Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2280/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 6037/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligungsentscheidung über Altersrente für die Monate Oktober und November 2004 teilweise aufgehoben hat und die Erstattung von EUR 1.589,70 verlangen kann.
Der am 1940 geborene Kläger war zuletzt bis 30. Dezember 1998 als Bankvorstand bei Bezügen über der Beitragsbemessungsgrenze beschäftigt. Anschließend war er bis 30. September 2003 bei niedrigeren Bezügen von der Dienstleistung freigestellt. Vom 01. Oktober 2003 bis 30. September 2004 bezog er Arbeitslosengeld.
Auf den Antrag vom 28. Juli 2004 bewilligte die Beklagte (damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) durch Bescheid vom 16. August 2004 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01. Oktober 2004 in Höhe von EUR 1.832,98 (monatlicher Zahlbetrag EUR 1.667,10). Der Bescheid enthielt die Hinweise, die Altersrente könne sich bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch erzieltes Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei. Diese betrage ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, dies seien bei Rentenbeginn EUR 345,00. Es bestehe die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Anspruch auf die vorzeitige Altersrente bestehe nur, wenn Arbeitsentgelt nicht erzielt werde oder sich die Einkünfte im Rahmen der Hinzuverdienstmöglichkeiten des § 34 Abs. 2 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) hielten. Es werde angenommen, dass diese Voraussetzung bei Rentenbeginn erfüllt sei. Der Rentenbescheid ergehe unter der Bedingung, dass sich diese Annahme bestätige. Andernfalls entfalle die rechtliche Grundlage für den Bescheid. Unter Anlage 19 des Bescheids ist erläutert, die monatliche Hinzuverdienstgrenze betrage derzeit (alte Bundesländer) für die Rente in Höhe der Vollrente EUR 345,00, von zwei Dritteln der Vollrente EUR 468,79 und der Hälfte der Vollrente EUR 701,19. Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze dürfe zweimal im Laufe eines jeden Kalenderjahres um einen Betrag bis zur Höhe der für einen Monat geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden.
Mit Telefax vom 08. November 2004 teilte der Kläger mit, er sei im Monat Oktober und November 2004 als Saisonkraft bei einer Weingärtnergenossenschaft beschäftigt. Auf Rückfrage reichte er unter dem 21. Dezember 2004 die Verdienstabrechnungen ein, nach denen er zu einem steuerfreien Entgelt im Oktober 2004 von EUR 630,30 und im November 2004 von EUR 607,38 beschäftigt war. Die Beklagte erließ das Anhörungsschreiben vom 11. Januar 2005. Die Hinzuverdienstgrenze von EUR 345,00 sei in den beiden Monaten überschritten gewesen. Von der Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen könne nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Hinzuverdienst die Grenze des Vormonats überschreite. Im Monat des Rentenbeginns könne nicht auf einen Vormonat zurückgegriffen werden. Demgemäß stehe in den beiden Monaten nur die Hälfte der Vollrente zu. Es ergebe sich eine zurückzuerstattende Überzahlung von EUR 1.589,70. Bei der beabsichtigten Entscheidung sei Ermessen auszuüben. Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 21. Januar 2005, er habe seit 1999 regelmäßig als Saisonkraft bei der Traubenannahme gearbeitet. Im Bescheid habe gestanden, eine zweimalige Überschreitung bis zur Höhe der doppelten Hinzuverdienstgrenze (EUR 690,00) im Kalenderjahr sei möglich. Somit habe er in gutem Glauben gehandelt. Wäre ihm die Gesetzeslage bewusst gewesen, hätte er die Saisonarbeit nicht mehr angenommen. Es wäre eine unbillige Härte, mehr zurückzufordern als den erzielten Hinzuverdienst. Die Beklagte erließ den Bescheid vom 10. Februar 2005. Die Rente werde für Oktober und November 2004 nur als Teilrente in Höhe der Hälfte der Vollrente geleistet (monatlicher Zahlbetrag EUR 872,25). Der Rentenbescheid vom 16. August 2004 werde für die Zeit vom 01. Oktober bis 30. November 2004 nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen; die Überzahlung von EUR 1.589,70 sei nach § 50 SGB X zu erstatten. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheids könne sich der Kläger nicht berufen. Im Wege des Ermessens sei die Bescheidrücknahme gerechtfertigt, weil mit dem Bescheid vom 16. August 2004 die Hinzuverdienstgrenzen mitgeteilt worden seien. Für die Tilgung würden gegebenenfalls Ratenzahlungen zugelassen. Der Kläger erhob Widerspruch. Die Begründung des angefochtenen Bescheids sei für einen Rentner sehr unverständlich. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 01. Juli 2005. Im Rentenbescheid vom 16. August 2004 seien die Hinzuverdienstgrenzen aufgelistet gewesen. Der Kläger habe erst unter dem 08. November 2004 mitgeteilt, dass er seit Oktober 2004 als Saisonkraft tätig sei. Es lägen keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigten, eine günstigere Ermessensentscheidung zu treffen. Ratenzahlungen würden weiterhin angeboten.
Mit der am 22. Juli 2005 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage trug der Kläger vor, er sei unterrichtet worden, die Hinzuverdienstgrenze dürfe zweimal im Jahr um einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze (also bis zum Doppelten) überschritten werden. Diese Grenze habe er bei den im Oktober und November 2004 erzielten Beträgen eingehalten. Im Übrigen treffe die Annahme der Beklagten nicht zu, die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze in zwei Monaten könne nicht schon bei Beginn der Rente in Anspruch genommen werden. Jedenfalls liege ein Beratungsfehler vor. Die Verletzung der Beratungspflicht sei wesentliche Ursache dafür, dass er eine nachteilige Disposition getroffen habe. Das von der Beklagten in Anspruch genommene Vormonatsprinzip sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Selbst wenn jedoch ein solches Prinzip zu beachten sei, sei keine ausreichende Aufklärung und Beratung erfolgt. Jedenfalls habe er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts weder gekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens einer maßgebenden Hinzuverdienstgrenze sei nur dann einzuräumen, wenn der Vergleich mit einem Vormonat möglich sei. Die Anwendung des Vormonatsprinzips sei durch die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Auslegung des § 34 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VI entwickelt worden. Die Überschreitensregelung könne nicht isoliert angewandt werden, sondern nur, wenn die in einem Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten werde. Die Regelung solle sicherstellen, dass Einkommensschwankungen nicht zum Verlust oder zur Minderung der Rente führten. Es könne nicht generell - wie hier bereits zu Rentenbeginn - zweimal im Kalenderjahr die Hinzuverdienstgrenze verdoppelt werden. Im vorliegenden Fall fehle es an durch die Überschreitensregelung auszugleichenden Einkommensschwankungen. Eine andere Sichtweise wäre allenfalls zulässig, wenn durch Besonderheiten (etwa Weihnachtsgeld oder Mehrarbeit) ein gegenüber dem regelmäßigen Entgelt höherer Hinzuverdienst erzielt werde. Nur insoweit sei eine Gleichbehandlung mit den Versicherten geboten, die in Anwendung des Vormonatsprinzips von der Überschreitensmöglichkeit Gebrauch machen könnten. Eine solche Ausnahme sei hier nicht ersichtlich. Schließlich habe das Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 03. Mai 2005 - B 13 RJ 8/04 R -) zu der vergleichbaren Regelung des § 96a Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI entschieden, dass die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens im Laufe eines Kalenderjahres nicht auf abhängig Beschäftigte Anwendung finde, die ein gleichbleibendes monatliches Arbeitsentgelt bezögen. Mithin sei die generelle Einräumung einer Überschreitensmöglichkeit nicht geboten.
Durch Urteil vom 12. Oktober 2006 hob das SG den Bescheid vom 10. Februar 2005 in der Ge¬stalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Juli 2005 auf. Zur Begründung legte es dar, die Rücknahme des Bescheids durch die Beklagte nach § 45 SGB X scheide aus, weil der Rentenbescheid bereits am 16. August 2004 ergangen sei und der Kläger erst im Oktober 2004 einen Hinzuverdienst erzielt habe. Denkbar wäre daher allenfalls eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Dies sei aber nicht entscheidend. Der Kläger habe die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI im Rahmen des nach § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI Unbeachtlichen überschritten. Das von der Beklagten geforderte Vormonatsprinzip finde im Gesetz keinen Anhalt. Solches ergebe sich auch nicht aus einer systematischen Auslegung. Auch eine teleologische Auslegung - nach Sinn und Zweck - führe hierzu nicht. Nach Auffassungen in der Literatur müsse auch ein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze zu Rentenbeginn rentenunschädlich bleiben. Im Übrigen sei eine Beratung bezüglich des von der Beklagten in Anspruch genommenen Vormonatsprinzips nicht erfolgt. Hierauf komme es freilich nicht an.
Gegen das ihr am 10. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04. Dezember 2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, im Gesetz komme hinreichend zum Ausdruck, dass vor Prüfung der Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens ein der maßgebenden einfachen Hinzuverdienstgrenze gegenüberzustellender Hinzuverdienst vorhanden sein müsse. Die Überschreitensregelung könne nicht isoliert angewandt werden, sondern nur, wenn die sonst eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten werde. Die Überschreitensmöglichkeit dürfe nicht dazu führen, dass generell in jedem Fall zweimal im Jahr die Grenze beliebig verdoppelt werden könne. Vielmehr bestehe der Grund darin, Arbeitsverträge darauf abzustellen, dass diese unabhängig von Schwankungen eingehalten werden könnten und ein Jahresausgleich gefunden werden könne. Folglich bestehe nicht nur bei einem gleichbleibenden Verdienst, sondern auch wie hier bei einem Verdienst, der zwischen zwei einfachen Hinzuverdienstgrenzen liege, nicht die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens. Andernfalls fehle es im Blick auf die Funktion der vorzeitigen Altersrente an deren Rechtfertigung. Eine Überversorgung solle verhindert werden. Diesem Prinzip würde eine generelle Verdoppelung der Hinzuverdienstgrenzen für zwei Monate nicht gerecht werden. Ihre Auffassung werde in der Rechtsprechung des BSG andeutungsweise bestätigt. Ebenso hätten das Sozialgericht Magdeburg durch Gerichtsbescheid vom 15. September 2005 (S 19 RJ 161/04 - Revision beim BSG anhängig) und das Sozialgericht Dortmund im Urteil vom 04. Oktober 2006 (S 10 (22) RA 144/04) die Auffassung der Beklagten im Prinzip geteilt. Es liege hier keine Ausnahme des Überschreitens eines normalen oder regelmäßigen Verdiensts vor. Der typische Fall seien vielmehr Besonderheiten wie Erzielung von Weihnachtsgeld oder Leistung einmaliger Mehrarbeit.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezweifelt weiterhin das von der Beklagten in Anspruch genommene Vormonatsprinzip. Im Übrigen stelle sich die Frage, weshalb die Versicherten in den Bescheiden nicht deutlich hierauf hingewiesen würden. Es werde weiterhin Verletzung der Beratungspflicht geltend gemacht.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (63 280540 P 005) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Mit dem Erstattungsbetrag von EUR 1.589,70 ist der Beschwerdewert von EUR 500,00 gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) überschritten.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Juli 2005 zu Recht aufgehoben.
1. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Altersrente ist § 48 SGB X und nicht wovon die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 2005 ausging - § 45 SGB X. Denn der Bewilligungsbescheid vom 16. August 2004 war nicht bereits bei seinem Erlass rechtswidrig, sondern kann erst durch eine wesentliche Änderung (Erzielen von Arbeitsentgelt) nach seinem Erlass rechtswidrig geworden sein. Nach den für den Senat glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung stand bei Erlass des Bescheids vom 16. Oktober 2004 nicht fest, wann er seine Tätigkeit bei der Weinlese im Jahr 2004 aufnehmen und wie viel Arbeitsstunden er leisten würde. Dies hing von der Witterung und dem Anfall der Arbeit ab. Dass die Beklagte von der unzutreffenden Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung ausging, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Aufhebungsbescheids vom 10. Februar 2005. Denn nach § 43 SGB X ist eine Umdeutung eines Aufhebungsbescheid, der von der Behörde auf § 45 SGB X gestützt wurde, in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 Abs. 1 SGB X grundsätzlich möglich (vgl. BSG SozR 3-2600 § 93 Nr. 3).
2. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3). Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 48). Eine rechtserhebliche Änderung liegt insbesondere dann vor, wenn der Anspruch nach dem für die Leistung maßgebenden materiellen Recht entfallen ist. Ob dies durch das Erzielen von Arbeitsentgelt für die Monate Oktober und November 2004 der Fall war, lässt der Senat offen (hierzu 2.1.). Selbst wenn man dies mit der Beklagten annimmt, liegen jedenfalls die weiteren Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung von Altersrente für die beiden Monate nicht vor (hierzu 2.2.).
2.1. Da der Kläger eine Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres bezieht, setzt der Anspruch des Klägers auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 Abs. 1 SGB VI, dessen Voraussetzungen gegeben sind, nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI auch voraus, dass die Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI wurde durch das Gesetz zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995, BGBl. I S. 1824, geändert, dass die Formulierung, die Rente werde "nur geleistet ...", dahingehend ersetzt wurde, dass "Anspruch" auf eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur bestehe, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. Diese Änderung stellt klar, dass - anders als bei der für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltenden Regelung in § 96a SGB VI - die Einhaltung der Verdienstgrenze unmittelbar den Rentenanspruch berührt und nicht nur die Höhe der Rentenzahlung bestimmt (Bundestags-Drucksache 13/3150 S. 41 zu Nr. 5; vgl. auch BSG SozR 3-2600 § 34 Nr. 1).
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI 1. bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (dies waren im Jahr 2004 EUR 345,00), 2. bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von a) ein Drittel der Vollrente das 23,3fache, b) der Hälfte der Vollrente das 17,5fache, c) zwei Dritteln der Vollrente das 11,7fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten. Da der Kläger die Altersrente als Vollrente erhielt, ging die Beklagte zutreffend von einer monatlichen Hinzuverdienstgrenze für das Jahr 2004 von EUR 345,00 aus. Die Beklagte hat weiter zutreffend errechnet, dass bei einem Hinzuverdienst von Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 630,30 (Oktober 2004) und EUR 607,38 (November 2004) der maßgebliche Hinzuverdienst von EUR 701,19 für eine Rente in Höhe der Hälfte der Vollrente nicht erreicht wäre und deshalb letztere Rentenhöhe zustünde (vgl. Bl. 41 f. der Rentenakte) und dies den monatlichen Zahlbetrag der Rente von EUR 1.667,10 auf EUR 872,25, für zwei Monate mithin um EUR 1.589,70, mindere.
Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI wird die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Die Voraussetzungen des zweiten Halbsatz sind - jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift - gegeben. Im Kalenderjahr 2004 überschritt der Kläger die Hinzuverdienstgrenze lediglich in zwei Kalendermonaten, nämlich im Oktober und November 2004. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist das zweimalige unschädliche Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze bis zum Doppelten der regelmäßigen Hinzuverdienstgrenze nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig. Der Wortlaut und auch die Gesetzesmaterialien erlauben auch keine Auslegung, dass der unschädlichen Hinzuverdienst auf so genannte Sonderzuwendungen bzw. Einmalzahlungen eingeengt ist (vgl. BSG SozR 3-2600 § 34 Nr. 4). Ebenso wenig stellt der Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI darauf ab, dass eine Überschreiten nur dann möglich ist, wenn auf eine maßgebliche Hinzuverdienstgrenze des Vormonats zurückgegriffen werden kann, wie die Beklagte dies in dem von ihr angewandten Vormonatsprinzip vertritt. Die strenge Anwendung des von der Beklagten vertretenen Vormonatsprinzips müsste im Übrigen dazu führen, dass im Monat des Rentenbeginns bzw. im Monat des erstmaligen oder erneuten Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst eine Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze immer den Anspruch auf die Vollrente mindern oder entfallen lassen würde (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 34 SGB VI Rdnr. 25 unter Hinweis auf BSGE 40, 290 ff. = SozR 2200 § 1248 Nr. 6; Löns in Kreikebohm, SGB VI 2. Aufl., § 34 Rdnr. 4). Auch diese Folge will die Beklagte aber nicht konsequent durchhalten. Sie hält vielmehr ein zulässiges Überschreiten im Monat des Rentenbeginns bzw. im Monat des erstmaligen oder erneuten Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst ausnahmsweise dann für möglich, wenn in diesem Zeitpunkt ein - im Vergleich zum "normalen" bzw. "regelmäßigen" Hinzuverdienst - durch "Besonderheiten" (z.B. Weihnachtsgeld oder Mehrarbeit) höherer Hinzuverdienst erzielt wird.
