Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 RA 4407/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 RA 122/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ber-lin vom 13. Dezember 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstat-ten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rentenhöhe.
Die 1935 geborene Klägerin war nach einem Studium der Physik an der H-Universität ab dem 1. Oktober 1959 bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften beschäftigt. Seit dem 1. Juli 1961 war sie in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz einbezogen. Am 4. Sep-tember 1996 beantragte sie die Gewährung einer Rente nach den Vorschriften des Beitrittsge-bietes, ihr noch bestehendes Beschäftigungsverhältnis (am P-D-Institut für Festkörperelektro-nik B) wolle sie nicht aufgeben. Durch Rentenbescheid vom 3. März 1997 erkannte die Be-klagte den Anspruch auf Altersrente gemäß Art. 2 § 4 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) ab 1. September 1996 mit einem Zahlbetrag von 955,00 DM an.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 1999 beantragte die Klägerin die Überprüfung der bislang nach Art. 2 RÜG erlassenen Rentenbescheide. Der Zahlbetragsschutz des Einigungsvertrages sei nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte wies den Überprüfungsantrag durch Bescheid vom 10. November 1999 als unbegründet zurück. Die vom Zusatzversorgungsträger festge-stellten Zeiten seien erst bei der Berechnung einer Rente nach dem Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) zu berücksichtigen. Dazu müsse aber zunächst ein entsprechender Rentenan-trag gestellt werden. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, dass ihre rechtmäßig erworbenen Ansprüche missachtet würden, was den Einigungsvertrag und das Grundgesetz verletzte.
Die Beklagte hob durch Bescheid vom 12. April 2000 die Rentenbewilligung (nach Art. 2 RÜG) in dem Bescheid vom 3. März 1997 hinsichtlich der Höhe auf und forderte eine Über-zahlung in Höhe von 10.477,78 DM zurück. Die Klägerin habe Leistungen aus der Unfallversi-cherung bezogen und diese Tatsache bei Rentenantragstellung nicht angegeben. Widerspruch und Klage dagegen blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2000, Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2004 – L 17 RA 2/02 - ).
Bereits am 5. November 1999 hatte die Klägerin die Gewährung einer Regelaltersrente nach dem SGB VI beantragt, die ihr die Beklagte durch Bescheid vom 26. Juli 2000 ab dem 1. Feb-ruar 2000 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 2.547,68 DM gewährte. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. November 1999 wurde von der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 5. März 2002 zurückgewiesen, nachdem die Klägerin Untätig-keitsklage vor dem Sozialgericht Berlin (S 2 RA 5109/01) erhoben hatte, die vom Sozialgericht mit dem Verfahren S 18 RA 3260/00 verbunden wurde, das bereits gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger anhängig war. Der Widerspruchsbescheid vom 5. März 2002 enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass er nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsge-setzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Sozialgerichtsverfahrens werde.
Mit der am 3. Juli 2002 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Be-scheides vom 10. November 1999, der den Bescheid vom 3. März 1997 bestätigt habe, in Ges-talt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 sowie die Änderung des Rentenbescheides vom 26. Juli 2000 und der Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 sowie die Neuberechnung ihrer Rente von Anfang an.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2004). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Klagegegenstand allein der Bescheid vom 10. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 sei. Dieser Bescheid sei - ebenso wie der vom 3. März 1997 - rechtmäßig. Die Beklagte habe bei der Rentenberechnung Art. 2 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) zutreffend angewandt. Ein Anspruch auf zusätz-liche Berücksichtigung der Zusatzversorgung oder Dynamisierung bestehe nicht. Das habe das Bundessozialgericht - BSG - bereits entschieden (Hinweis auf BSG, Urt. v. 30. Januar 2003 – B 4 RA 9/02 R -).
Gegen den ihr am 16. Dezember 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 20. Dezember 2004. Der Rechtsstreit gehöre zu jenen Verfahren, bei denen es seit vielen Jahren um die Anerkennung des Eigentums sowie um die Gleichberechtigung der Bürger, die einen wesentlichen Teil ihrer Lebensleistung in der DDR erbracht hätten, und um den Schutz dieser Bürger vor Diskriminierung gehe.
