L 16 R 1671/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 49/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1671/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU), ab 01. September 2003.

Der 1954 geborene Kläger hatte in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) den Beruf des Elektronikfacharbeiters – Spezialisierung Halbleiter/Mikroelektronik – erlernt. Er war bis zum Dezember 1993 in seinem Lehrberuf versicherungspflichtig beschäftigt. Nach einer Umschulungsmaßnahme vom 01. November 1994 bis 31. Oktober 1996 legte der Kläger die Gesellenprüfung im Elektroinstallateur-Handwerk ab. Anschließend arbeitete er vom 12. November 1996 bis 31. Dezember 1997 als Elektroinstallateur bei der FF & T GmbH in F; das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung zum 31. Januar 1998. Nach einer zwischenzeitlichen Arbeitslosigkeit und einer Weiterbildung zum PC-Servicetechniker in der Zeit vom 29. November 1999 bis 06. Oktober 2000 war der Kläger bei der M GmbH D ab 15. Januar 2001 als Mikrotechnologe/"Operator Testing" beschäftigt; dieses Arbeitsverhältnis endete ebenfalls durch betriebsbedingte Kündigung aufgrund einer Insolvenz der Arbeitgeberin zum 31. Dezember 2001. Es schloss sich ein befristetes Arbeitsverhältnis des Klägers bei der G f B u A mbH (G) in R vom 01. Januar 2002 bis 15. Juli 2002 an, wobei der Kläger keine Arbeitsleistungen zu erbringen hatte (Kurzarbeit "0"). Vom 16. Juli 2002 bis 12. März 2003 bezog der Kläger Arbeitslosengeld, wobei er in der Zeit vom 29. April 2002 bis 05. Juli 2002 an einer "fachspezifischen Qualifizierung für Operator" teilnahm. Vom 08. Januar 2007 bis 03. Mai 2007 absolvierte der nach wie vor arbeitslose Kläger eine Weiterbildungsmaßnahme im Rahmen des "Modulsystems Fertigungs-, Metalltechnik".

Bei dem Kläger wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt aufgrund folgender Leiden: psychosomatische Störungen, Persönlichkeitsstörung, außergewöhnliche Schmerzreaktion, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Migräne (Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung – Versorgungsamt – des Landes Brandenburg – Außenstelle Frankfurt (Oder) – vom 05. August 2005).

Im September 2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen EM. Die Beklagte ließ ihn durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie Sozialmedizin Dr. K untersuchen und begutachten. Diese Ärztin bescheinigte dem Kläger noch ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten und unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen (Somatisierungsstörungen, rezidivierende Speiseröhren- und Magenschleimhautentzündungen, rezidivierende Dorsolumbalgien und Blockierung der Kopfgelenke, Skoliose, Nierensteine). Mit Bescheid vom 25. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Volle bzw. teilweise EM bzw. teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen. Der Kläger sei auf die sozial und gesundheitlich zumutbaren Tätigkeiten eines Schaltschrankmonteurs oder eines Güteprüfers in der Elektroindustrie verweisbar.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von der Augenärztin Dipl.-Med. M vom 09. Juni 2004, von dem praktischen Arzt und Sportmediziner Dr. H vom 08. Juni 2004, von dem Chirurgen Dr. S vom 10. Juni 2004 und von dem Allgemeinmediziner Dipl.-Med. G vom 09. Juni 2004. Das SG hat ferner einen Entlassungsbericht der B B über die vom 09. März 2004 bis 13. April 2004 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme und Arbeitgeberauskünfte der G und eines ehemaligen Mitarbeiters der M GmbH vom 06. August 2004 und 01. September 2004 beigezogen; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.

Das SG hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychotherapeutische Medizin Dr. M als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 19. Oktober 2005 folgende Gesundheitsstörungen des Klägers mitgeteilt: undifferenzierte Somatisierungsstörung, Verdacht auf Migräne mit Augensymptomen beidseits, degeneratives Wirbelsäulenleiden, wiederholte Speiseröhren- und Magenschleimhautentzündungen, Nierensteinleiden. Der Kläger könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte bis gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten sowie geistig mittelschwere Arbeiten – unter Beachtung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen – ausführen. Zu der hierauf von dem Kläger eingereichten Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 19. April 2006 hat sich Dr. M ergänzend geäußert; auf seine Stellungnahme vom 19. Mai 2006 wird Bezug genommen. Das SG hat ferner ein arbeitsmarkt- und berufskundliches Gutachten des Sachverständigen L vom 12. Juli 2006 nebst ergänzender Stellungnahme vom 29. August 2006 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 30. August 2006 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU, für die Zeit ab 01. September 2003 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM noch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB XI). Der Kläger könne täglich sechs Stunden und mehr körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mit diversen qualitativen Einschränkungen ausführen. Er sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht berufsunfähig. Er könne mit seinem Restleistungsvermögen nach wie vor in seinem Hauptberuf, dem eines Operators, mindestens sechs Stunden täglich tätig sein. Jedenfalls könne er auf diese Tätigkeit gesundheitlich und sozial zumutbar verwiesen werden. Es handele sich hierbei um eine Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten mit dem Heben und Tragen von Lasten bis zehn Kilogramm, die in geschlossenen Räumen und in Schichtarbeit verrichtet werde. Dem Kläger sei auch ein kurzfristiges Bücken möglich, da es sich hierbei nicht um eine dauerhafte Zwangshandlung handele. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen L seien auch Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden, bei denen nicht in Nachtschicht gearbeitet werden müsse. Auch im Hinblick auf allergene Stoffe sei der Kläger keinem Risiko ausgesetzt.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Das SG habe bei seiner Entscheidungsfindung die neurologisch-psychiatrische Stellungnahme von Dr. F vom 10. April 2006 nicht ausreichend berücksichtigt. Danach sei es zu einer Chronifizierung und Therapieresistenz seines gesamten Krankheitssyndroms gekommen. Dr. F gehe davon aus, dass sein Leistungsvermögen arbeitstäglich nur noch für weniger als drei Stunden ausreiche.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. August 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 01. September 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und das Sachverständigengutachten von Dr. M nebst dessen ergänzender Stellungnahme, wegen der berufskundlichen Feststellungen auf das Gutachten des Sachverständigen L Bezug genommen.

Die Schwerbehindertenakten des Landesamtes für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg – Außenstelle Frankfurt (Oder) -, die Leistungsakten (2 Bände) der Agentur für Arbeit Frankfurt (Oder), die Akte der Arbeitsgemeinschaft JobCenter Frankfurt (Oder), die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten (3 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers, mit der dieser seine erstinstanzlich erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU, für die Zeit ab 01. September 2003 weiterverfolgt, ist nicht begründet. Der Kläger hat aufgrund seines im September 2003 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU nach § 240 SGB VI.

Die Vorschriften des § 43 SGB VI und des § 240 SGB VI (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für die versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus müssen volle oder teilweise EM bzw. BU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI, § 240 Abs. 2 SGB VI).

Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und dem Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).

Der Kläger war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. September 2003 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI. Denn er verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperlich und mittelschwere geistige Arbeiten, mit dem er regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – und im Übrigen auch einer Erwerbstätigkeit in seinem bisherigen Beruf - nachgehen konnte und kann. Dass der Kläger über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus dem vorliegenden Gutachten der im Verwaltungsverfahren als Sachverständige eingesetzten Ärztin Dr. K sowie des im Klageverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. M. Beide Ärzte haben dem Kläger übereinstimmend ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. September 2003. Eine andere Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens folgt auch nicht aus der von dem Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahme von Dr. F vom 10. April 2006. Der Beurteilung dieses Arztes lassen sich keine gesicherten klinischen Befunde entnehmen, aus denen sich nachvollziehbar und mithin plausibel objektivierbare Leistungseinschränkungen des Klägers im Einzelnen herleiten ließen. Auch ein psychischer Befund lässt sich der Stellungnahme von Dr. F nicht entnehmen. Der Gerichtssachverständige Dr. M hat diesbezüglich in seiner hierzu eingeholten ergänzenden Äußerung vom 19. Mai 2006 zutreffend ausgeführt, dass Dr. F konkrete funktionelle Einschränkungen mit ihren entsprechenden Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers nicht hat feststellen können. Die von Dr. F angewandten und zitierten psychologischen Tests sind nach der Beurteilung von Dr. M, die der Senat für überzeugend hält und demzufolge seiner Entscheidung zugrunde legt, nicht geeignet, eine objektive und hinreichend kritische Feststellung von Leistungseinschränkungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zu ermöglichen. Überdies hat Dr. M die bei dem Kläger vorliegende Schmerzerkrankung umfassend gewürdigt und in ihren Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers schlüssig analysiert.

Neue Leiden des Klägers bzw. eine wesentliche Verschlimmerung bekannter Leiden sind auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren nicht ersichtlich, zumal ausweislich des in der beigezogenen Schwerbehindertenakte enthaltenen – aktuellen - Sachverständigengutachtens aus dem Verfahren – SG Frankfurt (Oder) S 5 SB 47/06 – vom 14. Dezember 2006 (Arzt für Neurologie und spezielle Schmerztherapie Dr. B) der Gesundheitszustand des Klägers seit dem Jahr 2005 im Wesentlichen unverändert ist. Dies betrifft gerade auch die von dem Kläger in dem mit Schriftsatz vom 01. Juni 2007 eingereichten Schreiben bezeichneten Gesundheitsstörungen.

Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen des Klägers war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegen stünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Der Kläger kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen seiner Leiden regelmäßig jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten in allen Haltungsarten, vorzugsweise aber in deren Wechsel, sowie mittelschwere geistige Arbeiten verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten unter erschwerten Expositionsbedingungen (Hitze, Kälte, starke Temperaturschwankungen oder Nässe), Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, unter ständigem besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht sowie regelmäßige Arbeiten im Knien und Hocken und Überkopfarbeiten.

Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R – veröffentlicht in juris). Es lagen und liegen zwar bei dem Kläger Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinaus gehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze, Kälte und Nässe zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 – B 13 RJ 71/90 R – veröffentlicht in juris). Die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten in Hitze, Nässe und Kälte bzw. unter erschwerten Expositionsbedingungen, auf Leitern und Gerüsten, im Knien und Hocken, unter ständigem besonderem Zeitdruck und in Nachtschicht zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 1-4 /95 – GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten des Klägers, die keine nennenswerten Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, seinem Ausbildungsniveau entsprechenden Arbeitsplatz erkennen lassen. Vielmehr sind die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit und die Auffassungsgabe des Klägers nicht überdurchschnittlich beeinträchtigt. Insgesamt betreffen die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt. So konnte und kann der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung des gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann der Kläger auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU. Denn er war und ist in dem vorliegend maßgebenden Zeitraum seit 01. September 2003 nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI.

Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" des Versicherten. Das ist in der Regel die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R – veröffentlicht in juris). Danach ist als bisheriger Beruf des Klägers der Beruf des Mikrotechnologen/Operators der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Kläger vom 15. Januar 2001 bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 31. Dezember 2001 und damit nicht nur vorübergehend bei der M GmbH D versicherungspflichtig ausgeübt. Das nachfolgende Arbeitsverhältnis bei der G vom 01. Januar 2002 bis 15. Juli 2002 hat als befristetes Arbeitsverhältnis außer Betracht zu bleiben, zumal es im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses auch zu keiner tatsächlichen Beschäftigung des Klägers (Kurzarbeit "0") gekommen war. Von den Beschäftigungen, die der Kläger zuvor innehatte, hatte er sich nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst, sondern war betriebsbedingt wegen Abwicklung bzw. Insolvenz gekündigt worden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger gesundheitlich noch in der Lage war und ist, mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen seinem bisherigen Beruf eines Mikrotechnologen/Operators regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Auf der Grundlage des umfassenden Gutachtens des berufskundlichen Sachverständigen L handelt es sich hierbei um körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, und zwar ohne erschwerte Expositionsbedingungen, ohne häufige Zwangshaltungen und ohne regelmäßige Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Auch die Tatsache, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in Nachtschicht tätig sein kann und seine zuletzt verrichtete Beschäftigung als Mikrotechnologe/Operator bei der M GmbH auch Nachtschichten umfasste, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Sachverständige L hat diesbezüglich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. August 2006 darauf hingewiesen, dass insoweit bundesweit mehr als 300 Arbeitsplätze vorhanden sind, auf denen Nachtarbeit nicht verrichtet werden muss. Damit ist der Kläger unter keinem Gesichtspunkt gesundheitlich oder fachlich gehindert, seinem bisherigen Beruf weiterhin regelmäßig mehr als sechs Stunden täglich nachzugehen. Auch die bei ihm diagnostizierten Allergien stehen einer Tätigkeit im bisherigen Beruf nicht entgegen. Da der Kläger somit seinen bisherigen Beruf weiterhin verrichten konnte und auch nach wie vor verrichten kann, war eine Verweisungstätigkeit nicht zu benennen. Eine Benennungspflicht ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass es sich bei dem bisherigen Beruf des Klägers um eine nicht "arbeitsmarktgängige" Spezialtätigkeit oder um eine Tätigkeit handeln würde, die in der Regel leistungsgeminderten Betriebsangehörigen (so genannte Schonarbeitsplätze) vorbehalten wäre. Denn der Sachverständige L hat bestätigt, dass der bisherige Beruf des Klägers auf mindestens 300 Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik Deutschland verrichtet wird, die ein im Wesentlichen gleiches – dem Restleistungsvermögen des Klägers entsprechendes – Anforderungsprofil aufweisen (zur Anzahl der erforderlichen Arbeitsplätze vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2007 – B 4 RA 5/06 R – veröffentlicht in juris). Dass die Kenntnisse und Fertigkeiten des Klägers aufgrund seiner Facharbeiterausbildung, die er zwischenzeitlich um eine fachspezifische Qualifizierung für den Beruf des Operators ergänzt hat, sowie der bei der M GmbH erworbenen qualifizierten Kenntnisse in der Halbleitertechnologie dem fachlichen Anforderungsprofil entsprechen, steht zur Überzeugung des Senats auch aufgrund der Arbeitgeberauskunft vom 01. September 2004 fest.

Da der Kläger nach alledem mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen noch in seinem bisherigen Beruf tätig sein konnte und kann, ist er nicht berufsunfähig. Darauf, ob er einen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser EM oder BU, wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat, unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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