L 5 R 5980/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 7515/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5980/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Februar 1985 bis 13. Juli 1985 sowie vom 28. April 1986 bis 31. März 2000 im Streit.

Der 1945 geborene Kläger war von 1985 bis zum 31. Januar 2002 als Geschäftsführer für die Firma G. & Partner GmbH in L. tätig. Mit Urteil vom 10. Februar 2003 (Az. S 4 AL 3420/02 - Bl. 11 der Verwaltungsakte - VA -) hatte das Sozialgericht Stuttgart (SG) festgestellt, dass der Kläger im Hinblick auf seine ab 1. Februar 1985 ausgeübte Tätigkeit als alleiniger Geschäftsführer der GmbH, an der er zu 49 % beteiligt war, während die anderen Gesellschaftsanteile zu je 17 % in den Händen seiner drei mittlerweile erwachsenen Kinder gelegen haben, in der Zeit vom 1. Februar 1985 bis zum 31. März 2000 selbständig tätig gewesen sei.

Am 24. Juni 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten nunmehr die Rückzahlung zu Unrecht eingezogener Versicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Februar 1985 bis 31. März 2000 unter Hinweis auf diese Entscheidung des SG.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2004 (Bl. 29 VA) beanstandete die Beklagte die im Zeitraum vom 1. Februar 1985 bis 13. Juli 1985 und vom 28. April 1986 bis 31. März 2000 gezahlten Beiträge, da sie zu Unrecht gezahlt worden seien. Der Kläger habe in diesen streitigen Zeiträumen aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Fa. G. & Partner GmbH nicht der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen. Zugleich wurde die Erstattung der Beiträge jedoch abgelehnt, da dem Kläger in der Zeit vom 22. Februar 2001 bis 15. März 2001 eine Sach- oder Geldleistung gewährt worden sei. Gemäß § 26 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) sei auch dann die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge ausgeschlossen, wenn die Leistung auch ohne diese Beiträge unverändert erbracht worden wäre. Die Pflichtbeiträge für den genannten Zeitraum seien daher gemäß § 202 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in freiwillige Beiträge umzuwandeln. Die Beiträge würden dann als zu Recht entrichtete freiwillige Beiträge gelten. Mit weiterem Bescheid vom 22. Juli 2004 (Bl. 37 VA) stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber zugleich fest, dass die von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit als Geschäftsführer nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe.

Mit Schreiben vom 5. August 2004 (Eingang bei der Beklagten am 1. September 2004) erhob der Kläger Widerspruch, den er mit weiterem Schreiben vom 24. September 2004 dahingehend begründete, dass er in dem Zeitraum, in dem die Leistung erbracht worden sei, bei der Beklagten pflichtversichert gewesen sei. Der Ausnahmefall des § 26 Abs. 2 SGB VI liege somit nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2004 (Bl. 44 VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da er erst nach dem Ende der Widerspruchsfrist am 1. September 2004 eingegangen und somit verspätet sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 22. Dezember 2004 Klage vor dem SG (Az. S 19 RA 8437/04). Im Rahmen des Klageverfahrens wurde auf Vorschlag des SG ein Vergleich dahingehend geschlossen, dass sich die Beklagte verpflichtete, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2004 erneut über den Widerspruch des Klägers vom 1. September 2004 zu entscheiden. Die Beteiligten erklärten im Übrigen den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt (Bl. 20 Rückseite der SG-Akte S 19 RA 8437/04).

Seit 1. Mai 2005 bezieht der Kläger Altersrente für Schwerbehinderte in Höhe von brutto 1.589,27 EUR (abzüglich 109,66 EUR für die Krankenversicherung).

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 (Bl. 116 VA) wies die Beklagte den Widerspruch (erneut) zurück. Zur Begründung führte sie nunmehr aus, dass eine Erstattung nach § 26 SGB IV nicht möglich sei, wenn aufgrund der Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien, eine Leistung erbracht worden sei. Eine Erstattung sei ausgeschlossen für Beiträge, die bis zum Vormonat des Beginns der Leistung gezahlt worden seien. Aus diesem Grunde sei eine Beitragserstattung für die hier streitigen Zeiträume nicht möglich, da in der Zeit vom 22. Februar 2001 bis 15. März 2001 eine Sach- oder Geldleistung (Reha-Maßnahme) gewährt worden sei.