Die Klägerin beantragt ausdrücklich,
"den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 5. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 9. März 1997 sowie den Rentenbescheid vom 26. Juli 2000 und die Rentenanpas-sungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und zum 1. Juli 2001 zu ändern, die Rente von Be-ginn an neu zu berechnen und dabei (1) die vom BVerfG mit den bekannten Urteilen vom 28. April 1999 wieder hergestellte Zahlbetragsgarantie als Realwertgarantie und die weiteren Zusicherungen des Einigungsvertrages zum Eigentums-, realen Bestands- und dauerhaften Vertrauensschutz zu berücksichtigen, (2) darüber hinaus ebenfalls ge-mäß den Urteilen des BVerfG und gemäß dem 2. AAÜG-ÄndG wie für alle Bestands-rentner eine Rentenberechnung gemäß § 307b Abs. 1 und 2 SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG nach dem sogen. 20-Jahre-Zeitraum vorzunehmen, um dadurch feststel-len zu können, in welchem Maße das Alterseinkommen der Klägerin stichtagsbedingt im Vergleich zu den Bestandsrentnern mit einer entsprechenden Lebensleistung ver-mindert worden ist, ob die Anwendung des Stichtags gerechtfertigt ist bzw. ob die zugrunde liegenden Regelungen wegen des Fehlens einer Härtefallregelung verfas-sungswidrig sind, (3) die Versichertenrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der all-gemeinen Beitragsbemessungsgrenze und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI) zu berechnen, wobei zuzüglich zu der Versichertenrente die Ansprüche auf eine zusätzliche Rente aus dem Versorgungssystem zu berücksichtigen sind, die in das neue Rentenrecht zu über-führen und nicht zu liquidieren waren, (4) die Entscheidungen über die einheitliche An-passung der Rente zum 1. Juli 2000 und über die zu geringe Rentenanpassung zum 1. Juli 2001, mit denen die verbindlichen Vorgaben des EV und des GG (Art. 72) und die unter Eigentumsschutz stehenden Anpassungsansprüche verletzt werden, zu korrigie-ren. Der Klägerin ist der Zahlbetrag einschließlich der Nachzahlungen zu gewähren, der im Vergleich der unterschiedlichen Rentenberechnungen am höchsten ist", hilfsweise, Beweis zu erheben entsprechend den mit Schriftsatz vom 16. April 2007 un-ter I. gestellten Anträgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht zu beanstan-den.
Soweit die Klägerin die Änderung des Rentenbescheides vom 26. Juli 2000 und der Rentenan-passungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 sowie die Neuberechnung ihrer nach dem SGB VI zu berechnenden Rente verlangt, ist die Klage unzulässig. Denn insoweit fehlt es jeweils an dem Abschluss eines Vorverfahrens als Prozessvoraussetzung (§ 78 SGG). Der von der Klägerin gegen den Bescheid vom 26. Juli 2000 erhobene Widerspruch ist noch nicht be-schieden. In Bezug auf die Rentenpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 ist schon nicht ersichtlich, dass sie gegen diese gesondert Widerspruch eingelegt hätte. Die Durch-führung von Widerspruchsverfahren war auch nicht nach den §§ 86, 96 SGG entbehrlich. Denn der Rentenbescheid vom 26. Juli 2000 und die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 betreffen die nach dem SGB VI zu gewährenden Leistungen und haben damit einen anderen Gegenstand als der Bescheid vom 10. November 1999 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 5. März 2002, dessen Gegenstand die der Klägerin nach Art. 2 RÜG zustehende Altersrente ist. Bei einem Streit über die Höhe der Rente nach Art. 2 RÜG einer-seits und dem SGB VI andererseits handelt es sich um zwei verschiedene Ansprüche, die je-weils eigenständige Voraussetzungen haben (BSG, Urteil v. 30. Januar 2003, - B 4 RA 9/02 R -).
