Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 SO 30/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung von stationären Krankenhauskosten in Höhe von 3768,50 Euro.
Die Zeugin N, geb. 00.0.1981, wurde im August 2003 im Rahmen einer Notfallbehandlung bei der Klägerin wegen einer Eileiter– und Eierstockentzündung stationär aufgenommen und behandelt. Die Zeugin hatte bis zum 10.4.2003 von der Stadt I Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bezogen. Die Leistungen waren seinerzeit wegen Arbeitsunwilligkeit eingestellt worden (Bescheid vom 10.4.2003).
Mit Fax vom 29.8.03 erfolgte von Seiten der Klägerin bei der Stadt I eine vorsorgliche Anmeldung unter Bezugnahme nach § 37 BSHG. Die Klägerin teilte mit, für die Zeugin N sei ein Kostenübernahmeschein nicht vorgelegt und auch der bestimmungsmäßige Vorschuss nicht geleistet worden. Eine Kostenübernahme durch die AOK Rheinland sei noch nicht geklärt. Im Fall der Ablehnung käme sie ggf. auf diese Angelegenheit zurück.
Mit Schreiben vom 18.9.2003 teilte die Stadt I der Klägerin mit, dass ihr Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten zuständigkeitshalber an den Beklagten zur Entscheidung weitergeleitet worden sei, von dort erhielte sie weitere Nachricht. Rückfragen seien an den Beklagten zu richten.
Der Beklagte legte Ende März 2004 den Vorgang ins Archiv weg mit dem Vermerk: "kein Antrag eingegangen".
Unter dem 2.3.2005 übersandte die Klägerin dem Beklagten per Fax die Rechnung vom 11.9.2003 über die Kosten der stationären Behandlung der Zeugin N in Höhe von 3768,50 Euro.
Mit Bescheid vom 5.4.2005 lehnte der Beklagte die Übernahme der stationären Krankenhauskosten ab. Eine Kostenübernahme sei wegen nicht eingereichter Antragstellung und ungerechtfertigter Fristversäumnis nicht möglich. Eine Frist zur Vorlage des Kostenübernahmeantrages von 3,5 Monate sei als angemessen zu betrachten. Die Klägerin habe unter dem 29.8.2003 eine vorsorgliche Anmeldung eingereicht. Ein Kostenübernahmeantrag nach der Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK Rheinland sei zu keinem Zeitpunkt eingereicht worden. Erst nach 1 ½ Jahren am 2.3.2005 habe die Klägerin eine Rechnungskopie vom 11.9.2003 bei der Stadt I eingereicht, offensichtlich mit der Absicht, die Kosten erstattet zu bekommen.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie verweise auf die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.5.2000 (-22 A 1560/97-). Danach sei es unschädlich, dass kein ausdrücklicher Antrag auf Erstattung nach § 121 BSHG gestellt, sondern ein möglicher Fall der Krankenhilfe vorsorglich angemeldet worden sei. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung handele es sich bei ihrem Schreiben vom 29.8.2003 an das Sozialamt der Stadt I um einen Kostenübernahmeantrag. Das Sozialamt I habe dies ebenso gesehen, denn mit Schreiben vom 18.9.2003 habe das Amt mitgeteilt, dass der "Antrag auf Übernahme von Behandlungskosten" an den Beklagten zur Entscheidung weitergeleitet worden sei. Weiter heiße es im Schreiben, sie würde von dort weitere Nachricht erhalten, von daher sei es Aufgabe des Beklagten gewesen, tätig zu werden. Dies umso mehr als die Zeugin N mindestens seit April 2004, ggf. auch früher laufende Hilfe zum Lebensunterhalt vom Sozialamt I bezogen habe. Die finanziellen Verhältnisse der Zeugin als auch ihre Krankenversicherung hätten offen gelegen, so dass der Kostenübernahmeantrag hätte positiv beschieden werden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.6.2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Erstattung der Aufwendungen könne nicht erfolgen. Zwar würde das Schreiben vom 20.8.2003 als Antrag nach § 121 BSHG gewertet, es handele sich aber um eine vorsorgliche Anmeldung, da vorrangig noch die Kostenübernahme durch die AOK Rheinland zu klären gewesen sei. In den Folgemonaten sei keine Mitteilung mehr von der Klägerin erfolgt, so dass davon ausgegangen werden musste, die Angelegenheit habe sich erledigt. Weder zur Zeit der vorsorglichen Anmeldung noch in den Monaten danach habe demnach Veranlassung bestanden die Einkommens– und Vermögensverhältnisse der Zeugin N zu prüfen.
Die Klägerin hat am 4.7.2005 Klage erhoben. Sie macht im wesentlichen geltend, der Beklagte hätte bei rechtzeitiger Kenntnis Krankenhilfe für die Zeugin N gewähren müssen. Da der Beklagte im Widerspruchsbescheid das Schreiben vom 20.8.2003 (richtig müsse es heißen: 29.8.2003) als Antrag gewertet habe, sei jetzt nur noch die Bedürftigkeit der Zeugin im Zeitpunkt des Krankenhausaufenthaltes streitig. Die Zeugin habe über kein Einkommen oder Vermögen verfügt. Die Zeugin könne auch jetzt noch zu ihren damaligen finanziellen Verhältnissen befragt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 05.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2005 zu verurteilen, an sie 3.768,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat zunächst vorgetragen, der Klägerin sei es möglich gewesen, durch Befragen der Zeugin N den Sachverhalt aufzuklären, in diesem Zusammenhang hätte die Zeugin direkt einen Antrag auf Sozialhilfe stellen können. Dies sei nicht geschehen, die Zeugin habe offenbar ihren Bedarf selbst decken können.
Die Klägerin hat erwidert, es sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Basis der Beklagte den Schluss ziehe, die Zeugin habe seinerzeit ihren Bedarf selbst decken können, das Gegenteil sei der Fall, denn die Rechnung vom 11.9.2003 sei nicht bezahlt worden.
