Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
116
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 116 AS 1438/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Bescheide vom 28. August 2006 in der Fassung der Bescheide vom 6. November 2006 und 13. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2006 werden abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II für die Monate Oktober 2006 bis Mai 2007 die tatsächliche Miete für Oktober 2006 in Höhe von 458,21 Euro und für November 2006 bis Mai 2007 in Höhe von 472,45 Euro monatlich abzüglich jeweils 11,75 Euro Warmwasserpauschale monatlich zu berücksichtigen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beklagte bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich einer Warmwasserpauschale zu berücksichtigen hat.
Die Klägerin zu 1) ist die Mutter der 1992 geborenen Klägerin zu 2). Nach der Trennung des Ehemannes der Klägerin zu 1) und dessen Auszug aus der zuvor gemeinsam bewohnten Wohnung in der Kstraße bewilligte der Beklagte den Klägerinnen als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab dem 9. März 2005, zuletzt bis zum 31. August 2006 nach Anrechnung monatlicher Unterhaltszahlungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten von 652,74 Euro in Höhe von 312,74 Euro.
Am 2. August 2006 teilte die Klägerin zu 1) dem Beklagten mit, dass sie ab dem 1. August 2006 einen Mietvertrag für eine kleinere und billigere Wohnung (3 Zimmer, 60,85 m²´, Grundmiete 298,78 Euro, 113,18 Betriebskosten, 46,25 Euro Heizkosten, Gesamtmiete 458,21 Euro) geschlossen habe, die alte Wohnung aber noch bis zum 30. September 2006 bewohne und bat im Hinblick auf den preiswerteren Wohnraum auch um Berücksichtigung der Doppelmiete für zwei Monate. Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. September 2006.
Der Beklagte bewilligte mit Änderungsbescheid vom 28. August 2006 den Klägerinnen ab dem 1. August 2006 bis 31. August 2006 monatlich 104,00 Euro und hob die "bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen auf". Ferner heißt es in dem Bescheid: "Ab 1. August 2006 wird die Miete der neuen Wohnung berücksichtigt, da diese günstiger ist. Da die Miete der neuen Wohnung noch zu hoch ist für einen 2 Personen-Haushalt, wird die Miete auf 444 Euro festgesetzt. Dies ist der angemessene Höchstbetrag für einen 2 Personen-Haushalt." Mit weiteren Bescheiden vom 28. August 2006 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen für die Zeit vom 1. September 2006 bis 28. Februar 2007 und vom 1. März 2007 bis 31. Mai 2007 Leistungen in Höhe von 104,00 Euro und lehnte in einem vierten Bescheid vom 28. August 2006 Kosten für doppelte Mietzahlungen, Umzug und Renovierung ab. Gegen die Bescheide erhob die Klägerin zu 1) am 12. September 2006 Widerspruch. Ferner reichte die Klägerin ein Mieterhöhungsverlangen des neuen Vermieters ab dem 1. November 2006 ein und beantragte auch die Berücksichtigung der ab dem 1. November 2006 erhöhten Miete von 472,45 Euro. Der Beklagte gewährte mit Bescheid vom 6. November 2006 für den Monat August 2006 eine Doppelmiete in Höhe von 444,00 Euro. Mit weiteren Bescheiden vom 6. November 2006 gewährte der Beklagte den Klägerinnen bis zum 31. August 2006 Leistungen in Höhe von 312,74 Euro wegen Berücksichtigung der (alten) höheren Miete über den 1. August 2006 hinaus und bewilligte den Klägerinnen vom 1. September 2006 bis 30. September 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 312,74 Euro und vom 1. Oktober 2006 bis 28. Februar 2007 in Höhe von 104,00 Euro. Mit Bescheid vom 13. November 2006 lehnte der Beklagte zudem die Berücksichtigung einer höheren Miete ab dem 1. November 2006 ab. Die Klägerin stellte durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 3. Dezember 2006 dar, dass sie mit dem Widerspruch weiterhin eine Doppelmiete in Höhe von 458,21 Euro begehre sowie die Berücksichtigung der tatsächlichen Miete für Oktober in Höhe von 458,21 und ab November in Höhe von 472,45 anstelle der bei der Berechnung berücksichtigten 444,00 Euro. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheiden vom 14. Dezember 2006 hinsichtlich der Berücksichtigung tatsächlicher Unterkunftskosten und vom 15. Dezember 2006 hinsichtlich der doppelten Mietaufwendungen wegen der fehlenden vorherigen Zustimmung zum Wohnungswechsel zurück.