Hiergegen hat der Kläger am 28. November 2005 Klage vor dem SG erhoben (Az. S 9 R 7515/05). Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die Leistung im Zeitraum vom 22. Februar 2001 bis zum 15. März 2001 nichts mit dem streitgegenständlichen Zeitraum zu tun habe. In diesem Zeitraum sei er zu Recht pflichtversichert gewesen, nachdem nunmehr neben ihm ein weiterer Geschäftsführer eingestellt worden sei. Ab dem 1. April 2000 habe er als Angestellter Beiträge abgeführt. Diese zu Recht abgeführten Beiträge seien somit die Rechtsgrundlage für die Reha-Maßnahme gewesen, welche er am 22. Februar 2001 habe durchführen müssen und für welche die Beklagte Leistungen erbracht habe. Im Übrigen habe er auch im Sinne einer einvernehmlichen Erledigung der Beklagten bereits angeboten, die für die Reha-Maßnahme erbrachte Leistung zu erstatten, was allerdings von der Beklagten abgelehnt worden sei.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat u. a. darauf verwiesen, dass selbst dann, wenn die Leistung ohne die zu Unrecht entrichteten Beiträge unverändert erbracht worden wäre, die Erstattung grundsätzlich ausgeschlossen sei. Es sei daher unerheblich, dass der Kläger ab dem 1. April 2000 als Angestellter Beiträge zur Beklagten entrichtet habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 25. Oktober 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zu Recht auf der Grundlage des § 26 Abs. 2 SGB IV für die streitigen Zeiträume die Erstattung der geleisteten Beiträge abgelehnt habe. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Kläger in dem genannten Zeitraum selbständig tätig gewesen sei und eine versicherungspflichtige Beschäftigung danach nicht vorgelegen habe und insoweit die Pflichtbeiträge zu Unrecht entrichtet worden seien. Eine Erstattung komme hier jedoch nicht in Betracht, da alle Beiträge, nicht nur die ab Leistungsbeginn entrichteten, die Leistung versicherungsmäßig mitgetragen hätten. Entgegen der Auffassung der Klägerseite sei es für den vorliegenden Fall irrelevant, dass die Voraussetzungen der sechs Monate Pflichtbeiträge gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI auch im Zeitraum nach dem 1. April 2000 erfüllt seien. Nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteil vom 29. Januar 1998 - B 12 KR 11/97 R -) seien in die Prüfung, ob die bisherigen Beiträge im Versicherungskonto ausreichten, alle bisherigen Beiträge einzubeziehen, soweit sie Grundlage der Leistung sein könnten. Aufgrund dessen sei hier eine Erstattung der streitigen Beiträge nicht mehr möglich, habe die Beklagte vielmehr diese zutreffend beanstandet und stattdessen als freiwillige Beiträge bewertet.

Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 31. Oktober 2006 zugestellten Gerichtsbescheid am 30. November 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, er habe aufgrund der fehlerhaften Beurteilung seiner Versicherungspflicht durch die Beklagte für einen Zeitraum von über 173 Monaten zu Unrecht Pflichtbeiträge an die Beklagte abgeführt, die einen Betrag ausmachten, der weit im sechsstelligen Bereich liege. Es sei rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 SGB IV verwiesen werde und verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Auslegung des § 26 SGB IV müsse den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten, soweit hierdurch der Kern der Gesetzesintention nicht tangiert werde. Kern des Gesetzes sei es sicherlich, dass der Beklagten keine wirtschaftlichen Nachteile durch eine Rückerstattung zu Unrecht bezahlter Beiträge entstehen dürfe. Diese Gesetzesintention müsse jedoch nicht zwingend zu dem Schluss führen, dass eine Rückerstattung im Falle einer zeitlich relevanten Leistungsgewährung generell ausgeschlossen sei. Es könne auch nicht unbeachtet bleiben, welcher Risikosphäre der Anlass für die unrechtmäßig entrichteten Beiträge entstamme. Es sei hier als treuwidrig zu erachten, die Rückforderung der zu Unrecht bezahlten Beiträge zu verweigern, da die Beklagte selbst die Bezahlung der zu Unrecht entrichteten Beiträge durch ihr fehlerhaftes Verhalten veranlasst und zu vertreten habe. Auch stünden die durch ihre Fehleinschätzung unrechtmäßigen Beitragszahlungen über die Dauer von 17 Jahren von der Summe her in keinerlei zumutbaren Verhältnis zu den von der Beklagten aufgewandten Kosten für die ca. siebenwöchige Reha-Maßnahme.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die zu Unrecht geleisteten Beiträge für den Zeitraum vom 1. Februar 1985 bis zum 13. Juli 1985 und vom 28. April 1986 bis zum 31. März 2000 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG im Ergebnis für zutreffend. Ergänzend macht die Beklagte noch geltend, ihrer Meinung nach sei der Bescheid vom 22. Juli 2004 aufgrund des vor dem Sozialgericht geschlossenen Vergleiches (im Verfahren S 19 RA 8437/04) bestandskräftig und insoweit erledigt und Gegenstand allein der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005, der im Übrigen auch in der Sache rechtmäßig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten des SG (S 9 R 7515/05 und S 19 RA 8437/04) und die Senatsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

