Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 24 RA 1320/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Sofern durch den Sachverständigen ein Vergütungsantrag innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs 1 Satz 1 JVEG eingereicht wurde, kann die Bezifferung bzw. die Ergänzung des Antrags auch nach Ablauf der Drei-Monats-Frist erfolgen;
Die dem Antragsteller für sein Gutachten vom 20.09.2006 zu gewährende Vergütung wird auf 3.095,72 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
In dem dieser Kostensache zugrundliegenden Rechtsstreit S 22/24 RA 1320/02 hinsichtlich eines Anspruchs des Klägers (F. N.) auf Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs wurde der Antragsteller (Ast.) durch die zuständige Kammervorsitzende mit Beschluss vom 17.05.2006 mit der Anfertigung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung nach § 106 Abs. 3 Ziff. 5, Abs. 4 SGG beauftragt. Dabei waren sowohl die Schwerbehinderteneigenschaft anhand der Anhaltspunkte wie auch die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) unter Berücksichtigung der Tätigkeit als Angehöriger der Deutschen Volkspolizei der DDR zu klären. Übersandt waren neben der Gerichtsakte (344 Blatt) und der Verwaltungsakte (654 Blatt) auch Unterlagen (160 Blatt) und 2 SV-Ausweise des Klägers.
Der Ast. führte die Untersuchung am 19.07.2006 durch und erstattete mit Datum vom 20.09.2006 sein schriftliches Gutachten, das am 28.09.2006 bei Gericht einging (Bl. 384 ff. der Gerichtsakte). Zugleich beantragte er eine Entschädigung in Höhe von 3.429,15 EUR, wobei er für das Aktenstudium einen Zeitaufwand von 11,5 Stunden und für Diktat und Korrektur der 50 Seiten einen Zeitaufwand von 10 Stunden geltend machte. Ferner wurde eine Vergütung für 50 Kopien geltend gemacht. Für die Untersuchung am 19.07.2006 wurde zunächst kein Zeitaufwand angegeben. Auf die Berechnung wird wegen der Einzelheiten verwiesen (Bl. XXI der Kostenbeiakte).
Der Kostenbeamte setzte die Entschädigung mit Bescheid vom 23.10.2006 auf 2.701,32 EUR fest und erkannte dabei für die Aktendurchsicht von 800 Seiten einen Zeitaufwand von 8 Stunden und für Diktat und Durchsicht einen Zeitaufwand von 6,4 Stunden an. Nach Umrechnung der DIN auf die 69.000 Zeichen des Gutachtens ergeben sich 38,4 Seiten, die mit 6 Seiten/Stunde anzusetzen seien. Für die diagnostischen Verrichtungen wurde, bis auf die Leistungen im Abschnitt O der GOÄ, ein Abschlag von 10 v.H. berücksichtigt. Notwendig für die Erstellung des Gutachtens waren 11 Kopien, die mit 5,50 EUR vergütet wurden. Auf die Berechnung wird wegen der Einzelheiten verwiesen (Bl. XXV der Kostenbeiakte).
Damit zeigte sich der Ast. nicht einverstanden und bat mit Schreiben vom 09.11.2006 um Überprüfung der Honorarkürzung. Die Vergütung des Aktenstudiums mit 100 Blatt/ Stunde ist im unverständlich. Er habe in der Akte auch alte, schwer leserliche, handgeschriebene Unterlagen zu würdigen gehabt. Unverständlich sei auch die Kürzung bei dem Abrechnungsposten Diktat/Durchsicht. In Thüringen bestünden hierfür keinerlei Vorschriften. Auf den Hinweis der Vorsitzenden, dass ein Zeitaufwand für die Untersuchung bislang nicht geltend gemacht worden sei, erklärte der Ast., die Untersuchung habe knapp 2 Stunden gedauert.
Der Bezirksrevisor wurde als Vertreter der Staatskasse gehört. Er nahm mit Schreiben vom 24.11.2006, 06.02.2007 und 10.05.2007 Stellung. Dabei ist er der Auffassung, dass der Zeitaufwand für die Untersuchung nach Ablauf der Drei-Monatsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG nicht mehr geltend gemacht werden könne. Das Antragsverfahren wurde sodann der zuständigen Kostenkammer vorgelegt.
II.
Der Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung des Sachverständigen ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG zulässig. Über ihn hat nach Abschnitt B des Geschäftsverteilungsplanes A die 35. Kammer des Sozialgerichts als Kostenkammer zu entscheiden.
