Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 915/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3017/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des SG Reutlingen vom 10.05.2007 aufgehoben und der Antragsgegner verpflichtet vorläufig den Alleinerziehendenzuschlag zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Weitergewährung des Alleinerziehendenzuschlages.
Die 1972 geborene Ast. ist Mutter von zwei Kindern. Der Antragsgegner (Ag.) gewährt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) seit 01.01.2005 in Höhe der Regelleistung unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende in Höhe von 124,00 EUR monatlich. Vater der Kinder ist Walter H., der nach einer Zwangsräumung in einer Obdachlosenunterkunft am Wohnort der Ast. untergebracht ist. Die Ast. lebt mit ihren beiden Kindern in einer 3 1/2-Zimmer-Wohnung.
Am 18.05.2006 sprach die Ast. beim Ag. vor und teilte mit, sie wolle den Vater ihrer Kinder heiraten. Es sei jedoch momentan nicht möglich zusammenzuziehen, da Walter H. sich um seine stark pflegedürftige Mutter kümmern müsse, mit der er zusammen im Obdachlosenheim wohne. Aufgrund einer mietvertraglichen Klausel sei es nicht möglich, dass Walter H. in ihre Wohnung ziehe. Sie selbst wolle nicht im Obdachlosenwohnheim wohnen. Hierauf gab der Sachbearbeiter des Ag.s folgende im Aktenvermerk vom 18.05.2006 festgehaltene Auskunft: "Ich teile Frau Weiland mit, dass sich an ihren Leistungen, sofern sie dies alles nachweisen, nichts ändert. Es wird nur wahrscheinlich die Regelleistung auf 90 % abgesenkt und einer von beiden wird familienversichert. Auch der Alleinerziehendenzuschlag würde bleiben". Am 17.06.2006 heiratete die Ast. Walter H ... Die Beklagte bewilligte daraufhin die Regelleistung nur noch in Höhe von 311,00 EUR bei gleichzeitiger Fortzahlung des Alleinerziehendenzuschlages von 124,00 EUR (Bescheid vom 01.08.2006 und vom 04.08.2006). Noch vor Ablauf des im Bescheid vom 04.08.2006 festgelegten Bewilligungsabschnitts zum 28.02.2007 erteilte der Ag. den Änderungsbescheid vom 06.12.2006, mit dem ab Januar 2007 der Mehrbedarf für Alleinerziehende zum Wegfall gebracht wurde. Gegen den am 04.01.2007 zur Post gegebenen Bescheid vom 06.12.2006 legte die Ast. am 11.01.2007 Widerspruch ein. Sie machte geltend, vor der Heirat sei ihr zugesichert worden, dass der Alleinerziehendenzuschlag bleiben würde. Hierauf habe sie vertraut.
Am 06.03.2007 hat die Ast. beim Sozialgericht Reutlingen (SG) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung hat sie über ihr Vorbringen im Widerspruchsschreiben hinaus ausgeführt, eine Pflege und Erziehung der Kinder durch ihren Mann sei nicht wirklich möglich. Er pflege unter der Woche seine kranke Mutter und kümmere sich um seine eigenen Angelegenheiten. Er unterstütze sie hinsichtlich der Kinder nicht. Im Übrigen wolle sie sich von ihrem Mann scheiden lassen. Nachdem ihr Vermieter angekündigt habe, dass die Miete um 100,- EUR erhöht werden solle, sei sie auf den Alleinerziehendenzuschlag angewiesen. Mit Bescheid vom 17.04.2007 bewilligte der Ag. der Ast. für die Zeit vom 01.01. bis 28.02.2007 weiterhin den Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 124,00 EUR. Die Ast. begehrt den Alleinerziehendenzuschlag für die Zeit ab 01.03.2007.
Der Ag. vertrat hierzu die Auffassung, die Voraussetzungen für die Gewährung des Mehrbedarfs für Alleinerziehung seien durch die Heirat der Ast. mit dem Vater der Kinder weggefallen. Dies sei versehentlich nicht sofort zum Zeitpunkt der Mitteilung berücksichtigt worden. Der Ehemann wohne zwar nicht in der selben Wohnung, jedoch im selben Ort wie die Ast ... Der Ehemann und zum Teil auch seine Mutter würden bei der Pflege und Erziehung der Kinder mithelfen.
