Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3350/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 6257/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 8.11.2006 wird aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9.2002 erhobenen Klage wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge
Der Streitwert wird auf 3.287,13 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Der Antragsteller ist bei der Stadt R. als Hausmeister angestellt. Unter dem 1.3.1991 hat er mit dieser außerdem eine als Werkvertrag bezeichnete Vereinbarung (im Folgenden: Werkvertrag) über die Gebäudereinigung des städtischen W.gymnasiums abgeschlossen (Senatsakte S. 21). Hierfür hat er teils Familienangehörige, teils Dritte als Hilfskräfte eingesetzt. Im Werkvertrag ist eine Vergütung festgelegt, die sich nach Lohngruppe I, Stufe 1 BMT-G II, der zu reinigenden Fläche zzgl. des jeweiligen Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung richten soll (seinerzeit: 6.896,75 DM); die Vergütung ist widerruflich, wenn sich (bspw.) wegen Änderung der Lohngruppen die Berechnungsgrundlagen ändern (Absatz 2.1). Der Werkvertrag ist mit einer Frist von 6 Wochen zum Quartalsende kündbar; das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist ebenfalls festgelegt (Absatz 2.2). Die vom Antragsteller geschuldeten Reinigungsarbeiten sind in Absatz 3 beschrieben. Gem. Absatz 3.1.8 hat der Antragsteller das erforderliche Personal selbst zu stellen; die Reinigungsmittel und Reinigungsgeräte stellt die Stadt. Diese stellt auch Wasser, elektrischen Strom, Umkleide- und Abstellräume unentgeltlich zur Verfügung. Die Übertragung von Arbeiten an Dritte bedarf der Zustimmung der Stadt.
Nach Durchführung einer den Zeitraum vom 1.1.1997 bis 31.12.2000 betreffenden Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV) gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 20.12.2001 auf, Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 25.716,26 DM nachzuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller habe den in seinem Gebäudereinigungsbetrieb beschäftigten Aushilfen das diesen nach dem Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk (Verwaltungsakte S. 137) zustehende Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht gezahlt. Werde dies dem Arbeitsentgelt hinzugerechnet, sei die Entgeltgrenze für geringfügige Beschäftigungen überschritten und es trete (nach Maßgabe des Entstehungsprinzips) Sozialversicherungspflicht ein. Außerdem seien die Umlagen zur Aufbringung der Mittel für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bzw. für Arbeitgeberleistungen bei Mutterschaft nicht vollständig abgeführt worden.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Antragsteller vor, für den Eintritt der Sozialversicherungspflicht sei der tatsächliche Zufluss der Entgeltzahlungen (Zuflussprinzip) maßgeblich. Sowohl er als Arbeitgeber wie die Arbeitnehmer, mit denen er Arbeitsverträge abgeschlossen habe, hätten die Sozialversicherungspflicht vermeiden wollen. Außerdem betreibe er kein Gebäudereinigerhandwerk, da er in die Handwerksrolle nicht eingetragen sei und keine Beiträge an die zuständige Berufsgenossenschaft abführe. Gegenstand seines Unternehmens sei eine "Hausfrauenreinigung". Deshalb binde ihn der Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk nicht. Schließlich sei auch nur der Lohntarifvertrag und nicht der Manteltarifvertrag, der das Weihnachtsgeld festlege, für allgemeinverbindlich erklärt worden. Ohne Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes sei die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten. Ein etwaiger Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei im Übrigen erfüllt worden, da er Lohn auch für Zeiten, in denen nicht gearbeitet worden sei – wie die Schulferien – gezahlt habe. Hierfür legte der Antragsteller einen nachträglich (am 10.4.2002) abgefassten Arbeitsvertrag mit einer Arbeitnehmerin vor (Verwaltungsakte S. 121); dabei handele es sich um die schriftliche Bestätigung entsprechender mündlicher Abreden. Unklar sei, ob er überhaupt die Stellung eines Arbeitgebers habe. Die Reinigungstätigkeit könnte auch Teil seiner (abhängigen) Beschäftigung als Hausmeister sein. Gegen die Anwendung des Entstehungsprinzips mache er Vertrauensschutz geltend, da sich die Prüfungspraxis insoweit geändert habe.