Im Erörterungstermin vom 31.7.2006 hat die Klägerin den Kostenübernahmeantrag an die AOK Rheinland vom 25.8.2003 zu den Gerichtsakten gereicht. Ausweislich dieser Unterlage hatte die AOK Rheinland der Klägerin unter dem 29.8.2003 mitgeteilt, dass die Zeugin N seit dem 16.8.2003 dort nicht mehr Mitglied war. Die Klägerin hat im Erörterungstermin vorgetragen, sie habe die Rechnung über die Behandlungskosten vom 11.9.2003 nach Stellung ihres vorsorglichen Antrages vom 29.8.2003 erst am 2.3.2005 bei dem Beklagten eingereicht, weil sie davon ausgegangen sei, sie erhalte Nachricht von dem Beklagten. Insoweit verweise sie auf das Schreiben der Stadt I vom 18.9.2003.
Die Klägerin hat u.a. die Entscheidung des OVG NRW vom 16.5.2000 zu den Gerichtsakten gereicht und ausgeführt, dass OVG habe festgestellt, dass eine vorsorgliche Anmeldung ein vollwertiger Antrag gemäß § 121 BSHG sei und die Antragsfrist auf Dauer wahre. Dies unabhängig davon, welche Bemühungen der Antragsteller nach der vorsorglichen Antragstellung unternehme. Eine zeitliche Frist, in der der Nothelfer nach der vorsorglichen Anmeldung tätig werden müsse, gäbe es nicht. Bei den Urteilen, die einen Erstattungsanspruch wegen Fristversäumnis ablehnten (OVG NRW vom 15.11.1999 - 16 A 2569/97 -) lägen Sachverhalte vor, in denen das Krankenhaus erst sehr spät (teilweise nach über einem Jahr) einen ersten Kostenübernahmeantrag gestellt und der Sozialhilfeträger daher lange Zeit überhaupt keine Kenntnis vom Behandlungsfall erlangt habe.
Der Beklagte hat vorgetragen, hinsichtlich der Frage, wie es zu der langen Verzögerung bis zur Übersendung der Rechnung gekommen sei, sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klägerin um ein großes Krankenhaus handele, in denen häufiger Patienten ohne Krankenversicherung bzw. noch zu prüfenden Krankenversicherungsschutz als Notfall aufgenommen würden. Es handele sich um eine Routineangelegenheit, wobei der Klägerin die entsprechende Vorgehensweise bekannt sei. Hierzu könnte u.a. folgendes Beispiel dienen: Im Fall des Herrn N. aus I sei durch die Klägerin am 1.3.2005 eine vorsorgliche Anmeldung erfolgt. Mit Schreiben vom 10.3.2005, wie im Fall der Zeugin N, sei der Klägerin von der Stadt I mitgeteilt worden, die Angelegenheit sei an den Beklagten weitergeleitet worden und die Klägerin erhalte von dort weitere Nachricht. Auf dieses Formschreiben habe sich die Klägerin unter dem 18.4.2005, also ca. einen Monat später, von sich aus an den Beklagten gewandt und weitere Unterlagen, die zur Bearbeitung erforderlich gewesen seien, eingereicht. Vor diesem Hintergrund sei unverständlich, weshalb die Klägerin im vorliegenden Fall vertreten wolle, sie habe jahrelang auf eine Nachricht von dem Beklagten gewartet.
Der Beklagte hat die Sozialhilfeakten der Zeugin N vorgelegt. Das Gericht hat der Klägerin mit Schreiben vom 31.10.2006 über den Akteninhalt informiert. Auf den Inhalt des gerichtlichen Schreibens vom 31.1.0.2006 wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, die Informationen des Gerichtes vom 31.10.2006 bestätigten sie. Die Zeugin N habe nach Akteninhalt angegeben, in der fraglichen Zeit von ihrer Mutter, welche selbst Sozialhilfe bezogen habe, und von ihrer Großmutter unterstützt worden zu sein, die dies jedoch nicht auf Dauer könnten. Es liege daher auf der Hand, dass die Zeugin im August 2003 eine Rechnung in Höhe von 3768,- Euro nicht habe bezahlen können. Darüber hinaus seien die von dem Beklagten zitierten Fälle aus dem Jahr 2005 nicht geeignet, die Verwaltungspraxis im Jahr 2003 zu belegen. Es könne nicht ihre Pflicht sein, den Beklagten durch Erinnerungen zu einer zügigen Bearbeitung der Fälle anzuhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten des Beklagten und der von der Stadt I beigezogenen Sozialhilfeakten der Zeugin N.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 5.4.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.6.2005 erweist sich als rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung von Behandlungskosten in Höhe von 3768,50 Euro, weil sie die begehrte Kostenübernahme nicht innerhalb angemessener Frist bei dem Beklagten wirksam geltend gemacht hat. Die Klage war daher abzuweisen.
Hat jemand in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, sind ihm auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfange zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher und sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt (§ 121 BSHG).
Das Vorliegen einer Hilfeleistung in einem Eilfall ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Offen bleiben kann die Frage, ob mit der Nothelferleistung bei dem Hilfe Suchenden, der Zeugin N, ein sozialhilferechtlich anerkannter Bedarf befriedigt wurde, den der Beklagte als Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnis hätte gewähren müssen. Die Vernehmung der Zeugin N hat insoweit erbracht, dass ihr alltäglicher Lebensunterhalt und ihre Unterkunft in der streitbefangenen Zeit - August 2003 - durch Zuwendungen ihrer Großmutter sichergestellt worden sind. Ob ihr wegen fehlenden Krankenversicherungsschutzes in der Zeit der stationären Behandlung bzw. fehlender Mittel zur Begleichung der Rechnung vom 11.9.2003 von Seiten des Beklagten bei rechtzeitiger Kenntnis eine Hilfe in besonderer Lebenslage in Form von Krankenhilfe (§ 27 Abs. 1 Nr. 4, § 28, § 37 BSHG) hätte gewährt werden müssen, konnte nach Auffassung der Kammer dahinstehen, weil dem Erstattungsanspruch bereits entgegensteht, dass er nicht innerhalb angemessener Frist im Sinne des § 121 Satz 2 BSHG von der Klägerin gegenüber dem Beklagten wirksam geltend gemacht worden ist.