Mit Beschluss vom 10.05.2007 lehnte das SG die beantragte einstweilige Anordnung ab. In dem anhängigen Verfahren spreche nach dem derzeitigen Sach- und Rechtsstand keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sowie eines Anordnungsanspruchs zugunsten der Ast ... Eine Notwendigkeit zur Regelung des zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsverhältnisses durch einstweilige Anordnung sei nach Würdigung aller Umstände nicht zu bejahen. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die der Beurteilung zugrunde zu legende Bedarfslage zur Sicherung des Lebensunterhalts seit Antragstellung beim SG begründe keine Notlage von solchem Gewicht, dass eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nötig erscheine. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Ast. zusätzlich zur Regelleistung sowie zum Sozialgeld für ihre Kinder monatlich 300,00 EUR Bundeserziehungsgeld beziehe, welches anrechnungsfrei sei. Soweit die Ast. damit argumentiere, dass eine Mieterhöhung in Aussicht gestellt sei, begründe auch dies keinen Anordnungsgrund. Bislang sei weder dargelegt, dass die Mieterhöhung tatsächlich zu leisten sei noch dass der Ag. eine Übernahme verweigere. Ein Anordnungsanspruch sei ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Im Streit stehe vorliegend allein der Anspruch auf einen Mehrbedarfzuschlag für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II. Danach sei ein entsprechender Mehrbedarf bei Personen anzuerkennen, wenn sie mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammen lebten und allein für deren Pflege und Erziehung sorgten. Als "Alleinerziehender" werde nach allgemeinem Sprachgebrauch ein Elternteil verstanden, der das Sorgerecht für ein Kind allein ausübe, weil der andere Elternteil das Sorgerecht nicht ausüben könne bzw. nicht ausüben dürfe oder wolle. Orientierungspunkt für die Abgrenzung sei die "vollständige", d.h. aus beiden Elternteilen und dem Kind bzw. den Kindern bestehende Familie, deren Bestehen den Anspruch auf Anerkennung eines Mehrbedarfs typischerweise ausschließe. Unter Zugrundelegung dieser Abgrenzungskriterien sei vorliegend von einer vollständigen Familie auszugehen. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Ast. und ihr Ehemann in getrennten Wohnungen im gleichen Ort lebten. Hierbei handle es sich um eine persönliche Entscheidung, aus der nicht der Schluss gezogen werden könne, dass eine Beteiligung an der Sorge und Pflege für Kinder nicht stattfinde. Es könne allenfalls in Ausnahmefällen fraglich sein, ob "Alleinerziehende" im Sinne des § 21 Abs. 3 SGB II auch die hilfebedürftige Person sei, deren Partner sich so wenig an der Pflege und Erziehung der Kinder beteilige, dass ihr diese Aufgaben praktisch allein obliegen. Die Ast. trage zwar vor, ihr Ehemann würde sich nicht um die Kinder kümmern, was sich auch dadurch ausdrücke, dass sie eine Tagesmutter benötige, wenn sie ihrer Ausbildung zur Immobilienfachwirtin am Wochenende nachgehen wolle. An diesem Vortrag bestünden schon deshalb Zweifel, weil der Ehemann der Ast. mit einem Schreiben an den Ag. klar zum Ausdruck gebracht habe, dass er sich um seine Familie sorge und an einer adäquaten Erziehung seiner Kinder sehr wohl interessiert sei. Seien aus einer langjährigen Verbindung zwei Kinder hervorgegangen und hätten die Partner vor knapp einem Jahr geheiratet, so sprächen alle Anhaltspunkte dafür, dass die Erziehung und Pflege der Kinder partnerschaftlich erfolge. Soweit die Ast. geltend macht, sie werde sich scheiden lassen, begründe dies ebenfalls nicht den Status einer Alleinerziehenden. Hierbei handle es sich lediglich um eine Absichtserklärung. Maßgebend für die Feststellung, ob eine Person alleinerziehend sei, seien die tatsächlichen Verhältnisse und nicht zukünftige Lebenssituationen, die sich bislang nicht realisiert hätten. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Inhalt des Aktenvermerks vom 18.05.2006. Die Formulierung "auch der Alleinerziehendenzuschlag würde bleiben" enthalte schon deshalb keine Zusicherung, da sie im Konjunktiv formuliert sei, sodass ein Anspruch hieraus nicht abgeleitet werden könne. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass diese Formulierung auch unter dem Vorbehalt gewählt worden sei, dass sich der Vortrag der Ast. (mietrechtliches Verbot eines Zuzuges des Ehemannes in die Wohnung der Ast.) als zutreffend erweise. Daran, dass der Ehemann mietrechtlich gehindert sein soll, in die Wohnung der Ast. zu ziehen, bestünden erhebliche Zweifel, sodass die Bedingung für die in Aussicht gestellte Weitergewährung des Alleinerziehendenzuschlags gar nicht eingetreten sein dürfte.
