L 8 AL 220/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 36 AL 1527/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 220/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. April 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Arbeitslosengeld (Alg).

Der 1944 geborene Kläger beantragte zum 01.07.2003 Alg. Dazu legte er eine Vereinbarung vom 13.06.2003 über das Ausscheiden als Vorstandsmitglied der A. Software AG (vertreten durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats) vor. Als Vorbeschäftigung gab der Kläger die Tätigkeit als Vorstand vom April 2001 bis Juni 2003 sowie als Geschäftsführer bei der D. Konsumgüterindustrie Consulting GmbH vom Februar 1994 bis März 2001 an.

Mit Bescheid vom 06.08.2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Alg vom 01.07.2003 ab, weil dieser die Anwartschaftszeit für den Bezug von Alg nicht erfüllt habe, da er nicht innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 01.07.2003 mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden sei.

Den Widerspruch des Klägers mit der Begründung, dass er im Zeitraum von April 2001 bis Juni 2003 als Vorstand der A. Software AG in selbständiger, die Rahmenfrist erweiternder Tätigkeit gestanden sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2003 zurück. Der Kläger sei als Mitglied des Vorstands nicht versichert gewesen. Diese Tätigkeit verlängere aber auch die Rahmenfrist nicht, weil es sich nicht um eine selbständige Tätigkeit im Sinne von § 124 Abs. 3 Ziff. 3 SGB III gehandelt habe. Sie führte aus, dass zwar die Versicherungspflicht von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften wegen fehlender Arbeitnehmereigenschaft nicht gegeben sei, es sich bei der Tätigkeit als Vorstandsmitglied aber auch nicht um eine selbständige Tätigkeit handle, da der Kläger seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied weder auf eigene Rechnung noch mit eigenem wirtschaftlichem Risiko ausgeübt habe.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Zur Begründung einer selbständigen Tätigkeit bei der A. AG hat er ausgeführt, dass er ein wirtschaftliches Risiko insoweit getragen habe, als er zum einen selbst Aktionär mit einem Anteil von ca. 7 % gewesen sei, ferner seine Vergütungsansprüche aus dem Anstellungsvertrag stark gewinnabhängig gewesen seien. Als Vorstand sei er auch nicht in den Betriebsablauf des Unternehmens eingeordnet und weder in Bezug auf Ort und Zeit, noch in Bezug auf die Art der Tätigkeit an Weisungen gebunden gewesen. Zum Beweis hat der Kläger einen Kaufvertrag vom 13.03.2001 einer N. Aktiengesellschaft vorgelegt, wonach er als einer von 4 Gesellschaftern (allerdings mit dem geringsten Anteil von 7,90 % des Grundkapitals) fungierte. Weiter hat er beigebracht einen Anstellungsvertrag vom 19.03.2001 mit der A. Software AG. Daraus geht hervor, dass er mit Beschluss vom selben Tage zum ordentlichen Mitglied des Vorstandes für die Dauer von drei Jahren bestellt worden sei. Gleichzeitig sei er mit einem jährlichen Grundgehalt von 200.000,00 DM angestellt worden.

Durch Urteil vom 04.04.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Alg. Nach § 117 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in der Fassung vom 24.03.1997 (BGBl. I S. 594) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die u.a. die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Anwartschaftszeit habe erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden sei (§ 123 SGB III). Die Rahmenfrist betrage drei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (§ 124 Abs. 1 SGB III). Als Vorstandsmitglied der Fa. A. Software AG sei der Kläger in der Zeit vom 19.03.2001 bis 30.06.2003 nach § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III versicherungsfreier Beschäftigter gewesen. Zwar würden nach § 124 Abs. 3 Nr. 3 SGB III in die Rahmenfrist Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit nicht eingerechnet. Aus der Tatsache einer versicherungsfreien Vorstandstätigkeit folge jedoch nicht zwangsläufig, dass der Kläger in dieser Zeit eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Vielmehr liege eine selbständige Tätigkeit nur vor, wenn ein Weisungsrecht nicht vorhanden sei und der Kläger seine Tätigkeit wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen hätte können. Die selbständige Tätigkeit werde zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko sowie die eigene wirtschaftliche Verantwortung und Verfügungsgewalt über die Betriebseinrichtung gekennzeichnet. Der Anstellungsvertrag des Klägers als Vorstandsmitglied vom 19.03.2001 enthalte typische Merkmale einer nicht selbständigen Tätigkeit, wie die Verpflichtung zur Vorlage eines ärztlichen Attestes bei einer Krankheitsdauer von mehr als drei Tagen, einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen, der entsprechend dem Bundesurlaubsgesetz bis zum 31. März des Folgejahres übertragen werden könne sowie Bestimmungen über die ordentliche Kündigung der Vertragsparteien mit einer entsprechenden Kündigungsfrist. Auch die zusätzlich zum festen jährlichen Bruttogehalt von 200.000,00 DM vereinbarte erfolgsbezogene variable Vergütung (Bonus) entspriche den Gehaltsvereinbarungen abhängig beschäftigter Arbeitnehmer. Dass der Kläger über 7 % des Aktienkapitals verfügt habe, bedeute lediglich die Übernahme eines Risikos, das jeder Aktionär trage, führe aber nicht dazu, dass er als selbständiger Unternehmer zu betrachten wäre. Aus dem Gesamtbild der im Anstellungsvertrag vom 19.03.2001 geregelten beiderseitigen Verpflichtungen folge auch nicht, dass der Kläger über seine Arbeitskraft weisungsfrei hätte verfügen können.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgerichts (LSG) eingelegt und im Wesentlichen seine bisherige Begründung wiederholt. Insbesondere bezieht er sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 19.12.1999, Az.: B 2 U 38/98 R. Auf Aufforderung hat der Kläger weitere Urkunden vorgelegt:

- den Gesellschaftsvertrag vom 06.12.1993 der D. Konsumgü ter-Industrie Consulting GmbH, wonach der Kläger eine Stamm einlage von 30.000,00 DM bei einem Stammkapital von 100.000,00 DM hält und zum Geschäftsführer bestellt wird, - den Gesellschaftsvertrag oben genannter Firma zur Beteiligung einer weiteren GmbH vom 18.12.1995, - einen weiteren Gesellschaftsvertrag vom 30.121999 mit Betei ligung einer stillen Gesellschafterin mit 580.000,00 DM, - einen Anstellungsvertrag vom 06.12.1993 der D. Konsumgü ter-Industrie Consulting Gmbh und dem Kläger, - den Gesellschaftsvertrag der A. AG vom 19.03.2001.

Der Bevolllmächtigte des Klägers beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 04.04.2006 sowie des Bescheides vom 06.08.2003 in Form des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2003 zu verurteilen, dem Kläger Alg nach den gesetzlichen Vorschriften ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Gegenstand der Klage ist eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, dessen Erfüllung der Beklagten verweigert worden ist. Richtige Klageart ist damit die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG).