Wann eine Frist im Sinne des § 121 Satz 2 BSHG als angemessen anzusehen ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Die Tatsache, dass § 121 Satz 2 BSHG mit dem Tatbestandsmerkmal "angemessen" einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendet, zeigt , dass es eine feste Frist für alle Fälle nicht gibt. Was angemessen ist, entscheidet sich nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls, wobei der Zweck der Frist im Rahmen der Erwägungen zu berücksichtigen ist. Die Frist soll sicherstellen, dass der Hilfefall und das damit verbundene Erstattungsbegehren des Nothelfers dem Sozialhilfeträger zeitnah bekannt gegeben wird und ein Erstattungsanspruch zügig zwischen den Beteiligten abgewickelt werden kann. Vor diesem Hintergrund müssen bei der Bestimmung der angemessenen Frist im Einzelfall die Belange und Möglichkeiten des Nothelfers einerseits und des Sozialhilfeträgers andererseits in Betracht gezogen werden (zur inhaltsgleichen Regelung des § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe - SGB XII Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, § 25 Rdn, 11; vgl. auch Schoch in LPK-BSHG, § 121 Rdn. 18; OVG NRW Urteil 15.11.1999 - 16 A 2569/97 - mwN). Auf der Seite des Nothelfers ist das gesetzlich anerkannte Interesse an einer Entschädigung für seine geleistete Hilfe zu berücksichtigen, ferner das Bedürfnis in angemessener Form und einem angemessenen zeitlichen Rahmen versuchen zu können, seine Forderung gegenüber dem Patienten bzw. einem (vorrangig verpflichteten) Dritten durchzusetzen. Auf der Seite des Sozialhilfeträgers besteht ein berechtigtes Interesse daran, alsbald von dem Hilfefall und dem Erstattungsbegehren unterrichtet zu werden, um ggf. noch Vorkehrungen treffen zu können. Da der Sozialhilfeträger im Rahmen eines Haushaltsplanes handelt, hat er zudem ein Interesse an einem frühzeitigen Überblick über die Kosten für Pflichtleistungen, um abschätzen zu können, welche Mittel noch für Ermessensleistungen verfügbar sind (Hessischer VGH Urteil vom 4.10.1994 - 9 UE 1570/92 -).
In Fällen, in denen der Nothelfer zunächst versucht, seine Behandlungskosten bei dem Patienten selbst oder einem ggf. vorrangigen Leistungsverpflichteten, insbesondere der Krankenversicherung zu realisieren, dürfte von einer Angemessenheit der Frist auszugehen sein, wenn zur Wahrung der Frist zunächst ein vorsorglicher Antrag auf Kostenübernahme gestellt und nach erfolglos gebliebenem Versuch der Kostenübernahme durch den Patienten bzw. Dritten der Nothelfer dies gegenüber dem Sozialhilfeträger in angemessener Zeit anzeigt und seinen vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch für unbedingt erklärt. Im Fall einer vorsorglichen Anmeldung eines Erstattungsanspruches ist von dem Nothelfer aus Gründen der Klarstellung und der Rechtssicherheit zu verlangen, dass er nach Abklärung der Frage einer Kostenübernahme durch Dritte eine Rechtshandlung vornimmt, mit der er gegenüber dem Sozialhilfeträger unmissverständlich das unbedingte Einfordern der Leistung zum Ausdruck bringt. Dies dürfte insbesondere dann zu verlangen sein, wenn der Nothelfer -wie vorliegend geschehen- dem Sozialhilfeträger in dem Anmeldungsschreiben mitteilt, im Fall der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse ggf. auf die Angelegenheit zurück zu kommen. Das unbedingte Einfordern der Leistung muss ausdrücklich und in angemessener Frist erklärt werden. Die angemessene Frist beginnt, sobald der Nothelfer von der wahrscheinlichen Sozialhilfebedürftigkeit des Betroffenen Kenntnis erhält. Davon ist auszugehen, wenn sich herausstellt, dass der Betroffene ohne Krankenversicherungsschutz und selbst offensichtlich nicht leistungsfähig ist. Der Nothelfer hat sich sodann zügig an den Träger der Sozialhilfe zu wenden und den zunächst unter Vorbehalt erhobenen Erstattungsanspruch als unbedingten Anspruch einzufordern und damit kenntlich zu machen, dass der Sozialhilfeträger nunmehr zur Entscheidung über den Anspruch aufgerufen ist. Das unbedingte, endgültige Geltendmachen des Erstattungsanspruches gegenüber dem Sozialhilfeträger muss wenngleich nicht umgehend, so doch aber zügig erfolgen, nachdem der Nothelfer Kenntnis vom fehlenden Krankenversicherungsschutz und der möglichen Sozialhilfebedürftigkeit des Betroffenen erlangt hat (ähnlich VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.9.1995 - 6 S 2522/94), es sei denn besondere Umstände des Einzelfalls rechtfertigen eine längere Frist.
Unter Zugrundelegung dieser Erwägung konnte die Kammer nicht feststellen, dass die Klägerin ihren zunächst vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch innerhalb angemessener Frist gegenüber dem Beklagten für unbedingt gekennzeichnet hat. Denn auf Seiten der Klägerin ist kein schutzwürdiges Interesse erkennbar, warum sie erst 1 ½ Jahre nach der Mitteilung der AOK Rheinland, dass die Zeugin N dort kein Kassenmitglied mehr ist und infolgedessen von dort Behandlungskosten nicht übernommen werden, ihren unter dem 29.8.2003 vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch für unbedingt d.h. endgültig gegenüber dem Beklagten erklärt hat.
Die Klägerin hatte mit Anmeldungsschreiben vom 29.8.2003 gegenüber dem Beklagten erklärt, im Fall der Ablehnung einer Kostenübernahme durch die AOK Rheinland ggf. auf die Angelegenheit zurück zukommen. Die Klägerin wollte damit ihren Antrag auf Kostenübernahme unter der Bedingung gestellt wissen, dass eine Kostenübernahme von dem Beklagten nur angefordert wird, soweit sich herausstellt, dass die AOK Rheinland als Krankenversicherung nicht leistet. Der Beklagte konnte und durfte unter diesen Umständen abwarten, ob von Seiten der Klägerin ein Erstattungsanspruch unbedingt eingefordert wird. Die Klägerin hat bereits unter dem 29.8.2003 eine Ablehnung der AOK Rheinland auf ihren am 25.8.2003 gestellten Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten erhalten. Ab dem 29.8.2003 war der Klägerin der fehlende Krankenversicherungsschutz der Zeugin N bekannt und sie musste damit rechnen, dass diese sozialhilfebedürftig war, denn ausweislich ihres Anmeldungsschreibens vom 29.8.2003 ist von der Zeugin auch der bestimmungsgemäße Vorschuss nicht geleistet worden. Nach Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK Rheinland am 29.8.2003 war die Klägerin daher gehalten, zeitnah ihren Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten für unbedingt zu erklären und nach Erstellung der Rechnung am 11.9.2003 diese dem Beklagten zwecks Feststellung der Höhe der Erstattungsforderung vorzulegen. Die Übersendung der Rechnung an den Beklagten per Fax vom 2.3.2005 und die damit konkludent verbundene Erklärung, den im Jahr 2003 vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch in Höhe des Rechnungsbetrages unbedingt einzufordern, muss als verspätet und nicht innerhalb angemessener Frist abgegeben gewertet werden, denn ein sachlicher Grund für das lange Zuwarten der Klägerin nach Erlangung der Kenntnis, dass die AOK Rheinland die Behandlungskosten für die Zeugin N nicht übernimmt, ist für das Gericht nicht erkennbar. So ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass die erhebliche zeitliche Verzögerung durch erfolglose Versuche die Behandlungskosten von der Zeugin N selbst zu erlangen, hervorgerufen worden ist. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, sie habe die Rechnung erst im März 2005 eingereicht, weil sie davon ausgegangen sei, Nachricht von dem Beklagten zu erhalten, überzeugt dies wenig. Die Klägerin selbst hat mit Anmeldungsschreiben vom 29.8.2003 mitgeteilt, dass sie im Falle einer Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK Rheinland ggf. auf die Angelegenheit zurückkommt, also von ihrer Seite in der Sache aktiv und einen entsprechenden Erstattungsbedarf anzeigen wird. Vor diesem Hintergrund gab es für den Beklagten keinen ernsthaften Grund, sich der Sache der Klägerin anzunehmen und dieser in irgendeiner Form Nachricht (Erinnerungen etc) zukommen zu lassen. Soweit die Klägerin unter Verweis auf die Entscheidung des OVG NRW vom 16.5.2000 die Auffassung vertritt, die vorsorgliche Antragstellung wahre die Frist des § 121 Satz 2 BSGH auf Dauer, dies unabhängig davon, welche Bemühungen der Antragsteller nach der vorsorglichen Anmeldung unternehme, eine zeitliche Frist, in welcher der Nothelfer nach der vorsorglichen Anmeldung tätig werden müsse, gäbe es daher nicht, tritt das Gericht dieser Auffassung nicht bei. Ungeachtet dessen, dass der Entscheidung des OVG NRW vom 16.5.2000 entsprechende Rechtsäußerungen nicht zu entnehmen sind, dürfte es den Sozialhilfeträger unberechtigterweise benachteiligen und mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr nicht vereinbar sein, wenn der Nothelfer, obgleich ihm bekannt ist oder sein muss, dass ihm ein Erstattungsanspruch wegen wahrscheinlicher Sozialhilfebedürftigkeit des Betroffenen gegen den Sozialhilfeträger zusteht, jahrelang ohne sachlichen Grund mit der unbedingten Geltendmachung seines zunächst vorsorglich angemeldeten Anspruchs zuwartet. Der Sozialhilfeträger als Schuldner des Erstattungsanspruchs hat ein berechtigtes Interesse in einem angemessenen Zeitraum nach Abklärung der Frage einer Kostenübernahme durch Dritte zu erfahren, ob und in welcher Höhe ein zunächst vorsorglich erhobener Erstattungsanspruch gegen ihn endgültig geltend gemacht wird. Mit Blick auf seine Tätigkeit im Rahmen eines öffentlichen Haushaltsplanes besteht für ihn ein schützenswertes Interesse dahingehend, nicht erst nach "Jahr und Tag" bzw. mehreren Jahren mit der (endgültigen) Abwicklung des Erstattungsfalls konfrontiert zu werden (ähnlich VG Arnsberg Urteil vom 11.4.1986 - 5 K 1284/86 -). Vor diesem Hintergrund durfte nach Auffassung der Kammer von der Klägerin mangels besonderer Umstände erwartet werden, dass sie nach der Ablehnung der Übernahme von Behandlungskosten durch die AOK Rheinland am 29.8.2003 ihren vorsorglichen Antrag zeitnah, d.h. innerhalb der Folgemonate – der Beklagte hat insoweit in seinem Bescheid vom 5.4.2005 eine Frist von 3,5 Monaten als angemessen gewertet - als unbedingten Antrag gegenüber dem Beklagten kenntlich macht und die am 11.9.2003 erstellte Rechnung dort vorlegt. Keinesfalls hätte die Klägerin – wie tatsächlich geschehen - noch 1 ½ Jahre mit der unbedingten Geltendmachung ihrer Erstattungsforderung zuwarten dürfen. Von einer Antragstellung innerhalb angemessener Frist im Sinne des § 121 Satz 2 BSHG konnte die Kammer daher im vorliegenden nicht ausgehen. Die Kammer verkennt nicht das gewichtige Interesse der Klägerin als Nothelferin auf Erstattung ihrer Kosten. Sie muss sich allerdings als juristisch gebildete und im Rechtsverkehr bewanderte Person entgegenhalten lassen, dass sie einen unvertretbar langen Zeitraum ihre Ansprüche ohne sachlichen Grund gegenüber dem Beklagten nicht verfolgt hat. Infolgedessen ist bei dem Beklagten nach seinem Vorbringen im Widerspruchsbescheid der Eindruck entstanden, die Angelegenheit habe sich (anders) erledigt. Er hatte das Anmeldungsschreiben vom 29.8.2003 ohne weitere Bearbeitung im März 2004 ins Archiv abgegeben. Aufgrund der Gesamtumstände durfte und konnte sich der Beklagte darauf einrichten, von der Klägerin nicht mehr als Ersatzpflichtiger in Anspruch genommen zu werden. Unter Würdigung dieser Gesichtspunkte hat die Kammer die erst im März 2005 erfolgte unbedingte Geltendmachung des im Jahr 2003 unter Vorbehalt angemeldeten Erstattungsanspruches für eine verspätete und nicht mehr innerhalb angemessener Frist erfolgte Rechtsausübung erachtet und einen Erstattungsanspruch der Klägerin verneint.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung von stationären Krankenhauskosten in Höhe von 3768,50 Euro.
Die Zeugin N, geb. 00.0.1981, wurde im August 2003 im Rahmen einer Notfallbehandlung bei der Klägerin wegen einer Eileiter– und Eierstockentzündung stationär aufgenommen und behandelt. Die Zeugin hatte bis zum 10.4.2003 von der Stadt I Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bezogen. Die Leistungen waren seinerzeit wegen Arbeitsunwilligkeit eingestellt worden (Bescheid vom 10.4.2003).
Mit Fax vom 29.8.03 erfolgte von Seiten der Klägerin bei der Stadt I eine vorsorgliche Anmeldung unter Bezugnahme nach § 37 BSHG. Die Klägerin teilte mit, für die Zeugin N sei ein Kostenübernahmeschein nicht vorgelegt und auch der bestimmungsmäßige Vorschuss nicht geleistet worden. Eine Kostenübernahme durch die AOK Rheinland sei noch nicht geklärt. Im Fall der Ablehnung käme sie ggf. auf diese Angelegenheit zurück.
Mit Schreiben vom 18.9.2003 teilte die Stadt I der Klägerin mit, dass ihr Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten zuständigkeitshalber an den Beklagten zur Entscheidung weitergeleitet worden sei, von dort erhielte sie weitere Nachricht. Rückfragen seien an den Beklagten zu richten.
Der Beklagte legte Ende März 2004 den Vorgang ins Archiv weg mit dem Vermerk: "kein Antrag eingegangen".
Unter dem 2.3.2005 übersandte die Klägerin dem Beklagten per Fax die Rechnung vom 11.9.2003 über die Kosten der stationären Behandlung der Zeugin N in Höhe von 3768,50 Euro.
Mit Bescheid vom 5.4.2005 lehnte der Beklagte die Übernahme der stationären Krankenhauskosten ab. Eine Kostenübernahme sei wegen nicht eingereichter Antragstellung und ungerechtfertigter Fristversäumnis nicht möglich. Eine Frist zur Vorlage des Kostenübernahmeantrages von 3,5 Monate sei als angemessen zu betrachten. Die Klägerin habe unter dem 29.8.2003 eine vorsorgliche Anmeldung eingereicht. Ein Kostenübernahmeantrag nach der Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK Rheinland sei zu keinem Zeitpunkt eingereicht worden. Erst nach 1 ½ Jahren am 2.3.2005 habe die Klägerin eine Rechnungskopie vom 11.9.2003 bei der Stadt I eingereicht, offensichtlich mit der Absicht, die Kosten erstattet zu bekommen.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie verweise auf die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.5.2000 (-22 A 1560/97-). Danach sei es unschädlich, dass kein ausdrücklicher Antrag auf Erstattung nach § 121 BSHG gestellt, sondern ein möglicher Fall der Krankenhilfe vorsorglich angemeldet worden sei. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung handele es sich bei ihrem Schreiben vom 29.8.2003 an das Sozialamt der Stadt I um einen Kostenübernahmeantrag. Das Sozialamt I habe dies ebenso gesehen, denn mit Schreiben vom 18.9.2003 habe das Amt mitgeteilt, dass der "Antrag auf Übernahme von Behandlungskosten" an den Beklagten zur Entscheidung weitergeleitet worden sei. Weiter heiße es im Schreiben, sie würde von dort weitere Nachricht erhalten, von daher sei es Aufgabe des Beklagten gewesen, tätig zu werden. Dies umso mehr als die Zeugin N mindestens seit April 2004, ggf. auch früher laufende Hilfe zum Lebensunterhalt vom Sozialamt I bezogen habe. Die finanziellen Verhältnisse der Zeugin als auch ihre Krankenversicherung hätten offen gelegen, so dass der Kostenübernahmeantrag hätte positiv beschieden werden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.6.2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Erstattung der Aufwendungen könne nicht erfolgen. Zwar würde das Schreiben vom 20.8.2003 als Antrag nach § 121 BSHG gewertet, es handele sich aber um eine vorsorgliche Anmeldung, da vorrangig noch die Kostenübernahme durch die AOK Rheinland zu klären gewesen sei. In den Folgemonaten sei keine Mitteilung mehr von der Klägerin erfolgt, so dass davon ausgegangen werden musste, die Angelegenheit habe sich erledigt. Weder zur Zeit der vorsorglichen Anmeldung noch in den Monaten danach habe demnach Veranlassung bestanden die Einkommens– und Vermögensverhältnisse der Zeugin N zu prüfen.
Die Klägerin hat am 4.7.2005 Klage erhoben. Sie macht im wesentlichen geltend, der Beklagte hätte bei rechtzeitiger Kenntnis Krankenhilfe für die Zeugin N gewähren müssen. Da der Beklagte im Widerspruchsbescheid das Schreiben vom 20.8.2003 (richtig müsse es heißen: 29.8.2003) als Antrag gewertet habe, sei jetzt nur noch die Bedürftigkeit der Zeugin im Zeitpunkt des Krankenhausaufenthaltes streitig. Die Zeugin habe über kein Einkommen oder Vermögen verfügt. Die Zeugin könne auch jetzt noch zu ihren damaligen finanziellen Verhältnissen befragt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 05.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2005 zu verurteilen, an sie 3.768,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat zunächst vorgetragen, der Klägerin sei es möglich gewesen, durch Befragen der Zeugin N den Sachverhalt aufzuklären, in diesem Zusammenhang hätte die Zeugin direkt einen Antrag auf Sozialhilfe stellen können. Dies sei nicht geschehen, die Zeugin habe offenbar ihren Bedarf selbst decken können.
Die Klägerin hat erwidert, es sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Basis der Beklagte den Schluss ziehe, die Zeugin habe seinerzeit ihren Bedarf selbst decken können, das Gegenteil sei der Fall, denn die Rechnung vom 11.9.2003 sei nicht bezahlt worden.
Im Erörterungstermin vom 31.7.2006 hat die Klägerin den Kostenübernahmeantrag an die AOK Rheinland vom 25.8.2003 zu den Gerichtsakten gereicht. Ausweislich dieser Unterlage hatte die AOK Rheinland der Klägerin unter dem 29.8.2003 mitgeteilt, dass die Zeugin N seit dem 16.8.2003 dort nicht mehr Mitglied war. Die Klägerin hat im Erörterungstermin vorgetragen, sie habe die Rechnung über die Behandlungskosten vom 11.9.2003 nach Stellung ihres vorsorglichen Antrages vom 29.8.2003 erst am 2.3.2005 bei dem Beklagten eingereicht, weil sie davon ausgegangen sei, sie erhalte Nachricht von dem Beklagten. Insoweit verweise sie auf das Schreiben der Stadt I vom 18.9.2003.
Die Klägerin hat u.a. die Entscheidung des OVG NRW vom 16.5.2000 zu den Gerichtsakten gereicht und ausgeführt, dass OVG habe festgestellt, dass eine vorsorgliche Anmeldung ein vollwertiger Antrag gemäß § 121 BSHG sei und die Antragsfrist auf Dauer wahre. Dies unabhängig davon, welche Bemühungen der Antragsteller nach der vorsorglichen Antragstellung unternehme. Eine zeitliche Frist, in der der Nothelfer nach der vorsorglichen Anmeldung tätig werden müsse, gäbe es nicht. Bei den Urteilen, die einen Erstattungsanspruch wegen Fristversäumnis ablehnten (OVG NRW vom 15.11.1999 - 16 A 2569/97 -) lägen Sachverhalte vor, in denen das Krankenhaus erst sehr spät (teilweise nach über einem Jahr) einen ersten Kostenübernahmeantrag gestellt und der Sozialhilfeträger daher lange Zeit überhaupt keine Kenntnis vom Behandlungsfall erlangt habe.
Der Beklagte hat vorgetragen, hinsichtlich der Frage, wie es zu der langen Verzögerung bis zur Übersendung der Rechnung gekommen sei, sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klägerin um ein großes Krankenhaus handele, in denen häufiger Patienten ohne Krankenversicherung bzw. noch zu prüfenden Krankenversicherungsschutz als Notfall aufgenommen würden. Es handele sich um eine Routineangelegenheit, wobei der Klägerin die entsprechende Vorgehensweise bekannt sei. Hierzu könnte u.a. folgendes Beispiel dienen: Im Fall des Herrn N. aus I sei durch die Klägerin am 1.3.2005 eine vorsorgliche Anmeldung erfolgt. Mit Schreiben vom 10.3.2005, wie im Fall der Zeugin N, sei der Klägerin von der Stadt I mitgeteilt worden, die Angelegenheit sei an den Beklagten weitergeleitet worden und die Klägerin erhalte von dort weitere Nachricht. Auf dieses Formschreiben habe sich die Klägerin unter dem 18.4.2005, also ca. einen Monat später, von sich aus an den Beklagten gewandt und weitere Unterlagen, die zur Bearbeitung erforderlich gewesen seien, eingereicht. Vor diesem Hintergrund sei unverständlich, weshalb die Klägerin im vorliegenden Fall vertreten wolle, sie habe jahrelang auf eine Nachricht von dem Beklagten gewartet.
Der Beklagte hat die Sozialhilfeakten der Zeugin N vorgelegt. Das Gericht hat der Klägerin mit Schreiben vom 31.10.2006 über den Akteninhalt informiert. Auf den Inhalt des gerichtlichen Schreibens vom 31.1.0.2006 wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, die Informationen des Gerichtes vom 31.10.2006 bestätigten sie. Die Zeugin N habe nach Akteninhalt angegeben, in der fraglichen Zeit von ihrer Mutter, welche selbst Sozialhilfe bezogen habe, und von ihrer Großmutter unterstützt worden zu sein, die dies jedoch nicht auf Dauer könnten. Es liege daher auf der Hand, dass die Zeugin im August 2003 eine Rechnung in Höhe von 3768,- Euro nicht habe bezahlen können. Darüber hinaus seien die von dem Beklagten zitierten Fälle aus dem Jahr 2005 nicht geeignet, die Verwaltungspraxis im Jahr 2003 zu belegen. Es könne nicht ihre Pflicht sein, den Beklagten durch Erinnerungen zu einer zügigen Bearbeitung der Fälle anzuhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten des Beklagten und der von der Stadt I beigezogenen Sozialhilfeakten der Zeugin N.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 5.4.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.6.2005 erweist sich als rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung von Behandlungskosten in Höhe von 3768,50 Euro, weil sie die begehrte Kostenübernahme nicht innerhalb angemessener Frist bei dem Beklagten wirksam geltend gemacht hat. Die Klage war daher abzuweisen.
Hat jemand in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, sind ihm auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfange zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher und sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt (§ 121 BSHG).
Das Vorliegen einer Hilfeleistung in einem Eilfall ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Offen bleiben kann die Frage, ob mit der Nothelferleistung bei dem Hilfe Suchenden, der Zeugin N, ein sozialhilferechtlich anerkannter Bedarf befriedigt wurde, den der Beklagte als Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnis hätte gewähren müssen. Die Vernehmung der Zeugin N hat insoweit erbracht, dass ihr alltäglicher Lebensunterhalt und ihre Unterkunft in der streitbefangenen Zeit - August 2003 - durch Zuwendungen ihrer Großmutter sichergestellt worden sind. Ob ihr wegen fehlenden Krankenversicherungsschutzes in der Zeit der stationären Behandlung bzw. fehlender Mittel zur Begleichung der Rechnung vom 11.9.2003 von Seiten des Beklagten bei rechtzeitiger Kenntnis eine Hilfe in besonderer Lebenslage in Form von Krankenhilfe (§ 27 Abs. 1 Nr. 4, § 28, § 37 BSHG) hätte gewährt werden müssen, konnte nach Auffassung der Kammer dahinstehen, weil dem Erstattungsanspruch bereits entgegensteht, dass er nicht innerhalb angemessener Frist im Sinne des § 121 Satz 2 BSHG von der Klägerin gegenüber dem Beklagten wirksam geltend gemacht worden ist.
