Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2937/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 2589/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. April 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger neben bewilligter Regelleistungen auch ein Anspruch auf Gewährung angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zusteht.
Der 1969 geborene Kläger ist ledig. Er bezog bis zur Erschöpfung des Anspruches ab 22.01.2003 Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 185,50 EUR und anschließend bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 163,73 EUR. Er bewohnt eine Wohnung im Haus seiner Eltern.
Der Kläger beantragte am 05.10.2004 Leistungen nach dem SGB II. Zu den Kosten der Unterkunft und Heizung gab er an, die von ihm bewohnte Wohnung sei ihm von seinem Vater vermietet worden. An Wohnungskosten macht er geltend, Miete (ohne Garage, Stellplatz und Nebenkosten) monatlich 200 EUR, Heizkosten Holz jährlich ca. 100 EUR und Heizkostenpauschale für Zentralheizung ca. 80 EUR, Strom 60 EUR, Wasser/Abwasser 30 EUR und für sonstige Wohnungskosten (Putzmaterial, Verschiedenes) ca. 10 bis 15 EUR. Als Einkommen gab der Kläger die bezogene Arbeitslosenhilfe an und erklärte, über kein Vermögen zu verfügen. Er machte Kosten für eine Kfz-Versicherung in Höhe von jährlich 475,79 Euro geltend. Als Belege legte er insbesondere vor, einen Kfz-Versicherungsschein, ein als "Mietvertrag" überschriebenes Schreiben ohne Datum über eine EG-Wohnung, 47 qm, mit einer Gesamtmiete von 310 EUR plus Stromabschlag 50 EUR, über Nebenkosten vom 01.01.2005 in Höhe von monatlich 61,75 EUR (Abwasser/Kanalgebühren 20 EUR, Abfallgebühr 1,70 EUR, Schornsteinfeger 2,60 EUR, allgemeine Beleuchtung 11 EUR, Gebühr für Gemeinschaftsantenne ohne Kabelgebühren 16,15 EUR, umlagefähige Versicherungen für die Wohnung 7,90 EUR und Grundsteuer 2,40 EUR) und Heizkosten in Höhe von monatlich 48 EUR. Weiter legte der Kläger den Rentenbescheid seines Vater vom 08.03.2004 vor, mit dem Rente in Höhe von monatlich 1061,25 EUR zur Auszahlung bewilligt wurde.
Mit Bescheid vom 10.12.2004 bewilligte die Agentur für Arbeit B. (AA) dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Monat Januar 2005 in Höhe von 401,00 EUR (Regelleistungen 345 EUR zuzüglich befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld 56 EUR) und für die Zeit vom 01.02.2005 bis 30.04.2005 in Höhe von monatlich 345,00 EUR. Leistungen für angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nicht bewilligt. Am 21.03.2005 rügte der Kläger bei der AA einen Bescheid sowie Zahlungen noch nicht erhalten zu haben. Die AA übersandte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 07.04.2005 den ergangenen Bescheid mit aktuellem Datum vom 07.04.2005.
Mit Schreiben vom 03.02.2005 teilte die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg der AA mit, dass dem Kläger zur Erlangung eines Arbeitsplatzes Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt worden seien.
Am 14.04.2005 sprach der Kläger bei der AA vor und erklärte zur Niederschrift, er müsse tatsächlich Miete und Nebenkosten zahlen und bitte um Übernahme der Kosten. Belege für die erfolgten Mietzahlungen werde er nachreichen. Hierzu legte der Kläger Kontoauszüge über Barauszahlungen vor.
Am 14.04.2005 beantragte der Kläger (unter Vorlage weiterer Belege) außerdem die Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II. Er gab an, es seien keine Änderungen in den Verhältnissen eingetreten; Einkommen und Vermögen wurden vom Kläger verneint. Er legte insbesondere zwei ärztliche Bescheinigungen zur Feststellung einer schwer wiegenden chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V der Dr. B. vom 31.01.2005 vor. Außerdem legte der Kläger den Rentenbescheid seiner Mutter vom 08.03.2004 vor, mit dem Rente in Höhe von monatlich 589,04 EUR zur Auszahlung bewilligt wurde, sowie ein weiteres als "Mietvertrag" überschriebenes Schreiben ohne Datum.
Mit Bescheid vom 18.04.2005 bewilligte die AA dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 345,00 EUR (Regelleistung). Leistungen für angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung wurden wiederum nicht bewilligt.
Gegen den Bescheid vom 18.04.2005 legte der Kläger am 22.04.2005 bei der AA Widerspruch ein. Er machte geltend, er wohne im Haus seines Vaters in einer separaten Wohnung zur Miete. Er zahle derzeit unregelmäßig Miete an seinen Vater in wechselnder Höhe, je nach dem, was von der Regelleistung übrig bleibe, nachdem er sich Lebensmittel gekauft habe. Ob ein schriftlicher Mietvertrag existiere, sei ihm im Moment nicht bekannt. Es müsse allerdings einen solchen geben. Wegen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. § 16 SGB VI müsse ihm ein Zuschlag in Höhe von ungefähr 112 EUR ab Januar 2005 zustehen.
Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 09.08.2005 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18.04.2005 zurückgewiesen. Ein Zuschlag bezüglich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. § 16 SGB VI als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II sei nicht zu bewilligen. Soweit sich der Kläger dagegen wende, dass im Bescheid keine Kosten für Unterkunft und Heizung enthalten seien, habe er keinen Nachweis geführt, dass er im Hause des Vaters in einer separaten abgeschlossenen eigenen Wohnung lebe. Notwendige Nachweise, die die Annahme rechtfertigten, dass im ländlichen Bereich einen Mietpreis von 360 EUR warm begründet sei, habe der Kläger nicht vorgelegt. Das Vorbringen des Klägers, dass seine Eltern auf Grund ihrer finanziellen Verhältnisse zwangsläufig auf seine Mietzahlungen dringend angewiesen seien, sei nicht stichhaltig. Es sei im Übrigen grundsätzlich weit verbreitet nicht so, dass Eltern, die über ausreichend Einkünfte verfügten, von ihrem volljährigen Sohn noch Miete für das Mitwohnen im Hause verlangten. Die beiden als Mietverträge bezeichneten Schreiben jeweils ohne Datum seien hinsichtlich der Warmmiete unterschiedlich abgefasst und deshalb nicht geeignet, als maßgeblicher Mietvertrag zu gelten. Der Kläger habe auch selbst nicht dargetan, in welcher Höhe er tatsächlich Miete erbringen wolle. Er habe im Widerspruch lediglich ausgeführt, dass er nach dem Kauf der Lebensmittel angeblich den Rest für die Miete aufwende. Dies könne betragsmäßig auch bei 0 EUR liegen. Gegen den Bescheid für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 habe sich der Kläger nicht gewandt, sondern die Entscheidung als richtig angenommen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.08.2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S AS 2937/05). Außerdem erhob er gleichzeitig Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2005 wegen der Ablehnung eines Antrages auf Gewährung von Bewerbungskosten (S 9 AS 2920/05), die das SG mit Beschluss vom 05.12.2005 zunächst zum vorliegenden Verfahren verband und mit Beschluss vom 31.03.2006 wieder abtrennte.
Der Kläger trug zur Begründung der vorliegenden Klage vor, aus den von ihm vorgelegten Unterlagen sei eindeutig ersichtlich, dass er Miete in Höhe von monatlich 200 EUR, Nebenkosten in Höhe von 110 EUR und Stromkosten in Höhe von 50 EUR zu zahlen habe. Da ihm Leistungen für Kosten für Unterkunft und Heizung nicht bewilligt worden seien, könne er die Nebenkosten nicht voll bezahlen. Aus den bewilligten Leistungen von 345 EUR zahle er derzeit 220 EUR. Die Gesichtspunkte und Einwände der Beklagten seien ihm schleierhaft und nicht nachvollziehbar. Er verlange die Mietkosten plus Nebenkosten in Höhe von insgesamt 360 EUR und die rückwirkende Nachzahlung durch die Beklagte. Der Kläger legte zum Beleg Kopien von Überweisungsbelegen vom 06.10.2005 und 07.11.2005 vor. Außerdem trug der Kläger durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten ergänzend vor, einen schriftlicher Mietvertrag gebe es nicht. Ein Mietverhältnis sei mit seinen Eltern mündlich vereinbart worden. Entscheidend für den Anspruch sei, dass die Unterkunft tatsächlich genutzt werde und die Aufwendungen für die Mietwohnung tatsächlich auch erbracht würden. Dies habe er durch die Vorlage der Überweisungsbelege nachgewiesen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte bei ihm die Unterkunftskosten völlig unberücksichtigt lasse.
Die Beklagte trat unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid der Klage entgegen. Auch die vorgelegten Zahlungsaufträge an die Bank wiesen nicht im erforderlichen Maße nach, dass eine tatsächliche Zahlung der angeblichen Kaltmiete an die Eltern vom Konto des Klägers abgeflossen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2006 wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2005 ab. Die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid für den streitbefangenen Zeitraum im Ergebnis zu Recht die geltend gemachten Unterkunftskosten mangels Nachweis nicht anerkannt. Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides wird verwiesen.
