L 20 R 440/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 587/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 440/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.06.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Beiträgen aus der deutschen Rentenversicherung.

Der im Jahre 1935 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Er hat nach seiner Einlassung und nach dem Inhalt der Beklagtenakte in Deutschland von 1971 bis 1977 und von 1980 bis 1984 versicherungspflichtig gearbeitet und ist danach in die Türkei zurückgekehrt.

Auf seinen Antrag vom 27.11.1979 hat ihm die Beklagte mit Bescheid vom 08.12.1980 gemäß § 1303 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Beiträge für die Zeit vom 01.06.1971 bis 24.11.1977 (Hälfteanteil) in Höhe von 13.994,20 DM erstattet. Der Bescheid ist dem Kläger lt. vorliegendem Rückschein zugegangen. Die Beklagte hat den Erstattungsbetrag im Januar 1981 zur Auszahlung freigegeben. Am 15.06.1984 hat der Kläger bei der Beklagten einen weiteren Antrag auf Beitragserstattung gestellt. Auch diesem Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 09.10.1984 entsprochen und einen Erstattungsbetrag von 12.077,75 DM (Hälfteanteil der Beiträge) für die Zeit vom 03.09.1980 bis 30.06.1984 festgestellt. Dieser Bescheid ist dem Kläger lt. vorliegendem Rückschein am 03.11.1984 übergeben worden. Die Beklagte hat den Erstattungsbetrag im Oktober 1984 zur Zahlung freigegeben.