Nach Überzeugung des Gerichts ist die Entschädigung des Ast. für sein Sachverständigen-Gutachten vom 20.09.2006 auf den Betrag von 3.095,72 EUR festzusetzen.
Dabei errechnet sich die Entschädigung wie folgt:
Verrichtung: Stundenzahl: Betrag:
Aktenstudium (800 Seiten) 8,00
Studium Klägerunterlagen (160 Seiten) 1,60
Studium 2 SV-Bücher 0,50
Untersuchung am 19.07.2006 2,00
Beurteilung von Fremdaufnahmen
(antragsgemäß) 2,00
Beurteilung/ Beantwortung von
Beweisfragen (antragsgemäß) 8,50
Ausfertigung und Korrektur
(38,33 Seiten, je 6 Seiten 1 Stunde) 6,40
Stundenzahl 29,00
29 x Stundensatz von 85 EUR 2.465,00 EUR
Diagnostische Verrichtungen gem. GOÄ
(abzügl. 10%) 116,45 EUR
GOÄ Nr. 5475 22,74 EUR
Schreibauslagen 51,75 EUR
Kopien 5,50 EUR
Gesamtbetrag: 2.661,44 EUR
zzg. 16% USt. 425,83 EUR
Porto 8,45 EUR
Entschädigungssumme 3.095,72 EUR
Grundlage des Vergütungsanspruchs ist § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG. Danach erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen zu bemessen ist. Dementsprechend wird das Honorar gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages.
Aus § 8 Abs. 2 S. 1 JVEG ergibt sich somit, dass sich die Anzahl der zu vergütenden Stunden nicht daran orientiert, wie viele Stunden der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens aufwandte, sondern daran, wie viele Stunden für die Erstattung erforderlich waren. Insoweit ist keine Änderung gegenüber der Sach- und Rechtslage nach dem ZSEG eingetreten (vgl. LSG Ba.-Wü., Beschl. 03.01.2005, L 12 RJ 5381/04 KO-A).
Danach wird auch weiterhin mit der Entschädigung nach JVEG der gesamte erforderliche Zeitaufwand abgegolten. Der Entschädigung zugänglich sind die vom gerichtlichen Auftrag umschlossenen notwendigen Leistungen wie folgt: vorbereitende Arbeiten, etwa Einsichtnahme in Akten, Geschäftsbücher, Karten oder ärztliche Untersuchungen; ggf. anfallende Wege-, Reise- und Wartezeiten; Aktenstudium; Diktat einschließlich der anfallenden Korrekturarbeiten; schließlich die sachverständige Beurteilung als Gutachterleistung im engeren Sinne (zu § 3 Abs. 2 ZSEG: Sächs. LSG, Beschluss vom 27.01.2003, L 1 B 45/01 RJ-KO; vgl. Meyer/Höver/Bach, ZSEG, § 3 Rz. 19 ff. m.w.N.).
Welche Zeit für die Erstellung eines Sachverständigen-Gutachtens "erforderlich" ist, muss nach objektiven Maßstäben und unabhängig von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ermittelt werden. Es handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Rahmen der Entschädigungsfestsetzung zur Gleichbehandlung der Sachverständigen anhand vergleichbarer Sachverhalte ausgefüllt werden muss. Auf dieser Grundlage hat das Gericht für das erforderliche Aktenstudium insgesamt 10,1 Stunden anerkannt. In Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Landessozialgerichte wird für das Aktenstudium der Erfahrungswert zugrundegelegt wird, wonach im Schnitt für je 100 Seiten etwa 1 Stunde Zeitbedarf anfällt. Höhere Werte (wie 150 bis 200 Seiten pro Stunde in Baden-Württemberg) oder niedrigere (60/80 Seiten pro Stunde) hält das Gericht nicht für erforderlich. Ein Vergleich mit den Entschädigungsanträgen der Sachverständigen zeigt, dass hierbei vielfach Werte von 100 Seiten oder mehr pro Stunde für angemessen halten. Die Verwaltungsakte hatte einen Umfang von 654 Blatt, die Gerichtsakte von 344 Seiten, so dass insgesamt von 800 Seiten (= 8,00 Stunden) auszugehen war. Daneben wurde 1 Band eigene Unterlagen des Klägers (mit 160 Blatt) vorgelegt. Diese wurden vom Ast. auch gewürdigt, wie sich aus den Ausführungen des Gutachtens ergibt. Für diese 160 Blatt waren 1,60 Stunden anzusetzen. Daneben haben auch noch 2 SV-Bücher des Klägers vorgelegen. Hierfür hält das Gericht einen Zeitraum von 0,50 Stunden für angemessen.
