L 7 SO 1494/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 4972/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1494/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme von Nebenkostennachforderungen.

Der 1940 geborene Kläger bezog vom Beklagten bis zum 31. Dezember 2004 laufend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), seit dem 5. Januar 2005 gewährt ihm der Beklagte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Der Kläger bewohnt seit dem 15. Oktober 1999 eine 61 m² große Zweizimmerwohnung in Bad K. , die Kaltmiete beträgt 419,26 EUR zuzüglich 131,00 EUR Nebenkosten. Mit Schreiben vom 1. April 2003 wies der Beklagte den Kläger auf einen unwirtschaftlichen Verbrauch im Bereich der Heizkosten hin und kündigte an, künftig nur Heizkosten in Höhe von 432,00 EUR für eine Person bzw. 576,00 EUR für einen Zweipersonenhaushalt anzuerkennen. Der Beklagte hatte im Rahmen der Leistungsgewährung nach BSHG zuletzt eine Kaltmiete von 306,60 EUR, Heizkosten in Höhe von 57,49 EUR und Nebenkosten in Höhe von 55,64 EUR als angemessenen Bedarf anerkannt. Mit Bescheid vom 29. Juli 2004 lehnte der Sozialhilfeträger die Übernahme von Nebenkostennachzahlungen für den Abrechnungszeitraum 1. Juni 2002 bis 31. Mai 2003 im Hinblick auf einen unangemessenen Verbrauch im Bereich der Heizkosten ab.

Am 1. März 2005 legte der Kläger eine Gesamtbetriebskostenabrechnung vom 3. Februar 2005 vor und beantragte die Übernahme von Betriebs- und Heizkostennachforderungen für den Abrechnungszeitraum 1. Juni 2003 bis 31. Mai 2004 in Höhe von insgesamt 328,22 EUR. Mit Bescheid vom 7. März 2004 lehnte der Beklagte den Antrag ab, den hiergegen gerichteten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2005 zurück. Bei der Nebenkostenabrechnung (insgesamt 1.703,65 EUR) seien die Kosten für die Aufbereitung von Warmwasser (321,31 EUR) nicht zu berücksichtigen, weil diese bereits im Regelsatz enthalten seien. Heizkosten seien, worauf der Kläger bereits mehrfach hingewiesen worden sei, nur in angemessenen Umfang zu berücksichtigen. Angemessen seien in seinem Fall lediglich 694,16 EUR (Verbrauchskosten: 60 m² x 0,80 EUR x 12 Monate = 576,00 EUR zuzüglich Grundkosten laut Abrechnung in Höhe von 118,16 EUR. Die Hausnebenkosten für Wasser und Abwasser sowie die Betriebsnebenkosten in der Summe von 599,03 EUR würden nicht beanstandet. Als sozialhilferechtlich angemessener Nebenkostenverbrauch sei somit eine Summe von 1.293,19 EUR anzusehen. Da an den Kläger bereits monatlich laufend 113,13 EUR für Nebenkosten ausgezahlt worden seien, habe der Kläger für 12 Monate 1.357,56 EUR und damit mehr erhalten, als sozialhilferechtlich als angemessen anzusehen sei. Trotz mehrmaliger Hinweise durch den bisher zuständigen Sozialhilfeträger habe der Kläger sein unwirtschaftliches Verhalten fortgesetzt. Eine Übernahme der Betriebs- und Nebenkostennachforderung scheide damit aus.