Ein Anspruch auf Alg bei einem Versicherungsfall vom Juli 2003 richtet sich noch nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsreformgesetzes 1997 (Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - Artikel 1 des Gesetzes vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594, 595), nicht nach dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt.

Gemäß § 117 SGB III haben danach Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Letzteres ist beim Kläger nicht der Fall.

Die Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III) hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist u. a. (Nr. 1.) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (im folgenden unter Nr. 1. behandelt). Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (vgl. § 124 Abs. 1 SGB III). Sie kann verlängert werden (im folgenden unter Nr. 2. behandelt). Gemäß § 124 Abs. 3 SGB III in der Fassung des AFRG - in Kraft bis zum 01.01.2004, als der hier umstrittene Verlängerungstatbestand durch das 3. G für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. 12. 2003 (BGBl. I S. 2848) abgeschafft worden ist - werden in die Rahmenfrist u.a. nicht eingerechnet Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit (vgl. § 124 Abs. 3 Nr. 3 SGB III). Sie endet im Falle der Nrn. 3 bis 5 spätestens nach fünf Jahren seit ihrem Beginn.

1.

Der Kläger war in den letzten drei Jahren vor dem Juli 2003 als Vorstand einer AG nicht versicherungspflichtig. In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (vgl. § 24 SGB III). Ob dies beim Kläger dem Grunde nach der Fall ist, kann hier (vgl. aber die folgenden Ausführungen bei der Abgrenzung zur Selbständigkeit) dahingestellt bleiben. Denn gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III (ebenfalls in der Fassung des AFRG) sind Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, versicherungsfrei. Damit hat der Kläger ab April 2001 keine Anwartschaft für seinen Anspruch erworben.

2.

Auch in der Zeit vom Februar 1998 bis März 2001 ist kein Anwartschaftserwerb erfolgt.

Zwar könnte sich eine Anwartschaft des Klägers ergeben, wenn er in seiner Tätigkeit als Vorstand einer AG selbständig tätig gewesen wäre (Erweiterung der Rahmenfrist im oben genannten Sinne - im folgenden unter 2.1) und wenn er in seine Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hätte (im folgenden unter 2.2). Der Kläger war aber nicht im oben genannten Sinne selbständig tätig.

2.1

2.1.1. Das allgemeine Sozialrecht (vgl. Sozialgesetzbücher I, IV und X) definiert die Selbständigkeit nicht. Dieser Status spielt auch in seiner allgemeinen Form im Sozialrecht kaum eine Rolle. Erst durch § 7 Abs. 4 SGB IV I.d.F. d. Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl. I 4621) ist mit Wirkung vom 01.01.2003 bestimmt worden, dass für Personen, die für eine selbständige Tätigkeit einen Zuschuss nach § 4211 des SGB III beantragen, widerlegbar vermutet wird, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind. Für die Dauer des Bezugs dieses Zuschusses gelten diese Personen als selbständig Tätige. Einen derartigen Zuschuss erhielt der Kläger aber weder vor dem 01.01.2005 noch danach.

Beitragsrechtlich geht es in der Sozialversicherung um die Einbeziehung in Systeme. Dies erfolgt zum einen abstrakt über den Begriff des Beschäftigten und zum anderen durch enumerative Aufzählung darüber hinausgehender Personenkreise (vgl. § 2 SGB IV bzw. die Vorschriften über den versicherten Personenkreis in den einzelnen Versicherungszweigen).

So werden im Recht der Arbeitslosenversicherung (SGB III) die möglichen vier Stadien der Einbeziehung unter dem Kapitel Versicherungspflicht (zweites Kapitel) geregelt. So die Versicherungspflicht im engeren Sinne: § 25 Beschäftigte, § 26 Sonstige Versicherungspflichtige. Daneben existiert seit 01.01.2006 die Einbeziehung durch Berechtigung/freiwillige Weiterversicherung: § 28a Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag. In einem weiteren Schritt bestimmt der Gesetzgeber Negativfälle (kraft Gesetzes nicht in das System einbezogene Personenkreise): § 27 Versicherungsfreie Beschäftigte, § 28 Sonstige versicherungsfreie Personen. Selbständige waren - außer in der ab 01.01.2006 neu eingeführten Vorschrift des § 28a Nr. 2. ("eine selbständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben") nicht Gegenstand der Arbeitslosenversicherung.

Leistungsrechtlich findet sich der Begriff der Selbständigkeit im Recht der Arbeitslosenversicherung erst seit einer möglichen Förderung durch das AFRG (vgl. § 57 SGB III - Übergangsgeld bzw. ab Juli 2006 Gründungszuschuss sowie bis Juli 2006 § 4211 - Existenzgründungszuschuss). Schon früher aber, nach § 545 Satz 1 Nr. 2 RVO (durch Artikel 8 Nr. 2 RÜG vom 25.07.1991 erstmals eingefügt) bzw. ab 01.01.1997 nach § 6 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VII können (beitragsrechtlich) in der gesetzlichen Unfallversicherung Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie ein Unternehmer selbständig tätig sind, der Unfallversicherung freiwillig beitreten, soweit sie nicht schon kraft Gesetzes oder Satzung versichert sind.

Diese Annahme des Gesetzgebers in der Unfallversicherung, dass es Personen gibt, die weder selbständig tätig noch beschäftigt sind, lässt sich unter dem Gesichtspunkt der Einheit der gesamten Ordnung des Sozialrechts auch auf die Lösung des vorliegenden Problems übertragen. Allein aus der Feststellung, dass bestimmte in Handelsgesellschaften tätige Personen nicht als bzw. wie Beschäftigte in das System integriert sind, führt nicht automatisch zu der Annahme, dass es sich dabei um Selbständige handelt. Aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift (BT-Drucksache 12/405 S. 150) geht deutlich hervor, dass diese Personen nach der Rechtsprechung des BSG weder als Unternehmer noch als Beschäftigte anzusehen sind. Deshalb, weil damit bislang häufig keine Möglichkeit bestanden hat, in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung aufgenommen zu werden, hat der Gesetzgeber die angeführte Beitrittsregelung geschaffen.

2.1.2. Unter Beachtung der oben (2.1.1.) aufgeführten Aspekte kann die vom Kläger angeführte Entscheidung des BSG (Urteil vom 14.12.1999, Az.: B 2 U 38/98 R) nicht als Beleg seiner Rechtsansicht dienen.