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, das Verfahren auszusetzen und der Beklagten Gelegenheit zum Erlass von Widerspruchsbescheiden zu geben. Eine solche Verpflichtung kann sich nur aus Gesichtspunkten der Prozessökonomie ergeben und setzt demgemäß voraus, dass die im Wege der Klagehäufung verfolgten weiteren Ansprüche einen rechtlichen oder tatsächlichen Bezug zu dem Anspruch haben, der bereits entscheidungsreif ist (vgl. BSG Urt. v. 24. Juni 2003 – B 2 U 21/02 R -). Nur unter diesen Voraussetzungen würde der Verweis auf ein weiteres Verfahrens nämlich zu sachlich unnötigen und deswegen möglichst zu vermeiden-den Wiederholungen führen. Davon kann hier indessen angesichts der unterschiedlichen Inhal-te der Streitgegenstände keine Rede sein.
Soweit die Klage die nach Art. 2 RÜG zu leistende Rente betrifft, ist die Klage zulässig. Die Klagefrist ist wegen der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung in dem Widerspruchsbeschei-des vom 5. März 2002 gewahrt. Der Widerspruchsbescheid ist nicht Gegenstand der Untätig-keitsklage in dem Verfahren S 18 3260/00 geworden, weil diese sich bereits vorher durch an-genommenes (Teil-)Anerkenntnis erledigt hatte. Er ist auch nicht Gegenstand des noch anhän-gig gewesenen Berufungsverfahrens L 17 RA 2/02 geworden, weil dort nicht ein Anspruch der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 3. März 1997 streitig war, über den mit Bescheid vom 10. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 ent-schieden worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klage zutreffend als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat kei-nen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte höhere Leistungen gewährt. Nach Art. 2 § 28 Abs. 1 RÜG ergibt sich der Monatsbetrag einer Rente wegen Alters aus der Summe von Festbetrag und Steigerungsbetrag. Der Festbetrag hängt nach Art. 2 § 29 RÜG von der Zahl der Arbeits-jahre ab, der Steigerungsbetrag ergibt sich nach Art. 2 § 30 RÜG aus dem Produkt des bei-tragspflichtigen Grundeinkommens mit der Anzahl der Arbeitsjahre und dem Steigerungssatz. Das beitragspflichtige Grundeinkommen wird gemäß Art. 2 § 31 RÜG ermittelt, indem das beitragspflichtige Einkommen der letzten 20 Jahre vor Ende der letzten versicherungspflichti-gen Tätigkeit bis spätestens zum 31. Dezember 1991 durch die Zahl der Monate, in denen in diesem Zeitraum Beiträge gezahlt worden sind, geteilt wird. Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem wird nach Art. 2 § 31 Abs. 4 RÜG der nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ermittelte Verdienst zugrunde gelegt, wobei für Zeiten bis zum 30. Juni 1990 höchstens das beitragspflichtige Einkommen bis 600 Mark monatlich berücksichtigt wird.
Die Beklagte hat der Rentenberechnung 45 Jahre und 7 Monate als Zeit der versicherungs-pflichtigen Tätigkeit nach Art. 2 § 19 RÜG sowie 5 Jahre Zurechnungszeiten nach Art. 2 § 20 RÜG, die nach Art. 2 § 20 Abs. 2 RÜG zusammen mit den Zeiten der versicherungspflichtigen Tätigkeit auf 50 Arbeitsjahre zu begrenzen waren, sowie einen in der Zeit vom 1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1991 in 231 Beitragsmonaten erzielten Gesamtverdienst von 178.626,61 Mark und den sich aus Art. 2 § 32 Abs. 1 Nr. 1 RÜG ergebenden Steigerungssatz von eins vom Hundert zugrunde gelegt. Aus Art. 2 § 43 RÜG ergibt sich die Anrechenbarkeit der für gleiche Zeiträume geleisteten Rente aus der Unfallversicherung. Fehler bei der Rentenberechnung sind demnach nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht behauptet.