Dagegen richtet sich die am 17. Januar 2007 bei dem Sozialgericht eingegangene Klage, die die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2006 zurückgenommen hat und damit die Übernahme einer weiteren doppelten Mietzahlung nicht mehr geltend macht. Dagegen habe der Beklagte ab dem 1. Oktober 2006 zumindest bis zum Ende des hier bewilligten Zeitraumes Mai 2007 die tatsächlichen Mietaufwendungen bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen. Es sei ermessensfehlerhaft, wenn trotz fehlender Umzugsaufforderung nicht einmal mehr die neue günstigere Miete übernommen werde.
Die Klägerinnen beantragen,
die Bescheide vom 28. August 2006 in der Fassung der Bescheide vom 6. November 2006 und 13. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen für die Zeit von Oktober 2006 bis Mai 2007 die tatsächliche Miete für Oktober 2006 in Höhe von 458,21 Euro und für November 2006 bis Mai 2007 in Höhe von 472,45 Euro abzüglich einer Warmwasserpauschale von 11,75 Euro monatlich bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er sei nicht verpflichtet, die neue wiederum unangemessene Miete zu übernehmen. Vielmehr seien bei Neuanmietungen die in der AV-Wohnen festgelegten Richtwerte der Angemessenheit zugrunde zu legen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Akten des Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben der Kammer vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die Bescheide des Beklagten vom 28. August 2006 (Blatt 114 und 116 der Leistungsakte) in der Fassung der Bescheide vom 6. November 2006 (Blatt 150 der Leistungsakte) und 13. November 2006 (Blatt 169 der Leistungsakte) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen insoweit in ihren Rechten, als bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Oktober 2006 bis Mai 2007 nicht die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung berücksichtigt worden sind.
Die Kosten für Unterkunft und Heizung der ab August 2006 gemieteten Wohnung waren jedenfalls zu Beginn des Mietverhältnisses bis einschließlich Oktober 2006 angemessen und waren daher bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen von 458,21 Euro abzüglich einer Warmwasserpauschale von 11,75 Euro zu berücksichtigen. Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die "Angemessenheit" der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Ob die Aufwendungen für die ab dem 1. August 2006 auf eigene Initiative der Klägerin gemietete Wohnung angemessen sind, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht in erster Linie und ausschließlich anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen) zu bestimmen. Die Prüfung der Angemessenheit setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R) vielmehr eine Einzelfallprüfung unter Beachtung der maßgeblichen Größe der Unterkunft, den Bedingungen des örtlichen Wohnungsmarktes und der persönlichen Situation des Erwerbsfähigen und der mit ihm in der Wohnung lebenden Mitglieder der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft voraus.
Insgesamt sind für Oktober 2006 die Kosten der Unterkunft für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 458,21 Euro noch als angemessen zu beurteilen und deshalb nach Abzug der Warmwasserpauschale von 11,75 Euro in Höhe von 446,46 Euro zu berücksichtigen. Die maßgebliche Wohnfläche ist anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus zu bestimmen. In Berlin ist für 2 Personen eine Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von 60,58 m² angemessen (vgl. Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004, Mitteilung Nr. 8/2004, zu § 5 Wohnungsbindungsgesetz i. V. m. § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz). Auch der Mietpreis pro Quadratmeter (im Oktober 2006: 4,93 Euro) stellt sich für die Wohnlage der von der Klägerin ab August 2006 gemieteten Wohnung im Kweg als angemessen dar, denn er liegt im Rahmen der für die Wohnlage maßgeblichen Werte des Berliner Mietspiegels (3,24 – 5,65) und zwar über dem dort ausgewiesenen Mittelwert von 4,06 Euro. Entscheidend für die Angemessenheit ist jedoch letztlich der Gesamtmietpreis der Wohnung. Dabei kann auf die in Nr. 4 Abs. 2 AV-Wohnen vom 30. Mai 2006 (ABl. S. 2062) genannten Richtwerte (nicht "Höchstwerte" – wie der Beklagte meint), die für einen 2-Personen-Haushalt den Wert für eine angemessene Bruttowarmmiete von 444,00 Euro ausweisen, zurückgegriffen werden. Angesichts der persönlichen Situation der allein erziehenden Klägerin und der mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter stellt sich die diesen bereits vor einem Jahr ermittelten Wert geringfügig überschreitende Bruttowarmmiete von 458,21 Euro noch als angemessen dar. Bei der Prüfung der Angemessenheit war zudem weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen von dem getrennt lebenden Ehemann und Vater den Bedarf zum Lebensunterhalt übersteigende Unterhaltszahlungen erhalten und somit nicht annähernd Kosten der Unterkunft in Höhe von 444,00 Euro monatlich tatsächlich von dem Beklagten zu tragen sind.