Das BSG definiert in der genannten Entscheidung mit keinem Wort Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften als Selbständige. Das im genannten Urteil zu lösende Problem bestand darin festzustellen, ob Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften als pflichtversicherte Beschäftigte in der gesetzlichen Unfallversicherung anzusehen und deswegen zu Recht Beiträge vom Unternehmer abzuführen waren. Allein dieses hat das BSG verneint. So führt es u. a. aus, das Vorstandsmitglieder einer AG bei Tätigkeiten für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, in der Regel keine Beschäftigten i.S. des § 7 Abs. 1 SGB IV sind (Anmerkung 14 in Juris). Weiter führt das BSG beispielsweise aus, dass nicht angenommen werden kann, dass das Gesetz die Vorstandsmitglieder einer "kleinen" AG eher für "wie Unternehmer selbständig tätig" hält als die Vorstandsmitglieder einer "großen" AG. § 545 Satz 1 Nr. 2 RVO sei daher nur so auszulegen, dass Vorstandsmitglieder einer AG sich stets dann freiwillig versichern könnten, wenn sie nicht nach Gesetzesvorschriften außerhalb der Regelung des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO (z.B. nach § 539 Abs. 1 Nr. 5 Fall 2 RVO) oder nach der Satzung des Unfallversicherungsträgers versichert sind (a.a.O. Anmerkung 28).

2.1.3. Das LSG Berlin (Urteil vom 05.11.2004 Az.: L 4 AL 34/03) hat insoweit die Tragweite der o.g. Entscheidung des BSG verkannt und im Übrigen auch nicht richtig interpretiert. Es trifft nicht zu, wenn es anführt, dass es gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung entspreche, dass eine Tätigkeit als Vorstand einer Aktiengesellschaft in der Regel als "selbständig" im Sinne des Sozialversicherungsrechts anzusehen sei und sich dazu auf das Urteil des BSG vom 14.12.1999, Az.: B 2 U 38/98 R beruft. Seine Argumentation greift zu kurz, wenn es annimmt, das "Selbständige Tätigkeit" zu unterscheiden sei von "Beschäftigung" bzw. "nichtselbständiger Arbeit" und daraus die Schlussfolgerung zieht, dass beim Nichtvorliegen von Beschäftigung automatisch eine selbständige Tätigkeit vorliege.

2.1.4. Letztlich stand das BSG in seiner Entscheidung vom 04.12.1999 vor dem vom LSG Berlin nicht erkannten Problem, dass in einer soziologischen Betrachtungsweise die Organmitglieder juristischer Personen die oberste Stufe der leitenden Angestellten bilden und daher zwar den eigentlichen Unternehmern näher stehen als den Arbeitnehmern, weil sie im Außenverhältnis in Gegenposition zu übrigen Arbeitnehmerschaft stehen. Im Innenverhältnis befinden sie sich aber häufig in abhängiger Position (vgl. dazu Schaub Handbuch des Arbeitsrechts, § 14 Leitende Angestellte, S. 101 bzw. Anmerkung 5). Arbeitsrechtlich gelten diese Organmitglieder dem Grunde nach nicht als Arbeitnehmer, nur durch eine Fiktion des Gesetzgebers werden sie so gestellt (vgl. §§ 5 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz, 14 Kündigungsschutzgesetz, 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz etc.).

Diese Divergenz hat ihren Ursprung darin, dass Arbeitsverhältnis und Beschäftigungsverhältnis dem Kern nach synonym entwickelt worden sind und immer dann Probleme auftreten, wenn kein klassisches Arbeitsverhältnis mehr vorliegt und eine eigenständige Lösung für das Sozialversicherungsrecht gefunden werden muss. Während im Zivilrecht Rechtstypen wie der Dienstvertrag oder die gesellschaftsrechtliche Organstellung vorhanden sind, fehlt es zunächst an Antworten zur sozialen Schutzbedürftigkeit dieser Personenkreise durch den Gesetzgeber, der im öffentlichen Recht allein dazu berufen ist.

Während früher im Recht der Krankenversicherung noch rechtsdogmatisch die Rechtsfigur des Beschäftigungsverhältnisses weiter entwickelt worden ist (vgl. das Argumentationsmuster der Dienste höherer Art und der dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess), hat der Gesetzgeber nach Entfall der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Angestelltenversicherung (1965) Fiktionslösungen, ähnlich wie im Arbeitsrecht, vorgenommen. Für die Renten- und für die Arbeitslosenversicherung geht er nunmehr davon aus, dass Vorstandsmitglieder grundsätzlich als Beschäftigte versicherungspflichtig seien und macht die ausnahmsweise Versicherungsfreiheit nach § 1 Satz 4 SGB VI (unter der Überschrift Beschäftigte ist bestimmt: § 1 Satz 4 SGB VI Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind nicht versicherungspflichtig) und § 27 Abs 1 Nr. 5 SGB III (Überschrift: versicherungsfreie Beschäftigte) nur von der Rechtsform der Gesellschaft abhängig. In § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III regelt er als einen Tatbestand der Versicherungsfreiheit lediglich Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören. Insoweit hat er eine Wertung vorgenommen, als er die soziale Schutzbedürfnis dieser Personen nicht für gegeben ansieht. Lediglich in der gesetzlichen Unfallversicherung fehlt eine entsprechende Regelung, weswegen es der oben genannten Grundsatzentscheidung des BSG bedurfte.

