Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 109 AS 1733/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 571/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2007 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen die Änderung (teilweise Aufhebung) der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Bescheid vom 14. November 2006) wird angeordnet. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an die Antragsteller vorläufig 490 (vierhundertneunzig) Euro zu zahlen. Die Antragsgegnerin wird ferner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an die Antragsteller für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2007 vorläufig Leistungen unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.195 (eintausendeinhundertfünfundneunzig) Euro monatlich zu erbringen. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern die ihnen entstandenen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte (§ 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) und auch im Übrigen zulässige (§ 173 Sätze 1 und 2 SGG) Beschwerde ist begründet.
Soweit sich die Antragsteller dagegen wenden, dass ihnen durch den Bescheid vom 14. November 2006 für den Monat Dezember 2006 nur Leistungen unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 705 Euro bewilligt worden sind, nachdem ihnen zuvor (durch Bescheid vom 7. Februar 2006) für diesen Monat bereits Leistungen unter Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von 1.195 Euro bewilligt worden waren, ist – da ihr dagegen am 14. Dezember 2006 eingelegter Widerspruch und die nach Bescheidung dieses Widerspruchs durch den Widerspruchsbescheid vom 25. April 2007 inzwischen beim Sozialgericht Berlin erhobene (Anfechtungs-)Klage gemäß § 39 Nr. 1 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) keine aufschiebende Wirkung haben – einstweiliger Rechtsschutz, um den sie nachsuchen, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (des Widerspruchs bzw. jetzt – nach Klageerhebung) der Klage zu gewähren.
Die aufschiebende Wirkung der Klage ist hier anzuordnen, da an der Rechtmäßigkeit der Änderung (teilweisen Aufhebung) der Bewilligung der für die Zeit bis zum 31. Dezember 2006 bereits zuerkannten Leistungen erhebliche Zweifel bestehen. Dieser als "Bewilligung" verkleideten Entscheidung ermangelt es bereits jeglicher verfahrensrechtlicher Begründung für eine (teilweise) Aufhebung der bereits erfolgten und bestandskräftig gewordenen Bewilligung. Im Übrigen deutet nichts darauf hin, dass sich die bei der Bewilligung der Leistungen im Februar 2006 bestehenden Verhältnisse seitdem wesentlich geändert hätten. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen geworden wären; zwar dürften die Aufwendungen in der Tat unangemessen sein – dann waren sie es aber auch schon bei Erlass des ursprünglichen Bewilligungsbescheids; auch der Ablauf der in der Zusage vom 30. Januar 2006 (zunächst weiterhin die Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen) mitgeteilten Frist war zu dieser Zeit bekannt. Zudem dürfte die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung, die die angemessenen Aufwendungen übersteigen, angesichts der Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ohnehin nicht – zumindest nicht in jedem Fall – rechtswidrig sein. Sollte die ursprüngliche Bewilligung hingegen rechtswidrig gewesen sein, käme – mangels wesentlicher Änderung der maßgeblichen Verhältnisse (§ 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs [SGB X] – keine Aufhebung nach § 48, sondern ausschließlich deren Rücknahme nach § 45 SGB X – wegen (unterstellter) anfänglicher Rechtswidrigkeit – in Betracht. Dass dafür die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt wären, insbesondere das Vertrauen der Antragsteller angesichts einer von ihnen getroffenen Vermögensdisposition nicht schutzwürdig wäre (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X) ist zumindest zweifelhaft. Jedenfalls ist das Vertrauen der Antragsteller nicht schon wegen des Hinweises vom 30. Januar 2006 nicht schutzwürdig, da ihnen dessenungeachtet durch den – späteren – Bescheid vom 7. Februar 2006 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen auch für Dezember 2006 bewilligt wurden. Zudem hat die Antragsgegnerin die – auch nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB III) – erforderliche Ausübung von Ermessen unterlassen.