Mit Bescheid vom 3.7.2002 (Verwaltungsakte S. 241) lehnte die Antragsgegnerin einen vom Antragsteller gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Nachforderungsbescheids ab. Für die Begründung der Sozialversicherungspflicht sei das Entstehungsprinzip und nicht das Zuflussprinzip maßgeblich. Anzuwenden sei der Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk (Fassung vom 24.4.1996). Dieser sei für allgemeinverbindlich erklärt worden. Die Allgemeinverbindlichkeit habe bis zum 30.4.2000 gegolten. Nach diesem Tarifvertrag hätten die Arbeitnehmer Anspruch auf eine Sonderzahlung, bestehend aus Urlaubsentgelt und einer Jahressondervergütung (§§ 14 Nr. 2, 15). Entsprechende Regelungen fänden sich im nachfolgenden Rahmentarifvertrag vom 16.8.2000, dessen Allgemeinverbindlichkeit zum 1.9.2000 begonnen habe. Für die Zeit vom 1.5. bis 30.8.2000 wirke der erstgenannte Tarifvertrag nach (§ 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz, TVG). Die Tarifregelungen gälten für alle Betriebe, die dem Gebäudereinigerhandwerk zuzurechnende Tätigkeiten ausübten, und damit auch für den Betrieb des Antragstellers. Auf die Eintragung in die Handwerksrolle komme es nicht an. Der Antragsteller habe damit die Bestimmungen über Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu beachten. Ein etwaiger Verzicht auf Arbeitsentgelt sei unerheblich, da die hierfür geltenden Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Das gelte insbesondere hinsichtlich des im Nachhinein vorgelegten Arbeitsvertrags mit dem Datum des 10.4.2002. Der darin vereinbarten (pauschalen) Vergütungsregelung könne außerdem die Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsentgelts nicht entnommen werden, weshalb eine Überprüfung an Hand des Tarifvertrags nicht möglich sei. Die vom Antragsteller behauptete Auszahlungsweise (Verteilung nur auf Monate, in denen nicht gearbeitet werde) sei unzulässig und eröffne Manipulationsmöglichkeiten. Vertrauensschutz hinsichtlich der Anwendung des Entstehungsprinzips komme nicht in Betracht; die Rechtsauffassung habe sich insoweit nicht geändert. Unbeachtlich sei, dass Verstöße gegen das Entstehungsprinzip in der Vergangenheit nicht geahndet worden seien. Die Arbeitgeberstellung des Antragstellers sei nicht zweifelhaft, zumal er nicht nur Familienangehörige beschäftigt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.9.2002 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Nachforderungsbescheid zurück; zur Begründung wiederholte sie die Gründe des Bescheids vom 3.7.2002.
Am 24.10.2002 hat der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit Beschluss vom 3.12.2003 ordnete das Sozialgericht das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf beim Bundessozialgericht anhängige Revisionsverfahren zur Anwendung des Zufluss- bzw. Entstehungsprinzips an. Am 27.7.2004 hat die Antragsgegnerin das Verfahren im Hinblick auf das mittlerweile ergangene Urteil des Bundessozialgerichts (zur Anwendung des Entstehungsprinzips) vom 14.7.2004 (B 12 KR 1/04 R) wieder angerufen. Der Antragsteller hält an der Klage fest und trägt ergänzend vor, die Antragsgegnerin habe eine Betriebsprüfung bei der Stadt Ravensburg durchgeführt und dabei die Auffassung vertreten, er übe dort eine unselbständige Beschäftigung aus. Deshalb führe die Stadt auch Sozialversicherungsbeiträge für ihn ab. Die Antragsgegnerin könne ihn daher im vorliegenden Verfahren nicht als Selbständigen einstufen; andernfalls handele sie widersprüchlich.
Am 21.12.2005 suchte der Antragsteller beim Sozialgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach. Die Antragsgegnerin setzte die Vollziehung des Nachforderungsbescheids zunächst im Hinblick auf die Betriebsprüfung bei der Stadt R. aus. Die Vollziehungsaussetzung wurde zum 31.5.2006 beendet; nach Abklärung mit der Stadt R. sei der Antragsteller als selbständig Erwerbstätiger einzustufen (Stellungnahme des Betriebsprüfers vom 22.6.2006); ein entsprechender Statusfeststellungsbescheid erging nicht.
Mit Beschluss vom 8.11.2006 lehnte das Sozialgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Der Nachforderungsbescheid lasse Rechtsfehler nicht erkennen. Die Vollziehung treffe den Antragsteller auch nicht unbillig hart; hierfür sei nichts vorgetragen.
Auf den ihm am 13.11.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 13.12.2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abhalf. Er trägt ergänzend vor, er sei nicht als selbständiger Unternehmer tätig, sondern abhängig Beschäftigter der Stadt R ... Seine Tätigkeiten als angestellter Hausmeister und als Gebäudereiniger auf Grund des mit der Stadt R. abgeschlossenen Werkvertrags seien untrennbar miteinander verknüpft und könnten in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht daher nur einheitlich beurteilt werden. Insgesamt liege (nur) ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. So sei er (im Hinblick auf die Reinigungsarbeiten im W:gymnasium) einem Mitarbeiter des Hochbauamts der Stadtverwaltung unterstellt und erhalte Weisungen für die Verrichtung seiner Hausmeisterdienste. Insoweit sei auf ein Schreiben der Stadt R. an die Handwerkskammer U. vom 7.4.1992 verwiesen, wonach er keinen Handwerksbetrieb eröffnet habe und seine Gewerbeanzeige mit der Eintragung "Gebäudereinigung" daher unrichtig sei (Senatsakte S. 17). Er müsse die Lichter (im Gymnasium) löschen und kontrollieren, ob die Türen geschlossen seien, sowie in der großen Pause den Flur reinigen. Daher habe er eine "Doppelrolle" als Hausmeister und Gebäudereiniger. Die Reinigungsmittel würden von der Stadt gestellt; andere dürfe er nicht benutzen. Er dürfe nach mündlicher Weisung durch die Stadt auch nicht für andere Auftraggeber arbeiten. Meldungen zur zuständigen Berufsgenossenschaft habe er nicht abgegeben. Bei Engpässen oder Sonderreinigungen stelle die Stadt eigenes Personal bereit. Er bekomme einen festen Monatslohn; im mit der Stadt geschlossenen Werkvertrag sei er in die Lohngruppe 1, Stufe 1 BTM-GII eingestuft worden, während mit Gebäudereinigungsunternehmen ansonsten pauschal pro Reinigung abgerechnet werde. Außerdem habe sich die Stadt im Werkvertrag verpflichtet, den Arbeitgeberanteil am Sozialversicherungsbeitrag zu übernehmen. Festgelegt sei die für Angestellte geltende Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende. Unter Absatz 3.1.8 des Werkvertrags seien detaillierte Anweisungen zur Durchführung der Reinigung festgehalten. Insgesamt weise der Werkvertrag Bestandteile auf, die nur in Arbeitsverträgen zu finden seien. Ein Unternehmerrisiko trage er nicht. Er trete auch nach außen nicht auf, erst recht nicht als Unternehmer, und er stelle keine Rechnungen aus. Die Stadt bezahle ihn wie andere Mitarbeiter auch. Eine bindende Statusentscheidung liege nicht vor. Nach alledem sei er als abhängig Beschäftigter zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für seine Hilfskräfte nicht verpflichtet.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 8.11.2006 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9.2002 erhobenen Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, bislang sei immer vom Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit ausgegangen worden; darüber habe kein Streit geherrscht. Aus dem Werkvertrag mit der Stadt R. ergäben sich Hinweise auf die Unternehmerstellung des Antragstellers. So sei dieser nicht selbst zur Leistungserbringung verpflichtet und dürfe Hilfskräfte einsetzen. Die Hilfskräfte würden vom Antragsteller und nicht von der Stadt angestellt. Mit deren Zustimmung könnten die Reinigungsarbeiten auch auf Subunternehmer übertragen werden. Der Antragsteller dürfe auch für andere Auftraggeber tätig werden; anderes könne dem Werkvertrag nicht entnommen werden. Der Antragsteller sei für die korrekte Ausführung der Reinigungsarbeiten durch sein Personal verantwortlich. Er müsse die Leistungserbringung auch bei Personalausfall sicherstellen. Aus den Akten gehe nicht hervor, dass die Stadt in solchen Fällen eigenes Personal einsetze. Unüblich sei allerdings, dass die Reinigungsmittel kostenlos gestellt würden und die Hilfskräfte des Antragstellers Umkleideräume unentgeltlich nutzen dürften. Die im Werkvertrag nach der Lohngruppe I Stufe 1 BMT-G II festgelegte Stundenvergütung betreffe nicht den Haumeisterlohn des Antragstellers, sondern die an sein Reinigungsunternehmen zu zahlende Vergütung. Qualitätskontrollen durch die Stadt fielen nicht unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht komme es auf eine Eintragung in die Handwerksrolle nicht an. Insgesamt müssten die (abhängige) Hausmeistertätigkeit des Antragstellers und dessen Tätigkeit als Reinigungsunternehmer voneinander getrennt beurteilt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
II.
Die gem. §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die aufschiebende Wirkung seiner gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin erhobenen Klage anzuordnen.
Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist vorliegend gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage - wie hier bei der Anforderung von Beiträgen (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG) - keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das setzt voraus, dass das Aufschubinteresse des Betroffenen das Interesse der Allgemeinheit oder eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung überwiegt. In den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG) geht der Gesetzgeber vom grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses aus. Soweit es um die Fälle des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG, namentlich die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben geht, soll die Aussetzung der Vollziehung - gem. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG durch die Verwaltung - daher nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Maßstäbe gelten für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Gerichte entsprechend (Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 86b Rdnr. 12c). Ernstliche Zweifel i. S. d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG liegen vor, wenn der Erfolg des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 14.2.2005, - L 5 ER 133/04 KR - oder LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.1.2005, - L 2 B 9/03 KR ER -).
Beim gegenwärtigen Verfahrensstand bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung, so dass die Vollziehung des Nachforderungsbescheids auszusetzen ist. Denn auf der Grundlage des dem Senat zur Beurteilung unterbreiteten Sachverhalts kommt in Betracht, dass der Antragsteller in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht als selbständiger (Reinigungs-)Unternehmer, sondern insgesamt, auch hinsichtlich der Gebäudereinigung des W.gymnasiums, als Beschäftigter der Stadt Ravensburg eingestuft werden könnte. Dieser Frage wird das Sozialgericht noch näher nachzugehen haben. Hierzu wird es unerlässlich sein, die betroffenen Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger zum Verfahren beizuladen. Geboten erscheint auch die Beiladung der Stadt R. als potentieller Arbeitgeberin des Antragstellers; diese dürfte zur notwendigen Aufklärung des Sachverhalts maßgeblich beitragen können.
