L 1 U 557/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1024/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 557/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Zulässigkeit der vom Kläger gegen die Beklagte erhobenen Untätigkeitsklage.

Die JVA R. teilte in der Unfallanzeige mit beigefügtem Aktenvermerk, beide vom 16. Dezember 2005, der Beklagten mit, der Kläger habe am 5. Dezember 2005 bei der Anhörung zur Ablösung vom offenen Vollzug gegenüber dem Anstaltsleiter B. und dem Mitarbeiter im Freigängerhaus M. angegeben, er habe bei der Arbeit im Freigängerhaus einen Arbeitsunfall erlitten, als er sich den Kopf angeschlagen habe. Dem Kläger sei, da das Geschehen nicht unverzüglich gemeldet worden sei, aufgegeben worden, den Unfallhergang schriftlich anzuzeigen. Dem sei der Kläger bislang jedoch nicht nachgekommen. Der Sanitätsbeamte habe den Mitarbeiter M. am 16. Dezember 2005 davon unterrichtet, dass der Kläger bereits bei der Arztsprechstunde am 6. Dezember 2005 dem behandelnden Arzt den Arbeitsunfall mit Kopfverletzung mitgeteilt habe. Der Sanitätsbeamte habe weiter ausgeführt, der Kläger habe angegeben, sich in der 48. Kalenderwoche als Lkw-Beifahrer den Kopf angeschlagen zu haben und dies dem Mitarbeiter M. mitgeteilt zu haben. Dieser habe ihn aber nicht zum Durchgangsarzt gelassen. Der Mitarbeiter M. führte weiter aus, diese Darstellung sei unzutreffend. Der Kläger habe nur bei der Anhörung beim Anstaltsleiter einen Arbeitsunfall angegeben. Eine Überprüfung der Arbeitsunterlagen habe darüber hinaus ergeben, dass der Kläger in der 48. Kalenderwoche nur für 2,5 Stunden zum Schneeräumen eingeteilt gewesen sei. Der Kläger sei nur am 14., 15. und 16. November 2005 als Lkw-Beifahrer eingesetzt gewesen.

Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 20. Februar 2006 an die Beklagte und teilte mit, unter bleibenden Unfallfolgen zu leiden. Insbesondere sei ihm eine Arbeit an seinem alten Arbeitsplatz und in seinem alten Beruf nicht mehr möglich. Diese fragte den Kläger daraufhin u.a., wann genau sich der von ihm geltend gemachte Unfall ereignet habe, um was für ein Ereignis es sich gehandelt habe, welche Verletzungen er sich zugezogen habe etc. (Fragebogen vom 22. März 2006). Daraufhin führte der Kläger aus (Eingang des Antwortschreibens am 25. März 2006), er könne, da ihm Einsicht in die Gefangenenpersonalakte (GPA) und die Krankenakte nicht gegeben werde, nicht genau sagen, ob sich der Unfall am 14. oder 15. November 2005 ereignet habe. Er habe aber dem "VOL" auf jeden Fall angezeigt, dass er wegen des Unfalls zum Arzt müsse, was ungefähr eine Woche später auch geschehen sei. Er habe sich den Kopf an der Ladevorrichtung angeschlagen und dabei eine schwere Schädelverletzung, Traumen, bleibenden Druck und extreme Kopfschmerzen sowie Schwindelbeschwerden und Übelkeit davon getragen. Ihm werde eine Behandlung jedoch bis heute verwehrt. Er beanspruche umfassende Behandlung, die Zahlung von Krankengeld oder Unfallgeld.

Am 30. März 2006 ging beim Amtsgericht R. ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wegen des geltend gemachten Arbeitsunfalls ein, den das Amtsgericht mit Schreiben vom 12. April 2006 an das Sozialgericht Konstanz weiter leitete (Az. dort: S 7 U 1026/06 ER). Der Kläger stellte zugleich Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (Az.: S 7 U 1027/06 PKH-A). Das SG teilte dem Kläger weiter mit (richterliche Verfügung vom 9. Mai 2006), dass die am 30. März 2006 ebenfalls erhobene Klage (Az.: S 7 U 1024/06) als Untätigkeitsklage gewertet werde.

Mit Beschluss vom 2. August 2006 lehnte das Sozialgericht Konstanz (SG) den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren ab, da für die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe.