Die Antragsgegnerin hat demzufolge den Unterschiedsbetrag zwischen der in dem Bescheid vom 7. Februar 2006 für den Dezember 2006 bewilligten und der für diesen Monat tatsächlich erbrachten Leistung in Höhe von 490 Euro vorläufig an die Antragsteller auszuzahlen; eines "Bescheides" bedarf es dafür im Übrigen nicht. Zur Klarstellung ordnet der Senat die Rückgängigmachung der – durch Nichterbringung der Leistungen – vollzogenen (teilweisen) Aufhebung der Bewilligung an (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG).
Für den durch den Bescheid vom 8. Januar 2007 geregelten Bewilligungsabschnitt (1. Januar bis 30. Juni 2007) ist die Antragsgegnerin gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verpflichten, den Anragstellern weiterhin – vorläufig – Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der ihnen tatsächlich entstandenen Aufwendungen zu erbringen. Zwar dürften diese Aufwendungen – bereits angesichts der Größe der von den Antragstellern bewohnten Wohnung – unangemessen sein. Jedoch sind Aufwendungen, die den angemessenen Umfang übersteigen, nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Zwar ist dem eigenen Vortrag der Antragsteller (Anlage zum Schriftsatz vom 31. Mai 2007) zu entnehmen, dass – auch in der Nähe ihrer jetzigen Wohnung – durchaus Wohnungen angeboten werden, für die geringere Aufwendungen (Miete sowie Betriebs- und Heizungskosten) entstehen würden; diese Aufwendungen würden allerdings immer noch den Betrag übersteigen, den die Antragsgegnerin für angemessen hält (705 Euro). Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern nicht zuzumuten, ihre unangemessen hohen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch einen Umzug in eine Wohnung zu senken, für die die Aufwendungen zwar möglicherweise deutlich niedriger sind als die bislang entstehenden, für die Leistungen in dieser Höhe zu erbringen die Antragsgegnerin aber nicht zugesichert hat, weil sie nach ihrer Auffassung – immer noch – den angemessenen Umfang übersteigen.
Ebensowenig sind die Antragsteller darauf zu verweisen, in eine der von der Antragsgegnerin benannten Wohnungen umzuziehen. Abgesehen davon, dass die von der Antragsgegnerin bezeichneten Angebote nur die (Netto-)Kaltmiete nennen, so dass erst noch zu erfragen wäre, ob die von der Antragsgegnerin als maßgeblich angesehene "Bruttowarmmiete" noch "angemessen" wäre, begründet die Antragsgegnerin ihre Auffassung davon, was "angemessene Aufwendungen" sind, lediglich mit einem Hinweis auf die vom hier zuständigen kommunalen Träger erlassenen Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gem. § 22 SGB II der (Berliner) Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz vom 7. Juni 2005 (AV Wohnen), denen wiederum die Vorstellung zugrunde liegt, für einen aus fünf Personen bestehenden Haushalt sei eine Wohnung mit drei Wohnräumen und eine Wohnfläche von 65 qm (ohne Küche und Nebenräume) "zumutbar" bzw. angemessen (Nr. 9.4 Abs. 5 Buchst. f AV Wohnen).
Dem kann der Senat so nicht folgen.
"Angemessenheit" (der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung) ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwar hat der Senat – mangels einer näheren Regelung durch eine Rechtsverordnung (vgl. § 27 Nr. 1 SGB II) – zur näheren Bestimmung dessen, was als "angemessene Aufwendungen" i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen sind, in der Vergangenheit mehrfach zunächst auf die Regelungen in der AV Wohnen zurückgriffen, dabei allerdings darauf hingewiesen, dass diese das Gericht nicht binden, wenngleich sie erkennen lassen, was der kommunale Träger für "angemessen" hält, und dafür auch dem Gericht als Hinweis dienen können (zuletzt Beschlüsse des Senats vom 4. April 2007 – 14 B 163/07 AS ER – und vom 15. Mai 2007 – L 14 B 148/07 AS ER –). Für Ein-Personen-Haushalte hat der Senat bislang auch unter Berücksichtigung der im Land Berlin geltenden Bestimmungen für den sozialen Wohnungsbau bzw. die Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen und des anwendbaren Mietspiegels keine grundlegenden Bedenken gesehen, sich der in den AV Wohnen zum Ausdruck kommenden Einschätzung anzuschließen, dass Aufwendungen für Unterkunft und Heizung regelmäßig nur bis zur dort vorgesehenen Höhe als angemessen anzusehen sind (vgl. die vorgenannten Beschlüsse des Senats vom 4. April und 15. Mai 2007). Für einen aus fünf Personen bestehenden Haushalt (mit drei schulpflichtigen Kindern) ist dies hingegen zumindest nicht ohne weiteres möglich.
