L 1 B 14/07 AL NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AL 258/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 B 14/07 AL NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.03.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im Ausgangsverfahren hob die Beklagte einen Arbeitslosengeld-Bewilligungsbescheid wegen Anrechnung von Nebeneinkommen teilweise auf und erhob gegenüber dem Kläger eine Erstattungsforderung in Höhe von 8.145,91 Euro. Dem hiergegen durch den Prozessbevollmächtigten erhobenen und im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen § 141 Abs. 3 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB III) begründeten Widerspruch half die Beklagte ab und erklärte sich bereit, die dem Kläger im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten zu übernehmen (Bescheid vom 03.12.2004).

Mit Kostennote vom 07.12.2004 machte der Prozessbevollmächtigte gegenüber der Beklagten einen Betrag von brutto 700,30 Euro geltend (Verfahrensgebühr nach Nr. 2400 VV RVG: 583,70 Euro, Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG: 20,00 Euro, Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG: 96,60 Euro). Die Beklagte setzte daraufhin einen Betrag von 310,00 Euro fest. Hierzu führte sie sinngemäß aus, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 2500 VV RVG angesichts der Schwierigkeit der Sache und der Bedeutung für den Kläger mit 290,00 Euro anzusetzen gewesen sei. Zuzüglich Auslagenpauschale ergebe sich ein Gesamtbetrag von 310,00 Euro. Die Umsatzsteuer sei nicht zu erstatten, da der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt sei (Bescheid vom 18.01.2005). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 06.10.2005).

Im Klageverfahren hat der Kläger im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass sich bei zutreffender Würdigung ein Erstattungsbetrag von insgesamt 626,40 Euro (inklusive Umsatzsteuer) ergebe. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit, ihres tatsächlichen Umfangs und ihrer Schwierigkeit sei nach Nr. 2500 VV RVG eine Gebühr von 540,00 Euro in Ansatz zu bringen. Die Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer resultiere daraus, dass die für ihn - den Kläger - erbrachte anwaltliche Tätigkeit aus der Anwendung des SGB III resultiere; es habe sich mithin nicht um steuerbare Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) gehandelt. Im Übrigen sei (vorsorglich) ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1005 VV RVG in Höhe von 280,00 Euro zzgl. UStG, insgesamt 324,80 Euro, in Ansatz gebracht werden müsse. Daraus ergebe sich einmal mehr die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung auch des noch geltend gemachten Betrages von 316,40 Euro.

Mit Urteil vom 21.03.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Der Kläger macht mit der hiergegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Sozialgericht in seinem Urteil den vorsorglich erteilten Hinweis auf die Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG gänzlich unberücksichtigt gelassen habe. Dies stelle sich als wesentlicher Verfahrensmangel dar, da der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.).

Beide Voraussetzungen sind in Anbetracht des Beschwerdewerts nicht gegeben. Gegenstand des Verfahrens ist, ob die dem Kläger zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens um einen weiteren Betrag von 316,40 Euro zu erhöhen sind. Das Vorbringen des Klägers im Hinblick auf die Voraussetzungen der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG ist nicht dahin zu verstehen, dass er die Beklagte zusätzlich zu der bislang geltend gemachten Gebühr auf einen weiteren Betrag von 324,80 Euro in Anspruch nimmt. Denn es handelt sich bei diesem Vorbringen bei objektiver Betrachtung lediglich um ein Begründungselement im Hinblick auf den erhobenen Anspruch. Das ergibt sich nicht zuletzt aus dem Vortrag des Klägers in dem Schriftsatz vom 11.08.2006 ("Unter Berücksichtigung auch dieses Umstandes ergibt sich einmal mehr die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung auch des vom Kläger noch geltend gemachten Betrages in Höhe von EUR 316,40.").

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Beteiligten trifft keine Darlegungslast im Hinblick auf die Zulassungsgründe "grundsätzliche Bedeutung" und "Abweichung" (HK-SGG/Lüdtke, 2. Auflage 2006, § 145, Rn. 10 f.).