Hinsichtlich der Ausarbeitung der Beurteilung war ein Zeitbedarf antragsgemäß von 8,5 Stunden anzuerkennen.
Für die Erhebung der Vorgeschichte und die Untersuchung sind 2,0 Stunden anzusetzen. Unerheblich ist dabei, dass der Zeitaufwand für die Untersuchung im Entschädigungsantrag vom 26.09.2006 noch nicht geltend gemacht wurde. Zwar erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat, hier somit am 28.09.2006. Das Schreiben vom 09.01.2007, mit welchem der Ast. klarstellt, dass die Untersuchung etwa 2 Stunden gedauert hat, wahrt die Drei-Monats-Frist nicht. Darauf kommt es jedoch nicht an: Entscheidend ist, dass ein Vergütungsantrag innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG eingeht. Der Antrag muss nicht beziffert werden. Ausreichend ist die Erklärung, dass ein Anspruch auf Vergütung geltend gemacht wird. Die Bezifferung kann noch innerhalb der Verjährungsfrist (§ 2 Abs. 3 Satz 3 JVEG, § 195 BGB: drei Jahre) nachgeholt werden (vgl. Hartmann, Kostengesetzte, § 2 Rdn. 14, 15). Da der ursprüngliche Vergütungsantrag jedoch innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG einging, ist eine Ergänzung innerhalb der Verjährungsfrist möglich.
Für Diktat und Korrektur waren 6,40 Stunden anzuerkennen. Dabei setzt das Gericht einen Ansatz von 6 Seiten je Stunde an. Es ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, für Diktat und Korrektur eines Gutachtens im Regelfall einen Entschädigungsrahmen von 4 bis 6 Seiten pro Stunde anzunehmen (z.B. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 01.08.2001,
L 4 SF 3/01). Damit liegen die in Sachsen berücksichtigten Werte im Schnitt der übrigen Bundesländer (z.B. Berlin: 7,5 Seiten/Stunde; Bayern: 3 Seiten/Stunde; Nordrhein-Westfalen: 5 Seiten/Stunde; Baden-Württemberg: keine extra Berechnung, weil inklusive). Bei der Ermittlung der objektiven Seitenzahl ist die DIN 1422 (1.800 Anschläge je Seite) heranzuziehen. Die DIN ist hier nicht eingehalten. Bei Umrechnung der verwendeten 69.000 Zeichen auf die DIN 1422 ergeben sich rechnerisch 38,33 Seiten, die mit 6,40 Stunden zu würdigen waren.
Die Beurteilung der Fremdaufnahmen wurden antragsgemäß mit 2 Stunden berücksichtigt.
Danach ergaben sich 29 Stunden, die mit einem Stundensatz von 85 EUR (nach M 3) zu vergüten waren, da es sich um ein Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtung oder Beurteilung spezieller/strittiger Kausalzusammenhänge und/oder differential-diagnostische Probleme) handelte.
Die Sachkosten für besondere Verrichtungen sind auf der Grundlage von § 10 Abs. 2 Satz 3 JVEG i.V.m. der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) zu vergüten. Mit der Vergütung nach GOÄ sind grundsätzlich die beruflichen Leistungen des ärztlichen Sachverständigen sowie seine allgemeinen Praxiskosten abgegolten (vgl. Meyer/ Höver/ Bach, ZSEG, § 8 RdNr 1). Bei der entsprechenden Anwendung der GOÄ sind auch deren Begrenzungen zu berücksichtigen (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 17.05.1999, L 6 SF 426/98). Nach der bis 31.12.2006 geltenden 6. Verordnung zur Anpassung der Höhe der Vergütungen nach der Gebührenordnung für Ärzte, der Gebührenordnung für Zahnärzte sowie nach der Hebammenhilfe-Gebührenverordnung in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (6. GebührenanpassungsVO) beträgt die Vergütung für Ärzte im Beitrittsgebiet 90 v.H. der nach § 5 der Gebührenordnung für Ärzte bemessenen Gebühr (§ 1 der 6. GebührenanpassungsVO). Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei Neuregelung der Sachverständigenentschädigung im JVEG ab 01.07.2004 hiervon absehen wollte. Somit waren für die abgerechneten GOÄ-Nummern, bis auf die Nummer 5475 des Abschnitts O der GOÄ, Abzüge i.H.v. 10 v.H. vorzunehmen. Es verblieb eine Vergütung von 116,45 EUR. Für Leistungen der in Abschnitt O der GOÄ bezeichneten Leistungen entfällt die Kürzung, so dass für die Nummer 5475 der Wert von 22,74 EUR zu vergüten war.