Die Höhe der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung wird in erster Linie durch die Größe der Wohnung beeinflusst. Deshalb ist zunächst deren Angemessenheit zu bestimmen, "und zwar typisierend anhand der landessrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus" (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –). Nach den im Land Berlin geltenden Regelungen über die Erteilung von Wohnberechtigungsscheinen (Mitteilung Nr. 8/2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004) wird die maßgebliche Wohnungsgröße durch die Raumzahl bestimmt, wobei halbe Zimmer als ganze Räume zählen und eine Wohnung als angemessen anzusehen ist, wenn auf jeden Haushaltsangehörigen ein Wohnraum entfällt. Danach mag eine Wohnung mit einer "reinen" Wohnfläche (ohne Nebenräume wie Küche, Bad, Flur) von 65 qm – was einer Gesamtfläche von 85 qm entsprechen dürfte – für einen aus fünf Personen bestehenden Haushalt noch als ausreichend und angemessen anzusehen sein (wie dies insoweit auch Nr. 9.4 Abs. 5 Buchst. f AV Wohnen vorsieht).
Nicht mehr als ausreichend und angemessen sieht der Senat zumindest im vorliegenden Fall, wo drei schulpflichtige Kinder unterschiedlichen Alters und Geschlechts zum Haushalt gehören, die Beschränkung auf – nur – drei Wohnräume an.
Nach den Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in B (Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 in der Fassung der Änderung vom 13. Dezember 1992, Anlage 1 Abschnitt II Nr. 1 Buchst. b) ist für jede Wohnung ein Zimmer "zur Erfüllung allgemeiner Wohnzwecke" mit einer Größe von mindestens 18 qm vorzusehen. Bei einer 3-Raum-Wohnung verblieben danach lediglich ein "Elternschlafzimmer" (hier vermutlich für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2)) sowie ein Kinderzimmer für alle drei Kinder (die elfjährige Tochter und die beiden acht bzw. sechs Jahre alten Söhne der Antragstellerin zu 1)). Angesichts dessen, dass voraussichtlich demnächst alle drei Kinder die Schule besuchen werden, und ihres unterschiedlichen Alters und Geschlechts hält der Senat ein solche Beschränkung auch unter Berücksichtigung dessen, "dass § 22 Abs. 1 SGB II dem Hilfebedürftigen nur eine Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt zugesteht" (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –), nicht mehr für (noch) angemessen. Jedenfalls der älteren Tochter ist ein eigenes – ggfl. auch nur "halbes" – Zimmer zuzugestehen. Dies führt andererseits nicht dazu, dass deshalb die Wohnfläche mehr als 65 qm (ohne Nebenräume) bzw. 85 qm einschließlich Nebenräumen betragen müsste. Ebensowenig führen die – in anderem Zusammenhang und mit anderer Zielrichtung getroffenen – Regelungen über die Erteilung von Wohnberechtigungs-scheinen dazu, dass für jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft zwingend ein Raum zur Verfügung stehen müsste.
Dass eine diesen Anforderungen entsprechende Wohnung (mit jedenfalls vier Räumen) zu den von der Antragsgegnerin als angemessen angesehenen Kosten (705 Euro "Brutto-Warmmiete") "konkret verfügbar und zugängig war (und ist)" (BSG, a.a.O.), ergibt sich auch aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin nicht, die lediglich aufgezeigt hat (Anlagen zum Schriftsatz vom 9. Februar 2007), dass kleinere Wohnungen (3 Zimmer; Wohnfläche bis zu 90 qm) möglicherweise (angegeben ist dabei nur die Kaltmiete) zu einem entsprechenden Mietzins angeboten werden.
