Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 90/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 134/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin ist am 00.00.1948 in Spanien geboren. Sie hat nach Aktenlage keinen Beruf mit Abschluss erlernt und war bisher als angelernte Arbeiterin bei verschiedenen Arbeitgebern tätig, in der Bundesrepublik Deutschland von 1972 bis 1976. Zuletzt war sie nach Aktenlage und unwidersprochen als landwirtschaftliche Arbeiterin in Spanien tätig, vorher in der Bundesrepublik Deutschland als Kontrolleurin in einer Gießerei, und als Putzfrau (Schriftsatz der Beklagten vom 17.05.2006 mit Anlage und Fragebogen zur Person Bl. 152 ff der Gerichtsakte).
Am 21.10.2003 beantragte die Klägerin eine Rente aus der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste die Erstellung bzw. Beiziehung eines spanischen E-213-Gutachtens durch W. Dieser Gutachter hielt die Klägerin noch für in der Lage, alle leichten Tätigkeiten verrichten zu können, dies auch vollschichtig (Bl. 23 des med. Teils der Verwaltungsakte). Die Klägerin könne allerdings nicht mehr im letzten Beruf als landwirtschaftliche Arbeiterin arbeiten.
Mit Bescheid vom 11.03.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die ärztlichen Feststellungen. Danach sei die Klägerin noch in der Lage, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, und damit weder berufsunfähig noch voll oder teilweise erwerbsgemindert.
Dagegen legte die Klägerin am 28.06.2004 Widerspruch ein, hilfsweise bat sie um Überprüfung nach § 44 SGB X. Zur Begründung wurde ein ärztliches Attest eingereicht vom 14.07.2004.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin nach ihren ärztlichen Feststellungen weder als berufsunfähig noch als voll oder teilweise erwerbsgemindert anzusehen sei. Die Klägerin könne, auch wenn die letzte Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden könne, als angelernte Arbeiterin auf die ihr zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Neue Gesichtspunkte aus dem vorgelegten Bericht gegenüber dem Gutachten im Formular E 213 ergäben sich nicht.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 04.01.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Sie begründet die Klage sinngemäß damit, dass die Beklagte ihren Gesundheitszustand verkenne und ihr Leistungsvermögen falsch beurteile. Sie sei nicht mehr in der Lage, im bisherigen Beruf oder in zumutbaren Verweisungsberufen oder sonst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Eine Stellungnahme zu dem vom Gericht eingeholten Gutachten von K wurde nicht abgegeben.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 21.10.2003 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, ein Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung sei nicht eingetreten. Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Alle Gutachten bestätigten ihre Auffassung.
Das Sozialgericht hatte zunächst die angefochtenen Bescheide nach § 131 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufgehoben, mit dem Gerichtsbescheid vom 23.05.2005. Dieser Gerichtsbescheid wiederum ist vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen aufgehoben worden, mit Urteil vom 16.12.2005, unter Zurückverweisung des Rechtsstreites an das Sozialgericht Düsseldorf. Danach noch eingereichte ärztliche Unterlagen hat das Sozialgericht Düsseldorf übersetzen lassen, wie auch das Gutachtenformular E 213 (in der Verwaltungsakte von der Beklagten übersetzt).
