L 11 EL 2361/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 EL 2265/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EL 2361/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Anwendung von § 1 Abs. 6 BErzGG in der am 19.12.2006 geltenden Fassung in Fällen, in denen eine Entscheidung über den Anspruch auf Erziehungsgeld für einen Bezugszeitraum zwischen dem 27.01.1993 und 18.12.2006 noch nicht bestandskräftig geworden ist. § 1 Abs. 6 Satz 2 BErzGG ist verfassungsgemäß, soweit er die Berechtigung zur Gewährung von Erziehungsgeld davon abhängig macht, dass der zur Betreuung eines Kindes bereite Elternteil an der Aufnahme oder Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit rechtlich nicht gehindert ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Erziehungsgeld (ErzG) im Sinne des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) für das zweite Lebensjahr des am 14. Oktober 2001 geborenen Kindes A. (Zeitraum vom 14. Oktober 2002 bis 13. Oktober 2003).

Die 1974 geborene Klägerin serbischer Staatsangehörigkeit ist seit 1995 mit einem Staatsangehörigen aus dem K., der als Gipser-Stukkateur versicherungspflichtig beschäftigt ist, verheiratet. Sie kam 1993 als Flüchtling in die Bundesrepublik Deutschland. Ihren Angaben zufolge wurde ihr Asylantrag abgelehnt, ihr Aufenthalt wurde aber weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland nach § 55 Ausländergesetz (AuslG) geduldet. Die Stadt S. erteilte ihr eine Aufenthaltsbefugnis, wonach eine arbeitserlaubnispflichtige Erwerbstätigkeit nur mit gültiger Erlaubnis gestattet sei (5. 07.2001 und 10.09. 2002). Eine Arbeitsberechtigung für eine berufliche Tätigkeit jeder Art nach § 286 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erhielt sie am 28.10.2003 (Bescheinigung über eine erteilte Arbeitsgenehmigung vom 14. November 2003).

Die Klägerin beantragte am 10. Dezember 2001 ErzG für das erste Lebensjahr des Kindes, das ihr mit Bescheid vom 9. Januar 2002 in Höhe von 306,78 EUR monatlich bewilligt wurde.

Am 3. April 2003 beantragte sie ErzG für das zweite Lebensjahr.

Mit Bescheid vom 9. April 2003 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Besitz einer Aufenthaltsbefugnis begründe keinen Anspruch auf ErzG. Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag hob die Beklagte den Bescheid vom 9. Januar 2002 auf und forderte die Klägerin zur Erstattung der Leistung in Höhe von 3.681,36 EUR mit der Begründung auf, bei ihr hätten die Voraussetzungen für die Bewilligung von ErzG nicht vorgelegen, so dass ihr die Leistung zu Unrecht gewährt worden wäre.

Mit ihrem gegen beide Bescheide eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe damals sämtliche Unterlagen, insbesondere Fotokopien des eigenen Reisepasses sowie des Passes ihres Ehemannes vorgelegt. Ihr sei somit in Kenntnis dessen, dass sie nur im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis wäre, ErzG bewilligt worden, wodurch ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Es treffe zwar zu, dass bei ihr die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von ErzG nicht vorlägen, die entsprechenden Vorschriften verstießen aber gegen höherrangiges Völkerrecht, und zwar gegen Art. 23 der Genfer Konvention. Sie halte sich rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland auf und habe die Aufenthaltsbefugnis im Rahmen der Altfallregelung für jugoslawische Flüchtlinge erhalten. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufenthaltsbefugnis habe sie sich mehr als sechs Jahre in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Außerdem liege ein Verstoß gegen Artikel (Art.) 3 Grundgesetz (GG) vor, denn eine Aufenthaltsbefugnis sei einer Aufenthaltserlaubnis gleichwertig.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2003 wurde dem Widerspruch bezüglich der Rückforderung des ErzG stattgegeben, da es an den Rückforderungsvoraussetzungen fehle. Bei der Klägerin könne Vertrauen unterstellt werden, da sie vollständige und richtige Angaben gemacht habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch betreffend die Ablehnung von ErzG für das zweite Lebensjahr mit der Begründung zurück, die Klägerin erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen nicht. Aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebe sich nichts anderes. Auch die EG-Verordnung Nr. 1408/71 begründe keinen Anspruch, denn die Klägerin sei lediglich im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis gewesen, sei nicht als Asylberechtigte anerkannt und auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des AuslG sei nicht festgestellt worden.

Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, ihre Aufenthaltsbefugnis resultiere aus einem langjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, verbunden mit einer langjährigen sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit ihres Ehepartners, was letzten Endes auch Ergebnis einer nahezu vollständigen Integration der Familie in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland und in den Arbeitsmarkt sei. Schon aus diesem Grunde wäre es rechtswidrig, sie von dem Bezug von ErzG auszuschließen. Sie unterfalle zwar nicht dem Personenkreis der Berechtigten, genieße jedoch aufgrund der Bewilligung für das erste Lebensjahr Vertrauensschutz. Dieser Vertrauensschutz beziehe sich nämlich nicht nur auf die Bewilligung, sondern auch auf den Anspruchsgrund. Sie könne sich darauf berufen, dass mit der erstmaligen Bewilligung die Beklagte grundsätzlich eine positive Entscheidung darüber getroffen habe, dass sie anspruchsberechtigt sei.

Mit Urteil vom 6. Mai 2004, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 14. April 2005, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin habe keinen Anspruch auf ErzG, da sie weder im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung noch einer Aufenthaltserlaubnis sei, nicht als Asylberechtigte anerkannt wäre und auch keine Feststellung nach § 51 Abs. 1 des AuslG vorliege. Die getroffenen Entscheidungen der Ausländerbehörde entfalteten Tatbestandswirkung für die Beklagte. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Klägerin ErzG für das erste Lebensjahr bewilligt worden wäre. Diese sei rechtswidrig, lediglich die Rücknahmevoraussetzungen seien nicht erfüllt gewesen. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen. Soweit dieses weiter gelte, sei es nicht auf Familienleistungen oder ErzG anwendbar, sondern nur für Kindergeld. Gleiches gelte für die EG-Verordnung Nr. 1408/71, da die Verordnung ausschließlich für Wanderarbeiter gelte und keine Anwendung auf rein innerstaatliche Fälle ohne EG-Auslandsbezug finde. Bei der Klägerin fehle es an der erforderlichen Wanderbewegung. Da sie mit ihrer Familie in Deutschland lebe, komme auch Art. 73 der EG-Verordnung Nr. 1408/71 nicht zur Anwendung. Es reiche nicht aus, wenn ein Flüchtling unmittelbar aus einem nicht zur EG gehörenden Drittstaat nach Deutschland einreise. Auch aus Art. 23 der Genfer Flüchtlingskonvention ergebe sich nichts anderes, denn zu den zu gewährenden Leistungen zählten nur die die Leistungen nach § 120 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), nicht jedoch nach dem BErzGG. Art. 24 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention betreffe in Nr. a nur Familienbeihilfen, die als Teil des Arbeitslohnes gezahlt würden, welches beim ErzG nicht der Fall sei. Nr. b bestimme eine Gleichbehandlung nur vorbehaltlich der Erfüllung von im Aufenthaltsland geltenden besonderen Bestimmungen, soweit Leistungen betroffen seien, die ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestritten würden. Dies sei zwar bei dem ErzG der Fall, die Gewährung könne aber von weiteren Voraussetzungen wie dem Vorliegen einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung abhängig gemacht werden.

Ihre dagegen am 18. April 2005 eingelegte Berufung hat die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 6. Juli 2004 (1 BvR 2515/95) begründet. Sie befinde sich in einer gleichen aufenthaltsrechtlichen Rechtsposition, denn sie verfüge lediglich über eine Aufenthaltsbefugnis ohne gleichzeitig den Tatbestand des § 51 Abs. 1 AuslG zu erfüllen. Sie habe nur deswegen nicht gearbeitet und somit auch keinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt, weil sie nach dem 14. Oktober 2001 das Kind A. betreut und erzogen habe. Es treffe deswegen schlichtweg nicht zu, dass sie nicht erwerbstätig hätte sein dürfen, denn sie hätte eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn sie diese beantragt hätte. Seit dem 30. Juni 2005 habe sie auch eine Niederlassungserlaubnis.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Mai 2004 sowie den Bescheid vom 9. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ErzG auch für das zweite Lebensjahr ihrer Tochter A. für die Zeit vom 14. Oktober 2002 bis zum 13. Oktober 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin weder bei Anwendung des bisher geltenden Rechts noch nach der Neuregelung der §§ 1 Abs. 6, 24 Abs. 3 BErzGG Anspruch auf ErzG habe. Sie sei zu keinem Zeitpunkt im maßgeblichen Bezugszeitraum zwischen dem 14. Oktober 2002 und dem 13. Oktober 2003 im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen, der nach dem bisherigen und auch nunmehr anwendbaren Recht zu einem Anspruch hätte führen können. Sie wäre ausweislich der eingeholten Bescheinigung der Ausländerbehörde der Stadt S. vom 28. Februar 2007 im Zeitraum vor dem 30. Juni 2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis gewesen, die nach "altem Recht" (für Geburten vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2003) nicht zum Bezug von ErzG berechtigt hätte. Diese hätte vielmehr als Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ab dem 01.01.2005 weitergegolten. Nach § 1 Abs. 6 Ziff. 2 BErzGG n.F. berechtige eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG jedoch nur dann zum Bezug von ErzG, wenn diese zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt hätte. Dies sei bei der Klägerin nach Aktenlage nicht der Fall gewesen.

