L 3 U 47/04

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 391/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 47/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 31. Juli 1999 hinaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. Juli 1998 streitig.

Der im Jahre 1976 geborene Kläger erlitt am 25. Juli 1998 einen Arbeitsunfall, als er während seiner Tätigkeit als Auszubildender zum Kaufmann für Verkehrsservice von einer unbekannten Person mit einem Messer am rechten Oberarm verletzt wurde. Nach operativer Behandlung im A. K. A. war die Wunde spätestens am 9. November 1998 soweit verheilt, dass wieder Arbeitsfähigkeit bestand. Zwischenzeitlich hatte der Kläger jedoch psychische Beschwerden in Form von zunehmenden Ängsten vor einer Wiederaufnahme der Arbeit als weitere Unfallfolgen geltend gemacht. Nach Beiziehung von Unterlagen der Nervenärzte Dr. M., Dr. P. und Dr. S. ließ die Beklagte den Kläger durch Dr. F. nervenärztlich untersuchen und begutachten. Nachdem dieser in dem Gutachten vom 3. Januar 2000 einen erheblichen seelischen Vorschaden in Form einer ängstlich vermeidenden Störung bei narzisstischem Persönlichkeitsschwerpunkt und psychosomatischem Syndrom festgestellt und als Unfallfolge lediglich eine zeitlich begrenzte Verschlimmerung dieser Gesundheitsstörung angenommen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2000 und Widerspruchsbescheid vom 24. August 2000 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 25. Januar 1999 hinaus ab.

Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und den Nervenarzt Dr. F. mündlich im Termin am 11. September 2001 sowie schriftlich im Gutachten vom 25. Juni 2003 als Sachverständigen gehört. Dabei ist Dr. F. zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger habe unfallbedingt für 9 Monate eine Verschlimmerung des vorbestehenden seelischen Leidens in Form einer Anpassungsstörung vorgelegen. Demgegenüber hat der als weiterer Sachverständige im Termin am 28. April 2004 gehörte Nervenarzt Dr. N. dargelegt, dass beim Kläger unfallbedingt eine länger andauernde ängstliche Anpassungsstörung vorgelegen habe, die nach Ablauf von 12 Monaten nach dem Ereignis abgeklungen sei. Für diese 12 Monate habe unfallbedingt Arbeitsunfähigkeit bestanden. Die Beklagte hat daraufhin unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers mit Anspruch auf Verletztengeldzahlung für 12 Monate unter Anrechnung des in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitsentgelts anerkannt. Dieses hat der Kläger als Teilanerkenntnis angenommen, darüber hinaus aber weitergehende Leistungen der Beklagten begehrt. Das Sozialgericht hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 28. April 2004 abgewiesen. Der Unfall habe lediglich zu einer zeitweisen Verschlimmerung der schon vorher bestehenden seelischen Gesundheitsstörung geführt, die spätestens zwölf Monate nach dem Ereignis wieder abgeklungen gewesen sei.

Gegen das seiner ehemaligen Bevollmächtigten am 15. Juli 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Juli 2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Sein Gesundheitszustand sei durch das Unfallereignis dauerhaft verschlechtert worden.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. April 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2000, beide in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 28. April 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 31. Juli 1999 hinaus Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. Juli 1998 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. April 2004 zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass nach den Ergebnissen der erstinstanzlich eingeholten Gutachten keine Unfallfolgen vorlägen, die einen über den 31. Juli 1999 hinausgehenden Leistungsanspruch begründen könnten. Insbesondere sei es bei dem Kläger nicht zu einer anhaltend krankheitswertigen psychischen Gesundheitsstörung gekommen, da die psychische Erkrankung bereits zum Unfallzeitpunkt vorgelegen habe.

Darüber hinaus hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger während der Zeit der anerkannten Arbeitsunfähigkeit bis 31. Juli 1999 durchgehend Verletztengeld oder Entgeltfortzahlungen erhalten und deshalb keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen habe. Sie hat dazu eine Aufstellung der AOK Hamburg vom 24. September 2004 eingereicht.

Das Gericht hat durch Beschlüsse vom 7. Juni 2005 und 11. Juli 2006 die Berufsgenossenschaft der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen sowie die Eisenbahn-Unfallkasse zu dem Rechtsstreit beigeladen.

Die Beigeladene zu 1. beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. April 2004 zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.