Es ist nicht Aufgabe des Senats, im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes dazu Ermittlungen anzustellen. Vielmehr ist die Aufklärung des Sachverhalts auch insoweit zunächst Sache der Antragsgegnerin.
Bis zu und vorbehaltlich einer Entscheidung in der inzwischen beim Sozialgericht anhängigen Hauptsache hat die Antragsgegnerin – für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2007 – vorläufig weiterhin Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der den Antragstellern tatsächlich entstehenden Aufwendungen (1.195 Euro monatlich) zu erbringen. Diese vorläufige Regelung erscheint angesichts der bereits entstandenen Mietrückstände und der deswegen von den Vermietern zumindest ist Auge gefassten Beendigung des Mietverhältnisses und des damit drohenden Verlustes der Wohnung, ohne dass Klarheit über die Angemessenheit der künftigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung besteht, zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig (sog. Anordnungsgrund; § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Auch insofern besteht übrigens nicht die Notwendigkeit, einen Bescheid zu erlassen; Grundlage der zu leistenden Zahlung ist die vorliegende Anordnung des Senats. Der Senat weist dabei ausdrücklich darauf hin, dass die Antragsteller vorläufig erbrachte Leistungen zu erstatten haben, sofern sich im Hauptsacheverfahren erweisen sollte, dass sie ihnen nicht endgültig zustehen, insbesondere weil angemessener Wohnraum für von der Antragsgegnerin für angemessen gehaltene Aufwendungen "konkret verfügbar und zugängig war". Dabei wird auch zu beurteilen sein, ob sich die Antragsteller hinreichend um entsprechenden Wohnraum bemüht haben, was sich ihrem bisherigen Vortrag nicht hinlänglich entnehmen lässt.
Die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2007 (Bescheid vom 19. Juni 2007) ist nicht nach § 96 SGG oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift Gegenstand des beim Sozialgericht anhängigen Klageverfahrens geworden (BSG, Urteile vom 7. und 23. November 2006 – B 7b AS 14/06 R und B 11b AS 3/06 R –) und dementsprechend auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte (§ 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) und auch im Übrigen zulässige (§ 173 Sätze 1 und 2 SGG) Beschwerde ist begründet.
Soweit sich die Antragsteller dagegen wenden, dass ihnen durch den Bescheid vom 14. November 2006 für den Monat Dezember 2006 nur Leistungen unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 705 Euro bewilligt worden sind, nachdem ihnen zuvor (durch Bescheid vom 7. Februar 2006) für diesen Monat bereits Leistungen unter Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von 1.195 Euro bewilligt worden waren, ist – da ihr dagegen am 14. Dezember 2006 eingelegter Widerspruch und die nach Bescheidung dieses Widerspruchs durch den Widerspruchsbescheid vom 25. April 2007 inzwischen beim Sozialgericht Berlin erhobene (Anfechtungs-)Klage gemäß § 39 Nr. 1 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) keine aufschiebende Wirkung haben – einstweiliger Rechtsschutz, um den sie nachsuchen, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (des Widerspruchs bzw. jetzt – nach Klageerhebung) der Klage zu gewähren.