Das mit Beschluss vom 12. Mai 2005 zum Ruhen gebrachte Verfahren (L 11 EL 1667/05) wird nach Wiederanrufung durch die Beklagte unter dem Aktenzeichen L 11 EL 2361/07 fortgeführt.

Die Stadt S. teilte der Beklagten auf Anfrage mit Schreiben vom 16. April 2007 mit, die Aufenthaltsbefugnis der Klägerin für den Zeitraum vom 14. Oktober 2002 bis 13. Oktober 2003 hätte nach neuem Recht als Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG gegolten. Seit dem 30. Juni 2005 sei sie im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme von 500,00 EUR überschritten wird, und damit insgesamt zulässig.

Der Senat hat von einer Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht nach § 159 SGG abgesehen. Zwar wurde das am 6. Mai 2004 ergangene Urteil der Beklagten erst am 15. April 2005 und der Klägerin erst am 14. April 2005, mithin jeweils nach über fünf Monaten zugestellt. Das hat grundsätzlich zur Folge, dass entsprechend der Entscheidung des Gemeinsamen Senates, wonach ein Urteil nicht mit Gründen versehen ist, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, § 134 RdNr. 4 und Entscheidung des GemS in NJW 1993, 2603) das vorliegende Urteil nicht mit Gründen versehen ist. Das hat jedoch nicht zwingend die Zurückverweisung zur Folge, eine solche steht vielmehr nach § 159 SGG im Ermessen des Senats, wobei die Zurückverweisung die Ausnahme sein sollte (so Meyer-Ladewig a.a.O. § 159 RdNr. 5). Es ist zwischen dem Interesse der Beteiligten an einer raschen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits und dem Verlust einer Instanz andererseits abzuwägen. Unter Beachtung der Tatsache, dass keine Beweisaufnahme mehr durchzuführen ist, überwiegt hier das Interesse an einer Entscheidung durch den Senat, so dass von einer Zurückverweisung Abstand genommen wurde.

Die Berufung ist indessen nicht begründet. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf ErzG für das zweite Lebensjahr ihres Kindes A. für den streitbefangenen Zeitraum vom 14. Oktober 2002 bis 13. Oktober 2003.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 1 Abs. 6 BErzGG i.d.F. des Art. 3 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, S. 2915 ff.). Danach ist ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur anspruchsberechtigt, wenn er 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, b) nach § 18 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden, c) nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt oder 3. eine in Nr. 2 Buchst. c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und a) sich mindestens drei Jahre rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

Nach § 24 Abs. 3 BErzGG n.F. ist § 1 Abs. 6 BErzGG in der am 19.12.2006 geltenden Fassung in Fällen, in denen - wie hier - eine Entscheidung über den Anspruch auf Erziehungsgeld für einen Bezugszeitraum zwischen dem 27. Januar 1993 und dem 18. Dezember 2006 noch nicht bestandskräftig geworden ist, anzuwenden, wenn dies für die Erziehungsgeld beantragende Person günstiger ist. In diesem Fall werden die Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz den Aufenthaltstiteln nach dem Aufenthaltsgesetz entsprechend den Fortgeltungsregelungen in § 101 AufenthG gleichgestellt.

Nach Art. 6 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 treten diese Neuregelungen rückwirkend mit Wirkung vom 01.01.2006 in Kraft.

Ausgehend hiervon ist die Beklagte in Auswertung des Schreibens der Stadtverwaltung S. vom 16. April 2007 sowie der Bescheinigung über eine erteilte Arbeitsgenehmigung vom 14. November 2003 zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 BErzGG nicht vorliegen. Denn sie war zu keinem Zeitpunkt im maßgeblichen Bezugszeitraum zwischen dem 14. Oktober 2002 und dem 13. Oktober 2003 im Besitz eines Aufenthaltstitels, der zu einem Anspruch auf ErzG führen konnte. Ihre Aufenthaltsbefugnis hätte ab dem 01.01.2005 nämlich als Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG gegolten, d.h. ihr Aufenthalt wäre nur abgeleitet über den Ehegattenzuzug, somit akkzessorisch in Anlehnung an das Aufenthaltsrecht ihres Ehemannes (Renner, Kommentar zum Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 30 AufenthG RdNr. 3), gestattet gewesen. Nach § 30 Abs. 1 AufenthG ist dem Ehegatten eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 besitzt, 3. seit fünf Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt oder 4. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts voraussichtlich über ein Jahr betragen wird. Nach Abs. 2 kann die Aufenthaltserlaubnis abweichend von Absatz 1 Nr. 4 erteilt werden, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Nach Abs. 3 kann die Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