2.1.5. Damit hat der Gesetzgeber diesem Personenkreis aber nicht den Status von selbständig Tätigen verliehen. Dazu hat er auch aus beitragsrechtlicher Sicht keinerlei Veranlassung. Er hat aber durch die Zuordnung der Regelung über die Versicherungsfreiheit zum jeweiligen Personenkreis der in die Versicherung einbezogenen (in der gesetzlichen Rentenversicherung bei den "Beschäftigten"; in der Arbeitslosenversicherung mit der Überschrift "versicherungsfreie Beschäftigte" sowie der Beschreibung des Tatbestandsmerkmales "versicherungsfrei sind Personen in einer Beschäftigung als" in § 27 Abs. 1 erster Halbsatz SGB III bzw. mit Wirkung vom 01.01.1993 in § 168 Abs. 6 AFG) zum Ausdruck gebracht, wozu er dem Grunde nach die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft zählt. Das bringt auch die Entscheidung des BSG zum Josephsverein, einem eingetragenen Verein (Urteil vom 19.06.2001, Az.: B 12 KR 44/00 R), deutlich zum Ausdruck, worin ausgeführt ist, dass das Gesetz für die Renten- und für die Arbeitslosenversicherung davon ausgeht, dass Vorstandsmitglieder grundsätzlich als Beschäftigte versicherungspflichtig seien. Diese Ansicht wird auch von der Literatur geteilt (vgl. insoweit Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, Rdnrn. 50 und 49 mit Wiedergabe der zustimmenden Ansicht auch des 4. Senats, Urteil vom 31.05.1989). Damals entschied das Bundessozialgericht folgendes: Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft stehen zwar in "Beschäftigung" i.S. von § 7 Abs 1 SGB 4, gehören aber wegen § 3 Abs. 1a i.V.m. § 2 Abs. 1a AVG nicht zum unmittelbar kraft gesetzlichen Zwanges rentenversicherungspflichtigen Personenkreises (Fortführung von BSG vom 22.11.1973 - 12/3 RK 20/71 = BSGE 36, 258 = SozR Nr. 24 zu AVG § 3 und vom 04.09.1979 - 7 RAr 57/78 = BSGE 49, 22 = SozR 4100 § 168 Nr. 10)". Es hat seine Ansicht damit begründet, dass die Herausnahme von Vorstandsmitgliedern aus dem Kreis der Versicherungspflichtigen im Hinblick auf ihre wirtschaftliche und soziale Stellung erst recht indiziert sei, wenn ihre wirtschaftliche Lage durch Arbeitsentgelte aus daneben ausgeübten Beschäftigungen weiter verbessert werde. Dies wird dann auch in der jüngsten Entscheidung zu diesem Themenkreis durch den 12. Senat des Bundessozialgerichts (09.08.2006, Az.: B 12 KR 3/06 R) deutlich. Schließlich zeigt sich die fehlende Absicht des Gesetzgebers, durch die Versicherungsfreiheit weitere qualitative Aussagen zu treffen auch daran, dass er und die Rechtsprechung weitere eindeutig abhängige Beschäftigungen - weitere Tätigkeiten von Mitgliedern von Vorständen - ebenfalls der Versicherungsfreiheit unterstellt hat (vgl. daher die notwendig gewordene Gesetzesänderung mit Wirkung vom 01.01.2004, wonach § 1 Satz 4 SGB VI durch Art 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB VI ÄndG) vom 27.12.2003 neu gefasst worden ist. Danach sind Vorstandsmitglieder einer AG in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt).

2.1.6. Bis hierher ist demnach festzustellen, dass Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft im beitragsrechtlichen Sinne zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung in keinem Versicherungspflichtverhältnis stehen. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall ein Vorstandsmitglied tatsächlich durch seine Organstellung derart stark geprägt ist, dass keine der Beschäftigung ähnliche Abhängigkeit zur Gesellschaft mehr vorliegt. Erschöpft sich die Tätigkeit des Vorstandes in seiner Organstellung und damit in der Mitwirkung bei der Willensbildung des Vorstandes sowie der gesetzlichen Außenvertretung und ist die Erledigung der laufenden Geschäfte leitenden Angestellten übertragen, ist die Versicherungspflicht regelmäßig zu verneinen (vgl. Schlegel a.a.O. Rdnr. 86). Ist aber dem Vorstand die Erledigung der laufenden Geschäfte, insbesondere die kaufmännische oder technische Leitung der juristischen Person übertragen, liegt neben der gesellschaftsrechtlichen Bestellung regelmäßig ein Dienstvertrag zwischen dem Vorstand/Geschäftsführer und der juristischen Person vor (Schlegel a.a.O. Rdnr. 87). Vergleichbare Abgrenzungen (allerdings mit einem eine Beschäftigung bejahenden Ergebnis) hat die Rechtsprechung bei anderen juristischen Personen als Aktiengesellschaften bereits häufig vorgenommen. So waren angestellte Vorstandsmitglieder einer öffentlichen Sparkasse in Schleswig-Holstein in der Rentenversicherung nicht nach § 3 Abs. 1a AVG versicherungsfrei und im Arbeitsförderungsrecht jedenfalls bis zum 31.12.1988 nicht beitragsfrei (Urteil des BSG vom 03.02.1994, Az.: 12 RK 84/92). Mitglieder von Vorständen einer eingetragenen Genossenschaft, die Einfluss auf deren Willensbildung nehmen können und dadurch von Weisungen weitgehend frei sind, waren abhängig Beschäftigte (Urteil des BSG vom 02.03.1973, Az.: 12/3 RK 80/71, BSG vom 22.08.1973, Az.: 12 RK 27/72, Urteil des BSG vom 04.09.1979, Az.: 7 RAr 57/78 und Urteil des BSG vom 31.05.1989, Az.: 4 RA 22/88). Der Vorstandsvorsitzende - Verbandsvorsteher - eines Wasser- und Bodenverbandes war versicherungspflichtig in der Kranken- und Rentenversicherung (Urteil des BSG vom 30.11.1978, Az.: 12 RK 33/76).

2.1.7. Mangels einer Definition der Selbständigkeit im SGB III sind die allgemeinen, vor die Klammer gezogenen Regelungen des Gesetzgebers (allgemeiner Teil für alle Zweige der Sozialversicherung, vgl. § 1 SGB IV) heranzuziehen. Danach bestimmt § 7 SGB IV in der im Jahre 2003 geltenden Fassung des Korrektur- und Selbständigkeitsförderungsgesetzes vom 20.12.1999, dass Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, ist. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (der letzte Satz wurde damals neu eingefügt). Damit verknüpft der Gesetzgeber das Beschäftigungsverhältnis mit dem Arbeitsverhältnis in einer losen Weise ("insbesondere") und lässt weiterhin offen, wie mit Rechtsbeziehungen außerhalb des Arbeitsverhältnisses zu verfahren ist. Er nennt aber Kriterien, bei deren Vorliegen eine abhängige Beziehung anzunehmen ist.

Mit dieser Regelung bedient sich der Gesetzgeber bewusst der Typenbildung. Bei der Auslegung und Anwendung einer Bestimmung wie derjenigen des § 7 SGB IV ist angesichts der Vielzahl denkbarer Fallkonstellationen keine eindeutige Vorhersehbarkeit des Ergebnisses gegeben. Das Gesetz bedient sich bei den Tatbeständen der Versicherungs- und Beitragspflicht nicht des tatbestandlich scharf kontrollierten Begriffs, der auf eine einfache Subsumtion hoffen ließe, sondern der Rechtsfigur des Typus; die versicherten Personen werden nicht im Detail definiert, sondern ausgehend vom Normalfall in der Form eines Typus beschrieben. Den jeweiligen Typus und dessen Kenntnis setzt das Gesetz stillschweigend voraus; es übernimmt ihn so, wie ihn der Gesetzgeber in der sozialen Wirklichkeit idealtypisch, d.h. im Normal- oder Durchschnittsfall vorfindet. Probleme bereiten insoweit allerdings nicht die eindeutigen Fallkonstellationen, sondern die Rand- und Übergangsbereiche, z.B. die zahlreichen Zwischenstufen zwischen versicherten Arbeitnehmern und sogenannten nicht versicherungspflichtigen freien Arbeitnehmern oder zwischen versicherten Tätigkeiten aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses und Tätigkeiten, die auf sonstigen, in der Regel "unversicherten Rechtsgründen" beruhen, z.B. auf gesellschaftsrechtlicher und vereinsrechtlicher Mitgliedschaft oder auf familiärer Beziehung. Es ist nicht erforderlich, dass stets sämtliche als idealtypisch erkannten, d.h. den Typus kennzeichnenden Merkmale (Indizien) vorliegen. Diese können vielmehr in unterschiedlichem Maße und verschiedener Intensität gegeben sein; je für sich genommen haben sie nur die Bedeutung von Anzeichen oder Indizien. Entscheidend ist jeweils ihre Verbindung, die Intensität und die Häufigkeit ihres Auftretens im konkreten Einzelfall. Maßgeblich ist das Gesamtbild (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 20.05.1996).