Sodann hat das Gericht durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben, welche Erkrankungen im Einzelnen bei der Klägerin seit Rentenantragstellung vorliegen und wie diese sich auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Der Arzt für Orthopädie und Traumatologie K aus Sevilla kommt zur Beurteilung, bei der Klägerin lägen im Einzelnen folgende wesentlichen Diagnosen vor: Frau H leide an: einer mittelgradigen Verschleißveränderung des 4., 5., 6. und 7. Halswirbelkörpers und der dazwischenliegenden Bandscheiben einer starken Einengung der Zwischenwirbellöcher zwischen dem 4. und 5., 5. und 6. und 6. und 7. Halswirbelkörper einer Verschleißveränderung der Bandscheibe zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbelkörper einer geringen Verschleißveränderung beider Schultergelenke einer Erniedrigung des Kalksalzgehaltes der Brust- und Lendenwirbelkörper (Osteoporose) einer geringen Verschleißveränderung beider Grundgelenke der Großzehen beider Füße einer leichten Seitenverschiebung der Wirbelsäule. Mit diesen Befunden könne die Klägerin noch vollschichtig eine körperlich leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten, überwiegend im Sitzen, ohne ungünstige Bedingungen wie Zwangshaltungen, Wechselschicht, Zeitdruck und anderes (Seite 10 dessen Gutachtens). In Betracht käme auch noch eine Tätigkeit als Pförtnerin oder Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen, dies auch vollschichtig. Die Klägerin könne auch noch Wegstrecken zu Fuß ohne Einschränkungen täglich zurücklegen (in einer Zeit von nicht mehr als 15 Minuten für 500 Meter) und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die Beurteilung gelte auch seit Oktober 2003 und ca. 3 Monate zuvor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2004, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Rente wegen voller oder auch nur teilweiser Erwerbsminderung oder auch nur wegen Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war damit nicht zu entsprechen.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Gericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 11.03.2004 auch bereits die maßgeblichen Vorschriften der §§ 240, 43 SGB VI über die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit bzw. teilweisen oder vollen Erwerbsminderung wiedergegeben.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Auch nach den weiteren Ermittlungen des Gerichts, also auch nach dem Gutachten von K, besteht kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder vollen Erwerbsminderung im Sinne von §§ 240, 43 SGB VI. Denn auch nach diesem Gutachten kann die Klägerin noch vollschichtig - also 8 Stunden täglich, § 3 Arbeitszeitgesetz, und damit auch noch zumindest 6 Stunden täglich - zumindest körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, bei Meidung von Zwangshaltungen, Zeitdruck und Wechselschicht und anderem, ohne dass hier ungewöhnliche Leistungseinschränkungen vorlägen. Das Gericht folgt den Ausführungen zu Diagnosen und Leistungseinschränkungen in dem Gutachten von K, zumal die Klägerin dazu auch keinerlei substanziierte Stellungnahme abgegeben hat und nicht vorgetragen hat, was an diesem Gutachten falsch sein sollte.
Kann die Klägerin also noch wie oben beschrieben leichte Tätigkeiten zumindest 6 Stunden und mehr täglich verrichten, so ist sie nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht einmal als nur teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 SGB VI anzusehen. Denn die Klägerin kann, mit dem wie oben beschriebenen Leistungsvermögen, als bisher stets nur als angelernte Arbeiterin tätig Gewesene nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ohne dass es überhaupt der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedürfte. Die Klägerin könnte aber beispielsweise auch noch zumindest 6 Stunden täglich eine Tätigkeit als Pförtnerin oder als Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen verrichten, welche Tätigkeiten auch auf dem Arbeitsmarkt noch vorhanden sind und körperlich nur leichter Art sind und bei denen die bei der Klägerin festgestellten Leistungseinschränkungen einer Tätigkeit nicht entgegenstehen (vgl. Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 10.05.1996 - L 6 An 8/95 - und des LSG Bremen vom 13.06.1996 - L 2 An 9/95 - und Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.10.2003 - L 5 RJ 588/01 -). Diese Verweisbarkeit der Klägerin ergibt sich aus dem von dem Bundessozialgericht entwickelten Stufenschema. Danach gibt es die Angestellten bzw. Arbeiter oder reguläre Ausbildung bzw. mit nur Anlernung, die Angestellten und Arbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung bis zu 2 Jahren, die Arbeiter oder Angestellten mit einer Ausbildungsdauer von über 2 Jahren und entsprechendem Berufsabschluss (Facharbeiter) und dann noch die besondere Gruppe derjenigen Angestellten, die Leitungsfunktionen innehaben und im Bereich der Beitragsbemessungsgrenze arbeiten. Zu beachten ist dabei, dass sich der Berufsschutz, also die Berufsstufe, grundsätzlich in aller Regel nach Intensität und Dauer der erforderlichen Ausbildung für eine zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit richtet und nicht nach irgendeiner tariflichen Einstufung oder Entlohnung (4. Senat des BSG mit Urteil vom 24.01.1994 in: Amtliche Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 1994, 313 ff, 316, dem sich die Kammer hier anschließt). Dabei müssen sich Versicherte einer Stufe nach der Rechtsprechung des BSG auf die gleiche oder auf die nächst untere Berufsstufe verweisen lassen. Die Klägerin ist nach ihrer Berufsbiographie, so wie sie im Fragebogen zur Person dargestellt wurde und wie sie auch in der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.05.2006 dargestellt wurde, und der klägerischerseits nicht widersprochen wurde, jedenfalls nicht einer Angestellten oder Arbeiterin mit einer Ausbildungsdauer von bis zu zwei Jahren gleichzusetzen, sondern nur als Angelernte anzusehen. Auf die so angenommene Verweisbarkeit wurde auch mit der Übersendung des Gutachtens im gerichtlichen Schreiben vom 20.02.2007 hingewiesen, ohne dass klägerischerseits dem widersprochen worden wäre. Die Klägerin ist damit uneingeschränkt verweisbar, jedenfalls aber auf die leichten Tätigkeiten als Pförtnerin oder Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen. Denn solche Tätigkeiten sind körperlich nur leichter Art, sie können auch überwiegend im Sitzen ausgeübt werden und sind nicht verbunden mit Zeitdruck oder Wechselschicht oder sonst der Klägerin hier nicht zumutbaren Leistungseinschränkungen.
Dabei ist auch die Situation des Arbeitsmarktes unerheblich. Das Risiko der Vermittelbarkeit der Klägerin fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherung (vgl. auch § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist damit auch nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert im Sinne der allgemeinen Vorschrift des § 43 Abs. 1, 2 SGB VI; denn diese Vorschriften setzen eine noch weitergehende Leistungseinschränkung als die der Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI vor, die die Kammer schon verneinen musste. Eine allgemeine volle oder teilweise Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 1, 2 SGB VI besteht nach § 43 Abs. 3 SGB VI auch nicht für den, der unter den üblichen Bedingungen (auch nur) des allgemeinen Arbeitsmarktes (noch) mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist (weiterhin) die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG. Die Kammer hat hier davon abgesehen, der Klägerin Kosten zuzusprechen, auch wenn das Sozialgericht Düsseldorf zunächst durch Gerichtsbescheid die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat und dies zu einem ersten Berufungsverfahren (L 0 R 00/00) geführt hat; denn insgesamt hatte die Klage auch nach weiteren Ermittlungen keinen Erfolg, so dass es die Kammer nicht für angemessen gehalten hat, der Beklagten diejenigen Kosten aufzuerlegen, die durch die Rechtsvertretung der Klägerin entstanden sind, zumal es sich um keine anwaltlichen Kosten handelt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin ist am 00.00.1948 in Spanien geboren. Sie hat nach Aktenlage keinen Beruf mit Abschluss erlernt und war bisher als angelernte Arbeiterin bei verschiedenen Arbeitgebern tätig, in der Bundesrepublik Deutschland von 1972 bis 1976. Zuletzt war sie nach Aktenlage und unwidersprochen als landwirtschaftliche Arbeiterin in Spanien tätig, vorher in der Bundesrepublik Deutschland als Kontrolleurin in einer Gießerei, und als Putzfrau (Schriftsatz der Beklagten vom 17.05.2006 mit Anlage und Fragebogen zur Person Bl. 152 ff der Gerichtsakte).
Am 21.10.2003 beantragte die Klägerin eine Rente aus der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste die Erstellung bzw. Beiziehung eines spanischen E-213-Gutachtens durch W. Dieser Gutachter hielt die Klägerin noch für in der Lage, alle leichten Tätigkeiten verrichten zu können, dies auch vollschichtig (Bl. 23 des med. Teils der Verwaltungsakte). Die Klägerin könne allerdings nicht mehr im letzten Beruf als landwirtschaftliche Arbeiterin arbeiten.
Mit Bescheid vom 11.03.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die ärztlichen Feststellungen. Danach sei die Klägerin noch in der Lage, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, und damit weder berufsunfähig noch voll oder teilweise erwerbsgemindert.
Dagegen legte die Klägerin am 28.06.2004 Widerspruch ein, hilfsweise bat sie um Überprüfung nach § 44 SGB X. Zur Begründung wurde ein ärztliches Attest eingereicht vom 14.07.2004.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin nach ihren ärztlichen Feststellungen weder als berufsunfähig noch als voll oder teilweise erwerbsgemindert anzusehen sei. Die Klägerin könne, auch wenn die letzte Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden könne, als angelernte Arbeiterin auf die ihr zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Neue Gesichtspunkte aus dem vorgelegten Bericht gegenüber dem Gutachten im Formular E 213 ergäben sich nicht.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 04.01.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Sie begründet die Klage sinngemäß damit, dass die Beklagte ihren Gesundheitszustand verkenne und ihr Leistungsvermögen falsch beurteile. Sie sei nicht mehr in der Lage, im bisherigen Beruf oder in zumutbaren Verweisungsberufen oder sonst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Eine Stellungnahme zu dem vom Gericht eingeholten Gutachten von K wurde nicht abgegeben.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 21.10.2003 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, ein Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung sei nicht eingetreten. Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Alle Gutachten bestätigten ihre Auffassung.
Das Sozialgericht hatte zunächst die angefochtenen Bescheide nach § 131 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufgehoben, mit dem Gerichtsbescheid vom 23.05.2005. Dieser Gerichtsbescheid wiederum ist vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen aufgehoben worden, mit Urteil vom 16.12.2005, unter Zurückverweisung des Rechtsstreites an das Sozialgericht Düsseldorf. Danach noch eingereichte ärztliche Unterlagen hat das Sozialgericht Düsseldorf übersetzen lassen, wie auch das Gutachtenformular E 213 (in der Verwaltungsakte von der Beklagten übersetzt).
Sodann hat das Gericht durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben, welche Erkrankungen im Einzelnen bei der Klägerin seit Rentenantragstellung vorliegen und wie diese sich auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Der Arzt für Orthopädie und Traumatologie K aus Sevilla kommt zur Beurteilung, bei der Klägerin lägen im Einzelnen folgende wesentlichen Diagnosen vor: Frau H leide an: einer mittelgradigen Verschleißveränderung des 4., 5., 6. und 7. Halswirbelkörpers und der dazwischenliegenden Bandscheiben einer starken Einengung der Zwischenwirbellöcher zwischen dem 4. und 5., 5. und 6. und 6. und 7. Halswirbelkörper einer Verschleißveränderung der Bandscheibe zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbelkörper einer geringen Verschleißveränderung beider Schultergelenke einer Erniedrigung des Kalksalzgehaltes der Brust- und Lendenwirbelkörper (Osteoporose) einer geringen Verschleißveränderung beider Grundgelenke der Großzehen beider Füße einer leichten Seitenverschiebung der Wirbelsäule. Mit diesen Befunden könne die Klägerin noch vollschichtig eine körperlich leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten, überwiegend im Sitzen, ohne ungünstige Bedingungen wie Zwangshaltungen, Wechselschicht, Zeitdruck und anderes (Seite 10 dessen Gutachtens). In Betracht käme auch noch eine Tätigkeit als Pförtnerin oder Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen, dies auch vollschichtig. Die Klägerin könne auch noch Wegstrecken zu Fuß ohne Einschränkungen täglich zurücklegen (in einer Zeit von nicht mehr als 15 Minuten für 500 Meter) und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die Beurteilung gelte auch seit Oktober 2003 und ca. 3 Monate zuvor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2004, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Rente wegen voller oder auch nur teilweiser Erwerbsminderung oder auch nur wegen Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war damit nicht zu entsprechen.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Gericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 11.03.2004 auch bereits die maßgeblichen Vorschriften der §§ 240, 43 SGB VI über die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit bzw. teilweisen oder vollen Erwerbsminderung wiedergegeben.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Auch nach den weiteren Ermittlungen des Gerichts, also auch nach dem Gutachten von K, besteht kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder vollen Erwerbsminderung im Sinne von §§ 240, 43 SGB VI. Denn auch nach diesem Gutachten kann die Klägerin noch vollschichtig - also 8 Stunden täglich, § 3 Arbeitszeitgesetz, und damit auch noch zumindest 6 Stunden täglich - zumindest körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, bei Meidung von Zwangshaltungen, Zeitdruck und Wechselschicht und anderem, ohne dass hier ungewöhnliche Leistungseinschränkungen vorlägen. Das Gericht folgt den Ausführungen zu Diagnosen und Leistungseinschränkungen in dem Gutachten von K, zumal die Klägerin dazu auch keinerlei substanziierte Stellungnahme abgegeben hat und nicht vorgetragen hat, was an diesem Gutachten falsch sein sollte.
