sich bei einem beitragsfreien Ruhen eine Auszahlungssumme bei Vertragsablauf in Höhe von 38.452,47 EUR. Hiernach sei die aktuelle Verwertung der Lebensversicherung mit einem Verlust von 12.267,42 EUR verbunden. Dies sei der Klägerin, die wegen einer angemessenen Altersversorgung auf die Lebensversicherung angewiesen sei, nicht zumutbar. Die Klägerin hat weiterhin ein Schreiben der W. L. vorgelegt, nach welchem bis zum 31. Oktober 2004 Beiträge in Höhe von insgesamt 24.871,55 EUR eingezahlt worden seien. Der Rückkaufswert der Versicherung einschließlich der Überschussanteile betrage zum 30. November 2004 29.151,35 EUR. Die Ablaufleistung zum 31. Januar 2016 belaufe sich auf 68.000 EUR. Mit Schriftsatz vom 26. April 2005 hat die Klägerin weiter vortragen lassen, dass der Versicherungsvertrag zwischenzeitlich teilweise aufgelöst worden sei. Den ihr hieraus ausgezahlten Betrag in Höhe von. 15.000 EUR habe sie zur Schuldentilgung verbraucht. Bezüglich der verbleibenden Summe des Versicherungsvertrags sei ein Verwertungsausschluss vereinbart worden sei. Ferner sei das Guthaben der Girokonten und der Sparbücher aufgebraucht worden. Wegen einer Erkrankung sei sie auf die im Rahmen des Versicherungsvertrages bestehende Absicherung des Risikos der Berufunfähigkeit angewiesen. Die Beklagte ist der Klage aus den Gründen der angegriffenen Bescheide entgegengetreten. Weiterhin hat sie vorgetragen, dass es bei der Beurteilung der Verwertbarkeit der Lebensversicherung nicht auf den Auszahlungsbetrag am Ende der Vertragslaufzeit, sondern ausschließlich auf den aktuellen Wert der bisher eingezahlten Beträge zuzüglich der Überschussanteile und Renditen ankomme. Mit Urteil vom 28. April 2005 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 3. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2003 verurteilt, der Klägerin vom 29. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Alhi zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das zu berücksichtige Vermögen der Klägerin bis zum 28. Dezember 2004 den Bedarf überstiegen habe. Auch sei die Verwertung der Lebensversicherung, die vertraglich erst am 28. Dezember 2004 ausgeschlossen worden sei, bis dahin möglich und zumutbar gewesen.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 11. Mai 2005 zugestellte Urteil am Montag, den 13. Juni 2005 Berufung eingelegt, Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ihren Vortrag im Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. April 2005 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 3. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2003 sowie des Bescheids vom 30. Januar 2004 zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 28. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig und die angegriffene Klageabweisung durch das SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte sowie die Berufungsakte verwiesen.
II.
Der Senat hat über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluss entschieden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu im Erörterungstermin vom 17. April 2007 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen gehört worden; Anlass, von der angekündigten Verfahrensform abzuweichen, hat sich nicht mehr ergeben.
Die frist- und formgerecht (vgl. § 151 SGG) nur von der Klägerin eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143 SGG), jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alhi für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 28. Dezember 2004 und vollständiger Aufhebung der Ablehnungsbescheide abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alhi für diesen Zeitraum; die diesen Anspruch ablehnenden Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 190 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis Ende 2004 geltenden Fassung hat Anspruch auf Alhi, wer (1.) arbeitslos ist, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat, (3.) einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht hat, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat, (4.) in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen hat, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten erloschen ist und (5.) bedürftig ist. Sämtliche Voraussetzungen bis auf die Bedürftigkeit sind erfüllt.
Die Klägerin war nicht bedürftig im gesetzlichen Sinne. Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Der Arbeitslose ist auch nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und dasjenige seines nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (Abs. 2). Gemäß § 206 Nr. 1 SGB III konnten diese Voraussetzungen durch Verordnung näher bestimmt werden. Hier ist die mit Wirkung zum 1. Januar 2005 durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) aufgehobene Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734) in der Fassung von Artikel 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, 4619) anzuwenden. Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen (Nr. 1) und des Ehegatten oder Partners (Nr. 2) zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag von 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen (und Partners), insgesamt höchstens 13.000 EUR (§ 1 Abs. 2 AlhiV 2002 in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl. I S. 4607; die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 gilt für die Klägerin nicht, weil diese im Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 schon mangels Antragstellung, fehlender Arbeitslosmeldung und Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf Alhi hatte). Gemäß § 1 Abs. 4 AlhiV 2002 ist das Vermögen ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Die Ausnahmevorschriften des § 1 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002 greifen im Falle der Klägerin ersichtlich nicht ein (Nr. 1 durch Bescheinigung nach § 92 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes nachgewiesenes Altersvorsorgevermögen; Nr. 2 Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung).