Die Schreibauslagen wurden mit 51,75 EUR antragsgemäß bewilligt.
Kosten für angefertigte Kopien waren nur i.H.v. 5,50 EUR zu vergüten. Nach § 7 Abs. 2 JVEG werden für die Anfertigung von Ablichtungen und Ausdrucken grundsätzlich 0,50 Euro je Seite für die ersten 50 Seiten gezahlt (Satz 1 Alt. 1); sie wird für Ablichtungen und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten gewährt, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Vorbereitung oder Bearbeitung der Angelegenheit geboten war, sowie für Ablichtungen und zusätzliche Ausdrucke, die nach Aufforderung durch die heranziehende Stelle angefertigt worden sind (Satz 3). Für die Erstellung eines schriftlichen Gutachtens im sozialgerichtlichen Verfahren ist es weder üblich noch notwendig, eine Gutachtenskopie anzufertigen (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.03.2006, L 1 B 86/06 SF SK; LSG Thüringen, Beschluss vom 30.11.2005, L 6 SF 738/05). Hier lag keine gerichtliche Aufforderung nach § 7 Abs. 2 Satz 3 JVEG vor, das gesamte Gutachten zu kopieren. Somit kommt eine Entschädigung nur für die angefertigten 11 Kopien zur Osteoporose und zum Befund des Probanden in Betracht.
Daraus ergibt sich eine Zwischensumme von 2.661,44 EUR, die um die Unsatzsteuer zu erhöhen ist. Dem Wert sind noch die Kosten von 8,45 EUR für Porto zuzufügen, so dass sich eine Gesamtvergütung von 3.095,72 EUR ergibt.
Für dieses Verfahren werden Kosten weder erhoben noch erstattet (§ 4 Abs. 8 S. 1, S. 2 JVEG).
Gründe:
I.
In dem dieser Kostensache zugrundliegenden Rechtsstreit S 22/24 RA 1320/02 hinsichtlich eines Anspruchs des Klägers (F. N.) auf Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs wurde der Antragsteller (Ast.) durch die zuständige Kammervorsitzende mit Beschluss vom 17.05.2006 mit der Anfertigung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung nach § 106 Abs. 3 Ziff. 5, Abs. 4 SGG beauftragt. Dabei waren sowohl die Schwerbehinderteneigenschaft anhand der Anhaltspunkte wie auch die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) unter Berücksichtigung der Tätigkeit als Angehöriger der Deutschen Volkspolizei der DDR zu klären. Übersandt waren neben der Gerichtsakte (344 Blatt) und der Verwaltungsakte (654 Blatt) auch Unterlagen (160 Blatt) und 2 SV-Ausweise des Klägers.
Der Ast. führte die Untersuchung am 19.07.2006 durch und erstattete mit Datum vom 20.09.2006 sein schriftliches Gutachten, das am 28.09.2006 bei Gericht einging (Bl. 384 ff. der Gerichtsakte). Zugleich beantragte er eine Entschädigung in Höhe von 3.429,15 EUR, wobei er für das Aktenstudium einen Zeitaufwand von 11,5 Stunden und für Diktat und Korrektur der 50 Seiten einen Zeitaufwand von 10 Stunden geltend machte. Ferner wurde eine Vergütung für 50 Kopien geltend gemacht. Für die Untersuchung am 19.07.2006 wurde zunächst kein Zeitaufwand angegeben. Auf die Berechnung wird wegen der Einzelheiten verwiesen (Bl. XXI der Kostenbeiakte).
