Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 U 50/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 12/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.09.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall (Wegeunfall).
Der 1978 geborene Kläger, der an Diabetes mellitus leidet, fuhr am 08.01.2002 mit einem Pkw von seiner (nebenberuflichen) Arbeitsstätte in N. in Richtung seines Wohnortes H ... Auf dem Weg dorthin verließ er die Bundesstraße (B 14) und legte einen kurzzeitigen und geplanten Zwischenhalt in O. ein, um bei einer Kfz-Werkstatt eine Reparatur durchführen zu lassen. Danach setzte er seine Fahrt fort. Allerdings fuhr er nach Wiedererreichen der B 14 nicht in Richtung H. , sondern in die entgegengesetzte Richtung. Er gelangte über die Anschlussstelle L. auf die Bundesautobahn (A 9) und fuhr in Richtung M ... Auf der A 9 verursachte der Kläger zunächst zwei Verkehrsunfälle und kollidierte dann mit einem Lkw, wobei er insbesondere Verletzungen am Knie erlitt.
Zur Aufklärung des Sachverhaltes befragte die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, die zunächst ihre Zuständigkeit angenommen hatte, den Kläger. Dieser führte zum Unfallhergang an, dass er bei der Weiterfahrt nach dem Aufenthalt in der Kfz-Werkstatt in den Zustand der Unterzuckerung (Hypoglykämie) gelangt und erst nach der Kollision mit dem Lkw wieder zur Besinnung gekommen sei. Im Rahmen der verkehrspolizeilichen Beschuldigten-Vernehmung am 10.01.2002 gab er an, dass er nicht wisse, wie er auf die Autobahn gekommen sei. Einer gutachterlichen Stellungnahme des Landgerichtsarztes und Facharztes für Rechtsmedizin PD Dr.L. vom 08.07.2002 ist zu entnehmen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls fahruntüchtig war infolge einer Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung.
Mit Bescheid vom 21.04.2004 und Widerspruchsbescheid vom 11.01.2005 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls ab. Der Kläger habe sich nicht auf dem direkten Weg zu seinem Wohnort, sondern auf einem nicht versicherten Abweg befunden. Er habe aus betriebsfremden Gründen einen Weg gewählt, der vom Ziel weggeführt habe.
Mit der zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, dass der Unfall dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliege. Er habe sich nicht auf einem bewussten Abweg befunden. Es dürfe ihm kein Nachteil daraus erwachsen, dass er unverschuldet aufgrund der Unterzuckerung die Orientierung verloren habe.
Mit Urteil vom 20.09.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei zutreffend von einem unversicherten Abweg des Klägers ausgegangen. Für die Wegabweichung seien in der Person des Klägers liegende Umstände maßgeblich gewesen. Ein Zusammenhang der eingetretenen Bewusstseinsstörung mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers oder den Gefahren des Arbeitsweges habe nicht bestanden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Versicherter aufgrund von äußeren Gegebenheiten, wie etwa Dunkelheit, oder aufgrund Unterzuckerung vom Weg abirre. Der Vorfall sei nicht willentlich steuerbar gewesen, so dass nicht eine subjektive Ursache, sondern eine objektive, den äußeren Umständen vergleichbare Ursache für die Wegabweichung vorgelegen habe. Bei wertender Betrachtung sei davon auszugehen, dass sich eine aus der Arbeitstätigkeit resultierende Gefahr verwirklicht habe, vergleichbar mit der Ermüdung nach einem langen Arbeitstag.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.09.2006 und den Bescheid vom 21.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Verkehrsunfall vom 08.01.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.09.2006 zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren und auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, da der Bescheid der Beklagten vom 21.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger kann die Feststellung des Unfalls vom 08.01.2002 als Arbeitsunfall nicht verlangen, da ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vorliegt.
Gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit ("Wegeunfall"). Für die ursächliche Verbindung zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis ist neben dem ursächlichen Zusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne ein innerer Zusammenhang zwischen dem konkreten unfallbringenden Verhalten und dem generell versicherten Tätigkeitsbereich des Versicherten erforderlich. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungssschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Maßgeblich kommt es auf die Handlungstendenz des Versicherten an, wie sie durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn 4 und 16).
Dies zugrunde gelegt fehlt es vorliegend am ursächlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall des Klägers. Nach Wiedererreichen der B 14 und Weiterfahrt in Richtung der Anschlussstelle zur A 9 hat der Kläger den unmittelbaren Weg von dem Ort der Tätigkeit in N. nach seinem Wohnort H. nicht fortgesetzt und stand zum Zeitpunkt, als sich der Unfall ereignete, nicht mehr unter Versicherungsschutz.
Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG nicht schon daraus, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem sog. Abweg befunden hat. Zwar ist der Kläger mit dem vorherigen Aufsuchen der Reparaturwerkstatt einer privatwirtschaftlichen und daher unversicherten Betätigung nachgegangen. Insofern hat er sich nach dem Verlassen der B 14 in Richtung der Kfz-Werkstatt zunächst auf einem nicht versicherten Abweg befunden, indem er einen zusätzlichen Weg in die eigentliche Wegstrecke eingeschoben und die Zielrichtung der Fahrt zum Heimatort H. nicht mehr eingehalten hat. Allerdings hat der Kläger nach dem Aufenthalt in der Kfz-Werkstatt und bei Wiedererreichen der B 14 dem Heimweg nicht fortgesetzt, sondern ist in die entgegengesetzte Richtung gefahren. Dies zeigt, dass er den Heimweg abgebrochen hat und der durch den bisherigen Heimweg vermittelte innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nicht mehr erhalten geblieben ist. Von einem Abweg kann daher nur bis zum Wiedererreichen der B 14 gesprochen werden. Aus der vom Kläger dann eingeschlagenen Fahrtrichtung und der örtlichen Lage des Unfallereignisses ergibt sich eine (endgültige) Lösung des inneren Zusammenhanges zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und der Fahrt zum Heimatort.
Gründe für ein Fortbestehen des inneren Zusammenhanges noch bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bestehen nicht. Zu diesem Zeitpunkt lagen keine äußeren mit der besonderen Art des Heimwegs verbundenen Gefahren, z.B. Dunkelheit, Sichtbehinderung durch Nebel, schlecht beschilderte Wege oder dergleichen, die für ein Abweichen vom direkten Heimweg ursächlich gewesen sein könnten und bei deren Vorliegen der innere Zusammenhang erhalten bleibt (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 17), vor. Vielmehr war wesentliche Ursache für das irrtümliche Befahren der B 14 in die entgegengesetzte Richtung die aufgrund Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung eingetretene Orientierungslosigkeit des Klägers. Indes ist bei Unfällen, die auf eine innere Ursache zurückzuführen sind, in der Regel der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall zu verneinen. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass sich ein Zurechnungszusammenhang aufgrund der wesentlichen Bedeutung der versicherten Tätigkeit gegenüber dem Eintritt der inneren Ursache ergibt. Insbesondere bleibt bei Verkehrsunfällen der Zurechnungszusammenhang erhalten, wenn die besondere Verkehrsgefahr des versicherten Weges für den Eintritt des Unfalls wesentlich war. Die Entscheidung der Frage, ob der Unfall wesentlich durch die besonderen Gefahren des versicherten Weges oder wesentlich durch eine auf innerer Ursache beruhenden Krankheit des Versicherten herbeigeführt worden ist, hängt in diesen Fällen von der Schwere der Gesundheitsstörung ab, die den Unfall mitbedingt hat (BSG USK 2000-95 = HVBG-INFO 2000, 1846 mwN). Vorliegend fehlt es bereits an der Mitwirkung von besonderen Verkehrsgefahren. Der Unfall ist vielmehr wesentlich durch die Fahruntüchtigkeit des Klägers infolge der Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung verursacht worden, so dass ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zu verneinen ist.
Darüber hinaus hat sich der Kläger nach dem Verlassen der Werkstatt, also weder im Zeitpunkt des Unfalls noch zuvor im Zeitpunkt des Eintretens der Hypoglykämie auf einem versicherten Weg befunden. Die Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung, die den auf die Rückkehr zum Heimatort gerichteten Willen des Klägers beeinträchtigt hat, ist nach dem Aufsuchen der Kfz-Werkstatt und vor Wiedererreichen der B 14 und damit zu einer Zeit eingetreten, als sich der Kläger auf einem nicht versicherten Abweg befunden hat. Es fehlt daher bereits an einem naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit (einem geschützten Weg) und dem Unfall, so dass hinsichtlich der Verursachung des Unfalls kein betrieblich bedingter Umstand, sondern allein die Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung in Betracht kommt. Selbst wenn der Kläger bei Weiterfahrt nach dem Aufsuchen der Kfz-Werkstatt zunächst den Entschluss zur Fortsetzung der Heimfahrt gefasst haben sollte und er sich in der Folge auf einem "unbewussten Abweg" befunden hat, fehlt es - vergleichbar der Erleidung eines Unfalls auf diesem unversicherten Weg aufgrund des Fehlverhaltens eines anderen Verkehrsteilnehmers - an einem kausalen Bezug zum versicherten unmittelbaren Weg von dem Ort der Tätigkeit zum Heimatort.
Die Berufung des Klägers ist demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall (Wegeunfall).