Das Gericht hat die Personalakte des Klägers der D. B. AG sowie Befundberichte des Nervenarztes Dr. P. (28.12.04) und des Chirurgen Dr. R. (29.12.04) beigezogen und das nervenärztliche Gutachten vom 4. Mai 2005 durch Dr. L. erstellen lassen. In diesem Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme vom 5. Juli 2005 gelangt Dr. L. nach dreimaliger Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass bei diesem unfallunabhängig eine chronische Persönlichkeitsfehlentwicklung mit Anpassungs- und Verhaltensstörungen bestehe. Daneben habe nach dem Unfallereignis und hervorgerufen durch dieses eine posttraumatische Belastungsstörung bestanden, die für die Dauer von 12 Monaten Arbeitsunfähigkeit verursacht habe. Über diesen Zeitraum hinaus verbleibende Symptome seien jedoch nicht zu objektivieren. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage für den streitigen Zeitraum unter 10 vom Hundert.

Alle Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 17. April 2007 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Berichterstatter kann als Einzelrichter an Stelle des Senats entscheiden, da sich die Beteiligten einvernehmlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 3 u. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 31. Juli 1999 wegen der Folgen des Unfalls vom 25. Juli 1998 gerichtete Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten in der Fassung des während des erstinstanzlichen Verfahrens am 28. April 2004 abgegebenen Anerkenntnisses sind rechtmäßig. Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen.

Das Sozialgericht hat unter vollständiger Darlegung der Sach- und Rechtslage und mit zutreffenden Gründen entschieden, dass bei dem Kläger in dem streitigen Zeitraum ab 1. August 1999 keine die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 26ff Siebtes Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung –) rechtfertigenden Unfallfolgen mehr vorliegen. Es hat dabei zu Recht die von allen Sachverständigen und behandelnden Ärzten übereinstimmend erhobenen Befunde dahingehend bewertet, dass die Verschlimmerung der psychischen Gesundheitsstörung, die sich der Kläger bei dem Unfall zugezogen hatte, spätestens nach zwölf Monaten sich wieder vollständig zurückgebildet hatte und dass die bei ihm objektiv über den 1. August 1999 hinaus bestehende chronische Persönlichkeitsfehlentwicklung mit Anpassungs- und Verhaltensstörungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (mehr für als gegen den Zusammenhang sprechende Gesichtspunkte) wesentlich (teil-) ursächlich auf den Unfall oder dessen Folgen zurückzuführen ist, sondern dem bereits vor dem Ereignis vom 25. Juli 198 bestehenden Krankheitsbild entspricht. Der Senat hält die diesbezüglichen Ausführungen für überzeugend und nimmt vollen Umfangs auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers zur Begründung seiner Berufung sowie das Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen führen zu keiner anderen Beurteilung. Die schriftliche Anhörung des Nervenarztes Dr. L. hat vielmehr die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Zwar ist Dr. L. entgegen der Beurteilungen von Dr. F. und Dr. N. zu dem Ergebnis gelangt, dass das Unfallereignis nicht nur zu einer vorübergehenden Anpassungsstörung, sondern zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt hat. Die Frage, welche dieser unterschiedlichen Diagnosen zutreffend ist, kann entgegen den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 29. Juli 2005 dennoch dahingestellt bleiben, weil auch Dr. L. für den hier allein streitigen Zeitraum ab 1. April 1999 keine chronisch verbleibenden Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung und damit keine Unfallfolgen mehr objektivieren konnte. Der Sachverständige hat ausführlich und überzeugend dargelegt, dass die nach dem 31. Juli 1999 noch bestehenden Symptome einer erhöhten Erregbarkeit mit Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit und subjektiven Konzentrationsschwierigkeiten nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis vom 25. Juli 1998 zurückzuführen sind, sondern in dieser Form bereits vor dem Trauma vorhanden waren.

Bestätigt wird diese Einschätzung zur Überzeugung des Gerichts durch die Ausführungen des den Kläger langjährig behandelnden Nervenarztes Dr. P., der in seinem Befundbericht vom 14. Februar 2001 das Fortbestehen der Beschwerden als primärpersönlichkeitsbedingt beschreibt.

Aufgrund der übereinstimmenden Beurteilungen der behandelnden und begutachtenden Ärzte lagen gesundheitliche Folgen des Ereignisses vom 25. Juli 1998 spätestens ab dem 1. August 1999 nicht mehr vor, so dass für diesen Zeitraum auch kein Anspruch auf Gewährung unfallversicherungsrechtlicher Leistungen mehr bestehen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Regelung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved