L 7 SO 2103/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1217/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2103/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für Strom, einen ISDN-Anschluss, Internetnutzung, Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2004.

Der Kläger bezog vom 1. Juli bis 31. Dezember 2004 von der Beklagten Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Seit dem 1. Januar 2005 bezieht er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Jobcenter Stadt K ...

Mit Schreiben vom 31. August 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Kosten für einen ISDN-Anschluss, Internetnutzung und Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2004, welches keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Gewährung dieser Leistungen ab, da diese keinen sozialhilferechtlichen Bedarf darstellten. Der Kläger wies mit Schreiben vom 24. Oktober 2004 diesbezüglich auf die Vorschrift des § 72 BSHG hin. Mit weiterem Schreiben vom 12. November 2004 lehnte die Beklagte die Übernahme von Beiträgen zu Berufsverbänden und Gewerkschaften sowie die Kosten für einen ISDN-Anschluss erneut ab. Auch dieses Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Mit Schreiben vom 4. November 2004 beantragte der Kläger u. a. die Übernahme von Abschlägen für Strom und Gas ab Juli 2004 in Höhe von monatlich 103,00 EUR. Mit Bescheid vom 9. November 2004 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Sozialhilfe vor und führte u. a. aus, dass in dem monatlichen Abschlag von 103,00 EUR auch die Kosten für Strom in Höhe von 27,00 EUR enthalten seien. Die Kosten für den Haushaltsstrom seien jedoch bereits im Regelsatz enthalten, sodass eine zusätzliche Berücksichtigung nicht möglich sei. Der Widerspruch des Klägers hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2005). Die dagegen zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg (Urteil vom 8. Juni 2006 - S 1 SO 702/05).

Nach Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II durch das Jobcenter Stadt K. machte der Kläger erneut die Übernahme von Kosten für Strom, einen ISDN-Anschluss sowie Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften geltend, und zwar auch für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2004 (Schreiben des Klägers an das Jobcenter vom 28. März 2005). Gegen den Widerspruchsbescheid des Jobcenters K. vom 25. Februar 2005 erhob der Kläger am 1. April 2005 Klage zum SG Karlsruhe, welche er "gegen die Stadt K. vertreten durch die Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit der Stadt K. " richtete. Das SG fasste die Anträge des Klägers dahingehend auf, dass es ihm um die Verurteilung der Beklagten bezüglich der Übernahme der Kosten für Strom, ISDN-Anschluss, Internetnutzung sowie Beiträge zu Berufsbänden und Gewerkschaften bis zum 31.12.2004 gehe sowie um Verurteilung des Jobcenters der Stadt K. zur Übernahme dieser Kosten ab 1. Januar 2005. Die so verstandene Klage wies das SG mit Urteil vom 17. Oktober 2005 zurück, führte im Rubrum jedoch allein die Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit und der Stadt K. als Beklagte. Zur Klageabweisung betreffend den gegen die hiesige Beklagte geltend gemachten Anspruch führte das SG aus, eine Klage gegen einen Sozialleistungsträger sei erst dann zulässig, wenn er die beantragte Leistung geprüft und abgelehnt habe. Für eine Entscheidung der Beklagten über die geltend gemachten Kosten des Klägers bis zum 31. Dezember 2004 sei nichts ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, welche am 7. Dezember 2005 beim SG Karlsruhe eingegangen ist. In dem zunächst unter dem Aktenzeichen L 3 AS 5397/05 geführten Verfahren hat das LSG mit Beschluss vom 25. April 2006 den Berufungsrechtsstreit zwischen Kläger und Beklagter abgetrennt und mit Beschluss vom gleichen Tag die Berufung des Klägers betreffend das Verfahren zwischen dem Kläger und dem Jobcenter Stadt K. zurückgewiesen. Im Rahmen der Zustellung des Trennungsbeschlusses erhielt die Beklagte erstmals Kenntnis von dem Verfahren.

Inhaltlich macht der Kläger geltend, die Klage auf Übernahme der begehrten Kosten bis 31. Dezember 2004 sei sehr wohl zulässig, auch wenn "die Stadt K. " im Widerspruchsverfahren diesen Anspruch übergangen und darüber nicht entschieden habe.

Nach Hinweis auf die Zuständigkeit des 7. Senats gemäß der Geschäftsverteilungspläne 2005 und 2006 hat der Kläger mit Schreiben vom 20. November 2006 auf seine anhängigen Ablehnungsanträge gegen "das Richterkollegium Kuntze, Mendler und Dr. Schneider" in den Verfahren L 7 SO 3208/06 A und L 7 SO 3354/06 A hingewiesen. Mit Beschluss vom 28. November 2006 hat der Senat das Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen (L 7 SO 5757/06 A). Ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen diese Mitglieder des Senats wurde vom 8. Senat mit Beschluss vom 21 März 2007 für unbegründet erklärt (L 8 SO 6398/06 A). Der Kläger hat daraufhin die an diesem Beschluss beteiligten Richter als befangen abgelehnt. Mit Beschluss vom 16. April 2007 sind diese Ablehnungsgesuche als unzulässig verworfen worden (L 7 SO 1827/07 A). Mit weiteren Schreiben vom 25. April 2007 und 5. Mai 2007 hat der Kläger erneut die Mitglieder des Senats als befangen abgelehnt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2004 Abschläge für Strom in Höhe von 27,00 EUR monatlich zu gewähren sowie

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Oktober 2004 sowie des Bescheids vom 12. November 2004 zu verurteilen, ihm die Kosten für einen ISDN-Anschluss, Internetnutzung sowie Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit den mittlerweile bestandskräftigen Bescheiden vom 5. Oktober 2004 und 12. November 2004 sei abgelehnt worden, die beantragten Kosten für einen ISDN-Anschluss und für Beiträge für Berufsverbände und Gewerkschaften aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen. Hiergegen sei kein Widerspruch erhoben worden. Die an das Jobcenter Stadt K. gerichteten Schreiben des Klägers vom 28. und 30. März 2005 wären als Widerspruch ausgelegt worden, wenn sie der Sozial- und Jugendbehörde bekannt geworden wären.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Leistungsakte des Jobcenters Stadt K. , die Akten des SG S 1 SO 702/05, S 5 AS 1217/05, S 5 AS 1411/05 und die Akten des LSG L 3 AS 5397/05, L 7 SO 3208/06 A, L 7 SO 3354/06 A und L 7 SO 2103/06 verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Der Senat kann über die Berufung in der vorliegenden Besetzung entscheiden, denn die Ablehnungsgesuche des Klägers sind unzulässig. Nach § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit von einem Prozessbeteiligten abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Ein Ablehnungsgesuch ist unzulässig, wenn es missbräuchlich gestellt wird. Maßgebend ist insoweit, ob der Beteiligte Befangenheitsgründe vorträgt und glaubhaft macht, die sich individuell auf den an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter beziehen (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 26. April 1989 - 11 BAr 33/88; BVerfG NJW 1997, 3327). Dabei reicht die namentliche Nennung eines Richters im Ablehnungsgesuch allein nicht aus, um ein hinreichend konkretes Ablehnungsgesuch annehmen zu können. Vielmehr muss der Ablehnungsgrund durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtstreit wenigstens ansatzweise substantiiert werden (BVerfG, a.a.O.). Diesen Voraussetzungen genügen die Anträge des Klägers nicht. Die wiederholten Befangenheitsanträge erfolgen geradezu reflexartig und richten sich gegen jeden Richter, der im Verfahren tätig wird. Auf diese Weise sind seit der Zuständigkeit des Senats für den anhängigen Rechtsstreit bereits drei unanfechtbare Beschlüsse zur Ablehnung der jeweils gestellten Befangenheitsgesuche ergangen, die gegen die zuvor befassten Mitglieder des 3. Senats gerichteten Befangenheitsgesuche sind dabei nicht berücksichtigt. Damit ist offensichtlich, dass das Ablehnungsrecht missbraucht wird. Angesichts dessen ist eine (weitere) formelle Entscheidung über die Befangenheitsgesuche des Klägers durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 11, 1, 3; 11, 343, 348; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 60 Rdnr. 10d m.w.N.). Aus diesen Gründen hat der Senat davon abgesehen, die mit Schreiben vom 25. April und 5. Mai 2007 gestellten weiteren Befangenheitsanträge durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, um überhaupt zu einer Entscheidung in der Sache zu gelangen.

Die Einbeziehung der Beklagten im Berufungsverfahren ist zulässig. Im erstinstanzlichen Urteil ist das Rubrum insoweit fehlerhaft, als die Beklagte nicht als weitere Beklagte neben dem Jobcenter Stadt K. aufgeführt worden ist, obwohl das SG inhaltlich über geltend gemachte Ansprüche gegen die Beklagte entschieden hat. Das LSG konnte insoweit das Rubrum von Amts wegen berichtigen (vgl. BSGE 51, 213, 214; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 99 Rdnr. 6a).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG) weil bei überschlägiger Berechnung (vgl. hierzu BSGE 93, 42, 43 = SozR 4-4300 § 64 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 6)) nicht auszuschließen ist, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 500,00 EUR beträgt (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Denn der Kläger macht die ISDN-Grundgebühr in Höhe von 23,60 EUR monatlich, monatliche Stromkosten in Höhe von 27,00 EUR sowie Kosten für die Internetnutzung von 10,00 - 15,00 EUR, bei Bedarf mehr, geltend, was allein schon (unter Annahme von Kosten der Internetnutzung in Höhe von 15,00 EUR) auf den streitigen Zeitraum eines halben Jahres gerechnet einen Betrag in Höhe von 393,60 EUR ausmacht. Hinzu kommen noch die Beiträge für Gewerkschaften und Berufsverbände. Dabei beträgt der Beitrag für die vom Kläger begehrte Mitgliedschaft in der Gesellschaft für I. e. V. derzeit 86,00 EUR für Vollzahler sowie 17,50 EUR für arbeitslos gemeldete Personen, der Mitgliedsbeitrag beim D. -Verband e. V. beläuft sich auf 250,00 EUR pro Jahr nach § 1 Abs. 3 der dortigen Beitragsordnung vom 29. Januar 2004. Damit ist die Berufungssumme jedenfalls überschritten, denn die geltend gemachten Ansprüche sind zusammenzurechnen (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 144 Rdnr. 16).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Soweit der Kläger weiterhin die Übernahme der Stromkosten geltend macht, stand der Zulässigkeit der Klage bereits die anderweitige Rechtshängigkeit entgegen, denn der Kläger hatte den Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2005 bereits mit der Klage vom 28. Februar 2005 beim SG Karlsruhe angefochten (S 1 SO 702/05). Während der Rechtshängigkeit ist ein zweites Verfahren zwischen denselben Beteiligten über denselben Streitgegenstand unzulässig (Sperrwirkung, vgl. § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Diese Klage ist mit rechtskräftigem Urteil vom 8. Juni 2006 abgewiesen worden. Damit ist die Entscheidung des SG in der Sache bindend, eine neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Gegenstand ist zwischen den selben Beteiligten nicht möglich, eine neue Klage nicht zulässig (vgl. BGHZ 34, 337, 339; 36, 365, 367; BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 2/05 R - (juris); Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 141 Rdnr. 6).

Ebenfalls unzulässig ist die Klage betreffend die Kosten für ISDN-Anschluss, Internetnutzung sowie Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften. Die Unzulässigkeit der Klage beruht entgegen der Auffassung des SG zwar nicht darauf, dass die Beklagte nicht mit der Angelegenheit befasst gewesen wäre, denn sie hat die entsprechenden Anträge des Klägers mit Bescheiden vom 5. Oktober 2004 und 12. November 2004 abgelehnt. Diese Bescheide sind inzwischen bestandskräftig und können daher nicht mehr im Klagewege angefochten werden. Weder der Bescheid vom 5. Oktober 2004 noch der Bescheid vom 12. November 2004 enthielten eine Rechtsbehelfsbelehrung, sodass die einmonatige Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 SGG nicht in Lauf gesetzt wurde, sondern vielmehr die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG galt. Der Kläger hat jedoch innerhalb der Jahresfrist keinen Widerspruch erhoben. Zwar können die an das Jobcenter Stadt K. gerichteten Schreiben des Klägers vom 28. und 30. März 2005 inhaltlich als Widersprüche verstanden werden, das Jobcenter Stadt K. hat diese Schreiben jedoch der Beklagten nicht weitergeleitet. Nach § 84 Abs. 2 S. 1 SGG gilt die Frist zur Erhebung des Widerspruchs auch dann als gewahrt, wenn die Widerspruchsschrift bei einer anderen inländischen Behörde eingeht. Leitet diese Behörde den Widerspruch jedoch nicht unverzüglich an die zuständige Behörde weiter, ist der Widerspruch überhaupt nicht wirksam eingelegt, denn § 84 Abs. 2 SGG regelt nur die fristwahrende Wirkung (Binder in Hk-SGG, 2. Aufl., § 84 Rdnr. 13; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O. § 84 Rdnr. 6; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung 11. Auflage, S. 234a XVI). Die Beklagte hat auch im Rahmen des Verfahrens vor dem SG von den genannten Schreiben des Klägers keine Kenntnis erhalten, da sie in diesem Verfahren nicht beteiligt worden war. Die Bescheide vom 5. Oktober 2004 und 12. November 2004 sind damit bestandskräftig geworden (vgl. § 77 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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