II.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, aufgrund des Vergleiches im Verfahren S 19 RA 8437/04, worin sich die Beklagte verpflichtet hatte, den Widerspruchsbescheid vom 18. November 2004 aufzuheben und erneut über den Widerspruch zu entscheiden, sei nicht nur der Bescheid vom 18. November 2004 erledigt, sondern auch der Bescheid vom 22. Juli 2004 bestandskräftig geworden, trifft dies nicht zu. Richtig ist vielmehr, dass aufgrund dieses vor dem SG geschlossenen Vergleiches die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 18. November 2004 aufgehoben hat und damit zu diesem Zeitpunkt keine Entscheidung über das (damit wieder offene) Widerspruchsverfahren vorlag, vielmehr dieses nach wie vor anhängig war, mit der weiteren Folge, dass selbstverständlich der Bescheid vom 22. Juli 2004 aufgrund dessen auch noch nicht bestandskräftig geworden war. Die Beklagte hat sodann in Ausführung dieses Vergleiches nunmehr in der Sache mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 über den Widerspruch entschieden. Dieser Widerspruchsbescheid ist ebenfalls nicht bestandskräftig geworden, da der Kläger fristgerecht hiergegen Klage erhoben und zwischenzeitlich gegen den Gerichtsbescheid auch fristgerecht Berufung eingelegt hat. Deswegen hatte der Senat hier selbstverständlich über den Bescheid vom 22. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 (der Widerspruchsbescheid vom 18. November 2004 wurde von der Beklagten in Ausführung des Vergleiches aufgehoben und ist deswegen in der Tat nicht mehr vorhanden und Gegenstand des Verfahrens) zu entscheiden. Da die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 nunmehr im Übrigen auch in der Sache entschieden hatte, hatte selbstverständlich auch der Senat in der Sache hier voll umfänglich zu prüfen.

III.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Im Streit steht die Erstattung von Beiträgen für einen Zeitraum von ca. 15 Jahren. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist damit auf jeden Fall überschritten.

IV.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zutreffend die Klage abgewiesen, da ein Erstattungsanspruch des Klägers bezüglich der hier zu Unrecht entrichteten Beiträge nicht (mehr) besteht.

Auf der Grundlage der vom SG im rechtskräftigen Urteil vom 10. Februar 2003 (S 4 AL 3420/02) getroffenen Feststellungen war der Kläger in der hier streitigen Zeit tatsächlich nicht versicherungspflichtig beschäftigt. In diesem Sinne hatte dies auch die Beklagte unstreitig festgestellt. Im Streit steht hier allein die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge bzw. deren möglicher Ausschluss.

Die hier maßgebliche Rechtsgrundlage für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge ist § 26 SGB IV: Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB IV § 45 Abs. 2 des Zehnten Buches (SGB X) entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge (§ 26 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezuges von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Der Erstattungsanspruch steht gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch (Satz 2).