Der Begriff des Typus, von dem oben einige Merkmale (persönliche Freiheit und Unternehmerrisiko) beschrieben worden sind, erfordert die Formulierung weiterer Obersätze, Bildung von Fallgruppen sowie deren transparente Anwendung. Nur dann ist dem Bestimmtheitsgebot (seitens des Gesetzgebers) und der Rechtssicherheit genüge getan (Schlegel, Anmerkung 51 zu § 25, a.a.O.).

Je nach Fallgruppe treten dann die Kriterien der Weisungsgebundenheit oder der Eingliederung stärker in den Vordergrund. Bei Diensten höherer Art, wie hier, hat die Rechtsprechung früher schon den Begriff der dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess entwickelt, der weitgehend auf eine konkrete Weisungslage verzichtet (Verfeinerung der Weisung, lange Leine, Chefarztentscheidung, Forschungsleiter, Chefdevisenhändler etc.). Die Rechtsprechung hat unter Bezugnahme auf das Argumentationsmuster "Dienste höherer Art "und" Eingliederung in einen fremden Betrieb" abhängige Beschäftigung vor allem bei Organen juristischer Personen oder Verbände angenommen oder zumindest in Erwägung gezogen (siehe oben 2.1.6.: Urteil des BSG vom 03.02.1994, Az.: 12 RK 84/92, vom 02.03.1973, Az.: 12/3 RK 80/71, vom 22.8.1973, Az.: 12 RK 27/72, vom 04.09.1979, Az.: 7 RAr 57/78, vom 31.05.1989, Az.: 4 RA 22/88 und vom 30.11.1978, Az.:12 RK 33/76). Die abhängige Beschäftigung manifestiert sich dann in der Eingliederung des Versicherten in den Betrieb. Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im oben genannten Sinne liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und die Mittel zu seiner Bewältigung, also der betriebliche Rahmen vom Auftraggeber gestellt werden oder auf seine Rechnung organisiert werden kann. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Ge-schäfts- oder Betriebszweck vorgegeben werden und es den Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel sie zur Erreichung der Ziele einsetzen (vgl. Schlegel, Rdnr. 62 a.a.O). Letztlich kommt es darauf an, ob die betreffende Person nicht nur orga-nisatorisch auf der Arbeitgeber oder Unternehmerseite steht, sondern ob sie hierfür auch eigenes Kapital mit dem Risiko ihres Verlustes einsetzt, ob sie mithin selbst das Unternehmerrisiko zumindest mit trägt.

Im Vordergrund steht bei der Selbständigkeit die Selbstbestimmtheit der Arbeit. Der selbständig Tätige ist hinsichtlich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit, der Arbeitsfolge und der Art und Weise der Arbeitsausführung grundsätzlich persönlich unabhängig. Er ist damit in der Verfügung über die eigene Arbeitskraft frei, wie es im Handelsgesetzbuch für die selbständigen Handelsvertreter festgelegt ist. Der Selbständige arbeitet darüber hinaus für eigene Rechnung und trägt auch das wirtschaftliche Risiko der Verwertbarkeit seiner Arbeitsleistung. Ein wichtiges Indiz für die Selbständigkeit ist das Vorliegen eines wirtschaftlichen Risikos, das sogenannte Unternehmerrisiko. Wer eigenes Geld oder Arbeit einsetzt, ohne sicher zu sein, ob und wann er daraus Gewinn erwirtschaften kann oder Verlust machen wird, ist in der Regel frei in der Gestaltung seiner Tätigkeit. Kriterium hierfür ist auch die Vorhaltung eigene Betriebsmittel und die Beschäftigung und Bezahlung eigenen Personals.

2.1.8. Gemessen an diesen Maßstäben, die sich dann mit Ausnahme der vom Gesetzgeber im Aktiengesetz (AktG) geregelten Beziehung zum Aufsichtsrat auch nicht von den Abgrenzungskriterien bei sonstigen juristischen Gesellschaftsformen, wie z. B. bei einer GmbH unterscheiden, ist der Kläger als Mitglied des Vorstands der A. AG nicht selbständig tätig gewesen.

Dies ergibt eine Analyse der vorliegenden Vertragswerke. Ein relevantes Abweichen der tatsächlichen Verhältnisse hiervon ist nicht ersichtlich. Insoweit stellt der Senat fest, dass beim Kläger ein Anstellungsvertrag vorliegt. Weiter verhält es sich so, dass in diesem am 19.03.2001 geschlossenen Vertrag geregelt ist, dass der Kläger mit Beschluss vom selben Tage zum ordentlichen Mitglied des Vorstandes für die Dauer von drei Jahren bestellt worden ist. Dieser Vertrag ist bereits vom SG beigezogen worden. Der Senat macht sich insoweit die Feststellungen des SG ebenso wie dessen Beweiswürdigung zu Eigen und stimmt ihm in der Schlussfolgerung voll zu, dass der Kläger nicht selbständig tätig gewesen ist. Insbesondere teilt der Senat die Ansicht, dass dieser Anstellungsvertrag typische Merkmale einer nicht selbständigen Tätigkeit (in Fällen der Krankheit, bei der Urlaubsgewährung und Urlaubsübertragung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Unfallversicherung als Direktversicherung, Erstattung von Reisekosten gegen Beleg, der Vertragsbeendigung und der Verteilung von Festgehalt und erfolgsbezogener Vergütung) aufzeigt. Besonders beachtlich ist darüber hinaus noch die weitgehend einem gesetzlich Sozialversicherten gleichgestellte Vorsorge inklusiv der Hinterbliebenenversorgung. Die Aktiengesellschaft übernimmt die Hälfte der Versicherungsbeiträge der Krankenkasse sowie einer angemessenen Altersvorsorge höchstens mit einem Bruttobetrag unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze. Auch das Eigentum an Betriebsmitteln (Rückgabe von Betriebsunterlagen, Eigentum am Betriebsunterlagen) ist arbeitnehmertypisch geregelt. Nebenbeschäftigungen sind genehmigungspflichtig. Gleichzeitig ist geregelt, dass beabsichtigt ist weitere Vorstandsmitglieder zu ernennen. In diesem Fall werde der Aufsichtsrat in Abstimmung mit den betroffenen Vorstandsmitgliedern über den Verantwortungsbereich jedes Vorstandsmitgliedes entsprechend deren beruflichen Fähigkeiten entscheiden und die Aufgaben und Verantwortungsbereiche zweier oder mehrerer Vorstandsmitglieder durch eine Geschäftsordnung für den Vorstand voneinander abgrenzen.