Aber selbst wenn die tatsächlichen Unterkunftskosten unangemessen wären, auch im Hinblick darauf, dass nach der Mieterhöhung zum 1. November 2006 davon ausgegangen werden kann, dass die Kosten für die zum 1. August 2006 gesuchte Unterkunft von jetzt 472,45 Euro Bruttowarmmiete die Angemessenheitsgrenze nunmehr überschreiten, stellt sich die Entscheidung des Beklagten als rechtswidrig dar, soweit sie nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten in der beantragten Höhe bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Es war nämlich zu berücksichtigen, dass den Klägerinnen, insbesondere der Klägerin zu 1) keine Aufforderung zur Mietsenkung mit den entsprechenden Angaben zu den Werten, die der Beklagte für angemessen hält, erhalten hat. Vielmehr hat die Klägerin zu 1) aufgrund der ihr gegenüber mündlich angedeuteten unangemessenen Größe der bisherigen Wohnung zur Entlastung des Beklagten eine günstigere Wohnung gesucht. Soweit der Beklagte die jetzt günstigeren aber über dem Richtwert der AV-Wohnen liegenden Kosten für die Unterkunft unberücksichtigt lässt, ist dies im Hinblick auf die Berücksichtigung der tatsächlich zu Beginn des Leistungsbezug ungleich höheren Unterkunftskosten rechtswidrig.
Nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Zumindest über einen Zeitraum von sechs Monaten wären dann die ab November 2006 unangemessenen tatsächlichen Aufwendungen durch den Beklagten zu tragen. Aber auch über diesen Zeitraum hinaus, kann der Beklagte nicht geringere als die tatsächlich entstandenen Kosten für die Unterkunft berücksichtigen. Die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung. Für den Hilfebedürftigen nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung seiner sich aus § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II ergebenden Obliegenheit dürfen aber nur gezogen werden, wenn er zuvor vom Leistungsträger darauf hingewiesen worden ist, welche Anforderungen hinsichtlich der Wohnungsgröße sowie des Kaltmietpreises (in m²) bezogen auf die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, den Kaltmietpreis pro m² Wohnfläche und hinsichtlich der Gesamtmiete zu erfüllen sind (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Januar 2007 L 8 AS 5755/06 ER). Dies muss auch und erst recht dann gelten, wenn der Leistungsempfänger zur Entlastung des Leistungsträgers sich bemüht aber in Verkennung der ihm nicht aufgezeigten Angemessenheitskriterien eine günstigere aber immer noch unangemessene Unterkunft findet bzw. die Kosten für die neue Unterkunft nach Mieterhöhungen nicht mehr die Angemessenheitskriterien erfüllen, aber immer noch deutlich unter den ursprünglichen Kosten der Unterkunft liegen. Denn derjenige, der sich zur Entlastung des Leistungsträgers ohne eine entsprechende Aufforderung um eine Kostensenkung bemüht darf nicht schlechter gestellt werden, als derjenige, der sich bei unzureichender Aufforderung zur Kostensenkung (vgl. LSG Baden-Württemberg a. a. O.) gar nicht um eine kostengünstigere Unterkunft bemüht.
Dagegen steht auch nicht die den Leistungsempfänger treffende Obliegenheit, vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen einzuholen, denn diese Obliegenheit soll die Mehrbelastung des Leistungsträgers mit unangemessenen Unterkunftskosten verhindern. Sie dient außerdem dazu, sich vor dem Umzug Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu verschaffen und Streitigkeiten über die Angemessenheit vorzubeugen. Hier fand der Umzug jedoch erstens in eine zunächst Kosten angemessene und zweitens in eine den Kostenträger insgesamt entlastende Unterkunft statt. Renovierungs- und Umzugskosten haben die Klägerinnen zudem nicht geltend gemacht.
Der Beklagte hat bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II die tatsächlichen Kosten der Unterkunft ab Oktober 2006 bis Mai 2007 antragsgemäß abzüglich einer Warmwasserpauschale von 11,75 Euro monatlich zu berücksichtigen, so dass sich ein weiterer Leistungsanspruch in Höhe der Differenz für Oktober 2006 von 2,46 Euro (458,21 – 11,75 – 444,00) und für November 2006 bis Mai 2007 in Höhe von 50,10 Euro monatlich (472,45 – 11,75 – 444,00), insgesamt ein Zahlungsanspruch von 102,66 ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 Euro nicht übersteigt, bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG sind nicht erkennbar.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beklagte bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich einer Warmwasserpauschale zu berücksichtigen hat.