Wann eine Frist im Sinne des § 121 Satz 2 BSHG als angemessen anzusehen ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Die Tatsache, dass § 121 Satz 2 BSHG mit dem Tatbestandsmerkmal "angemessen" einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendet, zeigt , dass es eine feste Frist für alle Fälle nicht gibt. Was angemessen ist, entscheidet sich nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls, wobei der Zweck der Frist im Rahmen der Erwägungen zu berücksichtigen ist. Die Frist soll sicherstellen, dass der Hilfefall und das damit verbundene Erstattungsbegehren des Nothelfers dem Sozialhilfeträger zeitnah bekannt gegeben wird und ein Erstattungsanspruch zügig zwischen den Beteiligten abgewickelt werden kann. Vor diesem Hintergrund müssen bei der Bestimmung der angemessenen Frist im Einzelfall die Belange und Möglichkeiten des Nothelfers einerseits und des Sozialhilfeträgers andererseits in Betracht gezogen werden (zur inhaltsgleichen Regelung des § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe - SGB XII Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, § 25 Rdn, 11; vgl. auch Schoch in LPK-BSHG, § 121 Rdn. 18; OVG NRW Urteil 15.11.1999 - 16 A 2569/97 - mwN). Auf der Seite des Nothelfers ist das gesetzlich anerkannte Interesse an einer Entschädigung für seine geleistete Hilfe zu berücksichtigen, ferner das Bedürfnis in angemessener Form und einem angemessenen zeitlichen Rahmen versuchen zu können, seine Forderung gegenüber dem Patienten bzw. einem (vorrangig verpflichteten) Dritten durchzusetzen. Auf der Seite des Sozialhilfeträgers besteht ein berechtigtes Interesse daran, alsbald von dem Hilfefall und dem Erstattungsbegehren unterrichtet zu werden, um ggf. noch Vorkehrungen treffen zu können. Da der Sozialhilfeträger im Rahmen eines Haushaltsplanes handelt, hat er zudem ein Interesse an einem frühzeitigen Überblick über die Kosten für Pflichtleistungen, um abschätzen zu können, welche Mittel noch für Ermessensleistungen verfügbar sind (Hessischer VGH Urteil vom 4.10.1994 - 9 UE 1570/92 -).
In Fällen, in denen der Nothelfer zunächst versucht, seine Behandlungskosten bei dem Patienten selbst oder einem ggf. vorrangigen Leistungsverpflichteten, insbesondere der Krankenversicherung zu realisieren, dürfte von einer Angemessenheit der Frist auszugehen sein, wenn zur Wahrung der Frist zunächst ein vorsorglicher Antrag auf Kostenübernahme gestellt und nach erfolglos gebliebenem Versuch der Kostenübernahme durch den Patienten bzw. Dritten der Nothelfer dies gegenüber dem Sozialhilfeträger in angemessener Zeit anzeigt und seinen vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch für unbedingt erklärt. Im Fall einer vorsorglichen Anmeldung eines Erstattungsanspruches ist von dem Nothelfer aus Gründen der Klarstellung und der Rechtssicherheit zu verlangen, dass er nach Abklärung der Frage einer Kostenübernahme durch Dritte eine Rechtshandlung vornimmt, mit der er gegenüber dem Sozialhilfeträger unmissverständlich das unbedingte Einfordern der Leistung zum Ausdruck bringt. Dies dürfte insbesondere dann zu verlangen sein, wenn der Nothelfer -wie vorliegend geschehen- dem Sozialhilfeträger in dem Anmeldungsschreiben mitteilt, im Fall der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse ggf. auf die Angelegenheit zurück zu kommen. Das unbedingte Einfordern der Leistung muss ausdrücklich und in angemessener Frist erklärt werden. Die angemessene Frist beginnt, sobald der Nothelfer von der wahrscheinlichen Sozialhilfebedürftigkeit des Betroffenen Kenntnis erhält. Davon ist auszugehen, wenn sich herausstellt, dass der Betroffene ohne Krankenversicherungsschutz und selbst offensichtlich nicht leistungsfähig ist. Der Nothelfer hat sich sodann zügig an den Träger der Sozialhilfe zu wenden und den zunächst unter Vorbehalt erhobenen Erstattungsanspruch als unbedingten Anspruch einzufordern und damit kenntlich zu machen, dass der Sozialhilfeträger nunmehr zur Entscheidung über den Anspruch aufgerufen ist. Das unbedingte, endgültige Geltendmachen des Erstattungsanspruches gegenüber dem Sozialhilfeträger muss wenngleich nicht umgehend, so doch aber zügig erfolgen, nachdem der Nothelfer Kenntnis vom fehlenden Krankenversicherungsschutz und der möglichen Sozialhilfebedürftigkeit des Betroffenen erlangt hat (ähnlich VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.9.1995 - 6 S 2522/94), es sei denn besondere Umstände des Einzelfalls rechtfertigen eine längere Frist.
Unter Zugrundelegung dieser Erwägung konnte die Kammer nicht feststellen, dass die Klägerin ihren zunächst vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch innerhalb angemessener Frist gegenüber dem Beklagten für unbedingt gekennzeichnet hat. Denn auf Seiten der Klägerin ist kein schutzwürdiges Interesse erkennbar, warum sie erst 1 ½ Jahre nach der Mitteilung der AOK Rheinland, dass die Zeugin N dort kein Kassenmitglied mehr ist und infolgedessen von dort Behandlungskosten nicht übernommen werden, ihren unter dem 29.8.2003 vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch für unbedingt d.h. endgültig gegenüber dem Beklagten erklärt hat.