Die aufschiebende Wirkung der Klage ist hier anzuordnen, da an der Rechtmäßigkeit der Änderung (teilweisen Aufhebung) der Bewilligung der für die Zeit bis zum 31. Dezember 2006 bereits zuerkannten Leistungen erhebliche Zweifel bestehen. Dieser als "Bewilligung" verkleideten Entscheidung ermangelt es bereits jeglicher verfahrensrechtlicher Begründung für eine (teilweise) Aufhebung der bereits erfolgten und bestandskräftig gewordenen Bewilligung. Im Übrigen deutet nichts darauf hin, dass sich die bei der Bewilligung der Leistungen im Februar 2006 bestehenden Verhältnisse seitdem wesentlich geändert hätten. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen geworden wären; zwar dürften die Aufwendungen in der Tat unangemessen sein – dann waren sie es aber auch schon bei Erlass des ursprünglichen Bewilligungsbescheids; auch der Ablauf der in der Zusage vom 30. Januar 2006 (zunächst weiterhin die Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen) mitgeteilten Frist war zu dieser Zeit bekannt. Zudem dürfte die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung, die die angemessenen Aufwendungen übersteigen, angesichts der Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ohnehin nicht – zumindest nicht in jedem Fall – rechtswidrig sein. Sollte die ursprüngliche Bewilligung hingegen rechtswidrig gewesen sein, käme – mangels wesentlicher Änderung der maßgeblichen Verhältnisse (§ 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs [SGB X] – keine Aufhebung nach § 48, sondern ausschließlich deren Rücknahme nach § 45 SGB X – wegen (unterstellter) anfänglicher Rechtswidrigkeit – in Betracht. Dass dafür die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt wären, insbesondere das Vertrauen der Antragsteller angesichts einer von ihnen getroffenen Vermögensdisposition nicht schutzwürdig wäre (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X) ist zumindest zweifelhaft. Jedenfalls ist das Vertrauen der Antragsteller nicht schon wegen des Hinweises vom 30. Januar 2006 nicht schutzwürdig, da ihnen dessenungeachtet durch den – späteren – Bescheid vom 7. Februar 2006 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen auch für Dezember 2006 bewilligt wurden. Zudem hat die Antragsgegnerin die – auch nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB III) – erforderliche Ausübung von Ermessen unterlassen.
Die Antragsgegnerin hat demzufolge den Unterschiedsbetrag zwischen der in dem Bescheid vom 7. Februar 2006 für den Dezember 2006 bewilligten und der für diesen Monat tatsächlich erbrachten Leistung in Höhe von 490 Euro vorläufig an die Antragsteller auszuzahlen; eines "Bescheides" bedarf es dafür im Übrigen nicht. Zur Klarstellung ordnet der Senat die Rückgängigmachung der – durch Nichterbringung der Leistungen – vollzogenen (teilweisen) Aufhebung der Bewilligung an (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG).
Für den durch den Bescheid vom 8. Januar 2007 geregelten Bewilligungsabschnitt (1. Januar bis 30. Juni 2007) ist die Antragsgegnerin gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verpflichten, den Anragstellern weiterhin – vorläufig – Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der ihnen tatsächlich entstandenen Aufwendungen zu erbringen. Zwar dürften diese Aufwendungen – bereits angesichts der Größe der von den Antragstellern bewohnten Wohnung – unangemessen sein. Jedoch sind Aufwendungen, die den angemessenen Umfang übersteigen, nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Zwar ist dem eigenen Vortrag der Antragsteller (Anlage zum Schriftsatz vom 31. Mai 2007) zu entnehmen, dass – auch in der Nähe ihrer jetzigen Wohnung – durchaus Wohnungen angeboten werden, für die geringere Aufwendungen (Miete sowie Betriebs- und Heizungskosten) entstehen würden; diese Aufwendungen würden allerdings immer noch den Betrag übersteigen, den die Antragsgegnerin für angemessen hält (705 Euro). Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern nicht zuzumuten, ihre unangemessen hohen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch einen Umzug in eine Wohnung zu senken, für die die Aufwendungen zwar möglicherweise deutlich niedriger sind als die bislang entstehenden, für die Leistungen in dieser Höhe zu erbringen die Antragsgegnerin aber nicht zugesichert hat, weil sie nach ihrer Auffassung – immer noch – den angemessenen Umfang übersteigen.
