Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 4469/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 190/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. November 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. Januar 2002 bis 31. Januar 2005 streitig.
Der 1945 geborene Kläger hat von 1959 bis 1962 den Beruf eines Malers erlernt. Seinen Angaben zufolge war er in diesem Beruf bis 1980 tätig und anschließend bis 1992 als Gießer. Von 1992 bis 1995 war der Kläger bei der Autobahnmeisterei K. als Straßenarbeiter beschäftigt. Eine von der Beklagten gewährte und im Februar 1996 begonnene berufsfördernde Maßnahme (Eingliederungslehrgang) brach der Kläger im September 1996 ab. Seither ist der Kläger arbeitslos bzw. arbeitsunfähig.
Einen ersten Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw. Berufsunfähigkeit (BU) vom 05. Februar 1997, den er mit Wirbelsäulenbeschwerden begründet hatte, hatte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 1997 und Widerspruchsbescheid vom 06. Mai 1998 abgelehnt. Die dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 2 RJ 2012/98) war erfolglos (Gerichtsbescheid vom 06. Oktober 1999).
Am 20. November 2000 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen EU bzw. BU; er begründete diese mit Herzproblemen. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 05. Oktober 2000, wo der Kläger vom 03. bis 31. August 2000 stationär behandelt worden war, bei und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 02. Januar 2001 im Wesentlichen mit der Begründung ab, mit den bestehenden Gesundheitsstörungen (koronare Zwei Gefäßerkrankung, Z.n. de novo AP bei hypertensiver Krise, V.a. rheumatische Grunderkrankung bei stark erhöhtem ANA Titer, chronisches Schmerzsyndrom bei Osteochondrose) könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein. Ein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente nach dem ab 01. Januar 2001 geltenden Recht bestehe gleichfalls nicht. Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger auf seinen Zustand nach koronarer Zwei Gefäßerkrankung, durch den es bereits bei geringer Belastung zu einer heftigen Angina pectoris Symptomatik komme. Leistungseinschränkend wirkten sich darüber hinaus seine orthopädischen Gesundheitsstörungen aus, insbesondere die Halswirbelsäulen(HWS)-Problema¬tik. Zudem hätten sich die Depressionen und Versagensängste verschlechtert. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der psychosomatischen Fachklinik M. vom 07. September 2001, wo der Kläger vom 06. Juni bis 20. Juli 2001 stationär behandelt worden war, bei. Aus dieser Behandlung war er für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig arbeitsfähig entlassen worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2001 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 18. Dezember 2001 schriftlich beim SG erhobenen Klage und machte geltend, er sei nicht nur von internistischer Seite eingeschränkt; leistungsmindernd wirkten sich auch die Einschränkungen im Bereich der HWS sowie seine psychischen Beschwerden und die Suchtproblematik aus. Dies sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit könne er deshalb nicht mehr nachgehen. Er legte verschiedene Arztbriefe vor. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes entgegen. Das SG hörte Dr. H., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie im Psychiatrischen Zentrum N., unter dem 22. März 2002, Prof. Dr. K., Chefarzt der Medizinischen Klinik in der F.-S.-Klinik B., unter dem 18. März 2002 sowie die Ärztin für Allgemeinmedizin K.-G. unter dem 11. April 2002 schriftlich als sachverständige Zeugen, zog den Entlassungsbericht der F. Klinik D., Klinik für psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Hypnose, vom 06. November 2002 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 02. September bis 12. Oktober 2002 bei und erhob das internistisch psychosomatische Gutachten des Dr. P., Facharzt für Innere Medizin und Psychotherapeutische Medizin-Psychoanalyse, vom 23. Mai 2003, das neurologische Gutachten des Dr. B., Chefarzt der Neurologischen Klinik am D.krankenhaus M., vom 15. Dezember 2003 sowie das orthopädische Gutachten des Dr. M., Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie, vom 09. März 2004. Mit Urteil vom 09. November 2004 wies es die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger könne mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen berufliche Tätigkeiten zumindest noch sechs Stunden täglich ausüben und sei daher nicht erwerbsgemindert. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers am 20. Dezember 2004 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.
