Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 33/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1865/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung höherer Verletztenrente wegen der Folgen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls.
Der 1943 geborene Kläger zog sich am 14. März 1998 bei einer tätlichen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einer nebenberuflich ausgeübten Hausmeistertätigkeit u.a. eine offene Unterschenkel-Mehrfragmentfraktur 1. Grades links zu. Diese wurde operativ reponiert. Im Januar 1999 erfolgte eine Korrekturosteotomie und nach einer im Mai 1999 behandelten Osteomyelitis wurde im Juni 1999 einliegendes Metall entfernt. Die LVA Baden-Württemberg gewährte dem Kläger ab 01. Juni 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, seit 01. Oktober 2003 erhält er Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagten anerkannte das ihr am 16. März 2000 gemeldete Ereignis als Arbeitsunfall, gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 14. Mai 2003 Verletztengeld bis 10. September 1999 (Ablauf der 78. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls) und lehnte zugleich die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab.
Mit weiterem Bescheid vom 14. Mai 2003 anerkannte die Beklagte als Unfallfolgen "Am linken Bein: Beinverkürzung, Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk, verringerte Kraft durch Muskelminderung, Schwellneigung der Knöchelregion sowie belastungsabhängige Beschwerden nach knöchern fest verheiltem, operativ versorgtem offenem Trümmerbruch des Unterschenkels" und gewährte eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. ab 11. September 1999 auf Dauer. Nicht Folge des Unfalls seien ein Diabetes mellitus sowie eine Knochenmarkentzündung am Mittelfußköpfchen rechts.
Dem lagen im Wesentlichen Berichte der die Unfallfolgen behandelnden Ärzte und beigezogene ärztliche Äußerungen aus einem Verfahren wegen Gewährung von Versichertenrente sowie ein Gutachten des Prof. Dr. S. vom 5. März 2003 zu Grunde, der die unfallbedingte MdE "voraussichtlich dauerhaft" auf 20 v. H. schätzte.
Am 04. Oktober 2005 beantragte der Kläger mit Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. Juni 2004 sinngemäß die teilweise Rücknahme des Rentenbescheids vom 14. Mai 2003 und die Gewährung höherer Verletztenrente ab deren Beginn. Er machte geltend, er habe seit dem Unfall nicht mehr als Hausmeister oder Maschineneinsteller sowie auch sonst nicht mehr arbeiten können. Nach dem Unfall sei die Heilung verzögert und mehrere Nachoperationen seien erforderlich gewesen. Prof. Dr. S. habe ihn erst 2003 begutachtet, als sein Zustand etwas stabilisiert gewesen sei, weswegen die MdE für die ersten Jahre deutlich zu erhöhen sei. Gemäß diesem Gutachten sei eine Besserung nicht zu erwarten gewesen.
Mit Bescheid vom 09. November 2005 und Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2005 lehnte die Beklagte dies ab.
Deswegen hat der Kläger am 03. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und u.a. ergänzend geltend gemacht, er habe 2003 noch Schmerzmittel nehmen müssen und es lägen ein Beckenschiefstand sowie eine Skoliose der Wirbelsäule (WS) vor. Die Beklagte habe die Möglichkeit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit verneint und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt.
Das SG hat Vorakten aus Verfahren des Klägers gegen die LVA Baden-Württemberg und gegen das Land Baden-Württemberg beigezogen sowie mit Urteil vom 24. Januar 2007 die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, den Bescheid vom 14. Mai 2003 zurückzunehmen und höhere Verletztenrente zu gewähren. Die Einschätzung des Prof. Dr. S. erscheine schlüssig und nachvollziehbar, auch unter Berücksichtigung des im Rentenverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. T., der aus orthopädischer Sicht leichte körperliche Arbeiten acht Stunden täglich, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen für zumutbar erachtet habe. Die Beklagte habe bei ihrer früheren Entscheidung auch das Recht richtig angewandt. Das vom Kläger herangezogene Urteil des BSG führe zu keinem anderen rechtlichen Bewertungsmaßstab.