Am 24. November 2005 hat der Kläger zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass die Nebenkosten als tatsächliche Kosten für die Unterkunft nach § 29 SGB XII zu übernehmen seien. Zusätzlich hat er beantragt, auch die Nebenkostennachforderung für den Abrechnungszeitraum 1. Juni 2004 bis 31. Mai 2005 in Höhe von 339,66 EUR einzubeziehen. Mit Gerichtsbescheid vom 28. Februar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, die Kosten für die Aufbereitung von Warmwasser seien durch den Regelsatz abgegolten. Ohne Kosten für die Aufbereitung von Warmwasser verbleibe im Abrechnungszeitraum ein Betrag für Nebenkosten in Höhe von 1.382,34 EUR. Angesichts der tatsächlich gezahlten Nebenkosten in Höhe von 1.357,56 EUR verbleibe lediglich noch eine Differenz von 24,78 EUR, welche Teil der Heizkosten sei. Der vom Beklagten vorgenommene pauschalierte Ansatz für angemessene Heizkosten von 0,80 EUR je m² sei rechtlich nicht zu beanstanden, zumal nach den Empfehlungen des Städte- und Landkreistages aufgrund von Erhebungen in der Mineralölwirtschaft für einen Zweipersonenhaushalt - die Heizperiode 2004/2005 betreffend - eine Brennstoffbeihilfe für selbstbeschafftes Brennmaterial von lediglich 375,00 EUR als angemessen angesehen werde. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Verpflichtung zur Übernahme einer weiteren Nebenkostennachforderung für den Zeitraum 1. Juni 2004 bis 31. Mai 2005 in Höhe von 339,66 EUR sei die Klage mangels eines vorausgegangenen rechtsbehelfsfähigen Bescheides unzulässig.

Hiergegen richtet sich die am 24. März 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung des Klägers, welche er nicht begründet hat.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Februar 2006 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Betriebs- und Heizkosten für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis 31. Mai 2004 in Höhe weiterer 328,22 EUR zu gewähren, sowie ihm Betriebs- und Heizkosten für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis 31. Mai 2005 in Höhe weiterer 339,66 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Sozialhilfe- und Grundsicherungsakten des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung trotz Abwesenheit des Klägers aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2007 entscheiden, da der Kläger in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsbestimmung hierauf hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

Die Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage bezüglich der Übernahme der Nebenkostennachforderung für den Abrechnungszeitraum 1. Juni 2004 bis 31. Mai 2005 als unzulässig abgewiesen, da der Beklagte den erst mit Schreiben vom 31. Januar 2006 gestellten Antrag des Klägers noch nicht beschieden hatte (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Der insoweit am 12. April 2006 ergangene Ablehnungsbescheid ist auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. § 96 SGG findet weder direkt noch analog Anwendung, denn weder wird der Bescheid vom 7. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2005 abgeändert oder ersetzt, noch sind die maßgeblichen Tatsachengrundlagen vollständig deckungsgleich, weswegen eine Einbeziehung auch aus prozessökonomischen Gründen nicht geboten ist (vgl. zur Anwendung des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R - (juris)). Der Kläger hat den Bescheid vom 12. April 2006 auch nicht im Wege der Klageerweiterung nach § 99 SGG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht. Trotz schriftlichen Hinweises des Vorsitzenden auf diese Möglichkeit hat sich der Kläger hierzu nicht geäußert. Damit ist der Bescheid vom 12. April 2006 einer Überprüfung durch den Senat nicht zugänglich.

Hinsichtlich des Abrechnungszeitraumes 1. Juni 2003 bis 31. Mai 2004 steht dem Kläger kein Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung zu.

Grundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers ist § 29 SGB XII, denn es handelt sich bei der Gesamtbetriebskostenabrechnung aus dem Jahr 2005 um einen aktuellen Bedarf des Klägers, auch wenn sich dieser auf zurückliegende Zeiträume bezieht, bei denen die Unterkunftskosten nach dem BSHG übernommen worden waren. Zum 1. Januar 2005 ist jedoch das SGB XII in Kraft getreten (Art. 1 und 70 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 - BGBl. I, 3022). Der Kläger ist Leistungsberechtigter nach § 41 Abs. 1 SGB XII, er ist auch bedürftig im Sinne von § 41 Abs. 2 SGB XII. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Kläger hat daher Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wozu nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII auch die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 gehören. Nach § 29 Abs. 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 1 zur berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 2 gilt solange, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach § 29 Abs. 3 SGB XII werden Leistungen für Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind. Die Leistungen können durch eine monatliche Pauschale abgegolten werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Eine Übernahme der Kosten für die Warmwasserbereitung, welche nach der hier vorliegenden Gesamtbetriebskostenabrechnung 321,31 EUR betragen, kommt nicht in Betracht, da diese Kosten durch den Regelsatz abgegolten sind (vgl. BSG Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - (juris); Urteil des Senats vom 24. Mai 2007 - L 7 AS 3135/06 -; Beschlüsse des Senats vom 2. April 2007 - L 7 AS 390/07 PKH-B - und 14. März 2007 - L 7 AS 485/07 ER-B -; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. März 2006 - L 8 AS 11/05 - (juris); und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2005 - L 12 AS 2023/05 - (juris)). Von den im streitigen Abrechnungszeitraum abgerechneten Gesamtkosten (1.703,65 EUR) verbleibt bei Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung somit lediglich ein Betrag in Höhe von 1.382,34 EUR. Unter Berücksichtigung des von dem Beklagten bereits monatlich gezahlten Betrags für Nebenkosten (113,13 EUR x 12 Monate = 1.357,56 EUR) bleibt ein noch offener Betrag in Höhe von lediglich 24,78 EUR, worauf bereits das SG hingewiesen hat. Da der Beklagte außer den Kosten der Warmwasserbereitung sämtliche Betriebskosten übernommen hat, handelt es sich insoweit um einen Teil der Heizkosten. Aus der Gesamtbetriebskostenabrechnung vom 3. Februar 2005 lässt sich entnehmen, dass im maßgeblichen Abrechnungszeitraum für Heizung 118,16 EUR an Grundkosten und 665,15 EUR an Verbrauchskosten entstanden sind. Der Beklagte hat die Grundkosten anerkannt, Verbrauchskosten jedoch lediglich in Höhe von 576,00 EUR. Ob der vom Beklagten herangezogene quadratmeterbezogene Richtwert von 0,80 EUR unter Anwendung der für landeseigene Dienstwohnungen von der Landesregierung jährlich festgesetzten Werte (Erlass des Finanzministeriums auf der Grundlage von § 52 Satz 3 Landeshaushaltsordnung) tatsächlich eine geeignete Grundlage für die Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten darstellt (so VG Sigmaringen, Urteil vom 4. Februar 1999 - 2 K 1203/97 - info also 2000, 44) , braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Jedenfalls hat der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Heizkosten in Höhe von 24,78 EUR für den hier streitigen Abrechnungszeitraum.

Vorliegend bestehen angesichts der Fertigstellung des Wohnhauses im Jahr 1991 keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der bauliche Zustand etwa wegen schlechter Isolierung einen erhöhten Heizaufwand begründen könnte, der Kläger hat hierzu auch nichts vorgetragen. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht nur Heizkosten (Verbrauchskosten) in Höhe von 0,80 EUR pro m² (für 60 m² somit 576,00 EUR) gewährt, sondern unter Berücksichtigung der monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen weitere 64,37 EUR übernommen (tatsächlich gezahlt: 113,13 EUR x 12 = 1.357,56 EUR abzgl. anerkannte Nebenkosten i.H.v. 1.293,19 EUR = 64,37 EUR). Umgerechnet hat der Beklagte damit tatsächlich Verbrauchskosten in Höhe von knapp 0,89 EUR übernommen (576,00 EUR + 64,37 EUR = 640,37 EUR: 12 (Monate): 60 (m²) = 0,889 EUR). Im Hinblick auf diese Höhe bestehen bei Berücksichtigung der bereits vom Sozialhilfeträger vorgenommenen Kostensenkungsaufforderungen und der Tatsache, dass der Kläger bereits seit Juni 2003 allein lebt, jedoch noch die für einen Zweipersonenhaushalt als angemessen erachteten Kosten vom Beklagten übernommen wurden, jedenfalls keine Bedenken gegen die Beschränkung auf die in diesem Sinne noch als angemessen zu betrachtenden Kosten. Darüber hinausgehende Heizkosten kann der Kläger nicht beanspruchen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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