Zwar spricht manches für die Unternehmerstellung des Antragstellers. So machte er zu Beginn des Verfahrens selbst geltend, Gegenstand "seines Unternehmens", für das er – offenbar auf Veranlassung der Stadt R. – eine Gewerbeanzeige abgegeben hatte, sei eine "Hausfrauenreinigung". In diesem Verfahrensstadium war Kern des Streits allerdings noch die Frage, ob es hinsichtlich der Grenze geringfügiger Beschäftigung auf den Zufluss des Entgelts an den Beschäftigten oder auf die Entstehung des Entgeltanspruchs ankommt. Außerdem hatte der Antragsteller auch damals schon Zweifel an seiner Arbeitgebereigenschaft geäußert und insoweit darauf hingewiesen, die in Rede stehende Reinigungstätigkeit könnte auch Teil seiner (abhängigen) Beschäftigung als Hausmeister bei der Stadt R. sein. Die Antragsgegnerin ist dem offenbar nicht ausreichend nachgegangen und hat stattdessen in der Begründung des Nachforderungsbescheids die Arbeitgeberstellung des Antragstellers ohne eingehendere Prüfung wegen der Beschäftigung nicht nur von Familienangehörigen als "nicht zweifelhaft" angesehen. Dieser Gesichtspunkt für sich allein wird indessen nicht den Ausschlag geben können, nachdem mittlerweile gewichtige Anhaltspunkte für die Einstufung des Antragstellers als Beschäftigter der Stadt R. auch hinsichtlich der streitigen Gebäudereinigung bekannt geworden sind. Diese folgen in erster Linie aus dem Vertrag, den der Antragsteller hierüber unter dem 1.3.1991 mit der Stadt R. abgeschlossen hat. Er enthält jedenfalls Bestandteile, die auf eine abhängige Beschäftigung schließen lassen können, wie die Festlegung eines fixen Monatsgehalts, der in Anlehnung an tarifvertragliche Regelungen berechnet wird und ggf. widerrufen werden kann, die Vereinbarung einer (bei Angestellten gebräuchlichen) Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende oder die Bereitstellung von Reinigungsmitteln und (insbesondere) Reinigungsgeräten durch die Stadt. Außerdem ist es offenbar Sache der Stadt, bei Engpässen mit eigenem Personal auszuhelfen. Schließlich hat der Antragsteller bislang der Sache nach unwidersprochen geltend gemacht, die Stadtverwaltung habe ihn mündlich angewiesen, nicht für andere Auftraggeber Reinigungsarbeiten anzubieten und durchzuführen. Rechnungen stellt der Antragsteller ebenfalls nicht aus, er wird vielmehr von der Stadt offenbar wie andere Beschäftigte unter Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen auch bezahlt. All das ist für die Tätigkeit eines selbständigen Unternehmens des Gebäudereinigergewerbes untypisch und lässt insbesondere ein echtes Unternehmerrisiko nicht erkennen. Kapital hat der Antragsteller offenbar nicht einzusetzen, nachdem die Reinigungsgeräte sowie die Reinigungsmittel von der Stadt zur Verfügung gestellt werden; der etwaige Verlust des Auftrags zur Reinigung des W.gymnasiums gleicht eher dem Risiko eines Arbeitnehmers, der durch Kündigung seinen Arbeitsplatz (bzw. eine Zusatzbeschäftigung) verlieren kann.