Geht man vom reinen Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI aus, würde dies allerdings dazu führen, dass sich die Hinzuverdienstgrenze im Kalenderjahr zweimal verdoppeln kann, ohne dass ein Anspruch auf Vollrente gemindert würde, insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Beschäftigungsverhältnis lediglich zwei Monate im Kalenderjahr besteht. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung beabsichtigte. Die zweimalige Überschreitensmöglichkeit des § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI hat ihren Grund darin, den Bedürfnissen der Praxis Rechnung zu tragen und zu ermöglichen, Arbeitsverträge so auf die Hinzuverdienstgrenzen abzustellen, dass diese unabhängig von den Schwankungen bei den Arbeitsstunden eingehalten werden und ein Jahresausgleich gefunden werden kann und somit Einkommensschwankungen abgefangen werden sollen (vgl. Bundestags-Drucksache 11/4124, S. 161; ebenso Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, SGB VI, § 34 Rdnr. 38; a.A. Klattenhoff in Hauck/Haines, SGB VI, § 34 Rdnr. 11 mit Fußnote 37, der diese Auffassung als zu eng ansieht). Die Regelung soll damit nicht ermöglichen, die Hinzuverdienstgrenzen zweimal im Kalenderjahr ohne Auswirkungen auf den Anspruch auf vorzeitige Altersrente zu überschreiten, sondern lediglich Einkommensschwankungen abfedern. Solche treten aber nur in längerfristigen Beschäftigungsverhältnissen auf. Die Regelung in § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI zielt deshalb wohl auf längerfristige Beschäftigungsverhältnisse ab, sodass wohl ein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze in zwei Monaten nur unschädlich sein kann, wenn das Beschäftigungsverhältnis jedenfalls mehr als zwei Monate im Kalenderjahr dauert.
2.2. Wenn der Kläger mit dem von ihm in den Monaten Oktober und November 2004 erzielten Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 630,30 (Oktober 2004) und EUR 607,38 (November 2004) dem maßgebliche Hinzuverdienstgrenze überschritt, liegen zwar die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vor. Denn der Kläger erzielte nach Antragstellung Arbeitseinkommen, dass zu einer Minderung seines Anspruchs auf vorzeitige Altersrente führte. Die vorzeitige Altersrente hätte ihm nicht mehr als Vollrente mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von EUR 1.667,10, sondern nur noch als Teilrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von EUR 872,25 zugestanden. Allerdings ist der Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2005 gleichwohl rechtswidrig, weil die Ermessensentscheidung der Beklagten bezüglich der Rücknahme fehlerhaft ist.
Liegen die Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vor, kann die Behörde grundsätzlich die Bewilligung aufheben. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein so genannter atypischer Fall gegeben ist, hat die Behörde Ermessen auszuüben, ob ausnahmsweise von einer (ganzen oder teilweisen) Aufhebung der Bewilligung abzusehen ist. Die Frage, wann es sich um einen atypischen Fall handelt, in dem eine Ermessensentscheidung getroffen werden muss, ist nach dem Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X und den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Diese müssen im Hinblick auf die mit der rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsakts verbundenen Nachteile, insbesondere der aus § 50 Abs 1 SGB X folgenden Erstattungspflicht, vom Normalfall in besonderer Weise abweichen (BSG SozR 5870 § 2 Nr. 47). Ein atypischer Fall ist zwar noch nicht dann anzunehmen, wenn die Aufhebung eine Rückforderung zur Folge hat, aber z.B. dann, wenn der Leistungsempfänger im Zeitpunkt des Verbrauchs des nachträglich erzielten Einkommens mit einer Erstattungsforderung nicht rechnete oder zu rechnen hatte (BSG, Urteil vom 26. August 1994 - 13 RJ 29/93 -). Ausgehend hiervon liegt nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall ein atypischer Fall vor. Dies ergibt sich für den Senat daraus, dass die Auslegung des § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI nicht auf der Hand liegt und - wie dargestellt - selbst in den einschlägigen Kommentaren unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Hinzukommt, dass die Beklagte den Kläger nur allgemein auf die Hinzuverdienstgrenzen und die Pflicht zur Mitteilung im Falle des Erzielens von Arbeitsentgelt hingewiesen hat. Die Hinweise im Rentenbescheid vom 16. August 2004 bei der Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen (Anlage 19) enthalten die von ihr vertretene Rechtsauffassung nicht. In der Anlage 19 werden im Wesentlichen die gesetzlichen Regelungen wiedergegeben. Im letzten Satz der Anlage heißt es lediglich, dass die maßgebende Hinzuverdienstgrenze zweimal im Laufe eines jeden Kalenderjahres um den Betrag bis zur Höhe der für einen Monat geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden darf. Dass diese Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze nach Auffassung der Beklagten nur unter weiteren Voraussetzungen erfolgen darf, die Beklagte von einem Vormonatsprinzip ausgeht und deshalb im Monat des Rentenbeginns nicht auf die maßgebende Hinzuverdienstgrenze des Vormonats zurückgegriffen werden kann, wird nicht dargestellt. Dass der Kläger dies aus anderen ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen hätte entnehmen können, ergibt sich weder aus den vorliegenden Akten noch dem Vorbringen der Beklagten. Dem Kläger musste sich auch nicht aufdrängen, dass die Beklagte eine Rechtsauffassung vertritt, die sich nur infolge einer umfangreichen systematischen und teleologischen Auslegung ergibt.
Die Beklagte traf zwar bezüglich der Rücknahme eine Ermessensentscheidung, weil sie davon ausging, Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der Bewilligung der vorzeitige Altersrente sei § 45 SGB X, sodass eine Ermessensunterschreitung nicht gegeben ist. Allerdings liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor. Denn die unzureichende Darstellung der maßgebenden Hinzuverdienstgrenze hat sie bei der Aufhebungsentscheidung nicht berücksichtigt.
Eine andere Beurteilung erfordert nicht, dass der Kläger erst am 08. November 2004, und damit erst nach Aufnahme der Beschäftigung, mitgeteilt hat, Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung zu erzielen. Dem Kläger kann insoweit ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden, weil die Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen durch die Beklagte nicht eindeutig war.
3. Da die Aufhebung der Bewilligung der vorzeitigen Altersrente für die Monate Oktober und November 2004 zu Unrecht erfolgte, besteht auch kein Anspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X auf Erstattung zu Unrecht erlangter Leistungen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Zwar hat die Frage der Auslegung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI grundsätzliche Bedeutung. Allerdings ist - wie dargestellt - die Beantwortung dieser Frage für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligungsentscheidung über Altersrente für die Monate Oktober und November 2004 teilweise aufgehoben hat und die Erstattung von EUR 1.589,70 verlangen kann.