Die auf das Arbeitsentgelt des Klägers entrichteten Beiträge können damit nach der ersten Verfallklausel dieser Vorschriften nicht erstattet werden, weil ihm aufgrund dieser Beiträge im Februar/März 2001 Leistungen erbracht worden sind. Das BSG führt im Hinblick auf diese Regelung hierzu in seinem Urteil vom 29. Januar 1998 (B 12 KR 11/97 R in SozR 3-2400 § 26 Nr. 10) aus:

Die auf Arbeitsentgelt entrichteten Beiträge können nach der ersten Verfallklausel dieser Vorschrift nicht erstattet werden, weil dem Kläger aufgrund dieser Beiträge im März und April 1988 Leistungen erbracht worden sind. Die erste Verfallklausel betrifft die Beitragsentrichtung zur Rentenversicherung, denn in diesem Versicherungszweig werden Leistungen regelmäßig nur erbracht, wenn vorher Beiträge entrichtet worden sind. Sie gilt auch für Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung (BSGE 68, 260, 262 = SozR 3-2400 § 26 Nr 2), denn auch für diese Leistungen ist eine vorherige Beitragszeit notwendig (vgl § 13 AVG, § 1236 der Reichsversicherungsordnung (RVO); jetzt § 11 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI)). Hier sind die vor der Rehabilitationsmaßnahme auf Arbeitsentgelt entrichteten Beiträge von der Erstattung ausgeschlossen, obwohl die Leistung auch hätte gewährt werden können, wenn nur in den letzten 24 Kalendermonaten vorher für sechs Monate Pflichtbeiträge entrichtet gewesen wären (vgl § 13 Abs 1a Satz 1 Nr 1 AVG, § 1236 Abs 1a Satz 1 Nr 1 RVO). Soweit wie bei Rehabilitationsleistungen nur eine Beitragszeit von kurzer Dauer für die Gewährung notwendig ist, werden vom Versicherungsträger der Leistungsbewilligung nicht konkrete Beiträge zugrunde gelegt. Geprüft wird vielmehr nur, ob die bisherigen Beiträge insgesamt für die Leistung ausreichen. Dabei sind in die Prüfung alle bisherigen Beiträge einzubeziehen, soweit sie Grundlage der Leistung sein können. Eine Leistung ist deshalb iS des § 26 Abs 2 Halbsatz 1 SGB IV aufgrund aller Beiträge erbracht, die ihrer Art nach geeignet waren, den Leistungsanspruch zu begründen. Unerheblich ist bei der ersten Verfallklausel auch, ob die Beiträge in der geleisteten Höhe notwendige Voraussetzung für die Leistung waren. Die Erstattung eines Teils der jeweils entrichteten Beiträge, wie die Revision sie beantragt, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Beklagte hat die Leistungen (Heilverfahren und Übergangsgeld) aufgrund der vorhandenen Beiträge erbracht. Ob die Leistungen auch aufgrund von geringeren Beiträgen hätten erbracht werden können, ist nicht entscheidend.

Der Senat mißt der hier anwendbaren ersten Verfallklausel in § 26 Abs 2 Halbsatz 1 SGB IV damit dieselbe Bedeutung zu wie den Verfallregelungen, die vor dem Inkrafttreten des SGB IV am 1. Juli 1977 in der Rentenversicherung galten (§ 146 Abs 3 AVG, § 1424 Abs 3 RVO). Diese Vorschriften hatten die Rückforderung zu Unrecht entrichteter Beiträge ausgeschlossen, wenn dem Versicherten bereits aus diesen Beiträgen eine Regelleistung bewilligt worden war. Dazu hatte das BSG wiederholt entschieden, daß auch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme der Erstattung der für die Zeit vorher entrichteten Pflichtbeiträge entgegenstand. Dabei sei es unerheblich, wie sich der einzelne Beitrag auf die rechtliche Grundlage des Heilverfahrens konkret ausgewirkt habe (BSG SozR 2200 § 1424 Nr 2; BSGE 45, 251 = SozR 2200 § 1424 Nr 7). Mit der Regelung über die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge in § 26 SGB IV sollte die bisherige Erstattungspraxis nicht geändert werden; sie sollte eine Verallgemeinerung und Modernisierung der bisherigen Regelung in der Rentenversicherung sein (vgl Begründung zu § 27 des Regierungsentwurfs des SGB IV, BT-Drucks 7/4122, S 34). Das BSG hat deshalb an seiner Auslegung des § 146 Abs 3 AVG (§ 1424 Abs 3 RVO) festgehalten, als § 26 Abs 1 SGB IV (jetzt § 26 Abs 2 SGB IV) in Kraft getreten war (BSGE 45, 251, 252 = SozR 2200 § 1424 Nr 7). Das BSG hatte außerdem schon zum früheren Recht auf die Parallele zum Erstattungsausschluß bei rechtmäßig entrichteten Beiträgen hingewiesen (BSG SozR 2200 § 1424 Nr 2). Diese seinerzeit angeführte zusätzliche Begründung für die Auslegung der Verfallklausel bei zu Unrecht entrichteten Beiträgen trifft weiterhin zu. Nach § 82 Abs 5 AVG (§ 1303 Abs 5 RVO) waren von rechtmäßig entrichteten Beiträgen, wenn eine Regelleistung aus der Versicherung gewährt worden war, nur die später entrichteten Beiträge zu erstatten. Hieran hat sich mit Inkrafttreten des SGB VI am 1. Januar 1992 nichts geändert. Es gilt weiterhin, daß Versicherten, die eine Sach- oder Geldleistung in Anspruch genommen haben, nur die später gezahlten Beiträge erstattet werden (§ 210 Abs 5 SGB VI).