Am 15. Januar 2005 hat der Kläger dagegen schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er trotz seiner Einschränkungen auf internistischem, neurologisch psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet noch leichte körperliche Arbeiten vollschichtig bzw. sechs Stunden täglich ausüben könne. Dem stehe insbesondere das vorgelegte arbeitsamtsärztliche Gutachten des Dr. R. vom 02. Dezember 2002 entgegen, der ihn für eine vollschichtige berufliche Tätigkeit nicht ausreichend belastbar erachtet habe. Unter Berücksichtigung näher dargelegter qualitativer Einschränkungen habe dieser ihn lediglich für eine leichte halbschichtige Tätigkeit einsetzbar gehalten. Er verwies auf die zahlreichen stationären Behandlungen, die einer Erwerbstätigkeit entgegen stünden (August 2000 Rehabilitationsklinik K. wegen koronarer Zwei Gefäßerkrankung; Juni/Juli 2001 Psychosomatische Fachklinik M. wegen schmerzbedingter Opiatabhängigkeit; August/September 2001 F.-S.-Klinik B. wegen instabiler Angina pectoris; Juli/August 2004 Psychiatrische Klinik im Universitätsklinikum H. wegen Abhängigkeitssyndrom; August/September 2005 Psychiatrisches Zentrum N. wegen depressiver Episode und Polytoxikomanieentgiftung). Es sei nicht ersichtlich, wie er im Hinblick auf seine Multimorbidität noch in der Lage sein solle, eine vollschichtige oder zumindest sechsstündige Tätigkeit auszuüben. Schließlich hätten auch die vom SG mit einer Begutachtung beauftragten Sachverständigen seine Beschwerden dargestellt und auf seine zahlreichen Einschränkungen verwiesen. Dass sich sein Zustand nach Bewilligung von Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01. Februar 2005 (vgl. Bescheid vom 04. August 2005) gebessert habe, werde nicht bestritten. Daraus sei jedoch nicht zu schließen, dass dieser Zustand bereits seit Beantragung der Erwerbsminderungsrente vorgelegen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. November 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2001 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. Januar 2002 bis 31. Januar 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die Stellungnahme des Dr. M. vom 14. Juli 2006 vorgelegt.
Der frühere Berichterstatter des Verfahrens hat Dr. D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, unter dem 12. Juni 2006 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für den noch streitigen Zeitraum vom 01. Januar 2002 bis zum Beginn der Altersrente, d.h. bis 31. Januar 2005, Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Denn der Kläger ist im Sinne der §§ 43 Abs. 1 und 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen der geltend gemachten Erwerbsminderungsrente im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung das Vorliegen der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen verneint. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung nach eigener Überprüfung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen ist der Kläger von internistischer, psychiatrischer, nervenärztlicher und orthopädischer Seite in seinem beruflichen Leistungsvermögen eingeschränkt. Die auf diesen Fachgebieten zu objektivierenden Erkrankungen sind jedoch weder für sich betrachtet noch in ihrer Gesamtschau so gravierend, dass der Kläger damit auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen selbst leichte berufliche Tätigkeiten nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich ausüben könnte. So ist der Kläger von orthopädischer Seite insbesondere durch ein Schmerzsyndrom beeinträchtigt, das vorwiegend die untere HWS betrifft. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M. in seinem Gutachten vom 09. März 2004 sind klinisch insoweit jedoch nur geringfügige Funktionsstörungen zu objektivieren, insbesondere ergeben sich keine eindeutigen Hinweise auf neurologische Ausfälle. Einen nennenswerten pathologischen Befund konnte er darüber hinaus weder im Bereich der Lendenwirbelsäule noch im Bereich der Schultergelenke feststellen. Zum Untersuchungszeitpunkt bei Dr. M. bestand allerdings eine Carpaltunnelsymptomatik, die jedoch sehr effektiv durch eine ambulant durchzuführende Operation behandelbar ist; eine solche war auch von dem Neurologen Dr. S. bereits vorgeschlagen worden. Von orthopädischer Seite ist der Kläger angesichts dessen durchaus in der Lage, leichte berufliche Tätigkeiten auszuüben, sofern Zwangshaltungen der HWS, Überkopfarbeiten, häufiges Bücken oder Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen ebenso vermieden werden wie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck und solche, die mit dem Erfordernis eines besonderen Konzentrations und Reaktionsvermögens einhergehen. Einer derartigen Tätigkeit stehen insbesondere auch nicht die internistischen oder die psychiatrischen Erkrankungen des Klägers entgegen. So ist der Kläger im Hinblick auf die koronare Zwei Gefäßerkrankung mit Belastungs Angina pectoris bei uneingeschränkter linksventrikulärer Funktion durchaus noch mit leichten beruflichen Tätigkeiten belastbar; denn die so beschriebenen Tätigkeiten schließen gerade keine Hebe und Tragebelastungen ein, die die körperliche Belastbarkeitsgrenze, die der Sachverständige Dr. P. mit 75 Watt angegeben hat, überschreiten. Auch die psychiatrischen Erkrankungen stehen einer derartigen Tätigkeit nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. nicht entgegen. Denn durch die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung mit anhaltender Angst und depressiver Störung, die anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie die Alkoholerkrankung und Opiatabhängigkeit ist beim Kläger lediglich in geringem Maße der Antrieb und die Konzentrations und Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Soweit dadurch in stärkerem Maße die Ausdauer und die Belastbarkeit durch Stressoren beeinträchtigt ist, ist diesen Faktoren bereits hinreichend durch die dargestellten qualitativen Einschränkung Rechnung getragen.
Die Annahme einer Erwerbsminderung in einem rentenberechtigenden Grade lässt sich entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung insbesondere auch nicht mit dem Gesichtspunkt begründen, dass in der Vergangenheit mehrere stationäre Behandlungen erforderlich geworden waren. Diese führten in den entsprechenden Zeiträumen und ggf. anschließend für eine gewisse Schonungszeit zwar zu Arbeitsunfähigkeit, hingegen rechtfertigen sie nicht den Schluss, dass der Kläger während des gesamten noch streitigen Zeitraums nicht in der Lage gewesen wäre, in nennenswertem Umfang einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Letztlich lassen sich auch der Auskunft des im Berufungsverfahren als sachverständigen Zeugen gehörten Dr. D. keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die gesundheitliche Situation des Klägers seit den Untersuchungen durch die gerichtlichen Sachverständigen rechtserheblich verschlechtert haben könnte. Vielmehr hat Dr. D. im Behandlungszeitraum von neurologisch psychiatrischer Seite sogar eine deutliche Verbesserung des Zustandsbildes beschrieben, wobei der Kläger zwischenzeitlich psychisch wesentlich ausgeglichener und stabiler sei. Soweit er eine Verschlechterung der Situation von Seiten der Wirbelsäule bzw. Gelenke erwähnt hat, vermag der Senat daraus keine für den Kläger günstigere Schlussfolgerungen zu ziehen. Denn ausgehend von dem von Dr. D. beschriebenen Behandlungszeitraum vom 13. Mai 2004 bis 09. Juni 2006 sieht der Senat keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Verschlechterung für den vorliegend zu beurteilenden Rentenanspruch bis 31. Januar 2005 noch von Relevanz ist.
Da sich nach alledem für den im Streit stehenden Zeitraum vom 01. Januar 2002 bis 31. Januar 2005 keine Gesundheitsstörungen feststellen lassen, die das Leistungsvermögen des Klägers derart einschränken, dass selbst leichte berufliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr zumindest sechs Stunden täglich verrichtet werden können, konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. Januar 2002 bis 31. Januar 2005 streitig.
