L 7 SO 3903/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SO 4356/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3903/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Einstellung von Leistungen zum 31. Dezember 2004 und begehrt Grundsicherungsleistungen ab 22. Juli 2004.

Der 1966 geborene Kläger leidet an einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung vom schizoiden Typ. Ab dem 29. Oktober 2001 erhielt er von der Beklagten laufend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Mit Schreiben vom 5. Juli 2004 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er statt Sozialhilfe Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten könne. Das mit Datum vom 22. Juli 2004 unterschriebene Antragsformular ging am 24. August 2004 bei der Beklagten ein. Eine Entscheidung über den Antrag erfolgte zunächst nicht.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 stellte die Beklagte die gewährten Leistungen nach dem BSHG zum 31. Dezember 2004 ein. Am 2. Mai 2005 erhob der Kläger Widerspruch und wandte sich gegen die "Einstellung der bis Dezember 2004 gezahlten Grundsicherung". Sein gesundheitlicher Zustand sei seit Dezember 2004 unverändert. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass er bisher noch keine Grundsicherungsleistungen erhalten habe, zur Weiterleistung von Sozialhilfe in Form von Grundsicherungsleistungen solle sich der Kläger persönlich an die Beklagte wenden und u. a. eine Erklärung abgeben bzw. Nachweise vorlegen, wovon er seit Januar seinen Lebensunterhalt bestritten habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück.

Am 18. Oktober 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Er wendet sich gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. September 2005 und macht die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ab 22. Juli 2004 geltend. Mit Gerichtsbescheid vom 29. Mai 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Widerspruch sei verspätet eingelegt worden. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte aufgrund der Mitteilung des Klägers, er sei krank gewesen, zur Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verpflichtet gewesen wäre, da zum einen Leistungen nach dem BSHG nur bis 31. Dezember 2004 hätten gewährt werden können, zum anderen noch keine Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Grundsicherungsleistungen vorgelegen habe.

Gegen den am 28. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, welche am 26. Juli 2006 beim SG eingegangen ist.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 19. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung ab 22. Juli 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat mitgeteilt, dass sie in dem vor dem SG Freiburg anhängigen Verfahren S 9 SO 1764/06 wegen Gewährung von Grundsicherungsleistungen den Bescheid vom 24. Januar 2006 (Ablehnung wegen fehlender Mitwirkung) aufgehoben habe. Mit weiterem Bescheid vom 19. April 2007 sei der Antrag wegen fehlender Mitwirkung des Klägers erneut abgelehnt worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagte, die Klageakte des SG und die Senatsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung trotz Abwesenheit der Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2007 entscheiden, da die Beklagte in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsbestimmung hierauf hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Beschwerdewert 500 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet.

Der Sache nach wendet sich der Kläger gegen die Einstellung von Leistungen der Beklagten zum 31. Dezember 2004, wobei er zunächst davon ausging, dass insoweit Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz eingestellt worden waren. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert hat, ist dieses Missverständnis durch das Schreiben der Beklagten vom 5. Juli 2004 bei ihm hervorgerufen worden. Er hat weiter vorgetragen, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, den tatsächlichen Regelungsgehalt der Bescheide zu erkennen. Nachdem der Kläger auch nach Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung sein Klagebegehren in vollem Umfang aufrecht erhält, ist dies dahingehend auszulegen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2005 zu verurteilen, Leistungen nach dem BSHG über den 31. Dezember 2004 hinaus zu gewähren und zum anderen die Beklagte zur Gewährung von Grundsicherungsleistungen zu verurteilen.

Soweit der Kläger sich gegen die Einstellung der Leistungen nach dem BSHG zum 31. Dezember 2004 richtet, ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat den Widerspruch verspätet eingelegt. Der Bescheid vom 1. Dezember 2004 ist laut Absendevermerk am 6. Dezember 2004 zur Post gegeben worden und gilt demnach am 9. Dezember 2004 als bekanntgegeben (§ 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch). Die Widerspruchsfrist endete somit nach §§ 84 Abs. 1 Satz 1, 64 SGG am Montag, den 10. Januar 2005; der Widerspruch ging bei der Beklagten jedoch erst am 2. Mai 2005 ein. Selbst wenn die Widerspruchsfrist wegen Krankheit unverschuldet versäumt worden wäre und dem Kläger somit nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte gewährt werden müssen, hätte der Widerspruch gleichwohl keinen Erfolg haben können, denn das BSHG galt nur bis 31. Dezember 2004 (aufgehoben durch Art. 68, 70 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) mit Wirkung zum 1. Januar 2005). Leistungen nach diesem Gesetz können daher ab 1. Januar 2005 nicht mehr gewährt werden.

Soweit es dem Kläger um die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Grundsicherungsgesetz aufgrund seines Antrags vom 22. Juli 2004 geht, war die Klage schon unzulässig, da die Beklagte über diesen Antrag noch nicht entschieden hatte. Darüber hinaus hat der Kläger gegen die Ablehnung seines Antrags auf Grundsicherungsleistungen durch Bescheid vom 24. Januar 2006 (Widerspruchsbescheid vom 14. März 2006) beim SG Freiburg gesondert Klage erhoben (S 9 SO 1764/06). Der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen ist damit Gegenstand dieses Verfahrens.

Nach alledem kann die Berufung unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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