Kann die Klägerin also noch wie oben beschrieben leichte Tätigkeiten zumindest 6 Stunden und mehr täglich verrichten, so ist sie nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht einmal als nur teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 SGB VI anzusehen. Denn die Klägerin kann, mit dem wie oben beschriebenen Leistungsvermögen, als bisher stets nur als angelernte Arbeiterin tätig Gewesene nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ohne dass es überhaupt der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedürfte. Die Klägerin könnte aber beispielsweise auch noch zumindest 6 Stunden täglich eine Tätigkeit als Pförtnerin oder als Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen verrichten, welche Tätigkeiten auch auf dem Arbeitsmarkt noch vorhanden sind und körperlich nur leichter Art sind und bei denen die bei der Klägerin festgestellten Leistungseinschränkungen einer Tätigkeit nicht entgegenstehen (vgl. Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 10.05.1996 - L 6 An 8/95 - und des LSG Bremen vom 13.06.1996 - L 2 An 9/95 - und Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.10.2003 - L 5 RJ 588/01 -). Diese Verweisbarkeit der Klägerin ergibt sich aus dem von dem Bundessozialgericht entwickelten Stufenschema. Danach gibt es die Angestellten bzw. Arbeiter oder reguläre Ausbildung bzw. mit nur Anlernung, die Angestellten und Arbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung bis zu 2 Jahren, die Arbeiter oder Angestellten mit einer Ausbildungsdauer von über 2 Jahren und entsprechendem Berufsabschluss (Facharbeiter) und dann noch die besondere Gruppe derjenigen Angestellten, die Leitungsfunktionen innehaben und im Bereich der Beitragsbemessungsgrenze arbeiten. Zu beachten ist dabei, dass sich der Berufsschutz, also die Berufsstufe, grundsätzlich in aller Regel nach Intensität und Dauer der erforderlichen Ausbildung für eine zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit richtet und nicht nach irgendeiner tariflichen Einstufung oder Entlohnung (4. Senat des BSG mit Urteil vom 24.01.1994 in: Amtliche Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 1994, 313 ff, 316, dem sich die Kammer hier anschließt). Dabei müssen sich Versicherte einer Stufe nach der Rechtsprechung des BSG auf die gleiche oder auf die nächst untere Berufsstufe verweisen lassen. Die Klägerin ist nach ihrer Berufsbiographie, so wie sie im Fragebogen zur Person dargestellt wurde und wie sie auch in der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.05.2006 dargestellt wurde, und der klägerischerseits nicht widersprochen wurde, jedenfalls nicht einer Angestellten oder Arbeiterin mit einer Ausbildungsdauer von bis zu zwei Jahren gleichzusetzen, sondern nur als Angelernte anzusehen. Auf die so angenommene Verweisbarkeit wurde auch mit der Übersendung des Gutachtens im gerichtlichen Schreiben vom 20.02.2007 hingewiesen, ohne dass klägerischerseits dem widersprochen worden wäre. Die Klägerin ist damit uneingeschränkt verweisbar, jedenfalls aber auf die leichten Tätigkeiten als Pförtnerin oder Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen. Denn solche Tätigkeiten sind körperlich nur leichter Art, sie können auch überwiegend im Sitzen ausgeübt werden und sind nicht verbunden mit Zeitdruck oder Wechselschicht oder sonst der Klägerin hier nicht zumutbaren Leistungseinschränkungen.
Dabei ist auch die Situation des Arbeitsmarktes unerheblich. Das Risiko der Vermittelbarkeit der Klägerin fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherung (vgl. auch § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist damit auch nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert im Sinne der allgemeinen Vorschrift des § 43 Abs. 1, 2 SGB VI; denn diese Vorschriften setzen eine noch weitergehende Leistungseinschränkung als die der Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI vor, die die Kammer schon verneinen musste. Eine allgemeine volle oder teilweise Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 1, 2 SGB VI besteht nach § 43 Abs. 3 SGB VI auch nicht für den, der unter den üblichen Bedingungen (auch nur) des allgemeinen Arbeitsmarktes (noch) mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist (weiterhin) die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG. Die Kammer hat hier davon abgesehen, der Klägerin Kosten zuzusprechen, auch wenn das Sozialgericht Düsseldorf zunächst durch Gerichtsbescheid die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat und dies zu einem ersten Berufungsverfahren (L 0 R 00/00) geführt hat; denn insgesamt hatte die Klage auch nach weiteren Ermittlungen keinen Erfolg, so dass es die Kammer nicht für angemessen gehalten hat, der Beklagten diejenigen Kosten aufzuerlegen, die durch die Rechtsvertretung der Klägerin entstanden sind, zumal es sich um keine anwaltlichen Kosten handelt.
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