Die von der Klägerin über den gesamten streitbefangenen Zeitraum innegehabte Lebensversicherung ist als verwertbares Vermögen im Sinne des § 1 AlhiV 2002 zu berücksichtigen. Denn Vermögen ist im Sinne von § 193 Abs. 2 SGB III und der AlhiV 2002 der gesamte Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert, d.h. die Summe der gesamten aktiven Vermögenswerte in der Hand des Berechtigten (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 87, 43 ff. = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8). Ihre Lebensversicherung war nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002 von der Berücksichtigung als Vermögen ausgenommen war. Die Klägerin wurde hierdurch auch nicht in einer gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoßenden Weise benachteiligt, dass die AlhiV 2002 in § 1 Abs. 3 Nr. 3 nur noch bestimmte Altersvorsorgevermögensbestandteile privilegiert (Urteil des Senats vom 7. November 2006 - L 13 941/06 veröffentlicht in Juris).
Das damit zu berücksichtigende Vermögen der Klägerin betrug im Januar 2003 und im Januar 2004 (Bewilligungsbeginn der Alhi) allein in Form der Lebensversicherung 25.443,84 EUR bzw. 26.185,05 EUR. Die allein lebende Klägerin war zu Beginn des Bewilligungsabschnitts im Januar 2003 47 Jahre alt und im Januar 2004 48 Jahre alt, so dass hiervon gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 Freibeträge in Höhe von 9.400,- EUR bzw. 9.600,- EUR abzusetzen waren (zur Verfassungsmäßigkeit der Absenkung des Freibetrages durch die AlhiV 2002 ab 1. Januar 2003 eingehend BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 5). Aufgrund des danach verbleibenden zu berücksichtigenden Vermögens lag damit keine Bedürftigkeit vor.
Auch wenn bei der Klägerin somit Bedürftigkeit im Sinne des § 193 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 1 AlhiV 2002 zu verneinen ist, ist bei ihr aber ein Härtefall zu bejahen. Anders als die AlhiV 1974 und jetzt das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; vgl. § 12 SGB II) sah die AlhiV 2002 eine allgemeine Härtefallregelung nicht mehr vor. Das BSG hat in mehreren Entscheidungen jedoch klargestellt, dass auf eine allgemeine Härteklausel nicht verzichtet werden kann (vgl. BSGE 91, 94, 105 = SozR 4-4220 § 6 Nr. 1; SozR 4-4300 § 193 Nr. 5; SozR 4-4300 § 206 Nr. 2). Es ist deshalb folgerichtig, im Rahmen der AlhiV 2002 die später vom Gesetzgeber im SGB II gesetzten Standards zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 4-4300 § 206 Nr. 2). Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sind vom Vermögen abzusetzen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, höchstens jedoch 13.000 EUR nicht übersteigt. Um zu gewährleisten, dass auch für die Zeit bis zum Inkrafttreten des SGB II Arbeitslose im Rahmen einer gesetzlichen Härtefallregelung (§ 193 Abs. 2 SGB III) zumindest in den Genuss der in dieser Vorschrift enthaltenen Privilegierungsregelung kommen können, hat das BSG entschieden, dass die in § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bezeichnete Unverwertbarkeit aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht uneingeschränkt gelten kann. Vor dem 1. Januar 2005 konnten bei Lebensversicherungen die Versicherungsnehmer die Voraussetzungen des erst am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bei der damaligen Vertragsgestaltung, die eine Einschränkung der Verwertbarkeit üblicherweise nicht vorsah, von vornherein nicht erfüllen. Dies zwingt bei der entsprechenden Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der Zeit vor dem 1. Januar 2005 für die Härtefallprüfung des § 193 Abs. 2 SGB III dazu, auf die Voraussetzung der vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit zu verzichten (vgl. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 5; BSG SozR 4-4220 § 6 Nr. 2). Bei dem von der Klägerin in der Lebensversicherung angesparten Vermögen handelt es sich im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II um geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, so dass ein - weiterer - Altersvorsorgefreibetrag in Höhe von 200,- EUR je vollendetem Lebensjahr anzusetzen ist.
Damit war von dem zu berücksichtigende Vermögen der Klägerin für den Bewilligungszeitraum ab Januar 2003 ein Freibetrag von 18.800 EUR und für den Bewilligungszeitraum ab Januar 2004 ein Freibetrag von 19.200,- EUR abzusetzen. Die Klägerin verfügte aber im Januar 2003 und Januar 2004 allein aus ihrer Lebensversicherung über ein Vermögen, das auch diese – doppelten – Freibeträge noch erheblich überstieg. Das Vermögen war zu berücksichtigen, solange es vorhanden ist; auch die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002) war hier wegen eines fehlenden Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu verneinen (vgl. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 9 m.w.N.). Dies hat das SG zutreffend ausgeführt. Auf diese Darlegungen nimmt der Senat Bezug. Auf die Frage, in welchem Umfang weitere Vermögenswerte, insbesondere der Verkehrswert der hinsichtlich der Wohnfläche sicher nicht mehr als angemessen anzusehenden Eigentumswohnung, bei der Ermittlung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen waren, kam es damit nicht mehr an.