Gegen den am 06.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 08.05.2006 beim SG Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, vorliegend streitig sei die Bewilligung von Unterkunft- und Heizungskosten für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005, da er bislang lediglich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe des Regelsatzes von monatlich 345,00 EUR erhalte. Er bewohne im Haus der Eltern seit 1990 eine separate Einliegerwohnung im Erdgeschoss und habe seit diesem Zeitpunkt sowie im streitbefangenen Zeitraum an seine Eltern Miete bezahlt, derzeit so weit es ihm möglich gewesen sei. Es bestehe ein Mietvertrag, wonach er eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 200 EUR sowie Nebenkosten in Höhe von 160 EUR schulde. Die Auffassung des SG sei unzutreffend. Dass er derzeit lediglich monatlich 220 EUR an Unterkunftskosten an seine Eltern bezahle, liege ausschließlich an der Tatsache, dass er mit dem bewilligten Regelsatz die Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 360 EUR nicht bezahlen könne. In der Vergangenheit habe er einen Dauerauftrag über die monatlichen Unterkunftskosten nicht einrichten können, dass sein Konto gepfändet gewesen sei. Er habe deswegen lediglich die nicht als Nachweis akzeptierten Überweisungsträger vorlegen können. Sämtliche weiteren zum Nachweis erforderlichen Belege befänden sich in den Akten der Beklagten, weshalb es ihm nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Unterkunftskosten nicht anerkannt würden. Den Ausführungen der Beklagten könne nicht gefolgt werden. Er habe vielmehr durch Vorlage von Bestätigungen seiner Eltern nachgewiesen, dass er zur Zahlung von Unterkunftskosten und Nebenkosten tatsächlich verpflichtet sei. Seine im Vergleich zu seinen Eltern abweichenden Angaben zu den Nebenkosten könnten nicht dazu führen, dass ihm keine Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt würden. Auch wenn er Unterkunftskosten an seine Eltern gegen Bestätigungen bar bezahle, könne dies kein Grund dafür sein, dass die Beklagte diese Mietzahlungen nicht anerkenne. Der Kläger hat einen Grundriss vom Wohnhaus der Eltern und eine schriftliche Bestätigung seiner Eltern vom 28.04.2006 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2005 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 31. Oktober 2005 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 360,00 EUR zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, nach den im Leistungsantrag vom Kläger selbst gemachten Angaben ergäbe sich eine zu berücksichtigende Miete von 245,43 EUR, nach den von den Eltern gemachten Angaben eine Miete von 303,77 EUR monatlich. Nachdem dem Grunde nach von der Regelleistung nichts habe übrig bleiben können, habe der Kläger nach seinen Ausführungen seit dem 01.01.2005 auch keine Miete bezahlen können. Sein Vorbringen, Miete bezahlt zu haben, sei bis heute nicht nachgewiesen. Auch vor der Zeit des SGB II-Bezuges sei eine konkrete Mietzahlung nicht nachgewiesen. Sie sei der Überzeugung, dass keine Miete vom Kläger an seine Eltern bezahlt worden sei, da die Arbeitslosenhilfe relativ gering gewesen sei und bei dem Einkommen der Eltern des Klägers von ca. 1650 EUR Eltern diese selbst von ihren erwachsenen Kindern nach der allgemeinen Lebenserfahrung keine Miete forderten. Der Kläger habe auch erklärt, noch nie Wohngeld erhalten zu haben, was ausgehend von seinen Angaben aber von ihm zu beanspruchen gewesen wäre. Wäre tatsächlich Miete bezahlt worden, wäre diese von den Eltern zu versteuern gewesen. Einen Nachweis, dass dies erfolgt sei, habe der Kläger nicht erbracht. Es sei deshalb davon auszugehen, dass durch eine scheinbare Miete die Höhe der SGB II-Leistungen für den Kläger erhöht werden solle. Dies könne nicht sein. Dass es sich bei den als Mietvertrag bezeichneten vorgelegten Schreiben um einen Mietvertrag handele, sei nicht nachvollziehbar, da kein Datum vorhanden sei. Sie enthielten auch keinen Zeitpunkt, ab dem eine Miete tatsächlich geschuldet sein solle. In einem Schreiben werde ausgeführt, dass sich die Miete nach der Änderung des Mietspiegels der Gemeinde richte. Einen solchen Mietenspiegel gebe es nicht. Nach den im Zollernalbkreis berücksichtigten Grundsätze würden am Wohnort des Klägers bei einer Person 215 EUR zuzüglich 36,80 EUR - bei Ölheizung - als angemessene Miete berücksichtigt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie drei Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Insbesondere ist die Berufung ohne Zulassung gemäß § 144 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500 EUR. Der Kläger macht nicht gewährte Leistungen für seine Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 360,00 EUR für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 geltend. Auch die Berufungsfrist des § 151 SGG ist eingehalten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.04.2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Damit lief die Berufungsfrist von einem Monat am Montag, den 08.05.2006 ab. An diesem Tag ist die Berufung gemäß § 151 Absatz 2 Satz 1 SGG fristwahrend beim SG eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht gegen die Beklagte für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nicht zu.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid der AA vom 18.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 09.08.2005, soweit sie die Bewilligung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Januar 2005 betreffen. Nur hiergegen hat sich der Kläger im vorliegenden Klage- und Berufungsverfahren gewandt, wie sich aus seinem Vorbringen zweifelsfrei ergibt. Einwendungen gegen die bewilligten Regelleistungen hat er nicht erhoben. Damit hat der Kläger klargestellt, dass er sich gegen die Höhe der im streitigen Zeitraum bewilligten Regelleistung nicht wendet. Über die Rechtmäßigkeit der Höhe der Regelleistung ist daher vorliegend im Berufungsverfahren nicht zu befinden (vgl. auch BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R -). Richtiger Beklagter ist die ARGE Zollernalbkreis, die den Widerspruchsbescheid erlassen hat und deshalb zur Zeit der Klageerhebung passiv legitimiert ist und deren Beteiligtenfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannt ist (BSG a.a.O.).
Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung). Nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten diese Leistungen als Sozialgeld (§ 28 Abs. 1 SGB II). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis 31.03.2006 geltenden Fassung). Diesen Vorschriften begegnen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 6/06 R - und - B 7b AS 10/06 R -, jeweils veröffentlicht in juris).
Für die Bewertung der Frage, ob Wohnungskosten vorliegen, ist der tatsächlich abgeschlossene Mietvertrag entscheidend (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 19 m.w.N.). Dabei sind nach der Rechtsprechung des Senates (Urteil vom 15.09.2006 - L 8 AS 5071/05 -) in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Verträge zwischen Angehörigen der Leistungsgewährung nur dann zugrunde zu legen, wenn sie zum einen bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (sog Fremdvergleich). Dies setzt zumindest voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichteten Miete klar und eindeutig vereinbart worden sind und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (BFH 19.10.1999 - IX R 39/99 - NJW 2000, 758 m.w.N.). Diese für das Steuerrecht aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung des Spielraums an zulässigen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und deren Missbrauch können auf das Recht des SGB II, bei dem es um die Bewilligung öffentlicher Leistungen geht, übertragen werden (so zum Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung VG Augsburg - Au 3 K 04.1474 - in Juris).
Diese Kriterien sind vorliegend nicht erfüllt. Daher wertet der Senat die vom Kläger behaupteten Vereinbarungen mit seinen Eltern als Scheingeschäft iSd § 117 Abs. 1 BGB. Die vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten, als Mietvertrag bezeichneten Schreiben, die jeweils vom Kläger und dessen Vater unterzeichnet sind, werden einem Fremdvergleich in keiner Weise gerecht. Denn sie enthalten beide kein Datum des Abschlusses. Weiter ist nicht geregelt, zu welchem Zeitpunkt das Mietverhältnis beginnt. Auch die überlassenen Mieträume sind nicht bestimmt bezeichnet, sondern es wird nur die "UG-Wohnung, 47 m,²" als Mietsache genannt. Dabei zeigt gerade der vorliegende Fall, dass eine genaue Bezeichnung der überlassenen Mieträume unverzichtbar ist. Denn der Kläger hat im Berufungsverfahren den Grundriss des Erdgeschosses im Haus seiner Eltern vorgelegt (Bl. 15 der LSG-Akte) und die ihm überlassenen Wohnräume mit gelber Farbe umrandet. Danach bewohnt er offenbar eine Vier-Zimmer-Wohnung mit Bad und Küche. Eine Berechnung der Wohnfläche anhand der in der Grundriss-Zeichnung enthaltenen Abmessungen ergibt dabei eine Wohnungsgröße von ca. 83 m2 (10,60m - 7,89m). Weiter bleibt offen, wann der Mietzins zur Zahlung fällig ist. Zudem fällt auf, dass die zum Beleg eines Mietvertrages vorgelegten und als Mietvertrag bezeichneten Schreiben einen unterschiedlichen Inhalt haben, weshalb sich der Eindruck aufdrängt, dass sie - nur - im Hinblick auf die Anträge des Kläger auf Leistungen nach dem SGB II und die Forderung der Beklagten, ein Mietverhältnis zu belegen, gefertigt worden sind. Dem entspricht auch das Vorbringen des Klägers vom 22.04.2005 im Widerspruchsverfahren. Ob ein schriftlicher Mietvertrag existiere, sei ihm momentan nicht bekannt; es müsste allerdings einen solchen geben. Damit gibt der Kläger zu erkennen, dass er sich durch die vorgelegten als Mietvertrag bezeichneten Schreiben schuldrechtlich nicht verpflichtet fühlt. In diese Richtung geht auch das weitere Vorbringen des Klägers beim SG, dass ein schriftlicher Mietvertrag nicht existiere und dass ein Mietvertrag zwischen ihm und seinen Eltern mündlich vereinbart sei. Damit entzieht der Kläger wie sein Vater bzw. seine Eltern das Vorliegen und den schuldrechlichen Inhalt eines angeblichen Mietverhältnisses einer objektiven Nachprüfbarkeit, weshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen zum Fremdvergleich bereits deshalb dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II nicht zuerkannt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfrage zu den Anforderungen des Zugrundlegens von Mietverträgen unter Familienangehörigen (Fremdvergleich) zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger neben bewilligter Regelleistungen auch ein Anspruch auf Gewährung angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zusteht.
Der 1969 geborene Kläger ist ledig. Er bezog bis zur Erschöpfung des Anspruches ab 22.01.2003 Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 185,50 EUR und anschließend bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 163,73 EUR. Er bewohnt eine Wohnung im Haus seiner Eltern.
Der Kläger beantragte am 05.10.2004 Leistungen nach dem SGB II. Zu den Kosten der Unterkunft und Heizung gab er an, die von ihm bewohnte Wohnung sei ihm von seinem Vater vermietet worden. An Wohnungskosten macht er geltend, Miete (ohne Garage, Stellplatz und Nebenkosten) monatlich 200 EUR, Heizkosten Holz jährlich ca. 100 EUR und Heizkostenpauschale für Zentralheizung ca. 80 EUR, Strom 60 EUR, Wasser/Abwasser 30 EUR und für sonstige Wohnungskosten (Putzmaterial, Verschiedenes) ca. 10 bis 15 EUR. Als Einkommen gab der Kläger die bezogene Arbeitslosenhilfe an und erklärte, über kein Vermögen zu verfügen. Er machte Kosten für eine Kfz-Versicherung in Höhe von jährlich 475,79 Euro geltend. Als Belege legte er insbesondere vor, einen Kfz-Versicherungsschein, ein als "Mietvertrag" überschriebenes Schreiben ohne Datum über eine EG-Wohnung, 47 qm, mit einer Gesamtmiete von 310 EUR plus Stromabschlag 50 EUR, über Nebenkosten vom 01.01.2005 in Höhe von monatlich 61,75 EUR (Abwasser/Kanalgebühren 20 EUR, Abfallgebühr 1,70 EUR, Schornsteinfeger 2,60 EUR, allgemeine Beleuchtung 11 EUR, Gebühr für Gemeinschaftsantenne ohne Kabelgebühren 16,15 EUR, umlagefähige Versicherungen für die Wohnung 7,90 EUR und Grundsteuer 2,40 EUR) und Heizkosten in Höhe von monatlich 48 EUR. Weiter legte der Kläger den Rentenbescheid seines Vater vom 08.03.2004 vor, mit dem Rente in Höhe von monatlich 1061,25 EUR zur Auszahlung bewilligt wurde.
Mit Bescheid vom 10.12.2004 bewilligte die Agentur für Arbeit B. (AA) dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Monat Januar 2005 in Höhe von 401,00 EUR (Regelleistungen 345 EUR zuzüglich befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld 56 EUR) und für die Zeit vom 01.02.2005 bis 30.04.2005 in Höhe von monatlich 345,00 EUR. Leistungen für angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nicht bewilligt. Am 21.03.2005 rügte der Kläger bei der AA einen Bescheid sowie Zahlungen noch nicht erhalten zu haben. Die AA übersandte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 07.04.2005 den ergangenen Bescheid mit aktuellem Datum vom 07.04.2005.
Mit Schreiben vom 03.02.2005 teilte die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg der AA mit, dass dem Kläger zur Erlangung eines Arbeitsplatzes Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt worden seien.
Am 14.04.2005 sprach der Kläger bei der AA vor und erklärte zur Niederschrift, er müsse tatsächlich Miete und Nebenkosten zahlen und bitte um Übernahme der Kosten. Belege für die erfolgten Mietzahlungen werde er nachreichen. Hierzu legte der Kläger Kontoauszüge über Barauszahlungen vor.
Am 14.04.2005 beantragte der Kläger (unter Vorlage weiterer Belege) außerdem die Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II. Er gab an, es seien keine Änderungen in den Verhältnissen eingetreten; Einkommen und Vermögen wurden vom Kläger verneint. Er legte insbesondere zwei ärztliche Bescheinigungen zur Feststellung einer schwer wiegenden chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V der Dr. B. vom 31.01.2005 vor. Außerdem legte der Kläger den Rentenbescheid seiner Mutter vom 08.03.2004 vor, mit dem Rente in Höhe von monatlich 589,04 EUR zur Auszahlung bewilligt wurde, sowie ein weiteres als "Mietvertrag" überschriebenes Schreiben ohne Datum.
Mit Bescheid vom 18.04.2005 bewilligte die AA dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 345,00 EUR (Regelleistung). Leistungen für angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung wurden wiederum nicht bewilligt.
Gegen den Bescheid vom 18.04.2005 legte der Kläger am 22.04.2005 bei der AA Widerspruch ein. Er machte geltend, er wohne im Haus seines Vaters in einer separaten Wohnung zur Miete. Er zahle derzeit unregelmäßig Miete an seinen Vater in wechselnder Höhe, je nach dem, was von der Regelleistung übrig bleibe, nachdem er sich Lebensmittel gekauft habe. Ob ein schriftlicher Mietvertrag existiere, sei ihm im Moment nicht bekannt. Es müsse allerdings einen solchen geben. Wegen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. § 16 SGB VI müsse ihm ein Zuschlag in Höhe von ungefähr 112 EUR ab Januar 2005 zustehen.
Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 09.08.2005 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18.04.2005 zurückgewiesen. Ein Zuschlag bezüglich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. § 16 SGB VI als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II sei nicht zu bewilligen. Soweit sich der Kläger dagegen wende, dass im Bescheid keine Kosten für Unterkunft und Heizung enthalten seien, habe er keinen Nachweis geführt, dass er im Hause des Vaters in einer separaten abgeschlossenen eigenen Wohnung lebe. Notwendige Nachweise, die die Annahme rechtfertigten, dass im ländlichen Bereich einen Mietpreis von 360 EUR warm begründet sei, habe der Kläger nicht vorgelegt. Das Vorbringen des Klägers, dass seine Eltern auf Grund ihrer finanziellen Verhältnisse zwangsläufig auf seine Mietzahlungen dringend angewiesen seien, sei nicht stichhaltig. Es sei im Übrigen grundsätzlich weit verbreitet nicht so, dass Eltern, die über ausreichend Einkünfte verfügten, von ihrem volljährigen Sohn noch Miete für das Mitwohnen im Hause verlangten. Die beiden als Mietverträge bezeichneten Schreiben jeweils ohne Datum seien hinsichtlich der Warmmiete unterschiedlich abgefasst und deshalb nicht geeignet, als maßgeblicher Mietvertrag zu gelten. Der Kläger habe auch selbst nicht dargetan, in welcher Höhe er tatsächlich Miete erbringen wolle. Er habe im Widerspruch lediglich ausgeführt, dass er nach dem Kauf der Lebensmittel angeblich den Rest für die Miete aufwende. Dies könne betragsmäßig auch bei 0 EUR liegen. Gegen den Bescheid für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 habe sich der Kläger nicht gewandt, sondern die Entscheidung als richtig angenommen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.08.2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S AS 2937/05). Außerdem erhob er gleichzeitig Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2005 wegen der Ablehnung eines Antrages auf Gewährung von Bewerbungskosten (S 9 AS 2920/05), die das SG mit Beschluss vom 05.12.2005 zunächst zum vorliegenden Verfahren verband und mit Beschluss vom 31.03.2006 wieder abtrennte.
Der Kläger trug zur Begründung der vorliegenden Klage vor, aus den von ihm vorgelegten Unterlagen sei eindeutig ersichtlich, dass er Miete in Höhe von monatlich 200 EUR, Nebenkosten in Höhe von 110 EUR und Stromkosten in Höhe von 50 EUR zu zahlen habe. Da ihm Leistungen für Kosten für Unterkunft und Heizung nicht bewilligt worden seien, könne er die Nebenkosten nicht voll bezahlen. Aus den bewilligten Leistungen von 345 EUR zahle er derzeit 220 EUR. Die Gesichtspunkte und Einwände der Beklagten seien ihm schleierhaft und nicht nachvollziehbar. Er verlange die Mietkosten plus Nebenkosten in Höhe von insgesamt 360 EUR und die rückwirkende Nachzahlung durch die Beklagte. Der Kläger legte zum Beleg Kopien von Überweisungsbelegen vom 06.10.2005 und 07.11.2005 vor. Außerdem trug der Kläger durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten ergänzend vor, einen schriftlicher Mietvertrag gebe es nicht. Ein Mietverhältnis sei mit seinen Eltern mündlich vereinbart worden. Entscheidend für den Anspruch sei, dass die Unterkunft tatsächlich genutzt werde und die Aufwendungen für die Mietwohnung tatsächlich auch erbracht würden. Dies habe er durch die Vorlage der Überweisungsbelege nachgewiesen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte bei ihm die Unterkunftskosten völlig unberücksichtigt lasse.
Die Beklagte trat unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid der Klage entgegen. Auch die vorgelegten Zahlungsaufträge an die Bank wiesen nicht im erforderlichen Maße nach, dass eine tatsächliche Zahlung der angeblichen Kaltmiete an die Eltern vom Konto des Klägers abgeflossen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2006 wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2005 ab. Die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid für den streitbefangenen Zeitraum im Ergebnis zu Recht die geltend gemachten Unterkunftskosten mangels Nachweis nicht anerkannt. Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides wird verwiesen.
Gegen den am 06.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 08.05.2006 beim SG Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, vorliegend streitig sei die Bewilligung von Unterkunft- und Heizungskosten für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005, da er bislang lediglich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe des Regelsatzes von monatlich 345,00 EUR erhalte. Er bewohne im Haus der Eltern seit 1990 eine separate Einliegerwohnung im Erdgeschoss und habe seit diesem Zeitpunkt sowie im streitbefangenen Zeitraum an seine Eltern Miete bezahlt, derzeit so weit es ihm möglich gewesen sei. Es bestehe ein Mietvertrag, wonach er eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 200 EUR sowie Nebenkosten in Höhe von 160 EUR schulde. Die Auffassung des SG sei unzutreffend. Dass er derzeit lediglich monatlich 220 EUR an Unterkunftskosten an seine Eltern bezahle, liege ausschließlich an der Tatsache, dass er mit dem bewilligten Regelsatz die Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 360 EUR nicht bezahlen könne. In der Vergangenheit habe er einen Dauerauftrag über die monatlichen Unterkunftskosten nicht einrichten können, dass sein Konto gepfändet gewesen sei. Er habe deswegen lediglich die nicht als Nachweis akzeptierten Überweisungsträger vorlegen können. Sämtliche weiteren zum Nachweis erforderlichen Belege befänden sich in den Akten der Beklagten, weshalb es ihm nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Unterkunftskosten nicht anerkannt würden. Den Ausführungen der Beklagten könne nicht gefolgt werden. Er habe vielmehr durch Vorlage von Bestätigungen seiner Eltern nachgewiesen, dass er zur Zahlung von Unterkunftskosten und Nebenkosten tatsächlich verpflichtet sei. Seine im Vergleich zu seinen Eltern abweichenden Angaben zu den Nebenkosten könnten nicht dazu führen, dass ihm keine Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt würden. Auch wenn er Unterkunftskosten an seine Eltern gegen Bestätigungen bar bezahle, könne dies kein Grund dafür sein, dass die Beklagte diese Mietzahlungen nicht anerkenne. Der Kläger hat einen Grundriss vom Wohnhaus der Eltern und eine schriftliche Bestätigung seiner Eltern vom 28.04.2006 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2005 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 31. Oktober 2005 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 360,00 EUR zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, nach den im Leistungsantrag vom Kläger selbst gemachten Angaben ergäbe sich eine zu berücksichtigende Miete von 245,43 EUR, nach den von den Eltern gemachten Angaben eine Miete von 303,77 EUR monatlich. Nachdem dem Grunde nach von der Regelleistung nichts habe übrig bleiben können, habe der Kläger nach seinen Ausführungen seit dem 01.01.2005 auch keine Miete bezahlen können. Sein Vorbringen, Miete bezahlt zu haben, sei bis heute nicht nachgewiesen. Auch vor der Zeit des SGB II-Bezuges sei eine konkrete Mietzahlung nicht nachgewiesen. Sie sei der Überzeugung, dass keine Miete vom Kläger an seine Eltern bezahlt worden sei, da die Arbeitslosenhilfe relativ gering gewesen sei und bei dem Einkommen der Eltern des Klägers von ca. 1650 EUR Eltern diese selbst von ihren erwachsenen Kindern nach der allgemeinen Lebenserfahrung keine Miete forderten. Der Kläger habe auch erklärt, noch nie Wohngeld erhalten zu haben, was ausgehend von seinen Angaben aber von ihm zu beanspruchen gewesen wäre. Wäre tatsächlich Miete bezahlt worden, wäre diese von den Eltern zu versteuern gewesen. Einen Nachweis, dass dies erfolgt sei, habe der Kläger nicht erbracht. Es sei deshalb davon auszugehen, dass durch eine scheinbare Miete die Höhe der SGB II-Leistungen für den Kläger erhöht werden solle. Dies könne nicht sein. Dass es sich bei den als Mietvertrag bezeichneten vorgelegten Schreiben um einen Mietvertrag handele, sei nicht nachvollziehbar, da kein Datum vorhanden sei. Sie enthielten auch keinen Zeitpunkt, ab dem eine Miete tatsächlich geschuldet sein solle. In einem Schreiben werde ausgeführt, dass sich die Miete nach der Änderung des Mietspiegels der Gemeinde richte. Einen solchen Mietenspiegel gebe es nicht. Nach den im Zollernalbkreis berücksichtigten Grundsätze würden am Wohnort des Klägers bei einer Person 215 EUR zuzüglich 36,80 EUR - bei Ölheizung - als angemessene Miete berücksichtigt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie drei Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Insbesondere ist die Berufung ohne Zulassung gemäß § 144 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500 EUR. Der Kläger macht nicht gewährte Leistungen für seine Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 360,00 EUR für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 geltend. Auch die Berufungsfrist des § 151 SGG ist eingehalten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.04.2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Damit lief die Berufungsfrist von einem Monat am Montag, den 08.05.2006 ab. An diesem Tag ist die Berufung gemäß § 151 Absatz 2 Satz 1 SGG fristwahrend beim SG eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht gegen die Beklagte für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nicht zu.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid der AA vom 18.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 09.08.2005, soweit sie die Bewilligung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Januar 2005 betreffen. Nur hiergegen hat sich der Kläger im vorliegenden Klage- und Berufungsverfahren gewandt, wie sich aus seinem Vorbringen zweifelsfrei ergibt. Einwendungen gegen die bewilligten Regelleistungen hat er nicht erhoben. Damit hat der Kläger klargestellt, dass er sich gegen die Höhe der im streitigen Zeitraum bewilligten Regelleistung nicht wendet. Über die Rechtmäßigkeit der Höhe der Regelleistung ist daher vorliegend im Berufungsverfahren nicht zu befinden (vgl. auch BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R -). Richtiger Beklagter ist die ARGE Zollernalbkreis, die den Widerspruchsbescheid erlassen hat und deshalb zur Zeit der Klageerhebung passiv legitimiert ist und deren Beteiligtenfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannt ist (BSG a.a.O.).
Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung). Nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten diese Leistungen als Sozialgeld (§ 28 Abs. 1 SGB II). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis 31.03.2006 geltenden Fassung). Diesen Vorschriften begegnen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 6/06 R - und - B 7b AS 10/06 R -, jeweils veröffentlicht in juris).
Für die Bewertung der Frage, ob Wohnungskosten vorliegen, ist der tatsächlich abgeschlossene Mietvertrag entscheidend (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 19 m.w.N.). Dabei sind nach der Rechtsprechung des Senates (Urteil vom 15.09.2006 - L 8 AS 5071/05 -) in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Verträge zwischen Angehörigen der Leistungsgewährung nur dann zugrunde zu legen, wenn sie zum einen bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (sog Fremdvergleich). Dies setzt zumindest voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichteten Miete klar und eindeutig vereinbart worden sind und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (BFH 19.10.1999 - IX R 39/99 - NJW 2000, 758 m.w.N.). Diese für das Steuerrecht aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung des Spielraums an zulässigen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und deren Missbrauch können auf das Recht des SGB II, bei dem es um die Bewilligung öffentlicher Leistungen geht, übertragen werden (so zum Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung VG Augsburg - Au 3 K 04.1474 - in Juris).
Diese Kriterien sind vorliegend nicht erfüllt. Daher wertet der Senat die vom Kläger behaupteten Vereinbarungen mit seinen Eltern als Scheingeschäft iSd § 117 Abs. 1 BGB. Die vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten, als Mietvertrag bezeichneten Schreiben, die jeweils vom Kläger und dessen Vater unterzeichnet sind, werden einem Fremdvergleich in keiner Weise gerecht. Denn sie enthalten beide kein Datum des Abschlusses. Weiter ist nicht geregelt, zu welchem Zeitpunkt das Mietverhältnis beginnt. Auch die überlassenen Mieträume sind nicht bestimmt bezeichnet, sondern es wird nur die "UG-Wohnung, 47 m,²" als Mietsache genannt. Dabei zeigt gerade der vorliegende Fall, dass eine genaue Bezeichnung der überlassenen Mieträume unverzichtbar ist. Denn der Kläger hat im Berufungsverfahren den Grundriss des Erdgeschosses im Haus seiner Eltern vorgelegt (Bl. 15 der LSG-Akte) und die ihm überlassenen Wohnräume mit gelber Farbe umrandet. Danach bewohnt er offenbar eine Vier-Zimmer-Wohnung mit Bad und Küche. Eine Berechnung der Wohnfläche anhand der in der Grundriss-Zeichnung enthaltenen Abmessungen ergibt dabei eine Wohnungsgröße von ca. 83 m2 (10,60m - 7,89m). Weiter bleibt offen, wann der Mietzins zur Zahlung fällig ist. Zudem fällt auf, dass die zum Beleg eines Mietvertrages vorgelegten und als Mietvertrag bezeichneten Schreiben einen unterschiedlichen Inhalt haben, weshalb sich der Eindruck aufdrängt, dass sie - nur - im Hinblick auf die Anträge des Kläger auf Leistungen nach dem SGB II und die Forderung der Beklagten, ein Mietverhältnis zu belegen, gefertigt worden sind. Dem entspricht auch das Vorbringen des Klägers vom 22.04.2005 im Widerspruchsverfahren. Ob ein schriftlicher Mietvertrag existiere, sei ihm momentan nicht bekannt; es müsste allerdings einen solchen geben. Damit gibt der Kläger zu erkennen, dass er sich durch die vorgelegten als Mietvertrag bezeichneten Schreiben schuldrechtlich nicht verpflichtet fühlt. In diese Richtung geht auch das weitere Vorbringen des Klägers beim SG, dass ein schriftlicher Mietvertrag nicht existiere und dass ein Mietvertrag zwischen ihm und seinen Eltern mündlich vereinbart sei. Damit entzieht der Kläger wie sein Vater bzw. seine Eltern das Vorliegen und den schuldrechlichen Inhalt eines angeblichen Mietverhältnisses einer objektiven Nachprüfbarkeit, weshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen zum Fremdvergleich bereits deshalb dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II nicht zuerkannt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfrage zu den Anforderungen des Zugrundlegens von Mietverträgen unter Familienangehörigen (Fremdvergleich) zugelassen.
Rechtskraft
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