Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 32 R 513/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 B 810/07 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Mai 2007 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine Leistung im Berufsbildungsbereich der R W g, H , R, als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ohne Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung über den 30. November 2006 hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 30. November 2007, zu gewähren. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im gesamten Verfahren. Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den im Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens begründet.
Mit dieser verfolgt er seinen erstinstanzlich gestellten Antrag weiter, die Antragsgegnerin im Wege einer Regelungsanordnung iS von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihm über den 30. November 2006 hinaus Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) auch für den Aufbaukurs im Berufsbildungsbereich der R W g (anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen) zu gewähren. Die Antragsgegnerin hatte dem am 1952 geborenen und von Kindheit an intelligenzgeminderten Antragsteller, der von ihr eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, zunächst eine Leistung im Eingangsverfahren (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX -) für die Zeit vom 01. September bis 30. November 2005 und anschließend im Berufsbildungsbereich (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 SGB IX) der R W g für die Zeit vom 01. Dezember 2005 an für die Dauer von voraussichtlich 12 Monaten gewährt und mit Bescheid vom 28. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2007 die Verlängerung der LTA im Berufsbildungsbereich über den 30. November 2006 hinaus abgelehnt mit der Begründung, dass die Leistungsfähigkeit des Antragstellers nicht wesentlich weiterentwickelt, erhöht oder wiedergewonnen werden könne.
Das einstweilige Rechtsschutzbegehren hat Erfolg. Der Antragsteller hat gemäß §§ 9, 16 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) i.V.m. §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB IX einen Anspruch auf Verlängerung der Leistungen im Bildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen über den 30. November 2006 hinaus bis längstens 30. November 2007. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und des Sozialgerichts (SG) Potsdam ist dabei im Rahmen der Entscheidung über die Verlängerung der Förderung nicht erneut über die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI zu befinden. Denn über die Verlängerung der Förderung nach Abschluss des Eingangsverfahrens bedarf es keiner erneuten Entscheidung dem Grunde nach in einem weiteren Antragsverfahren, sondern es handelt sich um ein Fortsetzungsverfahren, für das das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzung nach § 11 SGB VI nicht erneut zu prüfen ist (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 26. September 2006, L 2 R 307/05, veröffentlicht in juris). Für die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI kann nichts anderes gelten. Somit ist nicht (erneut) zu entscheiden, ob bei der unstreitig bestehenden geminderten Erwerbsfähigkeit des Antragstellers diese durch LTA überhaupt wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin bereits mit bindendem Bescheid vom 06. April 2005 getroffen.
Auch die Voraussetzungen der Bewilligung von Leistungen im Bildungsbereich für ein zweites Jahr nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB X sind erfüllt. Grundsätzlich werden die Leistungen im Bildungsbereich für zwei Jahre erbracht und in der Regel für ein Jahr bewilligt. Sie werden für ein weiteres Jahr bewilligt, wenn die Leistungsfähigkeit des behinderten Menschen weiterentwickelt oder wiedergewonnen werden kann (§ 40 Abs. 3 Satz 3 SGB IX). Dies ist im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu beurteilen. Die Prognose und die daran anknüpfende Entscheidung unterliegen der vollen Nachprüfbarkeit durch die Sozialgerichte. Für eine positive Prognose genügt nicht jede bloße oder noch so entfernt liegende Möglichkeit einer Weiterentwicklung oder Wiedergewinnung der Erwerbsfähigkeit, sondern diese muss nach den besonderen Umständen des Einzelfalles und insbesondere der Berücksichtigung des Gesundheitszustandes und der persönlichen Verhältnisse des Versicherten überwiegend wahrscheinlich sein, d.h. es müssen ernsthafte Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 26. September 2006, L 2 R 307/05, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Denn nach dem Entwicklungsbericht der R W g vom 20. November 2006 lässt sich unter Berücksichtigung der vom Antragsteller zum Ende des ersten Jahres im Bildungsbereich erreichten Fähigkeiten feststellen, dass mit dem Aufbaukurs das nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX erforderliches Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistungen iS des § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erbracht werden kann. Auch hat der Fachausschuss in der Werkstatt für Behinderte R in seiner Sitzung am 29. November 2006 eine Leistung im Berufsbildungsbereich vom 01. Dezember 2006 bis 30. November 2007 vorgeschlagen. In der Einschätzung der R W g vom 30. Mai 2007 wird der Ist-Stand des Antragstellers beschrieben und schlüssig ausgeführt, dass die vom Antragsteller bereits realisierten Fortschritte eine Steigerung der Qualität und Quantität der verschiedenen verrichteten Tätigkeiten erwarten lassen. All dies belegt, dass das angestrebte Ziel einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeitsleistung im Hinblick auf den Abschluss des Aufbaukurses überwiegend wahrscheinlich ist.
Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu fordernde Anordnungsgrund liegt ebenfalls vor. Denn es ist dem Antragsteller nicht zumutbar, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten und das zweite Jahr im Bildungsbereich zu einem späteren Zeitpunkt zu beginnen. Bislang hat die R W g die Förderung des Antragstellers auf eigene Kosten fortgesetzt. Die endgültige Versagung der unmittelbar an das erste Jahr anschließenden Förderung im Bildungsbereich für das zweite Jahr würde den bisherigen Rehabilitationserfolg gefährden, da zu befürchten ist, dass der Antragsteller dann in kurzer Zeit seine erworbenen Fähigkeiten wieder verlernte. Diese Gefahr rechtfertigt die Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927). Da sich die seit dem 1. Dezember 2006 fehlende Kostenübernahme für das Aufbaujahr bis in die Gegenwart fortsetzt, war eine einstweilige Anordnung auch für Bewilligungszeiträume vor dem Eingang des Rechtsschutzbegehrens bei dem SG Potsdam (am 13. April 2007) zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt H für das erstinstanzliche Verfahren war zurückzuweisen. Denn aufgrund der beide Rechtszüge umfassenden Kostengrundentscheidung ist der Antragsteller in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -). Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens begründet.
Mit dieser verfolgt er seinen erstinstanzlich gestellten Antrag weiter, die Antragsgegnerin im Wege einer Regelungsanordnung iS von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihm über den 30. November 2006 hinaus Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) auch für den Aufbaukurs im Berufsbildungsbereich der R W g (anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen) zu gewähren. Die Antragsgegnerin hatte dem am 1952 geborenen und von Kindheit an intelligenzgeminderten Antragsteller, der von ihr eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, zunächst eine Leistung im Eingangsverfahren (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX -) für die Zeit vom 01. September bis 30. November 2005 und anschließend im Berufsbildungsbereich (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 SGB IX) der R W g für die Zeit vom 01. Dezember 2005 an für die Dauer von voraussichtlich 12 Monaten gewährt und mit Bescheid vom 28. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2007 die Verlängerung der LTA im Berufsbildungsbereich über den 30. November 2006 hinaus abgelehnt mit der Begründung, dass die Leistungsfähigkeit des Antragstellers nicht wesentlich weiterentwickelt, erhöht oder wiedergewonnen werden könne.
Das einstweilige Rechtsschutzbegehren hat Erfolg. Der Antragsteller hat gemäß §§ 9, 16 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) i.V.m. §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB IX einen Anspruch auf Verlängerung der Leistungen im Bildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen über den 30. November 2006 hinaus bis längstens 30. November 2007. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und des Sozialgerichts (SG) Potsdam ist dabei im Rahmen der Entscheidung über die Verlängerung der Förderung nicht erneut über die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI zu befinden. Denn über die Verlängerung der Förderung nach Abschluss des Eingangsverfahrens bedarf es keiner erneuten Entscheidung dem Grunde nach in einem weiteren Antragsverfahren, sondern es handelt sich um ein Fortsetzungsverfahren, für das das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzung nach § 11 SGB VI nicht erneut zu prüfen ist (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 26. September 2006, L 2 R 307/05, veröffentlicht in juris). Für die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI kann nichts anderes gelten. Somit ist nicht (erneut) zu entscheiden, ob bei der unstreitig bestehenden geminderten Erwerbsfähigkeit des Antragstellers diese durch LTA überhaupt wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin bereits mit bindendem Bescheid vom 06. April 2005 getroffen.