Letztlich schuldet der Kläger seine gesamte Arbeitskraft der Aktiengesellschaft. Im Ergebnis bringt der Kläger das, was er bisher in abhängiger Beschäftigung bei der vorangegangenen GmbH getan hat, mit ein. Daher ist im Anstellungsvertrag unter Verschiedenes (Ziffern XIV) auch bestimmt, dass dieser Vertrag alle vorherigen Vereinbarungen, insbesondere den bisherigen Anstellungsvertrag mit der Gesellschaft vom 01.02.1994, ersetzt. Schließlich zeigt auch der Gründungsvertrag der A. , dass ein bestimmtes Geschäftsfeld der D. auf eine neue Gesellschaft überführt und in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betrieben werden soll (Präambel des Vertrags vom 19.03.2001, bezeichnet als Beteiligungsvertrag, vom Klägerbevollmächtigten als Gründungsvertrag dem Senat übersandt).

Demgegenüber erschließt sich die Gesellschafterstellung des Klägers durch den Kaufvertrag über 55.000,00 Euro vom 13.03.2001 mit der N. Aktiengesellschaft, wonach diesen als einer von 4 Gesellschaftern mit dem geringsten Anteil von 7,96 % des Grundkapitals fungiert und zum Kaufpreis eine Summe von 4.378,00 Euro beisteuert. Der Gesellschaftsvertrag der A. AG vom 19.03.2001 wiederholt die schwache Gesellschafterstellung des Klägers. Daraus geht auch hervor, dass der Kläger nicht als Alleinvorstand agiert. Zur Stimmrechtsausübung (§ 10 des Gründungsvertrages) ist ausgeführt, dass die Beschlüsse der Hauptversammlung zwar der Zustimmung von Inhabern von Vorzugsrechten bedürfen, jedoch einer Kategorie (A 1), zu der der Kläger nicht gehört. Er besaß 886 Vorzugsaktien der Kategorie A 3. Ihm sind auch sonst keinerlei Rechte im Sinne einer Sperrminorität eingeräumt gewesen. Auch das von den Inhabern von Vorzügen A 2 und A 3 in den Aufsichtsrat zu berufende Mitglied bedarf einer Mehrheit, die angesichts der allein von Dr. P. gehaltenen Vorzugsaktien A 3 im Umfang von 4301 Aktien vom Kläger nie bestimmt werden kann.

Damit definiert sich der Kläger nicht allein durch seine organschaftliche Stellung. Er hat vielmehr neben dem weiteren Vorstandsmitglied Dr. P. , der einen weitaus höheren Gesellschaftsanteil hält, einen festen Aufgabenbereich, den sonst ein leitender Angestellter wahrnehmen müsste. Er tat das, was er bereits zuvor in abhängiger Stellung bei der früheren DML GmbH getan hat. Er ist damit überwiegend dienend für die Aktiengesellschaft tätig gewesen. Seine organschaftliche Stellung ist nicht besonders ausgeprägt. So war er nicht Alleinvorstand, sondern einer von zwei gleichberechtigten Vorständen. Sein Gesellschaftsanteil war sehr bescheiden, nämlich der kleinste von allen Gesellschaftern. Dieser war bei einem Ausscheiden als Vorstand auch zurückzugeben (§ 7 des Gründungsvertrages). Dem Kläger war ein Aufsichtsrat vorgeordnet. Dieser hatte eine bestimmende Funktion (§ 11 Gründungsvertrag). Der Aufsichtsrat gab dem Vorstand eine Geschäftsordnung, wonach z. B. ungeprüfte Monatsberichte vorzulegen waren. Der Kläger hat also keinesfalls nur eine Vertretungs- und Repräsentationsfunktion. Er ersetzt vielmehr einen leitenden Mitarbeiter. Die Tatsache, dass der Tätige seine ganze Arbeitskraft nur einem Berechtigten schuldet, spricht für eine Beschäftigung. Für Selbständige ist typisch, dass sie mehrere Kunden, Mandanten oder Auftraggeber haben. Dies zeigt sich auch schon durch seine Übernahme mitsamt der frühen GmbH, bei der er Geschäftsführer war, und worauf er sich auch besonders insoweit beruft, als er dort in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben will. Ganz deutlich wird diese Stellung im Anstellungsvertrag zum Ausdruck gebracht, wenn der Kläger in der Beschreibung der Position in Abs. 3 verpflichtet wird, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt und Umsicht eines ordentlichen Geschäftsmanns in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Gesetzes, der Satzung, der Geschäftsordnung zu führen, welche der Aufsichtsrat jeweils für den Vorstand vergibt.

Schließlich setzt der Kläger in gewisser Weise auch seine vorangegangene Beschäftigung in der GmbH fort. Diese ist im Übrigen auch voll in der Aktiengesellschaft aufgegangen. Dies geht aus dem Beteiligungsvertrag vor, wonach das D. Konsumgüter-Industrie Consulting Geschäft in einer neuen Gesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betrieben werden soll. Zu diesem Zweck soll das bisherige Geschäftsvorhaben auf die neue Gesellschaft zum 01.01.2001 übertragen werden. An A. ist u. a. die D. Konsumgüter-Industrie Consulting beteiligt. Hinzu treten sollen weitere Mitarbeiter von D. Konsumgüter-Industrie Consulting, die im Zuge der Übertragung auf A. übergehen. Daran zeigt sich schon, dass die Kapitalstellung des Klägers sich mit fortschreitender Expansion des Geschäfts immer mehr minimiert hat.

Allein durch das AktG kann keinesfalls von vornherein jedes Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft zum Unternehmer erklärt werden. Auch der Vorstand einer Aktiengesellschaft wird in ähnlicher Weise wie ein Arbeitnehmer dem eigentlichen Unter-nehmer der juristischen Person von den Gründern bzw. später dem Aufsichtsrat bestellt (§ 30 Abs. 4 AktG). Er kann aus mehreren Personen bestehen. Ihm obliegt die Geschäftsführung. Er wird bestellt und abberufen (§ 84 AktG). Er wird nur auf Zeit berufen (höchstens fünf Jahre). Seine Bezüge unterliegen gewissen Grundsätzen (§ 87 AktG). Er ist dem Aufsichtsrat gegenüber berichtspflichtig. Nach § 30 AktG haben die Gründer den ersten Aufsichtsrat der Gesellschaft und den Abschlussprüfer für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr zu bestellen.