Für eine weitergehende Berücksichtigung des Arbeitsverdienstes der Klägerin insbesondere im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gibt es keine gesetzliche Grundlage. Nach Art. 30 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 des Einigungsvertrages ist eine Rente an Perso-nen, welche die Voraussetzungen für eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum 30. Juni 1995 erfüllen, zwar mindestens in der Höhe zu zahlen, die sich aus dem im Bei-trittsgebiet am 30. Juni 1990 geltenden Rentenrecht ergeben hätte, aber nur ohne Berücksichti-gung von Leistungen aus der Zusatz- und Sonderversorgung. Danach ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage Angehörigen von Zusatzversorgungssystemen aus der ehemaligen DDR mit Rücksicht auf die im Einigungsvertrag angeordnete Weitergeltung des Sozialversiche-rungsrechts der DDR (einschließlich FZR, aber ohne Zusatz- und Sonderversorgung) höhere Leistungen als in Art. 2 RÜG vorgesehen zustehen könnten (BSG, Urteil v. 30. Januar 2003, - B 4 RA 9/02 R -).
Ein Anspruch auf weitergehende Berücksichtigung und Dynamisierung der Versorgungsan-wartschaften ergibt sich auch nicht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (Eigentumsga-rantie). Denn der verfassungsrechtliche Schutz der in der DDR erworbenen Rentenanwart-schaften bestimmt sich nach der Maßgabe des Einigungsvertrages (BVerfGE 100, 1, 37ff). Dieser sah für Anwartschaften aus der Zusatzversorgung nicht die unveränderte Fortgeltung, sondern ihre Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung vor (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe b Satz 4 und 5). In Bezug auf die Ansprüche auf Zusatzversorgung beschränkt sich der Eigentumsschutz für Versicherte der ehemaligen DDR daher auf die nach dem AAÜG bzw. dem SGB VI zu gewährenden Leistungen, da die Ansprü-che aus einer Zusatzversorgung entsprechend der Vorgabe des Einigungsvertrages – nach diesen Gesetzen (und gerade nicht nach Art. 2 RÜG) überführt worden sind (BSG, Urteil v. 30. Januar 2003, - B 4 RA 9/02 R -).
Auf die von der Klägerin angeregte Beweiserhebung kam es danach für die Entscheidung nicht an.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG unter Berücksichtigung der Entscheidung in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Streitig ist die Rentenhöhe.
Die 1935 geborene Klägerin war nach einem Studium der Physik an der H-Universität ab dem 1. Oktober 1959 bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften beschäftigt. Seit dem 1. Juli 1961 war sie in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz einbezogen. Am 4. Sep-tember 1996 beantragte sie die Gewährung einer Rente nach den Vorschriften des Beitrittsge-bietes, ihr noch bestehendes Beschäftigungsverhältnis (am P-D-Institut für Festkörperelektro-nik B) wolle sie nicht aufgeben. Durch Rentenbescheid vom 3. März 1997 erkannte die Be-klagte den Anspruch auf Altersrente gemäß Art. 2 § 4 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) ab 1. September 1996 mit einem Zahlbetrag von 955,00 DM an.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 1999 beantragte die Klägerin die Überprüfung der bislang nach Art. 2 RÜG erlassenen Rentenbescheide. Der Zahlbetragsschutz des Einigungsvertrages sei nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte wies den Überprüfungsantrag durch Bescheid vom 10. November 1999 als unbegründet zurück. Die vom Zusatzversorgungsträger festge-stellten Zeiten seien erst bei der Berechnung einer Rente nach dem Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) zu berücksichtigen. Dazu müsse aber zunächst ein entsprechender Rentenan-trag gestellt werden. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, dass ihre rechtmäßig erworbenen Ansprüche missachtet würden, was den Einigungsvertrag und das Grundgesetz verletzte.
Die Beklagte hob durch Bescheid vom 12. April 2000 die Rentenbewilligung (nach Art. 2 RÜG) in dem Bescheid vom 3. März 1997 hinsichtlich der Höhe auf und forderte eine Über-zahlung in Höhe von 10.477,78 DM zurück. Die Klägerin habe Leistungen aus der Unfallversi-cherung bezogen und diese Tatsache bei Rentenantragstellung nicht angegeben. Widerspruch und Klage dagegen blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2000, Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2004 – L 17 RA 2/02 - ).