Ebensowenig sind die Antragsteller darauf zu verweisen, in eine der von der Antragsgegnerin benannten Wohnungen umzuziehen. Abgesehen davon, dass die von der Antragsgegnerin bezeichneten Angebote nur die (Netto-)Kaltmiete nennen, so dass erst noch zu erfragen wäre, ob die von der Antragsgegnerin als maßgeblich angesehene "Bruttowarmmiete" noch "angemessen" wäre, begründet die Antragsgegnerin ihre Auffassung davon, was "angemessene Aufwendungen" sind, lediglich mit einem Hinweis auf die vom hier zuständigen kommunalen Träger erlassenen Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gem. § 22 SGB II der (Berliner) Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz vom 7. Juni 2005 (AV Wohnen), denen wiederum die Vorstellung zugrunde liegt, für einen aus fünf Personen bestehenden Haushalt sei eine Wohnung mit drei Wohnräumen und eine Wohnfläche von 65 qm (ohne Küche und Nebenräume) "zumutbar" bzw. angemessen (Nr. 9.4 Abs. 5 Buchst. f AV Wohnen).
Dem kann der Senat so nicht folgen.
"Angemessenheit" (der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung) ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Zwar hat der Senat – mangels einer näheren Regelung durch eine Rechtsverordnung (vgl. § 27 Nr. 1 SGB II) – zur näheren Bestimmung dessen, was als "angemessene Aufwendungen" i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen sind, in der Vergangenheit mehrfach zunächst auf die Regelungen in der AV Wohnen zurückgriffen, dabei allerdings darauf hingewiesen, dass diese das Gericht nicht binden, wenngleich sie erkennen lassen, was der kommunale Träger für "angemessen" hält, und dafür auch dem Gericht als Hinweis dienen können (zuletzt Beschlüsse des Senats vom 4. April 2007 – 14 B 163/07 AS ER – und vom 15. Mai 2007 – L 14 B 148/07 AS ER –). Für Ein-Personen-Haushalte hat der Senat bislang auch unter Berücksichtigung der im Land Berlin geltenden Bestimmungen für den sozialen Wohnungsbau bzw. die Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen und des anwendbaren Mietspiegels keine grundlegenden Bedenken gesehen, sich der in den AV Wohnen zum Ausdruck kommenden Einschätzung anzuschließen, dass Aufwendungen für Unterkunft und Heizung regelmäßig nur bis zur dort vorgesehenen Höhe als angemessen anzusehen sind (vgl. die vorgenannten Beschlüsse des Senats vom 4. April und 15. Mai 2007). Für einen aus fünf Personen bestehenden Haushalt (mit drei schulpflichtigen Kindern) ist dies hingegen zumindest nicht ohne weiteres möglich.
Die Höhe der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung wird in erster Linie durch die Größe der Wohnung beeinflusst. Deshalb ist zunächst deren Angemessenheit zu bestimmen, "und zwar typisierend anhand der landessrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus" (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –). Nach den im Land Berlin geltenden Regelungen über die Erteilung von Wohnberechtigungsscheinen (Mitteilung Nr. 8/2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004) wird die maßgebliche Wohnungsgröße durch die Raumzahl bestimmt, wobei halbe Zimmer als ganze Räume zählen und eine Wohnung als angemessen anzusehen ist, wenn auf jeden Haushaltsangehörigen ein Wohnraum entfällt. Danach mag eine Wohnung mit einer "reinen" Wohnfläche (ohne Nebenräume wie Küche, Bad, Flur) von 65 qm – was einer Gesamtfläche von 85 qm entsprechen dürfte – für einen aus fünf Personen bestehenden Haushalt noch als ausreichend und angemessen anzusehen sein (wie dies insoweit auch Nr. 9.4 Abs. 5 Buchst. f AV Wohnen vorsieht).
Nicht mehr als ausreichend und angemessen sieht der Senat zumindest im vorliegenden Fall, wo drei schulpflichtige Kinder unterschiedlichen Alters und Geschlechts zum Haushalt gehören, die Beschränkung auf – nur – drei Wohnräume an.