Nach alledem ist bei gegebener Sachlage das Gesamtbild einer - neben der Beschäftigung als Haumeister ausgeübten - selbständigen Erwerbstätigkeit des Antragstellers als Gebäudereinigungsunternehmer nicht erkennbar. Näherer Klärung im weiteren Verfahren, ggf. unter Beteiligung der noch beizuladenden Reinigungskräfte, Versicherungsträger bzw. der Stadt R., bedarf daher, inwieweit die (unstreitig) abhängige Beschäftigung des Antragstellers als (Schul-)Hausmeister bei der Stadt R. und die für die Stadt außerdem ausgeübte Tätigkeit als (Schul-)Reiniger in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht von einander getrennt beurteilt werden können oder miteinander verknüpft sind. Nähere Feststellungen hierzu sind nicht getroffen worden. Die bloße nicht weiter begründete Stellungnahme eines Betriebsprüfers, die die Antragsgegnerin vorgelegt hat, führt nicht weiter. Die notwendigen Ermittlungen wird das Sozialgericht nunmehr durchzuführen haben; sie sind nicht Sache des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1, 47 GKG (1/4 des für die Hauptsache maßgeblichen Streitwerts von 13.148,51 EUR - vgl. Senatsbeschluss vom 11.9.2006, - L 5 KR 2854/06 W-A -).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge
Der Streitwert wird auf 3.287,13 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Der Antragsteller ist bei der Stadt R. als Hausmeister angestellt. Unter dem 1.3.1991 hat er mit dieser außerdem eine als Werkvertrag bezeichnete Vereinbarung (im Folgenden: Werkvertrag) über die Gebäudereinigung des städtischen W.gymnasiums abgeschlossen (Senatsakte S. 21). Hierfür hat er teils Familienangehörige, teils Dritte als Hilfskräfte eingesetzt. Im Werkvertrag ist eine Vergütung festgelegt, die sich nach Lohngruppe I, Stufe 1 BMT-G II, der zu reinigenden Fläche zzgl. des jeweiligen Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung richten soll (seinerzeit: 6.896,75 DM); die Vergütung ist widerruflich, wenn sich (bspw.) wegen Änderung der Lohngruppen die Berechnungsgrundlagen ändern (Absatz 2.1). Der Werkvertrag ist mit einer Frist von 6 Wochen zum Quartalsende kündbar; das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist ebenfalls festgelegt (Absatz 2.2). Die vom Antragsteller geschuldeten Reinigungsarbeiten sind in Absatz 3 beschrieben. Gem. Absatz 3.1.8 hat der Antragsteller das erforderliche Personal selbst zu stellen; die Reinigungsmittel und Reinigungsgeräte stellt die Stadt. Diese stellt auch Wasser, elektrischen Strom, Umkleide- und Abstellräume unentgeltlich zur Verfügung. Die Übertragung von Arbeiten an Dritte bedarf der Zustimmung der Stadt.
Nach Durchführung einer den Zeitraum vom 1.1.1997 bis 31.12.2000 betreffenden Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV) gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 20.12.2001 auf, Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 25.716,26 DM nachzuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller habe den in seinem Gebäudereinigungsbetrieb beschäftigten Aushilfen das diesen nach dem Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk (Verwaltungsakte S. 137) zustehende Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht gezahlt. Werde dies dem Arbeitsentgelt hinzugerechnet, sei die Entgeltgrenze für geringfügige Beschäftigungen überschritten und es trete (nach Maßgabe des Entstehungsprinzips) Sozialversicherungspflicht ein. Außerdem seien die Umlagen zur Aufbringung der Mittel für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bzw. für Arbeitgeberleistungen bei Mutterschaft nicht vollständig abgeführt worden.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Antragsteller vor, für den Eintritt der Sozialversicherungspflicht sei der tatsächliche Zufluss der Entgeltzahlungen (Zuflussprinzip) maßgeblich. Sowohl er als Arbeitgeber wie die Arbeitnehmer, mit denen er Arbeitsverträge abgeschlossen habe, hätten die Sozialversicherungspflicht vermeiden wollen. Außerdem betreibe er kein Gebäudereinigerhandwerk, da er in die Handwerksrolle nicht eingetragen sei und keine Beiträge an die zuständige Berufsgenossenschaft abführe. Gegenstand seines Unternehmens sei eine "Hausfrauenreinigung". Deshalb binde ihn der Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk nicht. Schließlich sei auch nur der Lohntarifvertrag und nicht der Manteltarifvertrag, der das Weihnachtsgeld festlege, für allgemeinverbindlich erklärt worden. Ohne Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes sei die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten. Ein etwaiger Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei im Übrigen erfüllt worden, da er Lohn auch für Zeiten, in denen nicht gearbeitet worden sei – wie die Schulferien – gezahlt habe. Hierfür legte der Antragsteller einen nachträglich (am 10.4.2002) abgefassten Arbeitsvertrag mit einer Arbeitnehmerin vor (Verwaltungsakte S. 121); dabei handele es sich um die schriftliche Bestätigung entsprechender mündlicher Abreden. Unklar sei, ob er überhaupt die Stellung eines Arbeitgebers habe. Die Reinigungstätigkeit könnte auch Teil seiner (abhängigen) Beschäftigung als Hausmeister sein. Gegen die Anwendung des Entstehungsprinzips mache er Vertrauensschutz geltend, da sich die Prüfungspraxis insoweit geändert habe.