Gegen diesen Beschluss legte die Ast. Beschwerde eine, welche das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorlegte. Sie trägt zur Begründung im wesentlichen vor, angebliche Anhaltspunkte für eine gemeinsame Erziehung seien nicht gegeben, nichts spreche dafür. es gebe keinen Rechtssatz, dass auch getrennt lebende Partner gemeinsam erziehen und sich dabei helfen. Der Vater sei nicht direkt vor Ort. Er sei in höchsten Masse unzuverlässig, was schon mehrere Male zur Gefährdung der Kinder geführt habe. Der Vater trinke und pflege seine demente Mutter.
II. Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Die Ag. ist verpflichtet der Ast. vorläufig den Alleinerziehendenzuschlag zu gewähren. Das SG hat die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend benannt. Der Senat nimmt insoweit darauf Bezug. Im Gegensatz zum SG gelangte der Senat zu dem Ergebnis, dass der Ast. der Alleinerziehendenzuschlag im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu gewähren ist. Nach dem vorliegenden Sachstand ist es als glaubhaft anzusehen, dass die Ast. für ihre minderjährigen Kinder allein sorgt. Sie lebt nicht mit einem Partner zusammen, ihr Ehemann wohnt im Obdachlosenheim und kümmert sich nicht um die Kinder. Er unterstützt die Ast. auch nicht auf sonstige Weise und verschafft ihr dadurch keine Entlastung die sie bei der Erziehung ihrer Kinder einsetzen könnte. Dabei ist es unerheblich, ob ein Partner in der Lage wäre, bei der Erziehung mitzuwirken. Es kommt allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an (Lang in Eicher/Spellbrink SGB II § 21 RdNr 35). Bei dieser Sachlage ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund gegeben. Es spricht mehr dafür, dass der Ast. der beantragte Zuschlag zusteht und im Hinblick auf ihre finanzielle Situation ist ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar. Es ist deshalb auch ein Anordnungsgrund gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Weitergewährung des Alleinerziehendenzuschlages.
Die 1972 geborene Ast. ist Mutter von zwei Kindern. Der Antragsgegner (Ag.) gewährt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) seit 01.01.2005 in Höhe der Regelleistung unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende in Höhe von 124,00 EUR monatlich. Vater der Kinder ist Walter H., der nach einer Zwangsräumung in einer Obdachlosenunterkunft am Wohnort der Ast. untergebracht ist. Die Ast. lebt mit ihren beiden Kindern in einer 3 1/2-Zimmer-Wohnung.
Am 18.05.2006 sprach die Ast. beim Ag. vor und teilte mit, sie wolle den Vater ihrer Kinder heiraten. Es sei jedoch momentan nicht möglich zusammenzuziehen, da Walter H. sich um seine stark pflegedürftige Mutter kümmern müsse, mit der er zusammen im Obdachlosenheim wohne. Aufgrund einer mietvertraglichen Klausel sei es nicht möglich, dass Walter H. in ihre Wohnung ziehe. Sie selbst wolle nicht im Obdachlosenwohnheim wohnen. Hierauf gab der Sachbearbeiter des Ag.s folgende im Aktenvermerk vom 18.05.2006 festgehaltene Auskunft: "Ich teile Frau Weiland mit, dass sich an ihren Leistungen, sofern sie dies alles nachweisen, nichts ändert. Es wird nur wahrscheinlich die Regelleistung auf 90 % abgesenkt und einer von beiden wird familienversichert. Auch der Alleinerziehendenzuschlag würde bleiben". Am 17.06.2006 heiratete die Ast. Walter H ... Die Beklagte bewilligte daraufhin die Regelleistung nur noch in Höhe von 311,00 EUR bei gleichzeitiger Fortzahlung des Alleinerziehendenzuschlages von 124,00 EUR (Bescheid vom 01.08.2006 und vom 04.08.2006). Noch vor Ablauf des im Bescheid vom 04.08.2006 festgelegten Bewilligungsabschnitts zum 28.02.2007 erteilte der Ag. den Änderungsbescheid vom 06.12.2006, mit dem ab Januar 2007 der Mehrbedarf für Alleinerziehende zum Wegfall gebracht wurde. Gegen den am 04.01.2007 zur Post gegebenen Bescheid vom 06.12.2006 legte die Ast. am 11.01.2007 Widerspruch ein. Sie machte geltend, vor der Heirat sei ihr zugesichert worden, dass der Alleinerziehendenzuschlag bleiben würde. Hierauf habe sie vertraut.