Die Klägerin selbst besaß erst nach Ablauf des hier streitigen Zeitraumes, nämlich am 30. Juni 2005, eine Niederlassungserlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BErzGG. Die ihr erteilte Aufenthaltserlaubnis berechtigte sie für diese Zeit auch nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach § 1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BErzGG, diese war ihr nach der Bescheinigung über eine erteilte Arbeitsgenehmigung erst ab 28. Oktober 2003 gestattet. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BErzGG bei der Klägerin nicht vor, da sie nicht berechtigt erwerbstätig im streitbefangenen Zeitraum war.

Dass der Klägerin die erforderliche Arbeitsgenehmigung ab 28. Oktober 2003 erteilt wurde, hat auf ihren Anspruch auf ErzG keinen Einfluss, denn die notwendige Aufenthaltsgenehmigung muss nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (SozR 3-1200 § 14 Nr. 24) durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraumes festgestellt sein. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie sei an der Erwerbstätigkeit nur durch die Kinderbetreuung gehindert gewesen und ihr hätte daher eine Arbeitsgenehmigung erteilt werden müssen, sofern sie eine solche beantragt hätte, so hätte sie zwar nach § 286 Abs. 1 SGB III einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der sogenannten Arbeitsberechtigung gehabt (Düe, in: Niesel, Kommentar zum SGB III, 2.Aufl. 2002, § 286 RdNr. 2). Das ist aber ebenfalls unbeachtlich, denn der tatsächlich getroffenen Entscheidung der Ausländerbehörde kommt für das Erziehungsrecht Tatbestandswirkung zu (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 7).

Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004 (1 BvR 2515/95). Denn die festgestellte Verfassungswidrigkeit bezieht sich nur auf § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993, nicht jedoch § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 BErzGG. Allerdings hat des BVerfG dem Gesetzgeber aufgegeben, im Hinblick auf die vorliegende Entscheidung auch die Nachfolgeregelungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen. Dies hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 1 Abs. 6 Satz 2 BErzGG getan und ausgehend von dem Leitsatz des BVerfG die Berechtigung zur Gewährung von ErzG davon abhängig gemacht, dass der zur Betreuung eines Kindes bereite Elternteil an der Aufnahme oder Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit rechtlich nicht gehindert ist. Genau diese Voraussetzungen liegen aber bei der Klägerin nicht vor (vgl. auch Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 30.08.2006 - L 6 B 155/06 EG, veröffentlicht in juris).

Der Senat ist deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass hier für die Differenzierung zwischen solchen Antragstellern, denen eine Erwerbstätigkeit gestattet ist und die deswegen Anspruch auf ErzG haben und solchen wie der Klägerin ein sachliches Entscheidungskriterium im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG vorliegt und die gesetzliche Wertung deswegen mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist. Durch die Neuregelung werden nicht Ausländer mit Aufenthaltsbefugnis generell von der Gewährung von ErzG ausgeschlossen, sondern in den Genuss von ErzG kommen nur solche Ausländer, die zu Lasten einer (möglichen) Erwerbsarbeit ihr Kind selbst betreuen und erziehen. Damit wird das gesetzgeberische Anliegen, Eltern zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihre Kinder in der für die spätere Entwicklung entscheidenden ersten Lebensphase selbst zu betreuen, unterstützt, andrerseits aber ein hinreichender Bezug zur Erwerbstätigkeit der anspruchsberechtigten Eltern begründet.

Dass die Klägerin nach der Anwendung des bisher geltenden Rechts auch im Hinblick auf Art. 23 und 24 der Genfer Flüchtlingskonvention wie EG-Verordnung Nr. 1408/71 (vgl. hierzu auch Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.07.2006 - L 13 EG 3/05) keinen Anspruch auf ErzG hat, hat die Beklagte in ihren angefochtenen Bescheiden unter Nennung der damals maßgeblichen Rechtsgrundlage ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen, weswegen der Senat insoweit auf die Begründung nach §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG Bezug nimmt. Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich die Klägerin wegen der Bewilligung von ErzG auf Vertrauensschutz schon deswegen nicht berufen kann, weil es für die Aufhebung der Bewilligung nur an den besonderen Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gefehlt hat.

Nach alledem konnte die Berufung deswegen keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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