Mit Bescheid vom 3.7.2002 (Verwaltungsakte S. 241) lehnte die Antragsgegnerin einen vom Antragsteller gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Nachforderungsbescheids ab. Für die Begründung der Sozialversicherungspflicht sei das Entstehungsprinzip und nicht das Zuflussprinzip maßgeblich. Anzuwenden sei der Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk (Fassung vom 24.4.1996). Dieser sei für allgemeinverbindlich erklärt worden. Die Allgemeinverbindlichkeit habe bis zum 30.4.2000 gegolten. Nach diesem Tarifvertrag hätten die Arbeitnehmer Anspruch auf eine Sonderzahlung, bestehend aus Urlaubsentgelt und einer Jahressondervergütung (§§ 14 Nr. 2, 15). Entsprechende Regelungen fänden sich im nachfolgenden Rahmentarifvertrag vom 16.8.2000, dessen Allgemeinverbindlichkeit zum 1.9.2000 begonnen habe. Für die Zeit vom 1.5. bis 30.8.2000 wirke der erstgenannte Tarifvertrag nach (§ 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz, TVG). Die Tarifregelungen gälten für alle Betriebe, die dem Gebäudereinigerhandwerk zuzurechnende Tätigkeiten ausübten, und damit auch für den Betrieb des Antragstellers. Auf die Eintragung in die Handwerksrolle komme es nicht an. Der Antragsteller habe damit die Bestimmungen über Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu beachten. Ein etwaiger Verzicht auf Arbeitsentgelt sei unerheblich, da die hierfür geltenden Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Das gelte insbesondere hinsichtlich des im Nachhinein vorgelegten Arbeitsvertrags mit dem Datum des 10.4.2002. Der darin vereinbarten (pauschalen) Vergütungsregelung könne außerdem die Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsentgelts nicht entnommen werden, weshalb eine Überprüfung an Hand des Tarifvertrags nicht möglich sei. Die vom Antragsteller behauptete Auszahlungsweise (Verteilung nur auf Monate, in denen nicht gearbeitet werde) sei unzulässig und eröffne Manipulationsmöglichkeiten. Vertrauensschutz hinsichtlich der Anwendung des Entstehungsprinzips komme nicht in Betracht; die Rechtsauffassung habe sich insoweit nicht geändert. Unbeachtlich sei, dass Verstöße gegen das Entstehungsprinzip in der Vergangenheit nicht geahndet worden seien. Die Arbeitgeberstellung des Antragstellers sei nicht zweifelhaft, zumal er nicht nur Familienangehörige beschäftigt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.9.2002 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Nachforderungsbescheid zurück; zur Begründung wiederholte sie die Gründe des Bescheids vom 3.7.2002.
Am 24.10.2002 hat der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit Beschluss vom 3.12.2003 ordnete das Sozialgericht das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf beim Bundessozialgericht anhängige Revisionsverfahren zur Anwendung des Zufluss- bzw. Entstehungsprinzips an. Am 27.7.2004 hat die Antragsgegnerin das Verfahren im Hinblick auf das mittlerweile ergangene Urteil des Bundessozialgerichts (zur Anwendung des Entstehungsprinzips) vom 14.7.2004 (B 12 KR 1/04 R) wieder angerufen. Der Antragsteller hält an der Klage fest und trägt ergänzend vor, die Antragsgegnerin habe eine Betriebsprüfung bei der Stadt Ravensburg durchgeführt und dabei die Auffassung vertreten, er übe dort eine unselbständige Beschäftigung aus. Deshalb führe die Stadt auch Sozialversicherungsbeiträge für ihn ab. Die Antragsgegnerin könne ihn daher im vorliegenden Verfahren nicht als Selbständigen einstufen; andernfalls handele sie widersprüchlich.
Am 21.12.2005 suchte der Antragsteller beim Sozialgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach. Die Antragsgegnerin setzte die Vollziehung des Nachforderungsbescheids zunächst im Hinblick auf die Betriebsprüfung bei der Stadt R. aus. Die Vollziehungsaussetzung wurde zum 31.5.2006 beendet; nach Abklärung mit der Stadt R. sei der Antragsteller als selbständig Erwerbstätiger einzustufen (Stellungnahme des Betriebsprüfers vom 22.6.2006); ein entsprechender Statusfeststellungsbescheid erging nicht.
Mit Beschluss vom 8.11.2006 lehnte das Sozialgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Der Nachforderungsbescheid lasse Rechtsfehler nicht erkennen. Die Vollziehung treffe den Antragsteller auch nicht unbillig hart; hierfür sei nichts vorgetragen.