Das maßgebliche Organ, der eigentliche Kapitalgeber der Aktiengesellschaft, ist der Aufsichtsrat. Dessen Mitglieder sind sicher nicht Beschäftigte. Nur sie bringen wie typische Selbständige das Kapital selbst auf und bestimmt über dessen Einsatz völlig frei, wie es bei den Aktionären der Fall ist, die den Aufsichtsrat bestimmen.

Die Abhängigkeit eines Vorstands zeigt sich auch bei dessen Abberufung. Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden kann (§ 84 Abs. 1 AktG). Gemäß 84 Abs. 3 AktG kann der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Ge-schäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dies gilt auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. Der Widerruf ist wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften. Aus Letzterem ergibt sich auch, dass neben der organschaftlichen Stellung des Vorstands durchaus auch ein Anstellungsvertrag möglich ist.

Schließlich kommt einem Vorstandsmitglied nicht unmittelbar der wirtschaftliche Erfolg der Aktiengesellschaft zugute, ebensowenig haftet dieses, wenn es der Gesellschaft schlecht geht. Vielmehr ist das Einlagerisiko auf die Aktien beschränkt. Auf den Bilanzgewinn haben die Aktionäre Anspruch, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch Hauptversammlungsbeschluss nach Abs. 3 oder als zusätzlicher Aufwand auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen ist (§ 58 Abs. 4 AktG). Die Verwendung des Jahresüberschusses wird durch die Hauptversammlung bestimmt. Nach § 58 AktG kann die Satzung nur für den Fall, dass die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellt, bestimmen, dass Beträge aus dem Jahresüberschuss in andere Gewinnrücklagen einzustellen sind. Auf Grund einer solchen Satzungsbestimmung kann höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden. Selbst wenn Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluss feststellen (§ 58 Abs. 2 AktG), so können sie um einen Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte, in andere Gewinnrücklagen einstellen.

Auch die Vergütung des Vorstandes ist nicht ausschließlich am wirtschaftlichen Erfolg der Aktiengesellschaft orientiert. Zum einen wird sie durch den Aufsichtsrat festgesetzt, zum anderen ist sie adäquat zu den übertragenen Aufgaben zu bemessen. Gemäß § 87 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds (Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen. Dies gilt sinngemäß für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art. Im Umgang mit dem Betriebskapital ist der Vorstand ebenfalls begrenzt. Gemäß § 89 Abs. 1 AktG darf die Gesellschaft ihren Vorstandsmitgliedern Kredit nur auf Grund eines Beschlusses des Aufsichtsrats gewähren. Der Beschluss kann nur für bestimmte Kreditgeschäfte oder Arten von Kreditgeschäften und nicht für länger als drei Monate im voraus gefasst werden. Er hat die Verzinsung und Rückzahlung des Kredits zu regeln. Der Gewährung eines Kredits steht die Gestattung einer Entnahme gleich, die über die dem Vorstandsmitglied zustehenden Bezüge hinausgeht, namentlich auch die Gestattung der Entnahme von Vorschüssen auf Bezüge. Dies gilt nicht für Kredite, die ein Monatsgehalt nicht übersteigen.

Die eigentliche Funktion des Vorstandes besteht in typischen Dienstleistungen mit Tätigkeiten höherer Art, die nicht auf eigene Rechnung und eigenes Risiko erfolgen. Nach § 76 AktG hat der Vorstand unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten. Er kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als drei Millionen Euro hat er aus mindestens zwei Personen zu bestehen, es sei denn, die Satzung bestimmt, dass er aus einer Person besteht. Nach § 76 Abs. 1 AktG sind sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt. Die Satzung oder die Geschäftsordnung des Vorstands kann Abweichendes bestimmen; es kann jedoch nicht bestimmt werden, dass ein oder mehrere Vorstandsmitglieder Meinungsverschiedenheiten im Vorstand gegen die Mehrheit seiner Mitglieder entscheiden. Der Vorstand kann sich eine Geschäftsordnung geben, wenn nicht die Satzung den Erlass der Geschäftsordnung dem Aufsichtsrat übertragen hat oder der Aufsichtsrat eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlässt. Die Satzung kann Einzelfragen der Geschäftsordnung bindend regeln.

Auch in der Sache des Klägers zeigt sich diese konkrete Bindung an eine vom Aufsichtsrat vorgegebene Geschäftsordnung (siehe die oben im Anstellungsvertrag beschriebene Position in Abs. 3). Er hat keinen bestimmenden Einfluss auf die Aktiengesellschaft. Schließlich trug der Kläger auch kein maßgebliches Unternehmerrisiko, das als Gegenstück der unternehmerischen Betätigungsfreiheit im Unternehmerbegriff mit enthalten ist (vgl. § 84 HGB). Der risikobezogene Anteil seiner Vergütung liegt bei höchstens einem Viertel. Sein Aktienanteil ist gering gewesen. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit ist aber bei dieser Fallgruppe der Dienstleistungen höherer Art das eigene Unternehmerrisiko. Da kann zumindest festgestellt werden, dass der Kläger nicht wie ein Unternehmer gestellt war. Die Kapitalgeber der Aktiengesellschaft haben sich eigene Rechte und Richtlinien vorbehalten.

Im Hinblick auf den Tätigkeitsinhalt hat der Kläger damit bestimmte Freiheiten bei der Frage, wann, wo, wie und für wen er tätig werden wird. Dabei ist er aber schon auf seinen Geschäftsbereich beschränkt. Im Hinblick auf die äußere Gestaltung der Tätigkeit ist er nicht als selbständig anzusehen, weil er die Verpflichtungen der Tätigkeitsausübung in seinem Anstellungsvertrag in eigener Person zu erbringen hatte. Besonders aber im Hinblick auf seine wirtschaftliche Stellung ist seine Tätigkeit nicht als selbständig anzusehen. Der Kläger wurde lediglich zu einem geringeren Anteil seiner Gesamteinnahmen, und dies auch nicht unmittelbar, sondern durch Richtlinien gefasst, erfolgsbezogen entlohnt. Grund der Honorierung war die Ausübung der Tätigkeit und nicht der Erfolg der Gesellschaft.