Gegen das am 19. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. April 2007 Berufung eingelegt. Da die Versichertenrente ein Ersatz für entgangene Erwerbschancen darstelle, sei eine höhere Verletztenrente zu gewähren. Für die Entscheidung seien genügend medizinische Äußerungen in den Akten enthalten, es seien lediglich nicht die rechtlich einwandfreien Schlussfolgerungen daraus gezogen worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2005 zu verurteilen, den Bescheid vom 14. Mai 2003 teilweise zurückzunehmen und ihm ab 11. September 1999 höhere Verletztenrente als nach einer MdE um 20 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf den Inhalt ihrer Entscheidungen sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Über die Höhe der Verletztenrente hat die Beklagte mit bindend gewordenem Bescheid vom 14. Mai 2003 (§ 77 SGG) bereits entschieden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme dieses Bescheids sowie auf Gewährung von Verletztenrente nach einer höheren MdE als um 20 v. H.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird dabei von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Bei einer Rücknahme auf Antrag tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den die Leistungen rückwirkend zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn beim Kläger liegt nach wie vor keine unfallbedingte MdE um mehr als 20 v.H. vor.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel. Hieran hat sich auch durch das vom Kläger zitierte Urteil des BSG vom 22. Juni 2004, Az B 2 U 14/03 R nichts geändert.
Gemessen daran hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. Mai 2003 dem Kläger zu Recht eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. gewährt.
Nach dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Prof. Dr. S. bedingen die Unfallfolgen eine MdE um 20 v. H. Diese Einschätzung lässt einen Widerspruch zur Literatur zur Bewertung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erkennen und ist für den Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Unfallfolgen und der damit verbundenen Funktionseinschränkungen schlüssig und überzeugend. Soweit der Kläger vorgetragen hat, nach dem Unfall sei die Heilung verzögert gewesen und mehrere Nachoperationen seien erforderlich gewesen, wurde dies bereits im Gutachten von Prof. Dr. S., dem der Krankheitsverlauf bekannt war, hinreichend berücksichtigt. Auch war dem Gutachter bekannt, dass der Kläger nicht wieder arbeitsfähig geworden war. Soweit der Kläger geltend macht, er habe 2003 noch Schmerzmittel einnehmen müssen, war dies Prof. Dr. S. gleichfalls bekannt und wurde dies in seinem Gutachten auf Seite 2 unter "Klagen des Versicherten" erwähnt. Auch die Beinverkürzung, die bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. durch eine Schuherhöhung ausgeglichen war, war bekannt und wurde berücksichtigt. Desgleichen waren Veränderungen der WS auf Grund des beigezogenen Gutachtens des Dr. T. bereits bekannt, der im Übrigen von einem vollschichtigen Leistungsvermögen bezüglich leichter Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen ausgegangen ist und Restbeschwerden nach der Unterschenkeltrümmerfraktur nur insofern gesehen hat, als Tätigkeiten mit ausschließlichem Stehen nicht mehr möglich seien. Unter Berücksichtigung dessen ist die Einschätzung der MdE durch Prof. Dr. S. auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers nicht zu beanstanden. Soweit dieser darauf hinweist, er habe seine Berufstätigkeit nicht mehr ausüben können, sei nach dem Arbeitsunfall arbeitsunfähig, arbeitslos bzw. Rentenbezieher und selbst die Beklagte habe die Möglichkeit einer Wiedereingliederung verneint, führt dies zu keiner höheren unfallbedingten MdE. Schließlich ist die Berentung des Klägers durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht im Wesentlichen oder gar allein wegen der Unfallfolgen, sondern wegen der Vielzahl der weiteren Erkrankungen erfolgt. Darüber hinaus ist eine Verschlimmerung der Unfallfolgen nach Erlass des Bescheids vom 14. Mai 2003, die unter Berücksichtigung des Gutachtens von Prof. Dr. S. (der die MdE "voraussichtlich dauerhaft" auf 20 v.H. schätzte) nicht zu erwarten und nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Damit besteht für den Senat kein Anlass für weitere Ermittlungen, zumal der Kläger einen solchen ausdrücklich auch nicht sieht.
Damit hat die Beklagte zu Recht die Rücknahme des Bescheids vom 14. Mai 2003 sowie die Gewährung höherer Verletztenrente abgelehnt. Die Berufung gegen das Urteil des SG ist deswegen zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung höherer Verletztenrente wegen der Folgen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls.