Der 1945 geborene Kläger hat von 1959 bis 1962 den Beruf eines Malers erlernt. Seinen Angaben zufolge war er in diesem Beruf bis 1980 tätig und anschließend bis 1992 als Gießer. Von 1992 bis 1995 war der Kläger bei der Autobahnmeisterei K. als Straßenarbeiter beschäftigt. Eine von der Beklagten gewährte und im Februar 1996 begonnene berufsfördernde Maßnahme (Eingliederungslehrgang) brach der Kläger im September 1996 ab. Seither ist der Kläger arbeitslos bzw. arbeitsunfähig.
Einen ersten Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw. Berufsunfähigkeit (BU) vom 05. Februar 1997, den er mit Wirbelsäulenbeschwerden begründet hatte, hatte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 1997 und Widerspruchsbescheid vom 06. Mai 1998 abgelehnt. Die dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 2 RJ 2012/98) war erfolglos (Gerichtsbescheid vom 06. Oktober 1999).
Am 20. November 2000 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen EU bzw. BU; er begründete diese mit Herzproblemen. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 05. Oktober 2000, wo der Kläger vom 03. bis 31. August 2000 stationär behandelt worden war, bei und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 02. Januar 2001 im Wesentlichen mit der Begründung ab, mit den bestehenden Gesundheitsstörungen (koronare Zwei Gefäßerkrankung, Z.n. de novo AP bei hypertensiver Krise, V.a. rheumatische Grunderkrankung bei stark erhöhtem ANA Titer, chronisches Schmerzsyndrom bei Osteochondrose) könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein. Ein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente nach dem ab 01. Januar 2001 geltenden Recht bestehe gleichfalls nicht. Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger auf seinen Zustand nach koronarer Zwei Gefäßerkrankung, durch den es bereits bei geringer Belastung zu einer heftigen Angina pectoris Symptomatik komme. Leistungseinschränkend wirkten sich darüber hinaus seine orthopädischen Gesundheitsstörungen aus, insbesondere die Halswirbelsäulen(HWS)-Problema¬tik. Zudem hätten sich die Depressionen und Versagensängste verschlechtert. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der psychosomatischen Fachklinik M. vom 07. September 2001, wo der Kläger vom 06. Juni bis 20. Juli 2001 stationär behandelt worden war, bei. Aus dieser Behandlung war er für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig arbeitsfähig entlassen worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2001 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 18. Dezember 2001 schriftlich beim SG erhobenen Klage und machte geltend, er sei nicht nur von internistischer Seite eingeschränkt; leistungsmindernd wirkten sich auch die Einschränkungen im Bereich der HWS sowie seine psychischen Beschwerden und die Suchtproblematik aus. Dies sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit könne er deshalb nicht mehr nachgehen. Er legte verschiedene Arztbriefe vor. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes entgegen. Das SG hörte Dr. H., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie im Psychiatrischen Zentrum N., unter dem 22. März 2002, Prof. Dr. K., Chefarzt der Medizinischen Klinik in der F.-S.-Klinik B., unter dem 18. März 2002 sowie die Ärztin für Allgemeinmedizin K.-G. unter dem 11. April 2002 schriftlich als sachverständige Zeugen, zog den Entlassungsbericht der F. Klinik D., Klinik für psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Hypnose, vom 06. November 2002 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 02. September bis 12. Oktober 2002 bei und erhob das internistisch psychosomatische Gutachten des Dr. P., Facharzt für Innere Medizin und Psychotherapeutische Medizin-Psychoanalyse, vom 23. Mai 2003, das neurologische Gutachten des Dr. B., Chefarzt der Neurologischen Klinik am D.krankenhaus M., vom 15. Dezember 2003 sowie das orthopädische Gutachten des Dr. M., Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie, vom 09. März 2004. Mit Urteil vom 09. November 2004 wies es die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger könne mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen berufliche Tätigkeiten zumindest noch sechs Stunden täglich ausüben und sei daher nicht erwerbsgemindert. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers am 20. Dezember 2004 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.