Am 06.03.2007 hat die Ast. beim Sozialgericht Reutlingen (SG) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung hat sie über ihr Vorbringen im Widerspruchsschreiben hinaus ausgeführt, eine Pflege und Erziehung der Kinder durch ihren Mann sei nicht wirklich möglich. Er pflege unter der Woche seine kranke Mutter und kümmere sich um seine eigenen Angelegenheiten. Er unterstütze sie hinsichtlich der Kinder nicht. Im Übrigen wolle sie sich von ihrem Mann scheiden lassen. Nachdem ihr Vermieter angekündigt habe, dass die Miete um 100,- EUR erhöht werden solle, sei sie auf den Alleinerziehendenzuschlag angewiesen. Mit Bescheid vom 17.04.2007 bewilligte der Ag. der Ast. für die Zeit vom 01.01. bis 28.02.2007 weiterhin den Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 124,00 EUR. Die Ast. begehrt den Alleinerziehendenzuschlag für die Zeit ab 01.03.2007.
Der Ag. vertrat hierzu die Auffassung, die Voraussetzungen für die Gewährung des Mehrbedarfs für Alleinerziehung seien durch die Heirat der Ast. mit dem Vater der Kinder weggefallen. Dies sei versehentlich nicht sofort zum Zeitpunkt der Mitteilung berücksichtigt worden. Der Ehemann wohne zwar nicht in der selben Wohnung, jedoch im selben Ort wie die Ast ... Der Ehemann und zum Teil auch seine Mutter würden bei der Pflege und Erziehung der Kinder mithelfen.
Mit Beschluss vom 10.05.2007 lehnte das SG die beantragte einstweilige Anordnung ab. In dem anhängigen Verfahren spreche nach dem derzeitigen Sach- und Rechtsstand keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sowie eines Anordnungsanspruchs zugunsten der Ast ... Eine Notwendigkeit zur Regelung des zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsverhältnisses durch einstweilige Anordnung sei nach Würdigung aller Umstände nicht zu bejahen. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die der Beurteilung zugrunde zu legende Bedarfslage zur Sicherung des Lebensunterhalts seit Antragstellung beim SG begründe keine Notlage von solchem Gewicht, dass eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nötig erscheine. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Ast. zusätzlich zur Regelleistung sowie zum Sozialgeld für ihre Kinder monatlich 300,00 EUR Bundeserziehungsgeld beziehe, welches anrechnungsfrei sei. Soweit die Ast. damit argumentiere, dass eine Mieterhöhung in Aussicht gestellt sei, begründe auch dies keinen Anordnungsgrund. Bislang sei weder dargelegt, dass die Mieterhöhung tatsächlich zu leisten sei noch dass der Ag. eine Übernahme verweigere. Ein Anordnungsanspruch sei ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Im Streit stehe vorliegend allein der Anspruch auf einen Mehrbedarfzuschlag für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II. Danach sei ein entsprechender Mehrbedarf bei Personen anzuerkennen, wenn sie mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammen lebten und allein für deren Pflege und Erziehung sorgten. Als "Alleinerziehender" werde nach allgemeinem Sprachgebrauch ein Elternteil verstanden, der das Sorgerecht für ein Kind allein ausübe, weil der andere Elternteil das Sorgerecht nicht ausüben könne bzw. nicht ausüben dürfe oder wolle. Orientierungspunkt für die Abgrenzung sei die "vollständige", d.h. aus beiden Elternteilen und dem Kind bzw. den Kindern bestehende Familie, deren Bestehen den Anspruch auf Anerkennung eines Mehrbedarfs typischerweise ausschließe. Unter Zugrundelegung dieser Abgrenzungskriterien sei vorliegend von einer vollständigen Familie auszugehen. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Ast. und ihr Ehemann in getrennten Wohnungen im gleichen Ort lebten. Hierbei handle es sich um eine persönliche Entscheidung, aus der nicht der Schluss gezogen werden könne, dass eine Beteiligung an der Sorge und Pflege für Kinder nicht stattfinde. Es könne allenfalls in Ausnahmefällen fraglich sein, ob "Alleinerziehende" im Sinne des § 21 Abs. 3 SGB II auch die hilfebedürftige Person sei, deren Partner sich so wenig an der Pflege und Erziehung der Kinder beteilige, dass ihr diese Aufgaben praktisch allein obliegen. Die Ast. trage zwar vor, ihr Ehemann würde sich nicht um die Kinder kümmern, was sich auch dadurch ausdrücke, dass sie eine Tagesmutter benötige, wenn sie ihrer Ausbildung zur Immobilienfachwirtin am Wochenende nachgehen wolle. An diesem Vortrag bestünden schon deshalb Zweifel, weil der Ehemann der Ast. mit einem Schreiben an den Ag. klar zum Ausdruck gebracht habe, dass er sich um seine Familie sorge und an einer adäquaten Erziehung seiner Kinder sehr wohl interessiert sei. Seien aus einer langjährigen Verbindung zwei Kinder hervorgegangen und hätten die Partner vor knapp einem Jahr geheiratet, so sprächen alle Anhaltspunkte dafür, dass die Erziehung und Pflege der Kinder partnerschaftlich erfolge. Soweit die Ast. geltend macht, sie werde sich scheiden lassen, begründe dies ebenfalls nicht den Status einer Alleinerziehenden. Hierbei handle es sich lediglich um eine Absichtserklärung. Maßgebend für die Feststellung, ob eine Person alleinerziehend sei, seien die tatsächlichen Verhältnisse und nicht zukünftige Lebenssituationen, die sich bislang nicht realisiert hätten. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Inhalt des Aktenvermerks vom 18.05.2006. Die Formulierung "auch der Alleinerziehendenzuschlag würde bleiben" enthalte schon deshalb keine Zusicherung, da sie im Konjunktiv formuliert sei, sodass ein Anspruch hieraus nicht abgeleitet werden könne. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass diese Formulierung auch unter dem Vorbehalt gewählt worden sei, dass sich der Vortrag der Ast. (mietrechtliches Verbot eines Zuzuges des Ehemannes in die Wohnung der Ast.) als zutreffend erweise. Daran, dass der Ehemann mietrechtlich gehindert sein soll, in die Wohnung der Ast. zu ziehen, bestünden erhebliche Zweifel, sodass die Bedingung für die in Aussicht gestellte Weitergewährung des Alleinerziehendenzuschlags gar nicht eingetreten sein dürfte.
Gegen diesen Beschluss legte die Ast. Beschwerde eine, welche das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorlegte. Sie trägt zur Begründung im wesentlichen vor, angebliche Anhaltspunkte für eine gemeinsame Erziehung seien nicht gegeben, nichts spreche dafür. es gebe keinen Rechtssatz, dass auch getrennt lebende Partner gemeinsam erziehen und sich dabei helfen. Der Vater sei nicht direkt vor Ort. Er sei in höchsten Masse unzuverlässig, was schon mehrere Male zur Gefährdung der Kinder geführt habe. Der Vater trinke und pflege seine demente Mutter.
II. Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Die Ag. ist verpflichtet der Ast. vorläufig den Alleinerziehendenzuschlag zu gewähren. Das SG hat die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend benannt. Der Senat nimmt insoweit darauf Bezug. Im Gegensatz zum SG gelangte der Senat zu dem Ergebnis, dass der Ast. der Alleinerziehendenzuschlag im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu gewähren ist. Nach dem vorliegenden Sachstand ist es als glaubhaft anzusehen, dass die Ast. für ihre minderjährigen Kinder allein sorgt. Sie lebt nicht mit einem Partner zusammen, ihr Ehemann wohnt im Obdachlosenheim und kümmert sich nicht um die Kinder. Er unterstützt die Ast. auch nicht auf sonstige Weise und verschafft ihr dadurch keine Entlastung die sie bei der Erziehung ihrer Kinder einsetzen könnte. Dabei ist es unerheblich, ob ein Partner in der Lage wäre, bei der Erziehung mitzuwirken. Es kommt allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an (Lang in Eicher/Spellbrink SGB II § 21 RdNr 35). Bei dieser Sachlage ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund gegeben. Es spricht mehr dafür, dass der Ast. der beantragte Zuschlag zusteht und im Hinblick auf ihre finanzielle Situation ist ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar. Es ist deshalb auch ein Anordnungsgrund gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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