Der am 1940 geborene Kläger war zuletzt bis 30. Dezember 1998 als Bankvorstand bei Bezügen über der Beitragsbemessungsgrenze beschäftigt. Anschließend war er bis 30. September 2003 bei niedrigeren Bezügen von der Dienstleistung freigestellt. Vom 01. Oktober 2003 bis 30. September 2004 bezog er Arbeitslosengeld.
Auf den Antrag vom 28. Juli 2004 bewilligte die Beklagte (damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) durch Bescheid vom 16. August 2004 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01. Oktober 2004 in Höhe von EUR 1.832,98 (monatlicher Zahlbetrag EUR 1.667,10). Der Bescheid enthielt die Hinweise, die Altersrente könne sich bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch erzieltes Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei. Diese betrage ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, dies seien bei Rentenbeginn EUR 345,00. Es bestehe die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Anspruch auf die vorzeitige Altersrente bestehe nur, wenn Arbeitsentgelt nicht erzielt werde oder sich die Einkünfte im Rahmen der Hinzuverdienstmöglichkeiten des § 34 Abs. 2 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) hielten. Es werde angenommen, dass diese Voraussetzung bei Rentenbeginn erfüllt sei. Der Rentenbescheid ergehe unter der Bedingung, dass sich diese Annahme bestätige. Andernfalls entfalle die rechtliche Grundlage für den Bescheid. Unter Anlage 19 des Bescheids ist erläutert, die monatliche Hinzuverdienstgrenze betrage derzeit (alte Bundesländer) für die Rente in Höhe der Vollrente EUR 345,00, von zwei Dritteln der Vollrente EUR 468,79 und der Hälfte der Vollrente EUR 701,19. Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze dürfe zweimal im Laufe eines jeden Kalenderjahres um einen Betrag bis zur Höhe der für einen Monat geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden.
Mit Telefax vom 08. November 2004 teilte der Kläger mit, er sei im Monat Oktober und November 2004 als Saisonkraft bei einer Weingärtnergenossenschaft beschäftigt. Auf Rückfrage reichte er unter dem 21. Dezember 2004 die Verdienstabrechnungen ein, nach denen er zu einem steuerfreien Entgelt im Oktober 2004 von EUR 630,30 und im November 2004 von EUR 607,38 beschäftigt war. Die Beklagte erließ das Anhörungsschreiben vom 11. Januar 2005. Die Hinzuverdienstgrenze von EUR 345,00 sei in den beiden Monaten überschritten gewesen. Von der Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen könne nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Hinzuverdienst die Grenze des Vormonats überschreite. Im Monat des Rentenbeginns könne nicht auf einen Vormonat zurückgegriffen werden. Demgemäß stehe in den beiden Monaten nur die Hälfte der Vollrente zu. Es ergebe sich eine zurückzuerstattende Überzahlung von EUR 1.589,70. Bei der beabsichtigten Entscheidung sei Ermessen auszuüben. Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 21. Januar 2005, er habe seit 1999 regelmäßig als Saisonkraft bei der Traubenannahme gearbeitet. Im Bescheid habe gestanden, eine zweimalige Überschreitung bis zur Höhe der doppelten Hinzuverdienstgrenze (EUR 690,00) im Kalenderjahr sei möglich. Somit habe er in gutem Glauben gehandelt. Wäre ihm die Gesetzeslage bewusst gewesen, hätte er die Saisonarbeit nicht mehr angenommen. Es wäre eine unbillige Härte, mehr zurückzufordern als den erzielten Hinzuverdienst. Die Beklagte erließ den Bescheid vom 10. Februar 2005. Die Rente werde für Oktober und November 2004 nur als Teilrente in Höhe der Hälfte der Vollrente geleistet (monatlicher Zahlbetrag EUR 872,25). Der Rentenbescheid vom 16. August 2004 werde für die Zeit vom 01. Oktober bis 30. November 2004 nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen; die Überzahlung von EUR 1.589,70 sei nach § 50 SGB X zu erstatten. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheids könne sich der Kläger nicht berufen. Im Wege des Ermessens sei die Bescheidrücknahme gerechtfertigt, weil mit dem Bescheid vom 16. August 2004 die Hinzuverdienstgrenzen mitgeteilt worden seien. Für die Tilgung würden gegebenenfalls Ratenzahlungen zugelassen. Der Kläger erhob Widerspruch. Die Begründung des angefochtenen Bescheids sei für einen Rentner sehr unverständlich. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 01. Juli 2005. Im Rentenbescheid vom 16. August 2004 seien die Hinzuverdienstgrenzen aufgelistet gewesen. Der Kläger habe erst unter dem 08. November 2004 mitgeteilt, dass er seit Oktober 2004 als Saisonkraft tätig sei. Es lägen keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigten, eine günstigere Ermessensentscheidung zu treffen. Ratenzahlungen würden weiterhin angeboten.