Die Entscheidung des Senats, nach der die Erstattung zu Unrecht entrichteter isolierter Höherversicherungsbeiträge trotz späterer Leistungsgewährung durch die erste Verfallklausel des § 26 Abs 2 Halbsatz 1 SGB IV nicht ausgeschlossen wird (BSGE 68, 260 = SozR 3-2400 § 26 Nr 2), ist hier nicht maßgebend. Grundlage dieser Entscheidung war, daß die Leistung auf den Höherversicherungsbeiträgen nicht beruhen konnte, weil diese Beiträge rechtlich nicht geeignet waren, die Leistung nach Grund oder Höhe zu beeinflussen.

Der Ausschluß der Erstattung ist bei Sachverhalten der vorliegenden Art nicht unverhältnismäßig, obwohl die entrichteten Beiträge die gewährten Leistungen erheblich übersteigen. Die entrichteten Pflichtbeiträge gelten nach der Beanstandung als freiwillige Beiträge, soweit wie beim Kläger die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung in der Zeit bestand, in der die Beiträge als gezahlt gelten (§ 202 Sätze 1 und 3 SGB VI). Der Senat hat schon aus diesem Grund keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die erste Verfallklausel in § 26 Abs 2 Halbsatz 1 SGB IV. In der Regel dürfte der Versicherte durch die Verfallklausel sogar begünstigt sein, weil der Ausschluß der Erstattung auch den Arbeitgeberanteil erfaßt. Für den Versicherten bleiben deshalb die vollen Beiträge als freiwillige Beiträge erhalten, obwohl er ohne Eingreifen der Verfallklausel nur die von ihm getragene Beitragshälfte erstattet bekommen könnte (vgl § 26 Abs 3 Satz 1 SGB IV).

Der Senat folgt dieser Rechtsprechung und sieht auch keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Soweit der Kläger hier insbesondere geltend macht, dass die von ihm erbrachten Beitragsleistungen in den streitigen Zeiträumen ein Vielfaches dessen ausmachten, was die hier den Ausschluss verursachende Reha-Leistung gekostet habe, scheinen der Kläger und sein Bevollmächtigter zu übersehen, dass diese Beiträge nicht allein etwa für eine Reha-Leistung "verrechnet wurden", sondern im Übrigen auf dem Versicherungskonto des Klägers als entsprechende (freiwillige) Beitragszeiten bleiben (es wird in diesem Zusammenhang auf die oben zitierten Ausführungen zum Schluss in der Entscheidung des BSG ausdrücklich hingewiesen) und damit sich auch entsprechend rentenerhöhend auf die inzwischen bezogene Altersrente (und wohl auch auf die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zur KVdR) auswirken.

Die Beklagte hat im Übrigen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aufgrund der von ihr vorgenommenen Beanstandung der hier streitigen Beiträge als Pflichtbeiträge und im Hinblick auf die ausgeschlossene Erstattung diese gemäß § 202 SGB VI als freiwillige Beiträge eingestellt.

Aus all diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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