Mit Telefongespräch vom 26.01.2004 und Schreiben vom 12.02.2004 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Vorlage einer Quittung über die durchgeführte Beitragserstattung. Der Sohn des Klägers führte im Schreiben vom 26.02.2004 an die Beklagte aus, dass sein Vater damals von der Bank nichts ausgezahlt bekommen hätte. Das Geld sei wieder nach Deutschland zurücküberwiesen worden an die Deutsche Bundesbank, weil die (türkische) Bank den Empfänger nicht gefunden habe. Mit Bescheid vom 17.03.2004 (nicht in der Akte der Beklagten enthalten) lehnte die Beklagte eine weitere Beitragserstattung ab. Dagegen legte der Sohn des Klägers mit Schreiben vom 29.05.2004 Widerspruch ein. Das Schreiben vom 17.03.2004 sei für ihn absolut unbefriedigend. Es könne sein, dass die Auszahlung des genannten Betrages am 02.01.1981 über die türkische Bank veranlasst worden sei; aber der Betrag sei bei seinem Vater nicht angekommen. Die Beklagte müsse sicherstellen, dass ihre Zahlungen auch beim Empfänger ankommen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 13.07.2004 zurück. Sie führte im Wesentlichen aus, dass die vom Kläger zur deutschen Rentenversicherung geleisteten Beiträge auf seinen Antrag hin in korrekter Anwendung des damals geltenden § 1303 RVO erstattet worden seien. Mit Bescheiden vom 08.12.1980 und vom 09.10.1984 seien Erstattungsbeträge in Höhe von 13.994,20 DM und von 12.077,75 DM festgestellt und zur Zahlung freigegeben worden. Die Zahlung des Betrages von 13.994,20 DM sei mittels Zahlungsauftrag an die für den Kläger zuständige türkische Bank erfolgt. Nachdem der Zahlbetrag nicht mehr an die Beklagte zurückgeflossen sei, müsse der Kläger die Erstattungssumme erhalten haben. Der Zahlbetrag von 12.077,75 DM sei dem Antrag entsprechend auf das Konto des Klägers bei der Sparkasse S. überwiesen worden.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 23.07.2004 Klage beim Sozialgericht Bayreuth erhoben. Mit Schreiben vom 09.03.2005 teilte der Bevollmächtigte des Klägers mit, dass sich der Kläger in der Türkei aufhalte und deshalb von seinem Sohn vertreten werde, der in S. lebe. Der Kläger habe von der Beklagten lediglich einen Betrag von 12.077,75 DM erstattet bekommen. Der weitere Erstattungsbetrag lt. Bescheid vom 08.12.1980 sei dem Kläger nicht zugeflossen. Es möge sein, dass die Beklagte im Januar 1981 tatsächlich den genannten Betrag an die türkische Zentralbank zur Überweisung gebracht habe. Hiervon habe der Kläger keine Kenntnis. Auch seien von der türkischen Zentralbank keine Zahlungen an den Kläger vorgenommen worden. Sollte der Betrag tatsächlich bei der Bank eingegangen sein, vermute der Kläger, dass dieser Betrag nach Ablauf einer gewissen Frist an die Beklagte zurückgezahlt worden sei. Die türkische Zentralbank habe dem Kläger mitgeteilt, dass keinerlei Unterlagen über die fragliche Zeit mehr vorhanden seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.06.2005 hat das Sozialgericht die Klage - gerichtet auf Auszahlung eines Erstattungsbetrages von 13.994,20 DM - abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, weil wegen der bereits durchgeführten Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen seien (§ 1303 Abs 7 RVO). Das Gericht sei davon überzeugt, dass die für den Kläger in der Zeit vom 01.06.1971 bis 24.11.1977 entrichteten Beiträge (Hälfteanteil) in Höhe von 13.994,20 DM mit Bescheid vom 08.12.1980 bereits erstattet worden seien. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises sei nachgewiesen, dass die fragliche Beitragserstattung entsprechend dem Bescheid vom 08.12.1980 durchgeführt worden sei. Die Beklagte habe für die Erstattung einen Zahlungsauftrag an die Post übermittelt und habe dies aktenkundig gemacht (Hinweise auf Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen und des Bayer. Landessozialgerichts). Zudem sei nachgewiesen, dass der Kläger den Bescheid über die Erstattung am 03.02.1981 erhalten habe. Es würde jeder Lebenserfahrung widersprechen, wenn der Kläger trotz beantragter Erstattung und gewährendem Bescheid bis zum Jahre 2004 - in etwa 23 Jahre - auf die Auszahlung des Beitragserstattungsbetrages gewartet hätte, ohne bei der Beklagten in irgendeiner Form zu protestieren oder nachzufragen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die am 22.06.2005 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Dieser verlangt weiterhin, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 13.994,20 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Eine weitere Berufungsbegründung wurde nicht abgegeben.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 08.06.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 17.03.2004 idF des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 13.994,20 DM zuzüglich Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakte des SG Bayreuth vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Durchführung einer (weiteren) Beitragserstattung hat. Mit dem SG ist auch der Senat der Überzeugung, dass die Beitragserstattung für den Kläger bereits durchgeführt wurde entsprechend dem Bescheid vom 08.12.1980 und dass der Kläger auch die Erstattungssumme erhalten hat. Das SG hat zu Recht herausgestellt, dass sich in der Akte der Beklagten der Bescheid vom 08.12.1980 befindet, auf dem auch der Freigabevermerk für den Zahlungsauftrag enthalten ist. Auch in dem elektronisch geführten Versicherungskonto der Beklagten ist die Erstattung vermerkt. Ein Rücklauf irgendeines Betrages an die Beklagte aus dieser Erstattung ist dagegen aus der Akte nicht ersichtlich.

Der Senat stimmt mit dem SG darin überein, dass der Beweis des ersten Anscheins auch für die Wirksamkeit von Beitragserstattung nach dem Rentenversicherungsrecht gilt, wenn ein typischer Geschehensablauf vorliegt. Dies ist nach der Überzeugung des Senats vorliegend der Fall, da dem Kläger im Bescheid der Beklagten vom 08.12.1980 mitgeteilt worden ist, dass der Erstattungsbetrag durch die Deutsche Bundespost ausgezahlt wird. Es ist mit keiner Lebenserfahrung in Einklang zu bringen, dass ein Berechtigter mehr als 23 Jahre lang, die ihm zustehenden Ansprüche aus der deutschen Rentenversicherung nicht geltend gemacht hätte, obwohl ihm ein leistungsgewährender Bescheid tatsächlich zugegangen ist. Diese Auffassung wird auch in der im angefochtenen Gerichtsbescheid zitierten Rechtsprechung (Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.02.1997, Az: L 4 J 16/95, und Urteil des BayLSG vom 14.05.2002, Az: L 19 RJ 3/02) und im weiteren Urteil des BayLSG vom 08.12.2004, Az: L 19 RJ 203/03, bestätigt. Im Übrigen weist der Senat die Berufung des Klägers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs 2 SGG.

Da die Berufung des Klägers zurückzuweisen war, sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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