Der Kostenbeamte setzte die Entschädigung mit Bescheid vom 23.10.2006 auf 2.701,32 EUR fest und erkannte dabei für die Aktendurchsicht von 800 Seiten einen Zeitaufwand von 8 Stunden und für Diktat und Durchsicht einen Zeitaufwand von 6,4 Stunden an. Nach Umrechnung der DIN auf die 69.000 Zeichen des Gutachtens ergeben sich 38,4 Seiten, die mit 6 Seiten/Stunde anzusetzen seien. Für die diagnostischen Verrichtungen wurde, bis auf die Leistungen im Abschnitt O der GOÄ, ein Abschlag von 10 v.H. berücksichtigt. Notwendig für die Erstellung des Gutachtens waren 11 Kopien, die mit 5,50 EUR vergütet wurden. Auf die Berechnung wird wegen der Einzelheiten verwiesen (Bl. XXV der Kostenbeiakte).
Damit zeigte sich der Ast. nicht einverstanden und bat mit Schreiben vom 09.11.2006 um Überprüfung der Honorarkürzung. Die Vergütung des Aktenstudiums mit 100 Blatt/ Stunde ist im unverständlich. Er habe in der Akte auch alte, schwer leserliche, handgeschriebene Unterlagen zu würdigen gehabt. Unverständlich sei auch die Kürzung bei dem Abrechnungsposten Diktat/Durchsicht. In Thüringen bestünden hierfür keinerlei Vorschriften. Auf den Hinweis der Vorsitzenden, dass ein Zeitaufwand für die Untersuchung bislang nicht geltend gemacht worden sei, erklärte der Ast., die Untersuchung habe knapp 2 Stunden gedauert.
Der Bezirksrevisor wurde als Vertreter der Staatskasse gehört. Er nahm mit Schreiben vom 24.11.2006, 06.02.2007 und 10.05.2007 Stellung. Dabei ist er der Auffassung, dass der Zeitaufwand für die Untersuchung nach Ablauf der Drei-Monatsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG nicht mehr geltend gemacht werden könne. Das Antragsverfahren wurde sodann der zuständigen Kostenkammer vorgelegt.
II.
Der Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung des Sachverständigen ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG zulässig. Über ihn hat nach Abschnitt B des Geschäftsverteilungsplanes A die 35. Kammer des Sozialgerichts als Kostenkammer zu entscheiden.
Nach Überzeugung des Gerichts ist die Entschädigung des Ast. für sein Sachverständigen-Gutachten vom 20.09.2006 auf den Betrag von 3.095,72 EUR festzusetzen.
Dabei errechnet sich die Entschädigung wie folgt:
Verrichtung: Stundenzahl: Betrag:
Aktenstudium (800 Seiten) 8,00
Studium Klägerunterlagen (160 Seiten) 1,60
Studium 2 SV-Bücher 0,50
Untersuchung am 19.07.2006 2,00
Beurteilung von Fremdaufnahmen
(antragsgemäß) 2,00
Beurteilung/ Beantwortung von
Beweisfragen (antragsgemäß) 8,50
Ausfertigung und Korrektur
(38,33 Seiten, je 6 Seiten 1 Stunde) 6,40
Stundenzahl 29,00
29 x Stundensatz von 85 EUR 2.465,00 EUR
Diagnostische Verrichtungen gem. GOÄ
(abzügl. 10%) 116,45 EUR
GOÄ Nr. 5475 22,74 EUR
Schreibauslagen 51,75 EUR
Kopien 5,50 EUR
Gesamtbetrag: 2.661,44 EUR
zzg. 16% USt. 425,83 EUR
Porto 8,45 EUR
Entschädigungssumme 3.095,72 EUR
Grundlage des Vergütungsanspruchs ist § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG. Danach erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen zu bemessen ist. Dementsprechend wird das Honorar gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages.
Aus § 8 Abs. 2 S. 1 JVEG ergibt sich somit, dass sich die Anzahl der zu vergütenden Stunden nicht daran orientiert, wie viele Stunden der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens aufwandte, sondern daran, wie viele Stunden für die Erstattung erforderlich waren. Insoweit ist keine Änderung gegenüber der Sach- und Rechtslage nach dem ZSEG eingetreten (vgl. LSG Ba.-Wü., Beschl. 03.01.2005, L 12 RJ 5381/04 KO-A).
