L 1 SF 126/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 126/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch, die Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz [SGG] i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung findet die Ablehnung einer Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass die Richterin nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist also nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein" der Parteilichkeit, d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität. Insbesondere kann das Verhalten der Richterin im Prozess die Besorgnis der Befangenheit begründen. Je nach den Umständen reicht gegebenenfalls schon das Übergehen eines bestimmten Vortrags oder Antrags eines Beteiligten oder die fehlende Bereitschaft, das Vorbringen einer Beteiligten vollständig zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen.

Ein solcher Grund liegt hier jedoch nicht vor:

Die Klägerin äußert einen Verdacht fehlender Neutralität, weil die Richterin im Schreiben vom 20. Juni 2007 fehlerhaft formuliert hat, die Klägerin habe Kostenvoranschläge bei der Beklagten eingereicht, obwohl dies durch das betreffende Unternehmen selbst erfolgt ist. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass der Richterin diese falsche Formulierung aus einem anderen Grund als einem Versehen unterlaufen ist, zumal nicht ersichtlich ist, dass der Umstand, wer Kostenvoranschläge einreicht, irgendeine Bedeutung haben könnte. Dass die Richterin ignorieren könnte, dass die Klägerin sich die Kostenvoranschläge nicht zu Eigen gemacht hat, ist nicht ersichtlich. Es gibt deshalb keinerlei Veranlassung, von einem erschütternden Verhalten auszugehen oder gar diffamierend von einem Skandal zu reden.

Von Anhaltspunkten für eine Befangenheit der Kammervorsitzenden ist auch nicht auszugehen, weil sie möglicherweise bei ihren Fragen an das Unternehmen fehlerhafte Gutachtenäußerungen zu Grunde gelegt hat und noch nicht verstanden hat, um was es der Klägerin in dem Prozess geht.

Ein Ablehnungsgesuch kann nicht darauf gestützt werden, dass einem Richter im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung ein Fehler unterlaufen ist oder von ihm unrichtige Entscheidungen in materieller oder in verfahrensrechtlicher Hinsicht getroffen worden sind. Das Institut der Richterablehnung ist kein geeignetes Mittel, sich gegen unrichtige oder für unrichtig gehaltene Auffassungen eines Richters zu wenden. Hierfür steht dem Antragsteller ein Rechtsmittelverfahren zu, falls er am Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht obsiegt hat, nicht jedoch das Ablehnungsverfahren. Behauptete Fehler oder Rechtsverstöße können eine Besorgnis der Befangenheit vielmehr nur dann rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ihn ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruhe. Wie ein Richter den Pflichten nach § 106 SGG nachkommt, liegt in seinem Ermessen. Der Rechtsstreit hier steht erst am Anfang. Es kommt häufiger vor, dass das Gericht zunächst die -gerade im recht- oft komplizierten Sachverhalte noch nicht richtig versteht, auch wenn die Beteiligten meinen, sie hätten alles leicht verständlich in ihren Schriftsätzen erläutert. Hier konkret gibt es keinen Grund zu der Annahme, die Richterin ignoriere die Vorbehalte und Vorwürfe der Klägerin gegen den von der Beklagten eingeschalteten Fachgutachter oder wolle gar die Integrität der Klägerin in Zweifel ziehen. Würde die Richterin hingegen dem Ansinnen der Klägerin näher treten, der Beklagten vorab Rechtsfehler vorzuhalten, würde sie sich zu Recht dem Vorwurf der Befangenheit durch die Beklagte ausgesetzt sehen.

Es besteht auch kein Anlass zu der -aus Sicht des Senates abwegigen- Vermutung, die Bitte um Entbindung von der Schweigepflicht (ein Standardformular) sei nicht zur möglichen weiteren Aufklärung des Sachverhaltes angefordert worden, sondern um ein datenschutzwidriges Verhalten der Beklagten nachträglich zu heilen.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).

Gesetzestexte -unter anderem das SGG- können im Internet unter http://www.gesetze-im-internet.de/aktuell.html eingesehen werden.
Rechtskraft
Aus
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