Bereits am 5. November 1999 hatte die Klägerin die Gewährung einer Regelaltersrente nach dem SGB VI beantragt, die ihr die Beklagte durch Bescheid vom 26. Juli 2000 ab dem 1. Feb-ruar 2000 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 2.547,68 DM gewährte. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. November 1999 wurde von der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 5. März 2002 zurückgewiesen, nachdem die Klägerin Untätig-keitsklage vor dem Sozialgericht Berlin (S 2 RA 5109/01) erhoben hatte, die vom Sozialgericht mit dem Verfahren S 18 RA 3260/00 verbunden wurde, das bereits gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger anhängig war. Der Widerspruchsbescheid vom 5. März 2002 enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass er nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsge-setzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Sozialgerichtsverfahrens werde.
Mit der am 3. Juli 2002 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Be-scheides vom 10. November 1999, der den Bescheid vom 3. März 1997 bestätigt habe, in Ges-talt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 sowie die Änderung des Rentenbescheides vom 26. Juli 2000 und der Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 sowie die Neuberechnung ihrer Rente von Anfang an.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2004). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Klagegegenstand allein der Bescheid vom 10. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 sei. Dieser Bescheid sei - ebenso wie der vom 3. März 1997 - rechtmäßig. Die Beklagte habe bei der Rentenberechnung Art. 2 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) zutreffend angewandt. Ein Anspruch auf zusätz-liche Berücksichtigung der Zusatzversorgung oder Dynamisierung bestehe nicht. Das habe das Bundessozialgericht - BSG - bereits entschieden (Hinweis auf BSG, Urt. v. 30. Januar 2003 – B 4 RA 9/02 R -).
Gegen den ihr am 16. Dezember 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 20. Dezember 2004. Der Rechtsstreit gehöre zu jenen Verfahren, bei denen es seit vielen Jahren um die Anerkennung des Eigentums sowie um die Gleichberechtigung der Bürger, die einen wesentlichen Teil ihrer Lebensleistung in der DDR erbracht hätten, und um den Schutz dieser Bürger vor Diskriminierung gehe.
Die Klägerin beantragt ausdrücklich,
"den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 5. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 9. März 1997 sowie den Rentenbescheid vom 26. Juli 2000 und die Rentenanpas-sungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und zum 1. Juli 2001 zu ändern, die Rente von Be-ginn an neu zu berechnen und dabei (1) die vom BVerfG mit den bekannten Urteilen vom 28. April 1999 wieder hergestellte Zahlbetragsgarantie als Realwertgarantie und die weiteren Zusicherungen des Einigungsvertrages zum Eigentums-, realen Bestands- und dauerhaften Vertrauensschutz zu berücksichtigen, (2) darüber hinaus ebenfalls ge-mäß den Urteilen des BVerfG und gemäß dem 2. AAÜG-ÄndG wie für alle Bestands-rentner eine Rentenberechnung gemäß § 307b Abs. 1 und 2 SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG nach dem sogen. 20-Jahre-Zeitraum vorzunehmen, um dadurch feststel-len zu können, in welchem Maße das Alterseinkommen der Klägerin stichtagsbedingt im Vergleich zu den Bestandsrentnern mit einer entsprechenden Lebensleistung ver-mindert worden ist, ob die Anwendung des Stichtags gerechtfertigt ist bzw. ob die zugrunde liegenden Regelungen wegen des Fehlens einer Härtefallregelung verfas-sungswidrig sind, (3) die Versichertenrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der all-gemeinen Beitragsbemessungsgrenze und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI) zu berechnen, wobei zuzüglich zu der Versichertenrente die Ansprüche auf eine zusätzliche Rente aus dem Versorgungssystem zu berücksichtigen sind, die in das neue Rentenrecht zu über-führen und nicht zu liquidieren waren, (4) die Entscheidungen über die einheitliche An-passung der Rente zum 1. Juli 2000 und über die zu geringe Rentenanpassung zum 1. Juli 2001, mit denen die verbindlichen Vorgaben des EV und des GG (Art. 72) und die unter Eigentumsschutz stehenden Anpassungsansprüche verletzt werden, zu korrigie-ren. Der Klägerin ist der Zahlbetrag einschließlich der Nachzahlungen zu gewähren, der im Vergleich der unterschiedlichen Rentenberechnungen am höchsten ist", hilfsweise, Beweis zu erheben entsprechend den mit Schriftsatz vom 16. April 2007 un-ter I. gestellten Anträgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht zu beanstan-den.