Danach wird auch weiterhin mit der Entschädigung nach JVEG der gesamte erforderliche Zeitaufwand abgegolten. Der Entschädigung zugänglich sind die vom gerichtlichen Auftrag umschlossenen notwendigen Leistungen wie folgt: vorbereitende Arbeiten, etwa Einsichtnahme in Akten, Geschäftsbücher, Karten oder ärztliche Untersuchungen; ggf. anfallende Wege-, Reise- und Wartezeiten; Aktenstudium; Diktat einschließlich der anfallenden Korrekturarbeiten; schließlich die sachverständige Beurteilung als Gutachterleistung im engeren Sinne (zu § 3 Abs. 2 ZSEG: Sächs. LSG, Beschluss vom 27.01.2003, L 1 B 45/01 RJ-KO; vgl. Meyer/Höver/Bach, ZSEG, § 3 Rz. 19 ff. m.w.N.).
Welche Zeit für die Erstellung eines Sachverständigen-Gutachtens "erforderlich" ist, muss nach objektiven Maßstäben und unabhängig von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ermittelt werden. Es handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Rahmen der Entschädigungsfestsetzung zur Gleichbehandlung der Sachverständigen anhand vergleichbarer Sachverhalte ausgefüllt werden muss. Auf dieser Grundlage hat das Gericht für das erforderliche Aktenstudium insgesamt 10,1 Stunden anerkannt. In Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Landessozialgerichte wird für das Aktenstudium der Erfahrungswert zugrundegelegt wird, wonach im Schnitt für je 100 Seiten etwa 1 Stunde Zeitbedarf anfällt. Höhere Werte (wie 150 bis 200 Seiten pro Stunde in Baden-Württemberg) oder niedrigere (60/80 Seiten pro Stunde) hält das Gericht nicht für erforderlich. Ein Vergleich mit den Entschädigungsanträgen der Sachverständigen zeigt, dass hierbei vielfach Werte von 100 Seiten oder mehr pro Stunde für angemessen halten. Die Verwaltungsakte hatte einen Umfang von 654 Blatt, die Gerichtsakte von 344 Seiten, so dass insgesamt von 800 Seiten (= 8,00 Stunden) auszugehen war. Daneben wurde 1 Band eigene Unterlagen des Klägers (mit 160 Blatt) vorgelegt. Diese wurden vom Ast. auch gewürdigt, wie sich aus den Ausführungen des Gutachtens ergibt. Für diese 160 Blatt waren 1,60 Stunden anzusetzen. Daneben haben auch noch 2 SV-Bücher des Klägers vorgelegen. Hierfür hält das Gericht einen Zeitraum von 0,50 Stunden für angemessen.
Hinsichtlich der Ausarbeitung der Beurteilung war ein Zeitbedarf antragsgemäß von 8,5 Stunden anzuerkennen.
Für die Erhebung der Vorgeschichte und die Untersuchung sind 2,0 Stunden anzusetzen. Unerheblich ist dabei, dass der Zeitaufwand für die Untersuchung im Entschädigungsantrag vom 26.09.2006 noch nicht geltend gemacht wurde. Zwar erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat, hier somit am 28.09.2006. Das Schreiben vom 09.01.2007, mit welchem der Ast. klarstellt, dass die Untersuchung etwa 2 Stunden gedauert hat, wahrt die Drei-Monats-Frist nicht. Darauf kommt es jedoch nicht an: Entscheidend ist, dass ein Vergütungsantrag innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG eingeht. Der Antrag muss nicht beziffert werden. Ausreichend ist die Erklärung, dass ein Anspruch auf Vergütung geltend gemacht wird. Die Bezifferung kann noch innerhalb der Verjährungsfrist (§ 2 Abs. 3 Satz 3 JVEG, § 195 BGB: drei Jahre) nachgeholt werden (vgl. Hartmann, Kostengesetzte, § 2 Rdn. 14, 15). Da der ursprüngliche Vergütungsantrag jedoch innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG einging, ist eine Ergänzung innerhalb der Verjährungsfrist möglich.
Für Diktat und Korrektur waren 6,40 Stunden anzuerkennen. Dabei setzt das Gericht einen Ansatz von 6 Seiten je Stunde an. Es ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, für Diktat und Korrektur eines Gutachtens im Regelfall einen Entschädigungsrahmen von 4 bis 6 Seiten pro Stunde anzunehmen (z.B. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 01.08.2001,
L 4 SF 3/01). Damit liegen die in Sachsen berücksichtigten Werte im Schnitt der übrigen Bundesländer (z.B. Berlin: 7,5 Seiten/Stunde; Bayern: 3 Seiten/Stunde; Nordrhein-Westfalen: 5 Seiten/Stunde; Baden-Württemberg: keine extra Berechnung, weil inklusive). Bei der Ermittlung der objektiven Seitenzahl ist die DIN 1422 (1.800 Anschläge je Seite) heranzuziehen. Die DIN ist hier nicht eingehalten. Bei Umrechnung der verwendeten 69.000 Zeichen auf die DIN 1422 ergeben sich rechnerisch 38,33 Seiten, die mit 6,40 Stunden zu würdigen waren.