Mit weiterem Beschluss vom 2. August 2006 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, da bereits ein Anordnungsanspruch nicht bestehe. Nach den vorliegenden Unterlagen könne ein Arbeitsunfall nicht angenommen werden. Daher könnten Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zuerkannt werden. Dagegen erhob der Kläger Beschwerde beim Landessozialgericht (Az.: L 2 U 3861/06 ER-B) und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe (L 2 U 3862/06 PKH-A), die mit Beschluss vom 12. Oktober 2006 abgelehnt wurde. Mit weiterem Beschluss vom 12. Oktober 2006 wurde die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 2. August 2006 als unzulässig verworfen.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2006 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom November 2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen, da nicht bewiesen werden konnte, dass der Kläger einen Arbeitsunfall mit Körperschaden erlitten habe. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und gab an, den Widerspruch zu begründen, sobald er Einsicht in die Akten der Justizvollzugsanstalt erhalten habe. Die Beklagte übersandte daraufhin ihre Verwaltungsakten (Blatt 1 bis 68) in Kopie, worauf der Kläger äußerte, dass er jetzt erst einmal seinen Arzt anzeigen werde, da dieser ohne sein Einverständnis Auskunft gegeben habe. Er monierte fehlende Aktenblätter und verlangte die Vorlage der Schweigepflichtentbindungserklärungen gegenüber seinen behandelnden Ärzten.

Er teilte der Beklagten per Email weiter mit, dass er Einsicht in die Akten der JVA zur Begründung seines Widerspruchs benötige.

Das SG hat dem Kläger mit Verfügung vom 27. Oktober 2006 mitgeteilt, dass die Beklagte durch Bescheid vom 11. Oktober 2006 eine Entscheidung getroffen habe und deshalb mitteilen solle, ob die Untätigkeitsklage für erledigt erklärt werde. Der Kläger hat sich innerhalb der ihm bis 23. November 2006 eingeräumten Frist nicht geäußert.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. Januar 2007 hat das SG die Untätigkeitsklage als unzulässig zurück gewiesen, da die Beklagte mit Bescheid vom 11. Oktober 2006 über den Antrag auf Anerkennung des Geschehens vom November 2005 als Arbeitsunfall entschieden habe. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das SG auch den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (Az.: S 7 U 1025/06 PKH-A) abgelehnt.

Gegen den ablehnenden PKH-Beschluss hat der Kläger Beschwerde eingelegt, der nicht abgeholfen, dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt (L 1 U 822/07 PKH-B) und mit Beschluss vom 12. April 2007 zurückgewiesen wurde.

Gegen den Gerichtsbescheid vom 10. Januar 2007 hat der Kläger Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Januar 2007 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässig durch Computer-Fax erhobene Berufung (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 5. April 2000, NJW 2000, 2340) ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Untätigkeitsklage des Klägers als unzulässig zurückgewiesen.

Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären (§ 88 Abs. 1 SGG).

Die Untätigkeitsklage war vor Ablauf der sechsmonatigen Sperrfrist (Antrag 16. Dezember 2005, Klage 30. März 2006) erhoben und danach grundsätzlich unzulässig. Da jedoch während der Dauer des Rechtsstreits die Frist verstrichen ist, ist der Mangel geheilt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 88 Rz. 5 c m.w.N.).

Mit der Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts durch den Bescheid vom 11. Oktober 2006 war das Rechtsschutzbegehren des Klägers erledigt, das bei der Untätigkeitsklage allein auf eine Bescheidung des Antragsbegehrens gerichtet war.

Soweit der Kläger nach ausführlicher Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wege der Klageänderung (§ 99 SGG) im Berufungsverfahren die - vom Senat nicht angeregte - Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Konstanz beantragt hat, war der Antrag mangels Sachdienlichkeit abzulehnen (§ 99 Abs. 1 SGG). Es ist angesichts des Umstands, dass der Kläger auch nach Rückfrage im Termin zur mündlichen Verhandlung die Entbindung der behandelnden und der Anstaltsärzte von der Schweigepflicht ablehnt und zum Geschehen auch nach Aussetzung des Untätigkeitsklageverfahrens zur Durchführung des Vorverfahrens sich gegenseitig ausschließende Ereignisse als streitgegenständlichen Unfall angegeben hat, nicht anzunehmen, dass eine eventuelle Klageänderung zur endgültigen Streitbeilegung und umfassenden Klärung führt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 99 Rz. 10 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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