Auf den ihm am 13.11.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 13.12.2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abhalf. Er trägt ergänzend vor, er sei nicht als selbständiger Unternehmer tätig, sondern abhängig Beschäftigter der Stadt R ... Seine Tätigkeiten als angestellter Hausmeister und als Gebäudereiniger auf Grund des mit der Stadt R. abgeschlossenen Werkvertrags seien untrennbar miteinander verknüpft und könnten in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht daher nur einheitlich beurteilt werden. Insgesamt liege (nur) ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. So sei er (im Hinblick auf die Reinigungsarbeiten im W:gymnasium) einem Mitarbeiter des Hochbauamts der Stadtverwaltung unterstellt und erhalte Weisungen für die Verrichtung seiner Hausmeisterdienste. Insoweit sei auf ein Schreiben der Stadt R. an die Handwerkskammer U. vom 7.4.1992 verwiesen, wonach er keinen Handwerksbetrieb eröffnet habe und seine Gewerbeanzeige mit der Eintragung "Gebäudereinigung" daher unrichtig sei (Senatsakte S. 17). Er müsse die Lichter (im Gymnasium) löschen und kontrollieren, ob die Türen geschlossen seien, sowie in der großen Pause den Flur reinigen. Daher habe er eine "Doppelrolle" als Hausmeister und Gebäudereiniger. Die Reinigungsmittel würden von der Stadt gestellt; andere dürfe er nicht benutzen. Er dürfe nach mündlicher Weisung durch die Stadt auch nicht für andere Auftraggeber arbeiten. Meldungen zur zuständigen Berufsgenossenschaft habe er nicht abgegeben. Bei Engpässen oder Sonderreinigungen stelle die Stadt eigenes Personal bereit. Er bekomme einen festen Monatslohn; im mit der Stadt geschlossenen Werkvertrag sei er in die Lohngruppe 1, Stufe 1 BTM-GII eingestuft worden, während mit Gebäudereinigungsunternehmen ansonsten pauschal pro Reinigung abgerechnet werde. Außerdem habe sich die Stadt im Werkvertrag verpflichtet, den Arbeitgeberanteil am Sozialversicherungsbeitrag zu übernehmen. Festgelegt sei die für Angestellte geltende Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende. Unter Absatz 3.1.8 des Werkvertrags seien detaillierte Anweisungen zur Durchführung der Reinigung festgehalten. Insgesamt weise der Werkvertrag Bestandteile auf, die nur in Arbeitsverträgen zu finden seien. Ein Unternehmerrisiko trage er nicht. Er trete auch nach außen nicht auf, erst recht nicht als Unternehmer, und er stelle keine Rechnungen aus. Die Stadt bezahle ihn wie andere Mitarbeiter auch. Eine bindende Statusentscheidung liege nicht vor. Nach alledem sei er als abhängig Beschäftigter zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für seine Hilfskräfte nicht verpflichtet.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 8.11.2006 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9.2002 erhobenen Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, bislang sei immer vom Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit ausgegangen worden; darüber habe kein Streit geherrscht. Aus dem Werkvertrag mit der Stadt R. ergäben sich Hinweise auf die Unternehmerstellung des Antragstellers. So sei dieser nicht selbst zur Leistungserbringung verpflichtet und dürfe Hilfskräfte einsetzen. Die Hilfskräfte würden vom Antragsteller und nicht von der Stadt angestellt. Mit deren Zustimmung könnten die Reinigungsarbeiten auch auf Subunternehmer übertragen werden. Der Antragsteller dürfe auch für andere Auftraggeber tätig werden; anderes könne dem Werkvertrag nicht entnommen werden. Der Antragsteller sei für die korrekte Ausführung der Reinigungsarbeiten durch sein Personal verantwortlich. Er müsse die Leistungserbringung auch bei Personalausfall sicherstellen. Aus den Akten gehe nicht hervor, dass die Stadt in solchen Fällen eigenes Personal einsetze. Unüblich sei allerdings, dass die Reinigungsmittel kostenlos gestellt würden und die Hilfskräfte des Antragstellers Umkleideräume unentgeltlich nutzen dürften. Die im Werkvertrag nach der Lohngruppe I Stufe 1 BMT-G II festgelegte Stundenvergütung betreffe nicht den Haumeisterlohn des Antragstellers, sondern die an sein Reinigungsunternehmen zu zahlende Vergütung. Qualitätskontrollen durch die Stadt fielen nicht unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht komme es auf eine Eintragung in die Handwerksrolle nicht an. Insgesamt müssten die (abhängige) Hausmeistertätigkeit des Antragstellers und dessen Tätigkeit als Reinigungsunternehmer voneinander getrennt beurteilt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
II.
Die gem. §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die aufschiebende Wirkung seiner gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin erhobenen Klage anzuordnen.
Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist vorliegend gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage - wie hier bei der Anforderung von Beiträgen (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG) - keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das setzt voraus, dass das Aufschubinteresse des Betroffenen das Interesse der Allgemeinheit oder eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung überwiegt. In den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG) geht der Gesetzgeber vom grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses aus. Soweit es um die Fälle des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG, namentlich die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben geht, soll die Aussetzung der Vollziehung - gem. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG durch die Verwaltung - daher nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Maßstäbe gelten für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Gerichte entsprechend (Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 86b Rdnr. 12c). Ernstliche Zweifel i. S. d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG liegen vor, wenn der Erfolg des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 14.2.2005, - L 5 ER 133/04 KR - oder LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.1.2005, - L 2 B 9/03 KR ER -).
Beim gegenwärtigen Verfahrensstand bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung, so dass die Vollziehung des Nachforderungsbescheids auszusetzen ist. Denn auf der Grundlage des dem Senat zur Beurteilung unterbreiteten Sachverhalts kommt in Betracht, dass der Antragsteller in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht als selbständiger (Reinigungs-)Unternehmer, sondern insgesamt, auch hinsichtlich der Gebäudereinigung des W.gymnasiums, als Beschäftigter der Stadt Ravensburg eingestuft werden könnte. Dieser Frage wird das Sozialgericht noch näher nachzugehen haben. Hierzu wird es unerlässlich sein, die betroffenen Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger zum Verfahren beizuladen. Geboten erscheint auch die Beiladung der Stadt R. als potentieller Arbeitgeberin des Antragstellers; diese dürfte zur notwendigen Aufklärung des Sachverhalts maßgeblich beitragen können.