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Voraussetzung hierfür ist, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Berufungsgericht bedürftig und fähig ist. Klärungsfähig in diesem Sinne ist die aufgeworfene Rechtsfrage nur, wenn sie im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (vgl. nur Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 144, Rn. 28 und § 160, Rn. 6 ff., m.w.N.). Grundsätzliche Bedeutung liegt nicht vor im Hinblick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Gebühr nach Nr. 1005 VV RVG geltend gemacht werden kann. Hierzu hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits abschließend entschieden (vgl. Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 23/06 R, juris und Urteil vom 21.03.2007 - Az.: B 11a AL 53/06 R, juris). Die vom Kläger vor dem Sozialgericht aufgeworfene Frage, ob die Beklagte auch die Umsatzsteuer zu erstatten hat, weist ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung auf (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage 2007, VV RVG 7008, Rn. 17, m.w.N.).

Eine Abweichung (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) liegt ersichtlich nicht vor.

Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG) ist ebenfalls nicht gegeben. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils. Vielmehr geht es um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil oder die Zulässigkeit des Urteils. Gleichwohl können sich Verfahrensmängel auch aus der Entscheidung selbst ergeben (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 144, Rn. 32, m.w.N.). Der sachliche Inhalt des Urteils ist allerdings nicht zu berücksichtigen (HK-SGG/Bolay, 2. Auflage 2006, § 136, Rn. 23, m.w.N.).

Entgegen der Ansicht des Klägers liegt ein Verfahrensmangel - insbesondere eine Verletzung rechtlichen Gehörs - nicht bereits darin, dass das Sozialgericht die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob sich der von ihm erhobene Gebührenanspruch (auch) auf Nr. 1005 VV RVG stützen lässt, nicht erörtert hat. Denn das Gericht ist nicht gezwungen, sich mit jedem Beteiligtenvorbringen in sämtlichen Einzelheiten auseinander zu setzen. Ein Verstoß gegen die Begründungspflicht ist erst dann anzunehmen, wenn einzelne Ansprüche, Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht behandelt werden oder wenn die Erwägungen, die das Gericht in einem entscheidungserheblichen Streitpunkt zum Urteilsausspruch geführt haben, dem Urteil selbst nicht zu entnehmen sind (HK-SGG/Bolay, 2. Auflage 2006, § 136, Rn. 22, m.w.N.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Denn es hat sich bei den Ausführungen des Klägers zu Nr. 1005 VV RVG ersichtlich nur um ein weiteres Begründungselement gehandelt, um den von ihm erhobenen Anspruch auf Zahlung weiterer 316,40 Euro auf dieser Basis stützen zu können. Ist dieses Vorbringen jedoch als einzelnes Element einer Gesamtargumentation zu sehen, kann das Übergehen eines solchen Teilaspekts durch das Sozialgericht zur Überzeugung des Senats nicht als Verfahrensmangel qualifiziert werden.

Selbst wenn man davon ausginge, dass der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel gegeben wäre, wäre folgendes zu beachten: In der Sache kann ein Rechtsanwalt eine Gebühr nach Nr. 1005 VV RVG für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid der Behörde nur beanspruchen, wenn er eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 23/06 R, juris und Urteil vom 21.03.2007 - Az.: B 11a AL 53/06 R, juris). Wie das Sozialgericht zutreffend herausgestellt hat, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Widerspruch erhoben, begründet und eine Anfrage der Beklagten beantwortet. Diese Tätigkeiten erfüllen nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Erledigungsgebühr, da derartige Tätigkeiten bereits mit der Gebühr nach Nr. 2500 VV RVG abgegolten werden und es an einer besonderen Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten gefehlt hat. Die Ausführungen des Sozialgerichts zu Nr. 2500 VV RVG sind im Übrigen nicht zu beanstanden. Angesichts dessen war die Rechtsverfolgung aussichtslos. Der Gesichtspunkt der Vermeidung aussichtsloser Berufungsverfahren darf mit Blick auf die in § 144 Abs. 2 Nr. SGG normierte Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensmangels nicht außer Acht gelassen werden (vgl. BSG, Beschluss vom 09.06.2004 - Az.: B 12 KR 16/02 B, juris und insbesondere Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.02.2007 - Az.: L 7 SO 2173/06 NZB, juris). Es kann nicht Sinn des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sein, Berufungen zuzulassen, die ohne weiteres wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit zurückgewiesen werden müssten.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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