Am 15. Januar 2005 hat der Kläger dagegen schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er trotz seiner Einschränkungen auf internistischem, neurologisch psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet noch leichte körperliche Arbeiten vollschichtig bzw. sechs Stunden täglich ausüben könne. Dem stehe insbesondere das vorgelegte arbeitsamtsärztliche Gutachten des Dr. R. vom 02. Dezember 2002 entgegen, der ihn für eine vollschichtige berufliche Tätigkeit nicht ausreichend belastbar erachtet habe. Unter Berücksichtigung näher dargelegter qualitativer Einschränkungen habe dieser ihn lediglich für eine leichte halbschichtige Tätigkeit einsetzbar gehalten. Er verwies auf die zahlreichen stationären Behandlungen, die einer Erwerbstätigkeit entgegen stünden (August 2000 Rehabilitationsklinik K. wegen koronarer Zwei Gefäßerkrankung; Juni/Juli 2001 Psychosomatische Fachklinik M. wegen schmerzbedingter Opiatabhängigkeit; August/September 2001 F.-S.-Klinik B. wegen instabiler Angina pectoris; Juli/August 2004 Psychiatrische Klinik im Universitätsklinikum H. wegen Abhängigkeitssyndrom; August/September 2005 Psychiatrisches Zentrum N. wegen depressiver Episode und Polytoxikomanieentgiftung). Es sei nicht ersichtlich, wie er im Hinblick auf seine Multimorbidität noch in der Lage sein solle, eine vollschichtige oder zumindest sechsstündige Tätigkeit auszuüben. Schließlich hätten auch die vom SG mit einer Begutachtung beauftragten Sachverständigen seine Beschwerden dargestellt und auf seine zahlreichen Einschränkungen verwiesen. Dass sich sein Zustand nach Bewilligung von Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01. Februar 2005 (vgl. Bescheid vom 04. August 2005) gebessert habe, werde nicht bestritten. Daraus sei jedoch nicht zu schließen, dass dieser Zustand bereits seit Beantragung der Erwerbsminderungsrente vorgelegen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. November 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2001 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. Januar 2002 bis 31. Januar 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die Stellungnahme des Dr. M. vom 14. Juli 2006 vorgelegt.
Der frühere Berichterstatter des Verfahrens hat Dr. D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, unter dem 12. Juni 2006 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für den noch streitigen Zeitraum vom 01. Januar 2002 bis zum Beginn der Altersrente, d.h. bis 31. Januar 2005, Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Denn der Kläger ist im Sinne der §§ 43 Abs. 1 und 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen der geltend gemachten Erwerbsminderungsrente im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung das Vorliegen der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen verneint. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung nach eigener Überprüfung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen ist der Kläger von internistischer, psychiatrischer, nervenärztlicher und orthopädischer Seite in seinem beruflichen Leistungsvermögen eingeschränkt. Die auf diesen Fachgebieten zu objektivierenden Erkrankungen sind jedoch weder für sich betrachtet noch in ihrer Gesamtschau so gravierend, dass der Kläger damit auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen selbst leichte berufliche Tätigkeiten nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich ausüben könnte. So ist der Kläger von orthopädischer Seite insbesondere durch ein Schmerzsyndrom beeinträchtigt, das vorwiegend die untere HWS betrifft. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M. in seinem Gutachten vom 09. März 2004 sind klinisch insoweit jedoch nur geringfügige Funktionsstörungen zu objektivieren, insbesondere ergeben sich keine eindeutigen Hinweise auf neurologische Ausfälle. Einen nennenswerten pathologischen Befund konnte er darüber hinaus weder im Bereich der Lendenwirbelsäule noch im Bereich der Schultergelenke feststellen. Zum Untersuchungszeitpunkt bei Dr. M. bestand allerdings eine Carpaltunnelsymptomatik, die jedoch sehr effektiv durch eine ambulant durchzuführende Operation behandelbar ist; eine solche war auch von dem Neurologen Dr. S. bereits vorgeschlagen worden. Von orthopädischer Seite ist der Kläger angesichts dessen durchaus in der Lage, leichte berufliche Tätigkeiten auszuüben, sofern Zwangshaltungen der HWS, Überkopfarbeiten, häufiges Bücken oder Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen ebenso vermieden werden wie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck und solche, die mit dem Erfordernis eines besonderen Konzentrations und Reaktionsvermögens einhergehen. Einer derartigen Tätigkeit stehen insbesondere auch nicht die internistischen oder die psychiatrischen Erkrankungen des Klägers entgegen. So ist der Kläger im Hinblick auf die koronare Zwei Gefäßerkrankung mit Belastungs Angina pectoris bei uneingeschränkter linksventrikulärer Funktion durchaus noch mit leichten beruflichen Tätigkeiten belastbar; denn die so beschriebenen Tätigkeiten schließen gerade keine Hebe und Tragebelastungen ein, die die körperliche Belastbarkeitsgrenze, die der Sachverständige Dr. P. mit 75 Watt angegeben hat, überschreiten. Auch die psychiatrischen Erkrankungen stehen einer derartigen Tätigkeit nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. nicht entgegen. Denn durch die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung mit anhaltender Angst und depressiver Störung, die anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie die Alkoholerkrankung und Opiatabhängigkeit ist beim Kläger lediglich in geringem Maße der Antrieb und die Konzentrations und Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Soweit dadurch in stärkerem Maße die Ausdauer und die Belastbarkeit durch Stressoren beeinträchtigt ist, ist diesen Faktoren bereits hinreichend durch die dargestellten qualitativen Einschränkung Rechnung getragen.
Die Annahme einer Erwerbsminderung in einem rentenberechtigenden Grade lässt sich entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung insbesondere auch nicht mit dem Gesichtspunkt begründen, dass in der Vergangenheit mehrere stationäre Behandlungen erforderlich geworden waren. Diese führten in den entsprechenden Zeiträumen und ggf. anschließend für eine gewisse Schonungszeit zwar zu Arbeitsunfähigkeit, hingegen rechtfertigen sie nicht den Schluss, dass der Kläger während des gesamten noch streitigen Zeitraums nicht in der Lage gewesen wäre, in nennenswertem Umfang einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Letztlich lassen sich auch der Auskunft des im Berufungsverfahren als sachverständigen Zeugen gehörten Dr. D. keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die gesundheitliche Situation des Klägers seit den Untersuchungen durch die gerichtlichen Sachverständigen rechtserheblich verschlechtert haben könnte. Vielmehr hat Dr. D. im Behandlungszeitraum von neurologisch psychiatrischer Seite sogar eine deutliche Verbesserung des Zustandsbildes beschrieben, wobei der Kläger zwischenzeitlich psychisch wesentlich ausgeglichener und stabiler sei. Soweit er eine Verschlechterung der Situation von Seiten der Wirbelsäule bzw. Gelenke erwähnt hat, vermag der Senat daraus keine für den Kläger günstigere Schlussfolgerungen zu ziehen. Denn ausgehend von dem von Dr. D. beschriebenen Behandlungszeitraum vom 13. Mai 2004 bis 09. Juni 2006 sieht der Senat keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Verschlechterung für den vorliegend zu beurteilenden Rentenanspruch bis 31. Januar 2005 noch von Relevanz ist.
Da sich nach alledem für den im Streit stehenden Zeitraum vom 01. Januar 2002 bis 31. Januar 2005 keine Gesundheitsstörungen feststellen lassen, die das Leistungsvermögen des Klägers derart einschränken, dass selbst leichte berufliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr zumindest sechs Stunden täglich verrichtet werden können, konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung
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