Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 1799/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1168/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.01.2007 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge im Streit.
Der Kläger ist seit dem 01.01.1982 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma Elektro L. GmbH in Ö ...
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) hat bei einer Betriebsprüfung im Jahr 2000 für den Prüfzeitraum von 1996 bis 1999 keine besonderen Feststellungen getroffen, was sie der Firma des Klägers am 11.09.2000 schriftlich mitgeteilt hat.
Bei der nächsten Prüfung im Februar 2005 wurde jedoch nach Durchsicht des Gesellschaftsvertrages, der Handelsregisterauszugs, des Geschäftsführervertrages und weiterer Unterlagen unter anderem festgestellt, dass die Ehefrau des Klägers alleinige Gesellschafterin der Firma des Klägers ist.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.08.2005 stellte die BfA daraufhin fest, dass der Kläger seit Beginn seiner Tätigkeit für die Fa. Elektro L. GmbH als Geschäftsführer einer Familien-GmbH, deren Alleingesellschafterin die Ehefrau sei, nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Der Kläger beantragte daraufhin über die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) bei der Beklagten am 16.09.2005 die Erstattung der seit dem 01.01.1982 entrichteten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung.
Mit zwei getrennten Bescheiden vom 24.11.2005 erstattete die Beklagte sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberanteile für die Zeit vom 01.12.2000 bis zum 31.05.2005 in Höhe von jeweils 3.772,41 EUR. Für den davorliegenden Zeitraum berief sie sich auf den Eintritt der Verjährung.
Seinen gegen die Einrede der Verjährung erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass ihm die Rentenversicherungsbeiträge vollständig erstattet worden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2006 als unbegründet zurück. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjährten Beitragsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien. Die Einrede der Verjährung sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil die zu Unrecht erfolgte Beitragszahlung nicht auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Beklagten, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung (letztere als Prüfinstitution) beruhe. Ein solches fehlerhaftes Verwaltungshandeln lasse sich insbesondere auch nicht darin sehen, dass bei Betriebsprüfungen die Beitragsentrichtung nicht beanstandet worden sei. Denn Betriebsprüfungen hätten lediglich eine Kontrollfunktion und bezweckten nicht, die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit festzustellen (unter Hinweis auf Bundessozialgericht – BSG – , Urteil vom 30.11.1978 – 12 RK 6/76 –). Aus der bei der BfA eingeholten Stellungnahme gehe hervor, dass Betriebsprüfungen grundsätzlich nicht als Vollprüfungen durchgeführt würden, sondern auf Stichproben beschränkt würden. Schwerpunkt seien hierbei lediglich die Lohnunterlagen.
Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten am 21.04.2006 Klage zum Sozialgericht K. (SG) erhoben, welche trotz zweimaliger Erinnerung nicht begründet worden ist.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 30.01.2007 als unbegründet abgewiesen. Nach dem Bescheid der BfA vom 02.08.2005 sei davon auszugehen, dass der Kläger während der geltend gemachten Zeiträume in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Nach § 26 Abs. 2 SGB IV bestehe jedoch ein Beitragserstattungsanspruch nach der zutreffenden Auffassung der Beklagten lediglich vom 01.12.2000 bis zum 31.05.2005, weil für die davorliegenden Zeiträume nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV Verjährung eingetreten sei. Die Erhebung der Verjährungseinrede bedeute keine unzulässige Rechtsausübung. Selbst dort, wo wie vorliegend über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestünden und die Verjährung begründete Ansprüche betreffe, sei das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens gerechtfertigt (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.07.2003 – B 12 AL 1/02 R –). Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit diesen rechtzeitig geltend zu machen sei auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung.
Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung sei auch rechtsfehlerfrei. Die in dem Widerspruchsbescheid gemachten Ausführungen ließen erkennen, dass die Beklagte ihrer Pflicht, eine Ermessensentscheidung über die Erhebung der Einrede zu treffen, nachgekommen sei. Sie habe darin insbesondere geprüft, ob aufgrund einer unbilligen Härte von der Verjährungseinrede abzusehen sei, da die Beklagte zutreffend davon ausgegangen sei, dass ein nachweisbares, ihr zurechenbares fehlerhaftes Verwaltungshandeln nicht feststellbar sei. In den Akten sei ein solches Verhalten nicht dokumentiert. Soweit von der BfA Betriebsprüfungen unter Hinweis auf § 28 p Abs. 1 SGB IV durchgeführt worden seien, sei mit der Rechtsprechung des BSG davon auszugehen, dass diese der Absicherung der Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung dienten. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Insbesondere bezweckten sie nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen (unter Hinweis auf die vorstehend zitierte Entscheidung des BSG). Der Gerichtsbescheid des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 06.02.2007 zugestellt.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 05.03.2007 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Die Prüfung der BfA im Jahre 2000 habe noch keinerlei Beanstandungen ergeben. Im Jahr 2003 habe dann jedoch eine erneute Prüfung ergeben, dass die Prüfung im Jahr 2000 nicht in Ordnung gewesen sei. Der Kläger gehe insoweit von einem fehlerhaften Verwaltungsverfahren aus. Selbst im Jahre 2005, als der Kläger sich habe arbeitslos melden müssen, habe er von diesen Gegebenheiten noch nichts gewusst. Der Kläger habe dann ordnungsgemäß Arbeitslosengeld bezogen, welches er aufgrund der Feststellung im Jahre 2003 habe zurückzahlen müssen. Nunmehr verlange er umgekehrt sein Geld, das er nach dem Stand der Dinge zu Recht einbezahlt hatte, wohingegen sich die Beklagte nun auf die Einrede der Verjährung berufen können solle. Insofern liege eine ungerechtfertigte Bereicherung vor, welche noch nicht verjährt sein könne. Zumindest verstoße die Einrede der Verjährung gegen die Grundsätze des § 242 BGB.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 30.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die von dem Kläger geleisteten Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.01.1982 bis zum 30.11.2000 zu erstatten, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Gemäß § 26 Abs. 4 SGB IV in Verbindung mit § 185 a AFG in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung und § 351 SGB III (in Kraft getreten am 01.01.1998) sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten. Der zu erstattende Betrag mindert sich um den Betrag der Leistung, der in irrtümlicher Annahme der Versicherungspflicht gezahlt worden ist. Der Erstattungsanspruch steht gem. § 26 Abs. 3 SGB IV demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat.
Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wurden je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen (§ 167 AFG in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung und § 346 Abs.1 SGB III in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung). Der Kläger hat somit die Beiträge zur Hälfte getragen und ist daher dem Grunde nach in dieser Höhe erstattungsberechtigt.
Aufgrund des bestandskräftigen Bescheides der BfA vom 02.08.2005, der auch für die Beklagte bindend ist, steht fest, dass der Kläger als Geschäftsführer seiner Firma nicht versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung war. Es steht somit auch fest, dass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ab diesem Zeitpunkt zu Unrecht entrichtet wurden. Versicherungsleistungen hat der Kläger nicht in Anspruch genommen.
Der Erstattungsanspruch verjährt gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der ab 01.07.1977 geltenden Fassung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Die Verjährung wird durch schriftlichen Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch (§ 27 Abs. 3 SGB IV).
Der Erstattungsantrag ging vorliegend im Jahr 2005 ein. Nach der Regelung des § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Beiträge entrichtet worden sind, dass heißt die Beiträge, die in Jahren 1982 bis 2000 fällig wurden, verjährten jeweils mit Beendigung des Jahres 2004 (für den Beitrag des Jahres 2000).
Vorliegend lagen bis zum Jahr 2005 lediglich Routineprüfungen der BfA vor und keine spezielle Überprüfung der Berechtigung zur Beitragszahlung, weswegen ein Standardfall nach der von den Beteiligten zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt, in der bei Routineprüfungen ohne Überprüfung der Berechtigung zur Beitragsentrichtung angenommen wird, dass die Beklagte sich auf die Einrede der Verjährung berufen darf. Der Vorwurf unzulässiger Rechtsausübung ist auf die Fälle beschränkt, in denen ein Versicherter dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dass er auf ein konkretes, ihm gegenüber an den Tag gelegtes Verhalten des Versicherungsträgers vertraut (BSG SozR 2200 § 29 Nr. 6). Ein Fehlverhalten der Einzugsstelle wird dabei der Beklagten wie eigenes Verhalten zugerechnet (BSG Urteil vom 26.06.1986, 7 Rar 121/84; SozR 4-2400 § 27 Nr. 1). Ein solcher konkretes Verhalten gegenüber dem Kläger, das einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Berechtigung zu der Entrichtung der Beiträge geschaffen hätte, liegt aber nicht vor.
Ermessensrichtlinien dahingehend, dass die Verjährungseinrede nur dann nicht erhoben wird, wenn fehlerhaftes Verhalten der Sozialversicherungsträger oder der Einzugsstelle zur Beitragsentrichtung geführt hat, sind nicht zu beanstanden (vergl. hierzu Seewald in Kasseler Kommentar, Kommentar zum SGB IV § 27 Rdnr. 17 mit weiteren Nachweisen).
Zweck der Verjährungseinrede ist es im Allgemeinen, dem Schuldner die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu erleichtern, da die Aufklärung der tatsächlichen Umstände im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß immer schwieriger wird. Die Verjährung konkretisiert Maximen von Treu und Glauben in Gestalt der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten und erspart zugleich Beweiserhebungen. Darüber hinaus dient sie der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Aber auch dort, wo wie hier über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestehen und die Verjährung begründete Ansprüche betrifft, ist das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens, hier der Freiheit der Versichertengemeinschaft vor unvorhergesehenen Belastungen, gerechtfertigt. Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit diesen (rechtzeitig) geltend zu machen, ist auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung (Urteil des BSG vom 29.07.2003 - B 12 AL 1/02 -).
Fehlerhaftes Verwaltungshandeln ist hier nicht zu erkennen. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln kann auch nicht darin erkannt werden, dass in der Zeit vor 2005 mehrfach Betriebsprüfungen bei der Firma des Klägers durchgeführt wurden. Obwohl diese keine Beanstandungen ergaben, stehen sie der Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte grundsätzlich nicht entgegen. Betriebsprüfungen finden überdies im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten statt, um die Beitragsentrichtung zu gewährleisten. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen (Urteil des BSG vom 29.07.2003 a.a.O., m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge im Streit.
Der Kläger ist seit dem 01.01.1982 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma Elektro L. GmbH in Ö ...
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) hat bei einer Betriebsprüfung im Jahr 2000 für den Prüfzeitraum von 1996 bis 1999 keine besonderen Feststellungen getroffen, was sie der Firma des Klägers am 11.09.2000 schriftlich mitgeteilt hat.
Bei der nächsten Prüfung im Februar 2005 wurde jedoch nach Durchsicht des Gesellschaftsvertrages, der Handelsregisterauszugs, des Geschäftsführervertrages und weiterer Unterlagen unter anderem festgestellt, dass die Ehefrau des Klägers alleinige Gesellschafterin der Firma des Klägers ist.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.08.2005 stellte die BfA daraufhin fest, dass der Kläger seit Beginn seiner Tätigkeit für die Fa. Elektro L. GmbH als Geschäftsführer einer Familien-GmbH, deren Alleingesellschafterin die Ehefrau sei, nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Der Kläger beantragte daraufhin über die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) bei der Beklagten am 16.09.2005 die Erstattung der seit dem 01.01.1982 entrichteten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung.
Mit zwei getrennten Bescheiden vom 24.11.2005 erstattete die Beklagte sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberanteile für die Zeit vom 01.12.2000 bis zum 31.05.2005 in Höhe von jeweils 3.772,41 EUR. Für den davorliegenden Zeitraum berief sie sich auf den Eintritt der Verjährung.
Seinen gegen die Einrede der Verjährung erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass ihm die Rentenversicherungsbeiträge vollständig erstattet worden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2006 als unbegründet zurück. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjährten Beitragsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien. Die Einrede der Verjährung sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil die zu Unrecht erfolgte Beitragszahlung nicht auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Beklagten, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung (letztere als Prüfinstitution) beruhe. Ein solches fehlerhaftes Verwaltungshandeln lasse sich insbesondere auch nicht darin sehen, dass bei Betriebsprüfungen die Beitragsentrichtung nicht beanstandet worden sei. Denn Betriebsprüfungen hätten lediglich eine Kontrollfunktion und bezweckten nicht, die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit festzustellen (unter Hinweis auf Bundessozialgericht – BSG – , Urteil vom 30.11.1978 – 12 RK 6/76 –). Aus der bei der BfA eingeholten Stellungnahme gehe hervor, dass Betriebsprüfungen grundsätzlich nicht als Vollprüfungen durchgeführt würden, sondern auf Stichproben beschränkt würden. Schwerpunkt seien hierbei lediglich die Lohnunterlagen.
Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten am 21.04.2006 Klage zum Sozialgericht K. (SG) erhoben, welche trotz zweimaliger Erinnerung nicht begründet worden ist.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 30.01.2007 als unbegründet abgewiesen. Nach dem Bescheid der BfA vom 02.08.2005 sei davon auszugehen, dass der Kläger während der geltend gemachten Zeiträume in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Nach § 26 Abs. 2 SGB IV bestehe jedoch ein Beitragserstattungsanspruch nach der zutreffenden Auffassung der Beklagten lediglich vom 01.12.2000 bis zum 31.05.2005, weil für die davorliegenden Zeiträume nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV Verjährung eingetreten sei. Die Erhebung der Verjährungseinrede bedeute keine unzulässige Rechtsausübung. Selbst dort, wo wie vorliegend über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestünden und die Verjährung begründete Ansprüche betreffe, sei das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens gerechtfertigt (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.07.2003 – B 12 AL 1/02 R –). Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit diesen rechtzeitig geltend zu machen sei auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung.
Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung sei auch rechtsfehlerfrei. Die in dem Widerspruchsbescheid gemachten Ausführungen ließen erkennen, dass die Beklagte ihrer Pflicht, eine Ermessensentscheidung über die Erhebung der Einrede zu treffen, nachgekommen sei. Sie habe darin insbesondere geprüft, ob aufgrund einer unbilligen Härte von der Verjährungseinrede abzusehen sei, da die Beklagte zutreffend davon ausgegangen sei, dass ein nachweisbares, ihr zurechenbares fehlerhaftes Verwaltungshandeln nicht feststellbar sei. In den Akten sei ein solches Verhalten nicht dokumentiert. Soweit von der BfA Betriebsprüfungen unter Hinweis auf § 28 p Abs. 1 SGB IV durchgeführt worden seien, sei mit der Rechtsprechung des BSG davon auszugehen, dass diese der Absicherung der Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung dienten. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Insbesondere bezweckten sie nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen (unter Hinweis auf die vorstehend zitierte Entscheidung des BSG). Der Gerichtsbescheid des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 06.02.2007 zugestellt.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 05.03.2007 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Die Prüfung der BfA im Jahre 2000 habe noch keinerlei Beanstandungen ergeben. Im Jahr 2003 habe dann jedoch eine erneute Prüfung ergeben, dass die Prüfung im Jahr 2000 nicht in Ordnung gewesen sei. Der Kläger gehe insoweit von einem fehlerhaften Verwaltungsverfahren aus. Selbst im Jahre 2005, als der Kläger sich habe arbeitslos melden müssen, habe er von diesen Gegebenheiten noch nichts gewusst. Der Kläger habe dann ordnungsgemäß Arbeitslosengeld bezogen, welches er aufgrund der Feststellung im Jahre 2003 habe zurückzahlen müssen. Nunmehr verlange er umgekehrt sein Geld, das er nach dem Stand der Dinge zu Recht einbezahlt hatte, wohingegen sich die Beklagte nun auf die Einrede der Verjährung berufen können solle. Insofern liege eine ungerechtfertigte Bereicherung vor, welche noch nicht verjährt sein könne. Zumindest verstoße die Einrede der Verjährung gegen die Grundsätze des § 242 BGB.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 30.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die von dem Kläger geleisteten Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.01.1982 bis zum 30.11.2000 zu erstatten, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Gemäß § 26 Abs. 4 SGB IV in Verbindung mit § 185 a AFG in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung und § 351 SGB III (in Kraft getreten am 01.01.1998) sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten. Der zu erstattende Betrag mindert sich um den Betrag der Leistung, der in irrtümlicher Annahme der Versicherungspflicht gezahlt worden ist. Der Erstattungsanspruch steht gem. § 26 Abs. 3 SGB IV demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat.
Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wurden je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen (§ 167 AFG in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung und § 346 Abs.1 SGB III in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung). Der Kläger hat somit die Beiträge zur Hälfte getragen und ist daher dem Grunde nach in dieser Höhe erstattungsberechtigt.
Aufgrund des bestandskräftigen Bescheides der BfA vom 02.08.2005, der auch für die Beklagte bindend ist, steht fest, dass der Kläger als Geschäftsführer seiner Firma nicht versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung war. Es steht somit auch fest, dass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ab diesem Zeitpunkt zu Unrecht entrichtet wurden. Versicherungsleistungen hat der Kläger nicht in Anspruch genommen.
Der Erstattungsanspruch verjährt gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der ab 01.07.1977 geltenden Fassung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Die Verjährung wird durch schriftlichen Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch (§ 27 Abs. 3 SGB IV).
Der Erstattungsantrag ging vorliegend im Jahr 2005 ein. Nach der Regelung des § 27 Abs. 2 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Beiträge entrichtet worden sind, dass heißt die Beiträge, die in Jahren 1982 bis 2000 fällig wurden, verjährten jeweils mit Beendigung des Jahres 2004 (für den Beitrag des Jahres 2000).
Vorliegend lagen bis zum Jahr 2005 lediglich Routineprüfungen der BfA vor und keine spezielle Überprüfung der Berechtigung zur Beitragszahlung, weswegen ein Standardfall nach der von den Beteiligten zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt, in der bei Routineprüfungen ohne Überprüfung der Berechtigung zur Beitragsentrichtung angenommen wird, dass die Beklagte sich auf die Einrede der Verjährung berufen darf. Der Vorwurf unzulässiger Rechtsausübung ist auf die Fälle beschränkt, in denen ein Versicherter dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dass er auf ein konkretes, ihm gegenüber an den Tag gelegtes Verhalten des Versicherungsträgers vertraut (BSG SozR 2200 § 29 Nr. 6). Ein Fehlverhalten der Einzugsstelle wird dabei der Beklagten wie eigenes Verhalten zugerechnet (BSG Urteil vom 26.06.1986, 7 Rar 121/84; SozR 4-2400 § 27 Nr. 1). Ein solcher konkretes Verhalten gegenüber dem Kläger, das einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Berechtigung zu der Entrichtung der Beiträge geschaffen hätte, liegt aber nicht vor.
Ermessensrichtlinien dahingehend, dass die Verjährungseinrede nur dann nicht erhoben wird, wenn fehlerhaftes Verhalten der Sozialversicherungsträger oder der Einzugsstelle zur Beitragsentrichtung geführt hat, sind nicht zu beanstanden (vergl. hierzu Seewald in Kasseler Kommentar, Kommentar zum SGB IV § 27 Rdnr. 17 mit weiteren Nachweisen).
Zweck der Verjährungseinrede ist es im Allgemeinen, dem Schuldner die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu erleichtern, da die Aufklärung der tatsächlichen Umstände im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß immer schwieriger wird. Die Verjährung konkretisiert Maximen von Treu und Glauben in Gestalt der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten und erspart zugleich Beweiserhebungen. Darüber hinaus dient sie der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Aber auch dort, wo wie hier über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestehen und die Verjährung begründete Ansprüche betrifft, ist das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens, hier der Freiheit der Versichertengemeinschaft vor unvorhergesehenen Belastungen, gerechtfertigt. Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit diesen (rechtzeitig) geltend zu machen, ist auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung (Urteil des BSG vom 29.07.2003 - B 12 AL 1/02 -).
Fehlerhaftes Verwaltungshandeln ist hier nicht zu erkennen. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln kann auch nicht darin erkannt werden, dass in der Zeit vor 2005 mehrfach Betriebsprüfungen bei der Firma des Klägers durchgeführt wurden. Obwohl diese keine Beanstandungen ergaben, stehen sie der Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte grundsätzlich nicht entgegen. Betriebsprüfungen finden überdies im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten statt, um die Beitragsentrichtung zu gewährleisten. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen (Urteil des BSG vom 29.07.2003 a.a.O., m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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