Die Klägerin zu 1) ist die Mutter der 1992 geborenen Klägerin zu 2). Nach der Trennung des Ehemannes der Klägerin zu 1) und dessen Auszug aus der zuvor gemeinsam bewohnten Wohnung in der Kstraße bewilligte der Beklagte den Klägerinnen als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab dem 9. März 2005, zuletzt bis zum 31. August 2006 nach Anrechnung monatlicher Unterhaltszahlungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten von 652,74 Euro in Höhe von 312,74 Euro.
Am 2. August 2006 teilte die Klägerin zu 1) dem Beklagten mit, dass sie ab dem 1. August 2006 einen Mietvertrag für eine kleinere und billigere Wohnung (3 Zimmer, 60,85 m²´, Grundmiete 298,78 Euro, 113,18 Betriebskosten, 46,25 Euro Heizkosten, Gesamtmiete 458,21 Euro) geschlossen habe, die alte Wohnung aber noch bis zum 30. September 2006 bewohne und bat im Hinblick auf den preiswerteren Wohnraum auch um Berücksichtigung der Doppelmiete für zwei Monate. Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. September 2006.
Der Beklagte bewilligte mit Änderungsbescheid vom 28. August 2006 den Klägerinnen ab dem 1. August 2006 bis 31. August 2006 monatlich 104,00 Euro und hob die "bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen auf". Ferner heißt es in dem Bescheid: "Ab 1. August 2006 wird die Miete der neuen Wohnung berücksichtigt, da diese günstiger ist. Da die Miete der neuen Wohnung noch zu hoch ist für einen 2 Personen-Haushalt, wird die Miete auf 444 Euro festgesetzt. Dies ist der angemessene Höchstbetrag für einen 2 Personen-Haushalt." Mit weiteren Bescheiden vom 28. August 2006 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen für die Zeit vom 1. September 2006 bis 28. Februar 2007 und vom 1. März 2007 bis 31. Mai 2007 Leistungen in Höhe von 104,00 Euro und lehnte in einem vierten Bescheid vom 28. August 2006 Kosten für doppelte Mietzahlungen, Umzug und Renovierung ab. Gegen die Bescheide erhob die Klägerin zu 1) am 12. September 2006 Widerspruch. Ferner reichte die Klägerin ein Mieterhöhungsverlangen des neuen Vermieters ab dem 1. November 2006 ein und beantragte auch die Berücksichtigung der ab dem 1. November 2006 erhöhten Miete von 472,45 Euro. Der Beklagte gewährte mit Bescheid vom 6. November 2006 für den Monat August 2006 eine Doppelmiete in Höhe von 444,00 Euro. Mit weiteren Bescheiden vom 6. November 2006 gewährte der Beklagte den Klägerinnen bis zum 31. August 2006 Leistungen in Höhe von 312,74 Euro wegen Berücksichtigung der (alten) höheren Miete über den 1. August 2006 hinaus und bewilligte den Klägerinnen vom 1. September 2006 bis 30. September 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 312,74 Euro und vom 1. Oktober 2006 bis 28. Februar 2007 in Höhe von 104,00 Euro. Mit Bescheid vom 13. November 2006 lehnte der Beklagte zudem die Berücksichtigung einer höheren Miete ab dem 1. November 2006 ab. Die Klägerin stellte durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 3. Dezember 2006 dar, dass sie mit dem Widerspruch weiterhin eine Doppelmiete in Höhe von 458,21 Euro begehre sowie die Berücksichtigung der tatsächlichen Miete für Oktober in Höhe von 458,21 und ab November in Höhe von 472,45 anstelle der bei der Berechnung berücksichtigten 444,00 Euro. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheiden vom 14. Dezember 2006 hinsichtlich der Berücksichtigung tatsächlicher Unterkunftskosten und vom 15. Dezember 2006 hinsichtlich der doppelten Mietaufwendungen wegen der fehlenden vorherigen Zustimmung zum Wohnungswechsel zurück.