Der 1943 geborene Kläger zog sich am 14. März 1998 bei einer tätlichen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einer nebenberuflich ausgeübten Hausmeistertätigkeit u.a. eine offene Unterschenkel-Mehrfragmentfraktur 1. Grades links zu. Diese wurde operativ reponiert. Im Januar 1999 erfolgte eine Korrekturosteotomie und nach einer im Mai 1999 behandelten Osteomyelitis wurde im Juni 1999 einliegendes Metall entfernt. Die LVA Baden-Württemberg gewährte dem Kläger ab 01. Juni 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, seit 01. Oktober 2003 erhält er Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagten anerkannte das ihr am 16. März 2000 gemeldete Ereignis als Arbeitsunfall, gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 14. Mai 2003 Verletztengeld bis 10. September 1999 (Ablauf der 78. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls) und lehnte zugleich die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab.
Mit weiterem Bescheid vom 14. Mai 2003 anerkannte die Beklagte als Unfallfolgen "Am linken Bein: Beinverkürzung, Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk, verringerte Kraft durch Muskelminderung, Schwellneigung der Knöchelregion sowie belastungsabhängige Beschwerden nach knöchern fest verheiltem, operativ versorgtem offenem Trümmerbruch des Unterschenkels" und gewährte eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. ab 11. September 1999 auf Dauer. Nicht Folge des Unfalls seien ein Diabetes mellitus sowie eine Knochenmarkentzündung am Mittelfußköpfchen rechts.
Dem lagen im Wesentlichen Berichte der die Unfallfolgen behandelnden Ärzte und beigezogene ärztliche Äußerungen aus einem Verfahren wegen Gewährung von Versichertenrente sowie ein Gutachten des Prof. Dr. S. vom 5. März 2003 zu Grunde, der die unfallbedingte MdE "voraussichtlich dauerhaft" auf 20 v. H. schätzte.
Am 04. Oktober 2005 beantragte der Kläger mit Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. Juni 2004 sinngemäß die teilweise Rücknahme des Rentenbescheids vom 14. Mai 2003 und die Gewährung höherer Verletztenrente ab deren Beginn. Er machte geltend, er habe seit dem Unfall nicht mehr als Hausmeister oder Maschineneinsteller sowie auch sonst nicht mehr arbeiten können. Nach dem Unfall sei die Heilung verzögert und mehrere Nachoperationen seien erforderlich gewesen. Prof. Dr. S. habe ihn erst 2003 begutachtet, als sein Zustand etwas stabilisiert gewesen sei, weswegen die MdE für die ersten Jahre deutlich zu erhöhen sei. Gemäß diesem Gutachten sei eine Besserung nicht zu erwarten gewesen.
Mit Bescheid vom 09. November 2005 und Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2005 lehnte die Beklagte dies ab.
Deswegen hat der Kläger am 03. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und u.a. ergänzend geltend gemacht, er habe 2003 noch Schmerzmittel nehmen müssen und es lägen ein Beckenschiefstand sowie eine Skoliose der Wirbelsäule (WS) vor. Die Beklagte habe die Möglichkeit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit verneint und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt.
Das SG hat Vorakten aus Verfahren des Klägers gegen die LVA Baden-Württemberg und gegen das Land Baden-Württemberg beigezogen sowie mit Urteil vom 24. Januar 2007 die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, den Bescheid vom 14. Mai 2003 zurückzunehmen und höhere Verletztenrente zu gewähren. Die Einschätzung des Prof. Dr. S. erscheine schlüssig und nachvollziehbar, auch unter Berücksichtigung des im Rentenverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. T., der aus orthopädischer Sicht leichte körperliche Arbeiten acht Stunden täglich, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen für zumutbar erachtet habe. Die Beklagte habe bei ihrer früheren Entscheidung auch das Recht richtig angewandt. Das vom Kläger herangezogene Urteil des BSG führe zu keinem anderen rechtlichen Bewertungsmaßstab.