Zwar spricht manches für die Unternehmerstellung des Antragstellers. So machte er zu Beginn des Verfahrens selbst geltend, Gegenstand "seines Unternehmens", für das er – offenbar auf Veranlassung der Stadt R. – eine Gewerbeanzeige abgegeben hatte, sei eine "Hausfrauenreinigung". In diesem Verfahrensstadium war Kern des Streits allerdings noch die Frage, ob es hinsichtlich der Grenze geringfügiger Beschäftigung auf den Zufluss des Entgelts an den Beschäftigten oder auf die Entstehung des Entgeltanspruchs ankommt. Außerdem hatte der Antragsteller auch damals schon Zweifel an seiner Arbeitgebereigenschaft geäußert und insoweit darauf hingewiesen, die in Rede stehende Reinigungstätigkeit könnte auch Teil seiner (abhängigen) Beschäftigung als Hausmeister bei der Stadt R. sein. Die Antragsgegnerin ist dem offenbar nicht ausreichend nachgegangen und hat stattdessen in der Begründung des Nachforderungsbescheids die Arbeitgeberstellung des Antragstellers ohne eingehendere Prüfung wegen der Beschäftigung nicht nur von Familienangehörigen als "nicht zweifelhaft" angesehen. Dieser Gesichtspunkt für sich allein wird indessen nicht den Ausschlag geben können, nachdem mittlerweile gewichtige Anhaltspunkte für die Einstufung des Antragstellers als Beschäftigter der Stadt R. auch hinsichtlich der streitigen Gebäudereinigung bekannt geworden sind. Diese folgen in erster Linie aus dem Vertrag, den der Antragsteller hierüber unter dem 1.3.1991 mit der Stadt R. abgeschlossen hat. Er enthält jedenfalls Bestandteile, die auf eine abhängige Beschäftigung schließen lassen können, wie die Festlegung eines fixen Monatsgehalts, der in Anlehnung an tarifvertragliche Regelungen berechnet wird und ggf. widerrufen werden kann, die Vereinbarung einer (bei Angestellten gebräuchlichen) Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende oder die Bereitstellung von Reinigungsmitteln und (insbesondere) Reinigungsgeräten durch die Stadt. Außerdem ist es offenbar Sache der Stadt, bei Engpässen mit eigenem Personal auszuhelfen. Schließlich hat der Antragsteller bislang der Sache nach unwidersprochen geltend gemacht, die Stadtverwaltung habe ihn mündlich angewiesen, nicht für andere Auftraggeber Reinigungsarbeiten anzubieten und durchzuführen. Rechnungen stellt der Antragsteller ebenfalls nicht aus, er wird vielmehr von der Stadt offenbar wie andere Beschäftigte unter Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen auch bezahlt. All das ist für die Tätigkeit eines selbständigen Unternehmens des Gebäudereinigergewerbes untypisch und lässt insbesondere ein echtes Unternehmerrisiko nicht erkennen. Kapital hat der Antragsteller offenbar nicht einzusetzen, nachdem die Reinigungsgeräte sowie die Reinigungsmittel von der Stadt zur Verfügung gestellt werden; der etwaige Verlust des Auftrags zur Reinigung des W.gymnasiums gleicht eher dem Risiko eines Arbeitnehmers, der durch Kündigung seinen Arbeitsplatz (bzw. eine Zusatzbeschäftigung) verlieren kann.
Nach alledem ist bei gegebener Sachlage das Gesamtbild einer - neben der Beschäftigung als Haumeister ausgeübten - selbständigen Erwerbstätigkeit des Antragstellers als Gebäudereinigungsunternehmer nicht erkennbar. Näherer Klärung im weiteren Verfahren, ggf. unter Beteiligung der noch beizuladenden Reinigungskräfte, Versicherungsträger bzw. der Stadt R., bedarf daher, inwieweit die (unstreitig) abhängige Beschäftigung des Antragstellers als (Schul-)Hausmeister bei der Stadt R. und die für die Stadt außerdem ausgeübte Tätigkeit als (Schul-)Reiniger in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht von einander getrennt beurteilt werden können oder miteinander verknüpft sind. Nähere Feststellungen hierzu sind nicht getroffen worden. Die bloße nicht weiter begründete Stellungnahme eines Betriebsprüfers, die die Antragsgegnerin vorgelegt hat, führt nicht weiter. Die notwendigen Ermittlungen wird das Sozialgericht nunmehr durchzuführen haben; sie sind nicht Sache des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1, 47 GKG (1/4 des für die Hauptsache maßgeblichen Streitwerts von 13.148,51 EUR - vgl. Senatsbeschluss vom 11.9.2006, - L 5 KR 2854/06 W-A -).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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