Die Klägerin hatte mit Anmeldungsschreiben vom 29.8.2003 gegenüber dem Beklagten erklärt, im Fall der Ablehnung einer Kostenübernahme durch die AOK Rheinland ggf. auf die Angelegenheit zurück zukommen. Die Klägerin wollte damit ihren Antrag auf Kostenübernahme unter der Bedingung gestellt wissen, dass eine Kostenübernahme von dem Beklagten nur angefordert wird, soweit sich herausstellt, dass die AOK Rheinland als Krankenversicherung nicht leistet. Der Beklagte konnte und durfte unter diesen Umständen abwarten, ob von Seiten der Klägerin ein Erstattungsanspruch unbedingt eingefordert wird. Die Klägerin hat bereits unter dem 29.8.2003 eine Ablehnung der AOK Rheinland auf ihren am 25.8.2003 gestellten Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten erhalten. Ab dem 29.8.2003 war der Klägerin der fehlende Krankenversicherungsschutz der Zeugin N bekannt und sie musste damit rechnen, dass diese sozialhilfebedürftig war, denn ausweislich ihres Anmeldungsschreibens vom 29.8.2003 ist von der Zeugin auch der bestimmungsgemäße Vorschuss nicht geleistet worden. Nach Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK Rheinland am 29.8.2003 war die Klägerin daher gehalten, zeitnah ihren Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten für unbedingt zu erklären und nach Erstellung der Rechnung am 11.9.2003 diese dem Beklagten zwecks Feststellung der Höhe der Erstattungsforderung vorzulegen. Die Übersendung der Rechnung an den Beklagten per Fax vom 2.3.2005 und die damit konkludent verbundene Erklärung, den im Jahr 2003 vorsorglich angemeldeten Erstattungsanspruch in Höhe des Rechnungsbetrages unbedingt einzufordern, muss als verspätet und nicht innerhalb angemessener Frist abgegeben gewertet werden, denn ein sachlicher Grund für das lange Zuwarten der Klägerin nach Erlangung der Kenntnis, dass die AOK Rheinland die Behandlungskosten für die Zeugin N nicht übernimmt, ist für das Gericht nicht erkennbar. So ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass die erhebliche zeitliche Verzögerung durch erfolglose Versuche die Behandlungskosten von der Zeugin N selbst zu erlangen, hervorgerufen worden ist. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, sie habe die Rechnung erst im März 2005 eingereicht, weil sie davon ausgegangen sei, Nachricht von dem Beklagten zu erhalten, überzeugt dies wenig. Die Klägerin selbst hat mit Anmeldungsschreiben vom 29.8.2003 mitgeteilt, dass sie im Falle einer Ablehnung der Kostenübernahme durch die AOK Rheinland ggf. auf die Angelegenheit zurückkommt, also von ihrer Seite in der Sache aktiv und einen entsprechenden Erstattungsbedarf anzeigen wird. Vor diesem Hintergrund gab es für den Beklagten keinen ernsthaften Grund, sich der Sache der Klägerin anzunehmen und dieser in irgendeiner Form Nachricht (Erinnerungen etc) zukommen zu lassen. Soweit die Klägerin unter Verweis auf die Entscheidung des OVG NRW vom 16.5.2000 die Auffassung vertritt, die vorsorgliche Antragstellung wahre die Frist des § 121 Satz 2 BSGH auf Dauer, dies unabhängig davon, welche Bemühungen der Antragsteller nach der vorsorglichen Anmeldung unternehme, eine zeitliche Frist, in welcher der Nothelfer nach der vorsorglichen Anmeldung tätig werden müsse, gäbe es daher nicht, tritt das Gericht dieser Auffassung nicht bei. Ungeachtet dessen, dass der Entscheidung des OVG NRW vom 16.5.2000 entsprechende Rechtsäußerungen nicht zu entnehmen sind, dürfte es den Sozialhilfeträger unberechtigterweise benachteiligen und mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr nicht vereinbar sein, wenn der Nothelfer, obgleich ihm bekannt ist oder sein muss, dass ihm ein Erstattungsanspruch wegen wahrscheinlicher Sozialhilfebedürftigkeit des Betroffenen gegen den Sozialhilfeträger zusteht, jahrelang ohne sachlichen Grund mit der unbedingten Geltendmachung seines zunächst vorsorglich angemeldeten Anspruchs zuwartet. Der Sozialhilfeträger als Schuldner des Erstattungsanspruchs hat ein berechtigtes Interesse in einem angemessenen Zeitraum nach Abklärung der Frage einer Kostenübernahme durch Dritte zu erfahren, ob und in welcher Höhe ein zunächst vorsorglich erhobener Erstattungsanspruch gegen ihn endgültig geltend gemacht wird. Mit Blick auf seine Tätigkeit im Rahmen eines öffentlichen Haushaltsplanes besteht für ihn ein schützenswertes Interesse dahingehend, nicht erst nach "Jahr und Tag" bzw. mehreren Jahren mit der (endgültigen) Abwicklung des Erstattungsfalls konfrontiert zu werden (ähnlich VG Arnsberg Urteil vom 11.4.1986 - 5 K 1284/86 -). Vor diesem Hintergrund durfte nach Auffassung der Kammer von der Klägerin mangels besonderer Umstände erwartet werden, dass sie nach der Ablehnung der Übernahme von Behandlungskosten durch die AOK Rheinland am 29.8.2003 ihren vorsorglichen Antrag zeitnah, d.h. innerhalb der Folgemonate – der Beklagte hat insoweit in seinem Bescheid vom 5.4.2005 eine Frist von 3,5 Monaten als angemessen gewertet - als unbedingten Antrag gegenüber dem Beklagten kenntlich macht und die am 11.9.2003 erstellte Rechnung dort vorlegt. Keinesfalls hätte die Klägerin – wie tatsächlich geschehen - noch 1 ½ Jahre mit der unbedingten Geltendmachung ihrer Erstattungsforderung zuwarten dürfen. Von einer Antragstellung innerhalb angemessener Frist im Sinne des § 121 Satz 2 BSHG konnte die Kammer daher im vorliegenden nicht ausgehen. Die Kammer verkennt nicht das gewichtige Interesse der Klägerin als Nothelferin auf Erstattung ihrer Kosten. Sie muss sich allerdings als juristisch gebildete und im Rechtsverkehr bewanderte Person entgegenhalten lassen, dass sie einen unvertretbar langen Zeitraum ihre Ansprüche ohne sachlichen Grund gegenüber dem Beklagten nicht verfolgt hat. Infolgedessen ist bei dem Beklagten nach seinem Vorbringen im Widerspruchsbescheid der Eindruck entstanden, die Angelegenheit habe sich (anders) erledigt. Er hatte das Anmeldungsschreiben vom 29.8.2003 ohne weitere Bearbeitung im März 2004 ins Archiv abgegeben. Aufgrund der Gesamtumstände durfte und konnte sich der Beklagte darauf einrichten, von der Klägerin nicht mehr als Ersatzpflichtiger in Anspruch genommen zu werden. Unter Würdigung dieser Gesichtspunkte hat die Kammer die erst im März 2005 erfolgte unbedingte Geltendmachung des im Jahr 2003 unter Vorbehalt angemeldeten Erstattungsanspruches für eine verspätete und nicht mehr innerhalb angemessener Frist erfolgte Rechtsausübung erachtet und einen Erstattungsanspruch der Klägerin verneint.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG
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