2.1.9. Das gefundene Ergebnis wird schließlich durch eine systemimmanente Interpretation gestützt. Der Gesetzgeber hat zur sozialen Absicherung von Selbständigen in der Arbeitslosenversicherung nur im Wesentlichen den Fall der sogenannten Existenzgründer regeln wollen. Eine leistungsrechtliche Förderung Selbständiger war erstmals durch das AFRG (vgl. § 57 SGB III - Übergangsgeld bzw. ab Juli 2006 Gründungszuschuss sowie ab 2003 bis Juli 2006 § 4211 - Existenzgründungszuschuss) gegeben worden (vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Druchsache 13/4941, Satz 163, 13/5936, S. 27). Für diese Personenkreise war auch die Verlängerung der Rahmenfrist gedacht. Dadurch sollte die soziale Sicherung der Arbeitnehmer verbessert werden, die den Versuch unternehmen, sich eine eigene, selbständige Existenz aufzubauen (Bundestagsdrucksache 13/4941 Satz 177, vgl. auch Söhngen in Eicher, Rdnr. 49 zu § 124). Durch die neue Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung bestand dafür keine Notwendigkeit mehr (vgl. § 28a SGB III). Unter dieser Betrachtungsweise ist schon offensichtlich erkennbar, dass ein Vorstandsmitglied mit einem Jahresgehalt von über 200.000,00 DM nicht in derselben Weise vom Gesetzgeber begünstigt werden sollte, wie ein Existenzgründer, dessen Status sich gerade durch einen maximalen Umsatz von 25.000,00 Euro (vgl. 4211 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) definiert.

Weiter ist durch § 7 Abs. 4: i.d.F. d. Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) mit Wirkung vom 01.01.2003 bestimmt worden, dass für Personen, die für eine selbständige Tätigkeit einen Zuschuss nach § 4211 SGB III beantragen, widerlegbar vermutet wird, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind. Für die Dauer des Bezugs dieses Zuschusses gelten diese Personen als selbständig Tätige. Dies ist die einzige positive Definition der Selbständigkeit durch den Gesetzgeber. Erstmals durch das AFRG (Artikel 1 des Gesetzes vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594) ist mit § 124 SGB III eine die Rahmenfrist erweiternde Bestimmungen eingeführt worden (§ 124 Abs. 3 Nr. 3: Zeiten einer selbständigen Tätigkeit). Diese Vorschrift hatte in modifizierter Form (Mindestumfang von 15 Stunden der selbständigen Tätigkeit) Bestand bis zum 31.12.2004, als der freiwillige Beitritt für Selbständige ermöglicht worden ist (vgl. § 28a Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Diese Vorschrift ist praktisch ausnahmslos auf Existenzgründer anzuwenden. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Beitrittsberechtigung jedoch aus den erforderlichen Vorversicherungszeiten (vgl. § 28a Abs. 1 Satz 2 SGB III), die in aller Regel nur von Beschäftigten zurückgelegt werden können.

2.2

Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kläger bei seiner vorangegangenen Tätigkeit in der am 06.12.1993 gegründeten GmbH (D. Konsumgüter-Industrie Consulting GmbH) tatsächlich Beschäftigter gewesen war. Denn diese läge nicht mehr innerhalb des für die Anwartschaftszeit gezogenen Rahmens, wenn dieser nicht um eine eventuell selbständige Tätigkeit verlängert wird.

Allerdings spricht vieles für eine abhängige Stellung. Der Kläger hat damals nur einen Gesellschaftsanteil von 30 % gehalten, als einer von zwei Gesellschaftern (Verhältnis 70.000,00 DM zu 30.000,00 DM). Er war auch nicht Alleingeschäftsführer. Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung ist gegeben, wenn mehr als 50 % des Stammkapitals vertreten sind. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst. Eine Sperrminorität ist nicht eingeräumt. Spätere Erweiterungen diese GmbH haben die Position des Klägers weiter geschwächt. Am 18.12.1995 ist eine stille Gesellschafterin mit einem Anteil von 250.000,00 DM eingetreten. Dieser hat sich am 30.12.1999 auf 850.000,00 DM erhöht. Mit dem Kläger wurde auch ein Anstellungsvertrag geschlossen. Danach schuldet er seine volle Arbeitskraft. Nebentätigkeiten sind genehmigungspflichtig, er unterliegt einem Wettbewerbsverbot, Vergütung und sonstige Regelungen sind fast identisch mit denjenigen des Anstellungsvertrages mit der späteren Aktiengesellschaft.

Die Berufung ist demnach zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Kläger ist unterlegen (§ 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Wie bereits diskutiert hat sich das BSG schon sehr häufig mit der Stellung von Vorstandsmitgliedern auseinandergesetzt. Es gibt für ihren Status als Selbständige keinen höchstrichterlich gebildeten Obersatz. Diese Frage war nie direkt Gegenstand, sondern die Entscheidung über eine Einbeziehung in die Sozialversicherung im positiven Sinne (meist beitragsrechtlich). Schließlich ist die hier betreffende, konkrete Fragestellung für die Zukunft nicht mehr von Bedeutung, da der Gesetzgeber die Erweiterung der Rahmenfrist durch selbständige Tätigkeiten abgeschafft hat (s.o. Gesetz vom 23.12.2003). Es besteht damit kein Bedürfnis mehr für eine höchstrichterliche obergerichtliche Definition der Selbständigkeit i.S.d. der genannten Vorschrift.

Die vom Senat getroffene Entscheidung steht auch nicht in Divergenz zu bisherigen Entscheidungen des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts. Hinsichtlich der Entscheidung des BSG vom 14.12.1999 (Az.: B 2 U 38/98 R) wurde das bereits oben dargelegt (Entscheidungsgründe 2.1.2). Zwar hat im Urteil vom 04.09.1979 (BSGE 49, 22 = SozR 4100 § 168 Nr. 10) ein für die Arbeitslosenversicherung zuständiger Senat einmal ausgeführt, dass Vorstandsmitglieder einer AG bei Tätigkeiten für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, in der Regel keine Beschäftigten im Sinne des § 7 Abs.1 SGB IV sind. Damals ging es aber nicht um die Frage einer Selbständigkeit als einen, den Rahmen zur Bemessung der Anwartschaft verlängernden Tatbestand, sondern um eine neben der Tätigkeit als Vorstand ausgeübte entgeltliche Beschäftigung, die auch nicht der Beitragspflicht zur BA i.S. des AFG § 168 unterliegt.

Die Entscheidung des Bayer. LSG vom 22.04.2005 (Az.: L 8 AL 7/04), zu der im Übrigen im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG keine Divergenz eintreten kann, behandelt die Zahlung von Insolvenzgeld und schließt letztlich aus § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III auf eine Selbständigkeit. Dort ist aber die Frage maßgeblich, ob der Versicherte Arbeitnehmer war. Zur Entscheidung des LSG Berlin vom 05.11.2004 (zum Inhalt s.o. 2.1.3.) kann im oben aufgeführten Sinne ebenfalls keine Divergenz vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Im Übrigen wird dort voll Bezug auf die Entscheidung des BSG vom 14.12.1999 genommen und deren Inhalt und Ergebnis missverstanden.
Rechtskraft
Aus
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