Dagegen richtet sich die am 17. Januar 2007 bei dem Sozialgericht eingegangene Klage, die die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2006 zurückgenommen hat und damit die Übernahme einer weiteren doppelten Mietzahlung nicht mehr geltend macht. Dagegen habe der Beklagte ab dem 1. Oktober 2006 zumindest bis zum Ende des hier bewilligten Zeitraumes Mai 2007 die tatsächlichen Mietaufwendungen bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen. Es sei ermessensfehlerhaft, wenn trotz fehlender Umzugsaufforderung nicht einmal mehr die neue günstigere Miete übernommen werde.
Die Klägerinnen beantragen,
die Bescheide vom 28. August 2006 in der Fassung der Bescheide vom 6. November 2006 und 13. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen für die Zeit von Oktober 2006 bis Mai 2007 die tatsächliche Miete für Oktober 2006 in Höhe von 458,21 Euro und für November 2006 bis Mai 2007 in Höhe von 472,45 Euro abzüglich einer Warmwasserpauschale von 11,75 Euro monatlich bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er sei nicht verpflichtet, die neue wiederum unangemessene Miete zu übernehmen. Vielmehr seien bei Neuanmietungen die in der AV-Wohnen festgelegten Richtwerte der Angemessenheit zugrunde zu legen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Akten des Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben der Kammer vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die Bescheide des Beklagten vom 28. August 2006 (Blatt 114 und 116 der Leistungsakte) in der Fassung der Bescheide vom 6. November 2006 (Blatt 150 der Leistungsakte) und 13. November 2006 (Blatt 169 der Leistungsakte) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen insoweit in ihren Rechten, als bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Oktober 2006 bis Mai 2007 nicht die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung berücksichtigt worden sind.
Die Kosten für Unterkunft und Heizung der ab August 2006 gemieteten Wohnung waren jedenfalls zu Beginn des Mietverhältnisses bis einschließlich Oktober 2006 angemessen und waren daher bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen von 458,21 Euro abzüglich einer Warmwasserpauschale von 11,75 Euro zu berücksichtigen. Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die "Angemessenheit" der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Ob die Aufwendungen für die ab dem 1. August 2006 auf eigene Initiative der Klägerin gemietete Wohnung angemessen sind, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht in erster Linie und ausschließlich anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen) zu bestimmen. Die Prüfung der Angemessenheit setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R) vielmehr eine Einzelfallprüfung unter Beachtung der maßgeblichen Größe der Unterkunft, den Bedingungen des örtlichen Wohnungsmarktes und der persönlichen Situation des Erwerbsfähigen und der mit ihm in der Wohnung lebenden Mitglieder der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft voraus.
Insgesamt sind für Oktober 2006 die Kosten der Unterkunft für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 458,21 Euro noch als angemessen zu beurteilen und deshalb nach Abzug der Warmwasserpauschale von 11,75 Euro in Höhe von 446,46 Euro zu berücksichtigen. Die maßgebliche Wohnfläche ist anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus zu bestimmen. In Berlin ist für 2 Personen eine Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von 60,58 m² angemessen (vgl. Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004, Mitteilung Nr. 8/2004, zu § 5 Wohnungsbindungsgesetz i. V. m. § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz). Auch der Mietpreis pro Quadratmeter (im Oktober 2006: 4,93 Euro) stellt sich für die Wohnlage der von der Klägerin ab August 2006 gemieteten Wohnung im Kweg als angemessen dar, denn er liegt im Rahmen der für die Wohnlage maßgeblichen Werte des Berliner Mietspiegels (3,24 – 5,65) und zwar über dem dort ausgewiesenen Mittelwert von 4,06 Euro. Entscheidend für die Angemessenheit ist jedoch letztlich der Gesamtmietpreis der Wohnung. Dabei kann auf die in Nr. 4 Abs. 2 AV-Wohnen vom 30. Mai 2006 (ABl. S. 2062) genannten Richtwerte (nicht "Höchstwerte" – wie der Beklagte meint), die für einen 2-Personen-Haushalt den Wert für eine angemessene Bruttowarmmiete von 444,00 Euro ausweisen, zurückgegriffen werden. Angesichts der persönlichen Situation der allein erziehenden Klägerin und der mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter stellt sich die diesen bereits vor einem Jahr ermittelten Wert geringfügig überschreitende Bruttowarmmiete von 458,21 Euro noch als angemessen dar. Bei der Prüfung der Angemessenheit war zudem weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen von dem getrennt lebenden Ehemann und Vater den Bedarf zum Lebensunterhalt übersteigende Unterhaltszahlungen erhalten und somit nicht annähernd Kosten der Unterkunft in Höhe von 444,00 Euro monatlich tatsächlich von dem Beklagten zu tragen sind.