Soweit die Klägerin die Änderung des Rentenbescheides vom 26. Juli 2000 und der Rentenan-passungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 sowie die Neuberechnung ihrer nach dem SGB VI zu berechnenden Rente verlangt, ist die Klage unzulässig. Denn insoweit fehlt es jeweils an dem Abschluss eines Vorverfahrens als Prozessvoraussetzung (§ 78 SGG). Der von der Klägerin gegen den Bescheid vom 26. Juli 2000 erhobene Widerspruch ist noch nicht be-schieden. In Bezug auf die Rentenpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 ist schon nicht ersichtlich, dass sie gegen diese gesondert Widerspruch eingelegt hätte. Die Durch-führung von Widerspruchsverfahren war auch nicht nach den §§ 86, 96 SGG entbehrlich. Denn der Rentenbescheid vom 26. Juli 2000 und die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 betreffen die nach dem SGB VI zu gewährenden Leistungen und haben damit einen anderen Gegenstand als der Bescheid vom 10. November 1999 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 5. März 2002, dessen Gegenstand die der Klägerin nach Art. 2 RÜG zustehende Altersrente ist. Bei einem Streit über die Höhe der Rente nach Art. 2 RÜG einer-seits und dem SGB VI andererseits handelt es sich um zwei verschiedene Ansprüche, die je-weils eigenständige Voraussetzungen haben (BSG, Urteil v. 30. Januar 2003, - B 4 RA 9/02 R -).
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, das Verfahren auszusetzen und der Beklagten Gelegenheit zum Erlass von Widerspruchsbescheiden zu geben. Eine solche Verpflichtung kann sich nur aus Gesichtspunkten der Prozessökonomie ergeben und setzt demgemäß voraus, dass die im Wege der Klagehäufung verfolgten weiteren Ansprüche einen rechtlichen oder tatsächlichen Bezug zu dem Anspruch haben, der bereits entscheidungsreif ist (vgl. BSG Urt. v. 24. Juni 2003 – B 2 U 21/02 R -). Nur unter diesen Voraussetzungen würde der Verweis auf ein weiteres Verfahrens nämlich zu sachlich unnötigen und deswegen möglichst zu vermeiden-den Wiederholungen führen. Davon kann hier indessen angesichts der unterschiedlichen Inhal-te der Streitgegenstände keine Rede sein.
Soweit die Klage die nach Art. 2 RÜG zu leistende Rente betrifft, ist die Klage zulässig. Die Klagefrist ist wegen der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung in dem Widerspruchsbeschei-des vom 5. März 2002 gewahrt. Der Widerspruchsbescheid ist nicht Gegenstand der Untätig-keitsklage in dem Verfahren S 18 3260/00 geworden, weil diese sich bereits vorher durch an-genommenes (Teil-)Anerkenntnis erledigt hatte. Er ist auch nicht Gegenstand des noch anhän-gig gewesenen Berufungsverfahrens L 17 RA 2/02 geworden, weil dort nicht ein Anspruch der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 3. März 1997 streitig war, über den mit Bescheid vom 10. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 ent-schieden worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klage zutreffend als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat kei-nen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte höhere Leistungen gewährt. Nach Art. 2 § 28 Abs. 1 RÜG ergibt sich der Monatsbetrag einer Rente wegen Alters aus der Summe von Festbetrag und Steigerungsbetrag. Der Festbetrag hängt nach Art. 2 § 29 RÜG von der Zahl der Arbeits-jahre ab, der Steigerungsbetrag ergibt sich nach Art. 2 § 30 RÜG aus dem Produkt des bei-tragspflichtigen Grundeinkommens mit der Anzahl der Arbeitsjahre und dem Steigerungssatz. Das beitragspflichtige Grundeinkommen wird gemäß Art. 2 § 31 RÜG ermittelt, indem das beitragspflichtige Einkommen der letzten 20 Jahre vor Ende der letzten versicherungspflichti-gen Tätigkeit bis spätestens zum 31. Dezember 1991 durch die Zahl der Monate, in denen in diesem Zeitraum Beiträge gezahlt worden sind, geteilt wird. Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem wird nach Art. 2 § 31 Abs. 4 RÜG der nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ermittelte Verdienst zugrunde gelegt, wobei für Zeiten bis zum 30. Juni 1990 höchstens das beitragspflichtige Einkommen bis 600 Mark monatlich berücksichtigt wird.