Der 1978 geborene Kläger, der an Diabetes mellitus leidet, fuhr am 08.01.2002 mit einem Pkw von seiner (nebenberuflichen) Arbeitsstätte in N. in Richtung seines Wohnortes H ... Auf dem Weg dorthin verließ er die Bundesstraße (B 14) und legte einen kurzzeitigen und geplanten Zwischenhalt in O. ein, um bei einer Kfz-Werkstatt eine Reparatur durchführen zu lassen. Danach setzte er seine Fahrt fort. Allerdings fuhr er nach Wiedererreichen der B 14 nicht in Richtung H. , sondern in die entgegengesetzte Richtung. Er gelangte über die Anschlussstelle L. auf die Bundesautobahn (A 9) und fuhr in Richtung M ... Auf der A 9 verursachte der Kläger zunächst zwei Verkehrsunfälle und kollidierte dann mit einem Lkw, wobei er insbesondere Verletzungen am Knie erlitt.
Zur Aufklärung des Sachverhaltes befragte die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, die zunächst ihre Zuständigkeit angenommen hatte, den Kläger. Dieser führte zum Unfallhergang an, dass er bei der Weiterfahrt nach dem Aufenthalt in der Kfz-Werkstatt in den Zustand der Unterzuckerung (Hypoglykämie) gelangt und erst nach der Kollision mit dem Lkw wieder zur Besinnung gekommen sei. Im Rahmen der verkehrspolizeilichen Beschuldigten-Vernehmung am 10.01.2002 gab er an, dass er nicht wisse, wie er auf die Autobahn gekommen sei. Einer gutachterlichen Stellungnahme des Landgerichtsarztes und Facharztes für Rechtsmedizin PD Dr.L. vom 08.07.2002 ist zu entnehmen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls fahruntüchtig war infolge einer Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung.
Mit Bescheid vom 21.04.2004 und Widerspruchsbescheid vom 11.01.2005 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls ab. Der Kläger habe sich nicht auf dem direkten Weg zu seinem Wohnort, sondern auf einem nicht versicherten Abweg befunden. Er habe aus betriebsfremden Gründen einen Weg gewählt, der vom Ziel weggeführt habe.
Mit der zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, dass der Unfall dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliege. Er habe sich nicht auf einem bewussten Abweg befunden. Es dürfe ihm kein Nachteil daraus erwachsen, dass er unverschuldet aufgrund der Unterzuckerung die Orientierung verloren habe.
Mit Urteil vom 20.09.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei zutreffend von einem unversicherten Abweg des Klägers ausgegangen. Für die Wegabweichung seien in der Person des Klägers liegende Umstände maßgeblich gewesen. Ein Zusammenhang der eingetretenen Bewusstseinsstörung mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers oder den Gefahren des Arbeitsweges habe nicht bestanden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Versicherter aufgrund von äußeren Gegebenheiten, wie etwa Dunkelheit, oder aufgrund Unterzuckerung vom Weg abirre. Der Vorfall sei nicht willentlich steuerbar gewesen, so dass nicht eine subjektive Ursache, sondern eine objektive, den äußeren Umständen vergleichbare Ursache für die Wegabweichung vorgelegen habe. Bei wertender Betrachtung sei davon auszugehen, dass sich eine aus der Arbeitstätigkeit resultierende Gefahr verwirklicht habe, vergleichbar mit der Ermüdung nach einem langen Arbeitstag.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.09.2006 und den Bescheid vom 21.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Verkehrsunfall vom 08.01.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.09.2006 zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren und auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, da der Bescheid der Beklagten vom 21.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger kann die Feststellung des Unfalls vom 08.01.2002 als Arbeitsunfall nicht verlangen, da ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vorliegt.
Gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit ("Wegeunfall"). Für die ursächliche Verbindung zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis ist neben dem ursächlichen Zusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne ein innerer Zusammenhang zwischen dem konkreten unfallbringenden Verhalten und dem generell versicherten Tätigkeitsbereich des Versicherten erforderlich. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungssschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Maßgeblich kommt es auf die Handlungstendenz des Versicherten an, wie sie durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn 4 und 16).
Dies zugrunde gelegt fehlt es vorliegend am ursächlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall des Klägers. Nach Wiedererreichen der B 14 und Weiterfahrt in Richtung der Anschlussstelle zur A 9 hat der Kläger den unmittelbaren Weg von dem Ort der Tätigkeit in N. nach seinem Wohnort H. nicht fortgesetzt und stand zum Zeitpunkt, als sich der Unfall ereignete, nicht mehr unter Versicherungsschutz.
Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG nicht schon daraus, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem sog. Abweg befunden hat. Zwar ist der Kläger mit dem vorherigen Aufsuchen der Reparaturwerkstatt einer privatwirtschaftlichen und daher unversicherten Betätigung nachgegangen. Insofern hat er sich nach dem Verlassen der B 14 in Richtung der Kfz-Werkstatt zunächst auf einem nicht versicherten Abweg befunden, indem er einen zusätzlichen Weg in die eigentliche Wegstrecke eingeschoben und die Zielrichtung der Fahrt zum Heimatort H. nicht mehr eingehalten hat. Allerdings hat der Kläger nach dem Aufenthalt in der Kfz-Werkstatt und bei Wiedererreichen der B 14 dem Heimweg nicht fortgesetzt, sondern ist in die entgegengesetzte Richtung gefahren. Dies zeigt, dass er den Heimweg abgebrochen hat und der durch den bisherigen Heimweg vermittelte innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nicht mehr erhalten geblieben ist. Von einem Abweg kann daher nur bis zum Wiedererreichen der B 14 gesprochen werden. Aus der vom Kläger dann eingeschlagenen Fahrtrichtung und der örtlichen Lage des Unfallereignisses ergibt sich eine (endgültige) Lösung des inneren Zusammenhanges zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und der Fahrt zum Heimatort.
Gründe für ein Fortbestehen des inneren Zusammenhanges noch bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bestehen nicht. Zu diesem Zeitpunkt lagen keine äußeren mit der besonderen Art des Heimwegs verbundenen Gefahren, z.B. Dunkelheit, Sichtbehinderung durch Nebel, schlecht beschilderte Wege oder dergleichen, die für ein Abweichen vom direkten Heimweg ursächlich gewesen sein könnten und bei deren Vorliegen der innere Zusammenhang erhalten bleibt (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 17), vor. Vielmehr war wesentliche Ursache für das irrtümliche Befahren der B 14 in die entgegengesetzte Richtung die aufgrund Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung eingetretene Orientierungslosigkeit des Klägers. Indes ist bei Unfällen, die auf eine innere Ursache zurückzuführen sind, in der Regel der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall zu verneinen. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass sich ein Zurechnungszusammenhang aufgrund der wesentlichen Bedeutung der versicherten Tätigkeit gegenüber dem Eintritt der inneren Ursache ergibt. Insbesondere bleibt bei Verkehrsunfällen der Zurechnungszusammenhang erhalten, wenn die besondere Verkehrsgefahr des versicherten Weges für den Eintritt des Unfalls wesentlich war. Die Entscheidung der Frage, ob der Unfall wesentlich durch die besonderen Gefahren des versicherten Weges oder wesentlich durch eine auf innerer Ursache beruhenden Krankheit des Versicherten herbeigeführt worden ist, hängt in diesen Fällen von der Schwere der Gesundheitsstörung ab, die den Unfall mitbedingt hat (BSG USK 2000-95 = HVBG-INFO 2000, 1846 mwN). Vorliegend fehlt es bereits an der Mitwirkung von besonderen Verkehrsgefahren. Der Unfall ist vielmehr wesentlich durch die Fahruntüchtigkeit des Klägers infolge der Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung verursacht worden, so dass ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zu verneinen ist.
Darüber hinaus hat sich der Kläger nach dem Verlassen der Werkstatt, also weder im Zeitpunkt des Unfalls noch zuvor im Zeitpunkt des Eintretens der Hypoglykämie auf einem versicherten Weg befunden. Die Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung, die den auf die Rückkehr zum Heimatort gerichteten Willen des Klägers beeinträchtigt hat, ist nach dem Aufsuchen der Kfz-Werkstatt und vor Wiedererreichen der B 14 und damit zu einer Zeit eingetreten, als sich der Kläger auf einem nicht versicherten Abweg befunden hat. Es fehlt daher bereits an einem naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit (einem geschützten Weg) und dem Unfall, so dass hinsichtlich der Verursachung des Unfalls kein betrieblich bedingter Umstand, sondern allein die Hypoglykämie mit Bewusstseinsstörung in Betracht kommt. Selbst wenn der Kläger bei Weiterfahrt nach dem Aufsuchen der Kfz-Werkstatt zunächst den Entschluss zur Fortsetzung der Heimfahrt gefasst haben sollte und er sich in der Folge auf einem "unbewussten Abweg" befunden hat, fehlt es - vergleichbar der Erleidung eines Unfalls auf diesem unversicherten Weg aufgrund des Fehlverhaltens eines anderen Verkehrsteilnehmers - an einem kausalen Bezug zum versicherten unmittelbaren Weg von dem Ort der Tätigkeit zum Heimatort.
Die Berufung des Klägers ist demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
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