Mit der am 22. Juli 2005 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage trug der Kläger vor, er sei unterrichtet worden, die Hinzuverdienstgrenze dürfe zweimal im Jahr um einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze (also bis zum Doppelten) überschritten werden. Diese Grenze habe er bei den im Oktober und November 2004 erzielten Beträgen eingehalten. Im Übrigen treffe die Annahme der Beklagten nicht zu, die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze in zwei Monaten könne nicht schon bei Beginn der Rente in Anspruch genommen werden. Jedenfalls liege ein Beratungsfehler vor. Die Verletzung der Beratungspflicht sei wesentliche Ursache dafür, dass er eine nachteilige Disposition getroffen habe. Das von der Beklagten in Anspruch genommene Vormonatsprinzip sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Selbst wenn jedoch ein solches Prinzip zu beachten sei, sei keine ausreichende Aufklärung und Beratung erfolgt. Jedenfalls habe er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts weder gekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens einer maßgebenden Hinzuverdienstgrenze sei nur dann einzuräumen, wenn der Vergleich mit einem Vormonat möglich sei. Die Anwendung des Vormonatsprinzips sei durch die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Auslegung des § 34 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VI entwickelt worden. Die Überschreitensregelung könne nicht isoliert angewandt werden, sondern nur, wenn die in einem Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten werde. Die Regelung solle sicherstellen, dass Einkommensschwankungen nicht zum Verlust oder zur Minderung der Rente führten. Es könne nicht generell - wie hier bereits zu Rentenbeginn - zweimal im Kalenderjahr die Hinzuverdienstgrenze verdoppelt werden. Im vorliegenden Fall fehle es an durch die Überschreitensregelung auszugleichenden Einkommensschwankungen. Eine andere Sichtweise wäre allenfalls zulässig, wenn durch Besonderheiten (etwa Weihnachtsgeld oder Mehrarbeit) ein gegenüber dem regelmäßigen Entgelt höherer Hinzuverdienst erzielt werde. Nur insoweit sei eine Gleichbehandlung mit den Versicherten geboten, die in Anwendung des Vormonatsprinzips von der Überschreitensmöglichkeit Gebrauch machen könnten. Eine solche Ausnahme sei hier nicht ersichtlich. Schließlich habe das Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 03. Mai 2005 - B 13 RJ 8/04 R -) zu der vergleichbaren Regelung des § 96a Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI entschieden, dass die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens im Laufe eines Kalenderjahres nicht auf abhängig Beschäftigte Anwendung finde, die ein gleichbleibendes monatliches Arbeitsentgelt bezögen. Mithin sei die generelle Einräumung einer Überschreitensmöglichkeit nicht geboten.
Durch Urteil vom 12. Oktober 2006 hob das SG den Bescheid vom 10. Februar 2005 in der Ge¬stalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Juli 2005 auf. Zur Begründung legte es dar, die Rücknahme des Bescheids durch die Beklagte nach § 45 SGB X scheide aus, weil der Rentenbescheid bereits am 16. August 2004 ergangen sei und der Kläger erst im Oktober 2004 einen Hinzuverdienst erzielt habe. Denkbar wäre daher allenfalls eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Dies sei aber nicht entscheidend. Der Kläger habe die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 3 SGB VI im Rahmen des nach § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI Unbeachtlichen überschritten. Das von der Beklagten geforderte Vormonatsprinzip finde im Gesetz keinen Anhalt. Solches ergebe sich auch nicht aus einer systematischen Auslegung. Auch eine teleologische Auslegung - nach Sinn und Zweck - führe hierzu nicht. Nach Auffassungen in der Literatur müsse auch ein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze zu Rentenbeginn rentenunschädlich bleiben. Im Übrigen sei eine Beratung bezüglich des von der Beklagten in Anspruch genommenen Vormonatsprinzips nicht erfolgt. Hierauf komme es freilich nicht an.
Gegen das ihr am 10. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04. Dezember 2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, im Gesetz komme hinreichend zum Ausdruck, dass vor Prüfung der Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens ein der maßgebenden einfachen Hinzuverdienstgrenze gegenüberzustellender Hinzuverdienst vorhanden sein müsse. Die Überschreitensregelung könne nicht isoliert angewandt werden, sondern nur, wenn die sonst eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten werde. Die Überschreitensmöglichkeit dürfe nicht dazu führen, dass generell in jedem Fall zweimal im Jahr die Grenze beliebig verdoppelt werden könne. Vielmehr bestehe der Grund darin, Arbeitsverträge darauf abzustellen, dass diese unabhängig von Schwankungen eingehalten werden könnten und ein Jahresausgleich gefunden werden könne. Folglich bestehe nicht nur bei einem gleichbleibenden Verdienst, sondern auch wie hier bei einem Verdienst, der zwischen zwei einfachen Hinzuverdienstgrenzen liege, nicht die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens. Andernfalls fehle es im Blick auf die Funktion der vorzeitigen Altersrente an deren Rechtfertigung. Eine Überversorgung solle verhindert werden. Diesem Prinzip würde eine generelle Verdoppelung der Hinzuverdienstgrenzen für zwei Monate nicht gerecht werden. Ihre Auffassung werde in der Rechtsprechung des BSG andeutungsweise bestätigt. Ebenso hätten das Sozialgericht Magdeburg durch Gerichtsbescheid vom 15. September 2005 (S 19 RJ 161/04 - Revision beim BSG anhängig) und das Sozialgericht Dortmund im Urteil vom 04. Oktober 2006 (S 10 (22) RA 144/04) die Auffassung der Beklagten im Prinzip geteilt. Es liege hier keine Ausnahme des Überschreitens eines normalen oder regelmäßigen Verdiensts vor. Der typische Fall seien vielmehr Besonderheiten wie Erzielung von Weihnachtsgeld oder Leistung einmaliger Mehrarbeit.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezweifelt weiterhin das von der Beklagten in Anspruch genommene Vormonatsprinzip. Im Übrigen stelle sich die Frage, weshalb die Versicherten in den Bescheiden nicht deutlich hierauf hingewiesen würden. Es werde weiterhin Verletzung der Beratungspflicht geltend gemacht.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (63 280540 P 005) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Mit dem Erstattungsbetrag von EUR 1.589,70 ist der Beschwerdewert von EUR 500,00 gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) überschritten.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Juli 2005 zu Recht aufgehoben.
1. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Altersrente ist § 48 SGB X und nicht wovon die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 2005 ausging - § 45 SGB X. Denn der Bewilligungsbescheid vom 16. August 2004 war nicht bereits bei seinem Erlass rechtswidrig, sondern kann erst durch eine wesentliche Änderung (Erzielen von Arbeitsentgelt) nach seinem Erlass rechtswidrig geworden sein. Nach den für den Senat glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung stand bei Erlass des Bescheids vom 16. Oktober 2004 nicht fest, wann er seine Tätigkeit bei der Weinlese im Jahr 2004 aufnehmen und wie viel Arbeitsstunden er leisten würde. Dies hing von der Witterung und dem Anfall der Arbeit ab. Dass die Beklagte von der unzutreffenden Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung ausging, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Aufhebungsbescheids vom 10. Februar 2005. Denn nach § 43 SGB X ist eine Umdeutung eines Aufhebungsbescheid, der von der Behörde auf § 45 SGB X gestützt wurde, in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 Abs. 1 SGB X grundsätzlich möglich (vgl. BSG SozR 3-2600 § 93 Nr. 3).
2. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3). Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 48). Eine rechtserhebliche Änderung liegt insbesondere dann vor, wenn der Anspruch nach dem für die Leistung maßgebenden materiellen Recht entfallen ist. Ob dies durch das Erzielen von Arbeitsentgelt für die Monate Oktober und November 2004 der Fall war, lässt der Senat offen (hierzu 2.1.). Selbst wenn man dies mit der Beklagten annimmt, liegen jedenfalls die weiteren Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung von Altersrente für die beiden Monate nicht vor (hierzu 2.2.).
2.1. Da der Kläger eine Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres bezieht, setzt der Anspruch des Klägers auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 Abs. 1 SGB VI, dessen Voraussetzungen gegeben sind, nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI auch voraus, dass die Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI wurde durch das Gesetz zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995, BGBl. I S. 1824, geändert, dass die Formulierung, die Rente werde "nur geleistet ...", dahingehend ersetzt wurde, dass "Anspruch" auf eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur bestehe, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. Diese Änderung stellt klar, dass - anders als bei der für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltenden Regelung in § 96a SGB VI - die Einhaltung der Verdienstgrenze unmittelbar den Rentenanspruch berührt und nicht nur die Höhe der Rentenzahlung bestimmt (Bundestags-Drucksache 13/3150 S. 41 zu Nr. 5; vgl. auch BSG SozR 3-2600 § 34 Nr. 1).
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI 1. bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (dies waren im Jahr 2004 EUR 345,00), 2. bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von a) ein Drittel der Vollrente das 23,3fache, b) der Hälfte der Vollrente das 17,5fache, c) zwei Dritteln der Vollrente das 11,7fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten. Da der Kläger die Altersrente als Vollrente erhielt, ging die Beklagte zutreffend von einer monatlichen Hinzuverdienstgrenze für das Jahr 2004 von EUR 345,00 aus. Die Beklagte hat weiter zutreffend errechnet, dass bei einem Hinzuverdienst von Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 630,30 (Oktober 2004) und EUR 607,38 (November 2004) der maßgebliche Hinzuverdienst von EUR 701,19 für eine Rente in Höhe der Hälfte der Vollrente nicht erreicht wäre und deshalb letztere Rentenhöhe zustünde (vgl. Bl. 41 f. der Rentenakte) und dies den monatlichen Zahlbetrag der Rente von EUR 1.667,10 auf EUR 872,25, für zwei Monate mithin um EUR 1.589,70, mindere.
Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI wird die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Die Voraussetzungen des zweiten Halbsatz sind - jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift - gegeben. Im Kalenderjahr 2004 überschritt der Kläger die Hinzuverdienstgrenze lediglich in zwei Kalendermonaten, nämlich im Oktober und November 2004. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist das zweimalige unschädliche Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze bis zum Doppelten der regelmäßigen Hinzuverdienstgrenze nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig. Der Wortlaut und auch die Gesetzesmaterialien erlauben auch keine Auslegung, dass der unschädlichen Hinzuverdienst auf so genannte Sonderzuwendungen bzw. Einmalzahlungen eingeengt ist (vgl. BSG SozR 3-2600 § 34 Nr. 4). Ebenso wenig stellt der Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI darauf ab, dass eine Überschreiten nur dann möglich ist, wenn auf eine maßgebliche Hinzuverdienstgrenze des Vormonats zurückgegriffen werden kann, wie die Beklagte dies in dem von ihr angewandten Vormonatsprinzip vertritt. Die strenge Anwendung des von der Beklagten vertretenen Vormonatsprinzips müsste im Übrigen dazu führen, dass im Monat des Rentenbeginns bzw. im Monat des erstmaligen oder erneuten Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst eine Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze immer den Anspruch auf die Vollrente mindern oder entfallen lassen würde (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 34 SGB VI Rdnr. 25 unter Hinweis auf BSGE 40, 290 ff. = SozR 2200 § 1248 Nr. 6; Löns in Kreikebohm, SGB VI 2. Aufl., § 34 Rdnr. 4). Auch diese Folge will die Beklagte aber nicht konsequent durchhalten. Sie hält vielmehr ein zulässiges Überschreiten im Monat des Rentenbeginns bzw. im Monat des erstmaligen oder erneuten Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst ausnahmsweise dann für möglich, wenn in diesem Zeitpunkt ein - im Vergleich zum "normalen" bzw. "regelmäßigen" Hinzuverdienst - durch "Besonderheiten" (z.B. Weihnachtsgeld oder Mehrarbeit) höherer Hinzuverdienst erzielt wird.