Nach den Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in B (Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 in der Fassung der Änderung vom 13. Dezember 1992, Anlage 1 Abschnitt II Nr. 1 Buchst. b) ist für jede Wohnung ein Zimmer "zur Erfüllung allgemeiner Wohnzwecke" mit einer Größe von mindestens 18 qm vorzusehen. Bei einer 3-Raum-Wohnung verblieben danach lediglich ein "Elternschlafzimmer" (hier vermutlich für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2)) sowie ein Kinderzimmer für alle drei Kinder (die elfjährige Tochter und die beiden acht bzw. sechs Jahre alten Söhne der Antragstellerin zu 1)). Angesichts dessen, dass voraussichtlich demnächst alle drei Kinder die Schule besuchen werden, und ihres unterschiedlichen Alters und Geschlechts hält der Senat ein solche Beschränkung auch unter Berücksichtigung dessen, "dass § 22 Abs. 1 SGB II dem Hilfebedürftigen nur eine Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt zugesteht" (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –), nicht mehr für (noch) angemessen. Jedenfalls der älteren Tochter ist ein eigenes – ggfl. auch nur "halbes" – Zimmer zuzugestehen. Dies führt andererseits nicht dazu, dass deshalb die Wohnfläche mehr als 65 qm (ohne Nebenräume) bzw. 85 qm einschließlich Nebenräumen betragen müsste. Ebensowenig führen die – in anderem Zusammenhang und mit anderer Zielrichtung getroffenen – Regelungen über die Erteilung von Wohnberechtigungs-scheinen dazu, dass für jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft zwingend ein Raum zur Verfügung stehen müsste.
Dass eine diesen Anforderungen entsprechende Wohnung (mit jedenfalls vier Räumen) zu den von der Antragsgegnerin als angemessen angesehenen Kosten (705 Euro "Brutto-Warmmiete") "konkret verfügbar und zugängig war (und ist)" (BSG, a.a.O.), ergibt sich auch aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin nicht, die lediglich aufgezeigt hat (Anlagen zum Schriftsatz vom 9. Februar 2007), dass kleinere Wohnungen (3 Zimmer; Wohnfläche bis zu 90 qm) möglicherweise (angegeben ist dabei nur die Kaltmiete) zu einem entsprechenden Mietzins angeboten werden.
Es ist nicht Aufgabe des Senats, im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes dazu Ermittlungen anzustellen. Vielmehr ist die Aufklärung des Sachverhalts auch insoweit zunächst Sache der Antragsgegnerin.
Bis zu und vorbehaltlich einer Entscheidung in der inzwischen beim Sozialgericht anhängigen Hauptsache hat die Antragsgegnerin – für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2007 – vorläufig weiterhin Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der den Antragstellern tatsächlich entstehenden Aufwendungen (1.195 Euro monatlich) zu erbringen. Diese vorläufige Regelung erscheint angesichts der bereits entstandenen Mietrückstände und der deswegen von den Vermietern zumindest ist Auge gefassten Beendigung des Mietverhältnisses und des damit drohenden Verlustes der Wohnung, ohne dass Klarheit über die Angemessenheit der künftigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung besteht, zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig (sog. Anordnungsgrund; § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Auch insofern besteht übrigens nicht die Notwendigkeit, einen Bescheid zu erlassen; Grundlage der zu leistenden Zahlung ist die vorliegende Anordnung des Senats. Der Senat weist dabei ausdrücklich darauf hin, dass die Antragsteller vorläufig erbrachte Leistungen zu erstatten haben, sofern sich im Hauptsacheverfahren erweisen sollte, dass sie ihnen nicht endgültig zustehen, insbesondere weil angemessener Wohnraum für von der Antragsgegnerin für angemessen gehaltene Aufwendungen "konkret verfügbar und zugängig war". Dabei wird auch zu beurteilen sein, ob sich die Antragsteller hinreichend um entsprechenden Wohnraum bemüht haben, was sich ihrem bisherigen Vortrag nicht hinlänglich entnehmen lässt.
Die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2007 (Bescheid vom 19. Juni 2007) ist nicht nach § 96 SGG oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift Gegenstand des beim Sozialgericht anhängigen Klageverfahrens geworden (BSG, Urteile vom 7. und 23. November 2006 – B 7b AS 14/06 R und B 11b AS 3/06 R –) und dementsprechend auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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