Gegen das am 19. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. April 2007 Berufung eingelegt. Da die Versichertenrente ein Ersatz für entgangene Erwerbschancen darstelle, sei eine höhere Verletztenrente zu gewähren. Für die Entscheidung seien genügend medizinische Äußerungen in den Akten enthalten, es seien lediglich nicht die rechtlich einwandfreien Schlussfolgerungen daraus gezogen worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2005 zu verurteilen, den Bescheid vom 14. Mai 2003 teilweise zurückzunehmen und ihm ab 11. September 1999 höhere Verletztenrente als nach einer MdE um 20 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf den Inhalt ihrer Entscheidungen sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Über die Höhe der Verletztenrente hat die Beklagte mit bindend gewordenem Bescheid vom 14. Mai 2003 (§ 77 SGG) bereits entschieden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme dieses Bescheids sowie auf Gewährung von Verletztenrente nach einer höheren MdE als um 20 v. H.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird dabei von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Bei einer Rücknahme auf Antrag tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den die Leistungen rückwirkend zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn beim Kläger liegt nach wie vor keine unfallbedingte MdE um mehr als 20 v.H. vor.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel. Hieran hat sich auch durch das vom Kläger zitierte Urteil des BSG vom 22. Juni 2004, Az B 2 U 14/03 R nichts geändert.
Gemessen daran hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. Mai 2003 dem Kläger zu Recht eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. gewährt.
Nach dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Prof. Dr. S. bedingen die Unfallfolgen eine MdE um 20 v. H. Diese Einschätzung lässt einen Widerspruch zur Literatur zur Bewertung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erkennen und ist für den Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Unfallfolgen und der damit verbundenen Funktionseinschränkungen schlüssig und überzeugend. Soweit der Kläger vorgetragen hat, nach dem Unfall sei die Heilung verzögert gewesen und mehrere Nachoperationen seien erforderlich gewesen, wurde dies bereits im Gutachten von Prof. Dr. S., dem der Krankheitsverlauf bekannt war, hinreichend berücksichtigt. Auch war dem Gutachter bekannt, dass der Kläger nicht wieder arbeitsfähig geworden war. Soweit der Kläger geltend macht, er habe 2003 noch Schmerzmittel einnehmen müssen, war dies Prof. Dr. S. gleichfalls bekannt und wurde dies in seinem Gutachten auf Seite 2 unter "Klagen des Versicherten" erwähnt. Auch die Beinverkürzung, die bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. durch eine Schuherhöhung ausgeglichen war, war bekannt und wurde berücksichtigt. Desgleichen waren Veränderungen der WS auf Grund des beigezogenen Gutachtens des Dr. T. bereits bekannt, der im Übrigen von einem vollschichtigen Leistungsvermögen bezüglich leichter Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen ausgegangen ist und Restbeschwerden nach der Unterschenkeltrümmerfraktur nur insofern gesehen hat, als Tätigkeiten mit ausschließlichem Stehen nicht mehr möglich seien. Unter Berücksichtigung dessen ist die Einschätzung der MdE durch Prof. Dr. S. auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers nicht zu beanstanden. Soweit dieser darauf hinweist, er habe seine Berufstätigkeit nicht mehr ausüben können, sei nach dem Arbeitsunfall arbeitsunfähig, arbeitslos bzw. Rentenbezieher und selbst die Beklagte habe die Möglichkeit einer Wiedereingliederung verneint, führt dies zu keiner höheren unfallbedingten MdE. Schließlich ist die Berentung des Klägers durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht im Wesentlichen oder gar allein wegen der Unfallfolgen, sondern wegen der Vielzahl der weiteren Erkrankungen erfolgt. Darüber hinaus ist eine Verschlimmerung der Unfallfolgen nach Erlass des Bescheids vom 14. Mai 2003, die unter Berücksichtigung des Gutachtens von Prof. Dr. S. (der die MdE "voraussichtlich dauerhaft" auf 20 v.H. schätzte) nicht zu erwarten und nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Damit besteht für den Senat kein Anlass für weitere Ermittlungen, zumal der Kläger einen solchen ausdrücklich auch nicht sieht.
Damit hat die Beklagte zu Recht die Rücknahme des Bescheids vom 14. Mai 2003 sowie die Gewährung höherer Verletztenrente abgelehnt. Die Berufung gegen das Urteil des SG ist deswegen zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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