Die Beklagte hat der Rentenberechnung 45 Jahre und 7 Monate als Zeit der versicherungs-pflichtigen Tätigkeit nach Art. 2 § 19 RÜG sowie 5 Jahre Zurechnungszeiten nach Art. 2 § 20 RÜG, die nach Art. 2 § 20 Abs. 2 RÜG zusammen mit den Zeiten der versicherungspflichtigen Tätigkeit auf 50 Arbeitsjahre zu begrenzen waren, sowie einen in der Zeit vom 1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1991 in 231 Beitragsmonaten erzielten Gesamtverdienst von 178.626,61 Mark und den sich aus Art. 2 § 32 Abs. 1 Nr. 1 RÜG ergebenden Steigerungssatz von eins vom Hundert zugrunde gelegt. Aus Art. 2 § 43 RÜG ergibt sich die Anrechenbarkeit der für gleiche Zeiträume geleisteten Rente aus der Unfallversicherung. Fehler bei der Rentenberechnung sind demnach nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht behauptet.
Für eine weitergehende Berücksichtigung des Arbeitsverdienstes der Klägerin insbesondere im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gibt es keine gesetzliche Grundlage. Nach Art. 30 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 des Einigungsvertrages ist eine Rente an Perso-nen, welche die Voraussetzungen für eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum 30. Juni 1995 erfüllen, zwar mindestens in der Höhe zu zahlen, die sich aus dem im Bei-trittsgebiet am 30. Juni 1990 geltenden Rentenrecht ergeben hätte, aber nur ohne Berücksichti-gung von Leistungen aus der Zusatz- und Sonderversorgung. Danach ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage Angehörigen von Zusatzversorgungssystemen aus der ehemaligen DDR mit Rücksicht auf die im Einigungsvertrag angeordnete Weitergeltung des Sozialversiche-rungsrechts der DDR (einschließlich FZR, aber ohne Zusatz- und Sonderversorgung) höhere Leistungen als in Art. 2 RÜG vorgesehen zustehen könnten (BSG, Urteil v. 30. Januar 2003, - B 4 RA 9/02 R -).
Ein Anspruch auf weitergehende Berücksichtigung und Dynamisierung der Versorgungsan-wartschaften ergibt sich auch nicht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (Eigentumsga-rantie). Denn der verfassungsrechtliche Schutz der in der DDR erworbenen Rentenanwart-schaften bestimmt sich nach der Maßgabe des Einigungsvertrages (BVerfGE 100, 1, 37ff). Dieser sah für Anwartschaften aus der Zusatzversorgung nicht die unveränderte Fortgeltung, sondern ihre Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung vor (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe b Satz 4 und 5). In Bezug auf die Ansprüche auf Zusatzversorgung beschränkt sich der Eigentumsschutz für Versicherte der ehemaligen DDR daher auf die nach dem AAÜG bzw. dem SGB VI zu gewährenden Leistungen, da die Ansprü-che aus einer Zusatzversorgung entsprechend der Vorgabe des Einigungsvertrages – nach diesen Gesetzen (und gerade nicht nach Art. 2 RÜG) überführt worden sind (BSG, Urteil v. 30. Januar 2003, - B 4 RA 9/02 R -).
Auf die von der Klägerin angeregte Beweiserhebung kam es danach für die Entscheidung nicht an.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG unter Berücksichtigung der Entscheidung in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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