Geht man vom reinen Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI aus, würde dies allerdings dazu führen, dass sich die Hinzuverdienstgrenze im Kalenderjahr zweimal verdoppeln kann, ohne dass ein Anspruch auf Vollrente gemindert würde, insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Beschäftigungsverhältnis lediglich zwei Monate im Kalenderjahr besteht. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung beabsichtigte. Die zweimalige Überschreitensmöglichkeit des § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI hat ihren Grund darin, den Bedürfnissen der Praxis Rechnung zu tragen und zu ermöglichen, Arbeitsverträge so auf die Hinzuverdienstgrenzen abzustellen, dass diese unabhängig von den Schwankungen bei den Arbeitsstunden eingehalten werden und ein Jahresausgleich gefunden werden kann und somit Einkommensschwankungen abgefangen werden sollen (vgl. Bundestags-Drucksache 11/4124, S. 161; ebenso Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, SGB VI, § 34 Rdnr. 38; a.A. Klattenhoff in Hauck/Haines, SGB VI, § 34 Rdnr. 11 mit Fußnote 37, der diese Auffassung als zu eng ansieht). Die Regelung soll damit nicht ermöglichen, die Hinzuverdienstgrenzen zweimal im Kalenderjahr ohne Auswirkungen auf den Anspruch auf vorzeitige Altersrente zu überschreiten, sondern lediglich Einkommensschwankungen abfedern. Solche treten aber nur in längerfristigen Beschäftigungsverhältnissen auf. Die Regelung in § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI zielt deshalb wohl auf längerfristige Beschäftigungsverhältnisse ab, sodass wohl ein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze in zwei Monaten nur unschädlich sein kann, wenn das Beschäftigungsverhältnis jedenfalls mehr als zwei Monate im Kalenderjahr dauert.
2.2. Wenn der Kläger mit dem von ihm in den Monaten Oktober und November 2004 erzielten Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 630,30 (Oktober 2004) und EUR 607,38 (November 2004) dem maßgebliche Hinzuverdienstgrenze überschritt, liegen zwar die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vor. Denn der Kläger erzielte nach Antragstellung Arbeitseinkommen, dass zu einer Minderung seines Anspruchs auf vorzeitige Altersrente führte. Die vorzeitige Altersrente hätte ihm nicht mehr als Vollrente mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von EUR 1.667,10, sondern nur noch als Teilrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von EUR 872,25 zugestanden. Allerdings ist der Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2005 gleichwohl rechtswidrig, weil die Ermessensentscheidung der Beklagten bezüglich der Rücknahme fehlerhaft ist.
Liegen die Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vor, kann die Behörde grundsätzlich die Bewilligung aufheben. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein so genannter atypischer Fall gegeben ist, hat die Behörde Ermessen auszuüben, ob ausnahmsweise von einer (ganzen oder teilweisen) Aufhebung der Bewilligung abzusehen ist. Die Frage, wann es sich um einen atypischen Fall handelt, in dem eine Ermessensentscheidung getroffen werden muss, ist nach dem Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X und den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Diese müssen im Hinblick auf die mit der rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsakts verbundenen Nachteile, insbesondere der aus § 50 Abs 1 SGB X folgenden Erstattungspflicht, vom Normalfall in besonderer Weise abweichen (BSG SozR 5870 § 2 Nr. 47). Ein atypischer Fall ist zwar noch nicht dann anzunehmen, wenn die Aufhebung eine Rückforderung zur Folge hat, aber z.B. dann, wenn der Leistungsempfänger im Zeitpunkt des Verbrauchs des nachträglich erzielten Einkommens mit einer Erstattungsforderung nicht rechnete oder zu rechnen hatte (BSG, Urteil vom 26. August 1994 - 13 RJ 29/93 -). Ausgehend hiervon liegt nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall ein atypischer Fall vor. Dies ergibt sich für den Senat daraus, dass die Auslegung des § 34 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VI nicht auf der Hand liegt und - wie dargestellt - selbst in den einschlägigen Kommentaren unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Hinzukommt, dass die Beklagte den Kläger nur allgemein auf die Hinzuverdienstgrenzen und die Pflicht zur Mitteilung im Falle des Erzielens von Arbeitsentgelt hingewiesen hat. Die Hinweise im Rentenbescheid vom 16. August 2004 bei der Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen (Anlage 19) enthalten die von ihr vertretene Rechtsauffassung nicht. In der Anlage 19 werden im Wesentlichen die gesetzlichen Regelungen wiedergegeben. Im letzten Satz der Anlage heißt es lediglich, dass die maßgebende Hinzuverdienstgrenze zweimal im Laufe eines jeden Kalenderjahres um den Betrag bis zur Höhe der für einen Monat geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden darf. Dass diese Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze nach Auffassung der Beklagten nur unter weiteren Voraussetzungen erfolgen darf, die Beklagte von einem Vormonatsprinzip ausgeht und deshalb im Monat des Rentenbeginns nicht auf die maßgebende Hinzuverdienstgrenze des Vormonats zurückgegriffen werden kann, wird nicht dargestellt. Dass der Kläger dies aus anderen ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen hätte entnehmen können, ergibt sich weder aus den vorliegenden Akten noch dem Vorbringen der Beklagten. Dem Kläger musste sich auch nicht aufdrängen, dass die Beklagte eine Rechtsauffassung vertritt, die sich nur infolge einer umfangreichen systematischen und teleologischen Auslegung ergibt.
Die Beklagte traf zwar bezüglich der Rücknahme eine Ermessensentscheidung, weil sie davon ausging, Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der Bewilligung der vorzeitige Altersrente sei § 45 SGB X, sodass eine Ermessensunterschreitung nicht gegeben ist. Allerdings liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor. Denn die unzureichende Darstellung der maßgebenden Hinzuverdienstgrenze hat sie bei der Aufhebungsentscheidung nicht berücksichtigt.
Eine andere Beurteilung erfordert nicht, dass der Kläger erst am 08. November 2004, und damit erst nach Aufnahme der Beschäftigung, mitgeteilt hat, Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung zu erzielen. Dem Kläger kann insoweit ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden, weil die Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen durch die Beklagte nicht eindeutig war.
3. Da die Aufhebung der Bewilligung der vorzeitigen Altersrente für die Monate Oktober und November 2004 zu Unrecht erfolgte, besteht auch kein Anspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X auf Erstattung zu Unrecht erlangter Leistungen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Zwar hat die Frage der Auslegung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI grundsätzliche Bedeutung. Allerdings ist - wie dargestellt - die Beantwortung dieser Frage für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich.
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