Auch die Voraussetzungen der Bewilligung von Leistungen im Bildungsbereich für ein zweites Jahr nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB X sind erfüllt. Grundsätzlich werden die Leistungen im Bildungsbereich für zwei Jahre erbracht und in der Regel für ein Jahr bewilligt. Sie werden für ein weiteres Jahr bewilligt, wenn die Leistungsfähigkeit des behinderten Menschen weiterentwickelt oder wiedergewonnen werden kann (§ 40 Abs. 3 Satz 3 SGB IX). Dies ist im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu beurteilen. Die Prognose und die daran anknüpfende Entscheidung unterliegen der vollen Nachprüfbarkeit durch die Sozialgerichte. Für eine positive Prognose genügt nicht jede bloße oder noch so entfernt liegende Möglichkeit einer Weiterentwicklung oder Wiedergewinnung der Erwerbsfähigkeit, sondern diese muss nach den besonderen Umständen des Einzelfalles und insbesondere der Berücksichtigung des Gesundheitszustandes und der persönlichen Verhältnisse des Versicherten überwiegend wahrscheinlich sein, d.h. es müssen ernsthafte Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 26. September 2006, L 2 R 307/05, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Denn nach dem Entwicklungsbericht der R W g vom 20. November 2006 lässt sich unter Berücksichtigung der vom Antragsteller zum Ende des ersten Jahres im Bildungsbereich erreichten Fähigkeiten feststellen, dass mit dem Aufbaukurs das nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX erforderliches Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistungen iS des § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erbracht werden kann. Auch hat der Fachausschuss in der Werkstatt für Behinderte R in seiner Sitzung am 29. November 2006 eine Leistung im Berufsbildungsbereich vom 01. Dezember 2006 bis 30. November 2007 vorgeschlagen. In der Einschätzung der R W g vom 30. Mai 2007 wird der Ist-Stand des Antragstellers beschrieben und schlüssig ausgeführt, dass die vom Antragsteller bereits realisierten Fortschritte eine Steigerung der Qualität und Quantität der verschiedenen verrichteten Tätigkeiten erwarten lassen. All dies belegt, dass das angestrebte Ziel einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeitsleistung im Hinblick auf den Abschluss des Aufbaukurses überwiegend wahrscheinlich ist.
Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu fordernde Anordnungsgrund liegt ebenfalls vor. Denn es ist dem Antragsteller nicht zumutbar, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten und das zweite Jahr im Bildungsbereich zu einem späteren Zeitpunkt zu beginnen. Bislang hat die R W g die Förderung des Antragstellers auf eigene Kosten fortgesetzt. Die endgültige Versagung der unmittelbar an das erste Jahr anschließenden Förderung im Bildungsbereich für das zweite Jahr würde den bisherigen Rehabilitationserfolg gefährden, da zu befürchten ist, dass der Antragsteller dann in kurzer Zeit seine erworbenen Fähigkeiten wieder verlernte. Diese Gefahr rechtfertigt die Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927). Da sich die seit dem 1. Dezember 2006 fehlende Kostenübernahme für das Aufbaujahr bis in die Gegenwart fortsetzt, war eine einstweilige Anordnung auch für Bewilligungszeiträume vor dem Eingang des Rechtsschutzbegehrens bei dem SG Potsdam (am 13. April 2007) zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt H für das erstinstanzliche Verfahren war zurückzuweisen. Denn aufgrund der beide Rechtszüge umfassenden Kostengrundentscheidung ist der Antragsteller in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -). Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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