Die Beurteilung der Fremdaufnahmen wurden antragsgemäß mit 2 Stunden berücksichtigt.
Danach ergaben sich 29 Stunden, die mit einem Stundensatz von 85 EUR (nach M 3) zu vergüten waren, da es sich um ein Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtung oder Beurteilung spezieller/strittiger Kausalzusammenhänge und/oder differential-diagnostische Probleme) handelte.
Die Sachkosten für besondere Verrichtungen sind auf der Grundlage von § 10 Abs. 2 Satz 3 JVEG i.V.m. der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) zu vergüten. Mit der Vergütung nach GOÄ sind grundsätzlich die beruflichen Leistungen des ärztlichen Sachverständigen sowie seine allgemeinen Praxiskosten abgegolten (vgl. Meyer/ Höver/ Bach, ZSEG, § 8 RdNr 1). Bei der entsprechenden Anwendung der GOÄ sind auch deren Begrenzungen zu berücksichtigen (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 17.05.1999, L 6 SF 426/98). Nach der bis 31.12.2006 geltenden 6. Verordnung zur Anpassung der Höhe der Vergütungen nach der Gebührenordnung für Ärzte, der Gebührenordnung für Zahnärzte sowie nach der Hebammenhilfe-Gebührenverordnung in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (6. GebührenanpassungsVO) beträgt die Vergütung für Ärzte im Beitrittsgebiet 90 v.H. der nach § 5 der Gebührenordnung für Ärzte bemessenen Gebühr (§ 1 der 6. GebührenanpassungsVO). Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei Neuregelung der Sachverständigenentschädigung im JVEG ab 01.07.2004 hiervon absehen wollte. Somit waren für die abgerechneten GOÄ-Nummern, bis auf die Nummer 5475 des Abschnitts O der GOÄ, Abzüge i.H.v. 10 v.H. vorzunehmen. Es verblieb eine Vergütung von 116,45 EUR. Für Leistungen der in Abschnitt O der GOÄ bezeichneten Leistungen entfällt die Kürzung, so dass für die Nummer 5475 der Wert von 22,74 EUR zu vergüten war.
Die Schreibauslagen wurden mit 51,75 EUR antragsgemäß bewilligt.
Kosten für angefertigte Kopien waren nur i.H.v. 5,50 EUR zu vergüten. Nach § 7 Abs. 2 JVEG werden für die Anfertigung von Ablichtungen und Ausdrucken grundsätzlich 0,50 Euro je Seite für die ersten 50 Seiten gezahlt (Satz 1 Alt. 1); sie wird für Ablichtungen und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten gewährt, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Vorbereitung oder Bearbeitung der Angelegenheit geboten war, sowie für Ablichtungen und zusätzliche Ausdrucke, die nach Aufforderung durch die heranziehende Stelle angefertigt worden sind (Satz 3). Für die Erstellung eines schriftlichen Gutachtens im sozialgerichtlichen Verfahren ist es weder üblich noch notwendig, eine Gutachtenskopie anzufertigen (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.03.2006, L 1 B 86/06 SF SK; LSG Thüringen, Beschluss vom 30.11.2005, L 6 SF 738/05). Hier lag keine gerichtliche Aufforderung nach § 7 Abs. 2 Satz 3 JVEG vor, das gesamte Gutachten zu kopieren. Somit kommt eine Entschädigung nur für die angefertigten 11 Kopien zur Osteoporose und zum Befund des Probanden in Betracht.
Daraus ergibt sich eine Zwischensumme von 2.661,44 EUR, die um die Unsatzsteuer zu erhöhen ist. Dem Wert sind noch die Kosten von 8,45 EUR für Porto zuzufügen, so dass sich eine Gesamtvergütung von 3.095,72 EUR ergibt.
Für dieses Verfahren werden Kosten weder erhoben noch erstattet (§ 4 Abs. 8 S. 1, S. 2 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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