Aber selbst wenn die tatsächlichen Unterkunftskosten unangemessen wären, auch im Hinblick darauf, dass nach der Mieterhöhung zum 1. November 2006 davon ausgegangen werden kann, dass die Kosten für die zum 1. August 2006 gesuchte Unterkunft von jetzt 472,45 Euro Bruttowarmmiete die Angemessenheitsgrenze nunmehr überschreiten, stellt sich die Entscheidung des Beklagten als rechtswidrig dar, soweit sie nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten in der beantragten Höhe bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Es war nämlich zu berücksichtigen, dass den Klägerinnen, insbesondere der Klägerin zu 1) keine Aufforderung zur Mietsenkung mit den entsprechenden Angaben zu den Werten, die der Beklagte für angemessen hält, erhalten hat. Vielmehr hat die Klägerin zu 1) aufgrund der ihr gegenüber mündlich angedeuteten unangemessenen Größe der bisherigen Wohnung zur Entlastung des Beklagten eine günstigere Wohnung gesucht. Soweit der Beklagte die jetzt günstigeren aber über dem Richtwert der AV-Wohnen liegenden Kosten für die Unterkunft unberücksichtigt lässt, ist dies im Hinblick auf die Berücksichtigung der tatsächlich zu Beginn des Leistungsbezug ungleich höheren Unterkunftskosten rechtswidrig.
Nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Zumindest über einen Zeitraum von sechs Monaten wären dann die ab November 2006 unangemessenen tatsächlichen Aufwendungen durch den Beklagten zu tragen. Aber auch über diesen Zeitraum hinaus, kann der Beklagte nicht geringere als die tatsächlich entstandenen Kosten für die Unterkunft berücksichtigen. Die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung. Für den Hilfebedürftigen nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung seiner sich aus § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II ergebenden Obliegenheit dürfen aber nur gezogen werden, wenn er zuvor vom Leistungsträger darauf hingewiesen worden ist, welche Anforderungen hinsichtlich der Wohnungsgröße sowie des Kaltmietpreises (in m²) bezogen auf die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, den Kaltmietpreis pro m² Wohnfläche und hinsichtlich der Gesamtmiete zu erfüllen sind (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Januar 2007 L 8 AS 5755/06 ER). Dies muss auch und erst recht dann gelten, wenn der Leistungsempfänger zur Entlastung des Leistungsträgers sich bemüht aber in Verkennung der ihm nicht aufgezeigten Angemessenheitskriterien eine günstigere aber immer noch unangemessene Unterkunft findet bzw. die Kosten für die neue Unterkunft nach Mieterhöhungen nicht mehr die Angemessenheitskriterien erfüllen, aber immer noch deutlich unter den ursprünglichen Kosten der Unterkunft liegen. Denn derjenige, der sich zur Entlastung des Leistungsträgers ohne eine entsprechende Aufforderung um eine Kostensenkung bemüht darf nicht schlechter gestellt werden, als derjenige, der sich bei unzureichender Aufforderung zur Kostensenkung (vgl. LSG Baden-Württemberg a. a. O.) gar nicht um eine kostengünstigere Unterkunft bemüht.
Dagegen steht auch nicht die den Leistungsempfänger treffende Obliegenheit, vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen einzuholen, denn diese Obliegenheit soll die Mehrbelastung des Leistungsträgers mit unangemessenen Unterkunftskosten verhindern. Sie dient außerdem dazu, sich vor dem Umzug Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu verschaffen und Streitigkeiten über die Angemessenheit vorzubeugen. Hier fand der Umzug jedoch erstens in eine zunächst Kosten angemessene und zweitens in eine den Kostenträger insgesamt entlastende Unterkunft statt. Renovierungs- und Umzugskosten haben die Klägerinnen zudem nicht geltend gemacht.
Der Beklagte hat bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II die tatsächlichen Kosten der Unterkunft ab Oktober 2006 bis Mai 2007 antragsgemäß abzüglich einer Warmwasserpauschale von 11,75 Euro monatlich zu berücksichtigen, so dass sich ein weiterer Leistungsanspruch in Höhe der Differenz für Oktober 2006 von 2,46 Euro (458,21 – 11,75 – 444,00) und für November 2006 bis Mai 2007 in Höhe von 50,10 Euro monatlich (472,45 – 11,75 – 444,00), insgesamt ein Zahlungsanspruch von 102,66 ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 Euro nicht übersteigt, bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG sind nicht erkennbar.
Rechtskraft
Aus
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