An der Höhe des zu berücksichtigenden Vermögens ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin vorträgt, Darlehenverbindlichkeiten Verwandten gegenüber in Höhe von zuletzt 33.300 EUR gehabt zu haben. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten erlangt Bedeutung lediglich bei der Frage der Verwertbarkeit bzw. der Zumutbarkeit. Ein Ansatz von Verbindlichkeiten ist auf der Stufe der Feststellung der vorhandenen Vermögensgegenstände nur geboten, soweit die Verbindlichkeiten unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lasten (vgl. BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 7). Vorliegend fehlt es an einem rechtlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Aufnahme der Darlehen bei Verwandten und der Lebensversicherung. Von einer Verwertbarkeit des Vermögens ist allerdings dann nicht auszugehen, wenn es gebunden ist. Eine Bindung in diesem Sinn ist dann zu bejahen, sofern und soweit der Vermögensinhaber im Zeitpunkt der grundsätzlich gebotenen Verwertung zur Tilgung der Schulden verpflichtet ist, das ist regelmäßig der Zeitpunkt der Fälligkeit (vgl. BSGE 46, 271, 276). Nach den von der Klägerin vorgelegten Darlehensverträgen vom März 2003, Juni 2003, Juli 2003, Oktober 2003, Dezember 2003 und Januar 2004 war jedoch die Tilgung der Darlehen nicht zum 1. Januar 2003 und auch nicht zum 1. Januar 2004 fällig. Die Darlehen waren zinslos und unbefristet gewährt worden. Sie sollten nach wirksamer Kündigung der Darlehensverträge fällig werden, wobei den Darlehensgebern lediglich ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand.
Es bleibt schließlich noch zu prüfen, ob bezüglich des den Freibetrag übersteigenden Vermögens die allgemeine Härteklausel des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II zur Anwendung kommt. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Wegen Fehlens einer offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung bleibt lediglich eine besondere Härte zu prüfen. Wann eine solche vorliegt, ist im Gesetz nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck von Härtefallregelungen begründen nur besondere Umstände des Einzelfalles, nicht jedoch allgemein gültige Verhältnisse eine besondere Härte. Bei der Bestimmung des Begriffs der besonderen Härte kommt es darauf an, ob die Anwendung der Regelvorschriften bezüglich des Vermögenseinsatzes in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II wegen des Vorliegens einer Atypik zu einem den Leitvorstellungen der SGB II Vorschriften nicht entsprechenden Ergebnis führen würde (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18. August 2006 - L 7 AS 81/06 - veröffentlicht in Juris; Senatsurteil vom 7. November 2006 - L 13 AL 941/06 - veröffentlicht in Juris). Zur Beantwortung der Frage, ob die Verwertung seines über den Freibetrag hinausgehenden Vermögens aus der Lebensversicherung für die Klägerin eine besondere Härte darstellt, kommt es darauf an, ob bei ihr besondere Lebensumstände vorliegen, durch die die Vermögenssituation atypisch wird und die mit den in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II verfolgten Ziele durch die vorgesehenen Privilegierungen nicht mehr erreicht werden können. Vorliegend sind bei der Klägerin keine Besonderheiten feststellbar, die über den Umstand hinaus gehen, dass es sich bei dem vorhandenen Vermögen im wesentlichen um Altersvorsorgevermögen handelt; dieser Besonderheit wird jedoch durch die Verdoppelung des Freibetrags in Anwendung der Härtefallregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II Rechnung getragen. Ansonsten sind jedoch keine bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände erkennbar, die die Verwertung des über die Freibeträge 18.800 EUR bzw. 19.200 EUR hinausgehenden Vermögens als eine besondere Härte erscheinen lassen. So liegen bei der Klägerin etwa keine Besonderheiten in der Berufsbiographie und daraus resultierende ungewöhnliche Versorgungslücken vor, die geeignet wären, einen Härtefall zu begründen. Die Klägerin war ab Eintritt in das Berufsleben im September 1971 annähernd 27 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt. Auf von der Rechtsordnung gebilligten Dispositionen beruhende Versorgungslücken (vgl. BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 9) weist der Versicherungsverlauf der Klägerin nicht auf.
Auch im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Absicherung gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit sind keine Besonderheiten ersichtlich. Insoweit hat das SG zutreffend ausgeführt, dass auch nach teilweiser Auszahlung der Lebensversicherung dieser Versicherungsschutz erhalten geblieben ist. Zum anderen spricht dagegen, dass die Berücksichtigung des Vermögens aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Härte im Einzelfall darstellen könnte, dass dieser die Absetzung von bestimmten Altersvorsorgevermögen geregelt hat, jedoch grundsätzlich eine Privilegierung von in Berufsunfähigkeitsversicherungen angelegtem Vermögen, selbst für diejenigen Versicherten, die anders als die Klägerin insoweit nicht mehr im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung geschützt sind, nicht vorsieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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