Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 P 3312/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 961/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Herabstufung von Pflegestufe II in Pflegestufe I ab 01. November 2004.
Der am 1993 geborene Kläger, der über seine Mutter bei der Beklagten pflegeversichert ist und eine Sonderschule besucht, leidet unter frühkindlichem Autismus. Auf den ersten Antrag vom Januar 1999 erstellte Arzt Dr. T. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in O. das Gutachten vom 11. März 1999, in dem er zu einem Gesamtgrundpflegebedarf von 217 Minuten, hiervon abgezogen für den Hilfebedarf bei einem gleichaltrigen gesunden Kind von 105 Minuten, also 112 Minuten täglich gelangte. Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 13. April 1999 Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. Januar 1999. Ein Höherstufungsantrag vom Oktober 2000 veranlasste zum Gutachten des Dr. R. und der Pflegefachkraft S., MDK, vom 19. Januar 2001. Nunmehr wurde ein Hilfebedarf hinsichtlich der Grundpflege von 79 Minuten (149 Minuten abzüglich 60 Minuten für ein gesundes Kind) ermittelt. Gegen den eine Höherstufung ablehnenden Bescheid vom 30. Januar 2001 erhob der Kläger Widerspruch. Die nunmehr bestellten Gutachter des MDK Dr. K./Pflegefachkraft Kl. gelangten im Gutachten vom 27. Juni 2001 im Bereich der Grundpflege zu einem täglichen Zeitaufwand von 200 Minuten (Körperpflege 87 Minuten, Ernährung 80 Minuten, Mobilität 33 Minuten). Für ein gesundes Kind wurden 60 Minuten abgezogen. Demgemäß erfolgte durch Abhilfebescheid vom 02. Juli 2001 eine Erhöhung auf Pflegestufe II ab 01. Oktober 2000.
Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist das im Überprüfungsverfahren erstellte Gutachten der Pflegefachkraft S. vom MDK vom 01. Oktober 2004. Die Gutachterin ermittelte einen Zeitbedarf für Körperpflege von 57 Minuten, für Ernährung 19 Minuten und für Mobilität von 15 Minuten, zusammen 91 Minuten. Die Nahrungsaufnahme habe sich gegenüber dem Vorgutachten verbessert, ein Windelwechsel sei nicht mehr erforderlich und Fahrzeiten zu therapeutischen Maßnahmen seien nicht mehr zu berücksichtigen. Durch Bescheid vom 13. Oktober 2004 teilte die Beklagte mit, ab 01. November 2004 erhalte der Kläger Pflegegeld nur noch nach der Pflegestufe I, da das zeitliche Maß der höheren Stufe (mehr als 120 Minuten täglich) nicht mehr erreicht werde. Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs (vgl. im Einzelnen Schriftsatz Eingang 24. November 2004) wurde vorgetragen, die Körperpflege erfordere 93 Minuten täglich, die Ernährung 50 Minuten und die Mobilität 60 Minuten. Alle Vorgänge erwiesen sich als sehr zeitaufwendig. Pflegefachkraft Kraft erstattete das Gutachten vom 08. März 2005. Sie gelangte im Bereich der Körperpflege zu 53 Minuten, Ernährung 24 Minuten - wobei allgemeine Beaufsichtigung nicht zu werten sei - und Mobilität 20 Minuten, zusammen 97 Minuten. Gegenüber dem Vorgutachten vom 01. Oktober 2004 sei ein Mehrbedarf bei der Nahrungsaufnahme sowie beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen berücksichtigt worden. Die in der Widerspruchsbegründung angegebenen Zeiten könnten so nicht berücksichtigt werden, da sie bei der vollständigen Übernahme der Nahrungsdarreichung erforderlich seien, nicht jedoch aber bei Motivation und allgemeiner Beaufsichtigung. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005. Die erneute Begutachtung habe bestätigt, dass gegenüber dem die Pflegestufe II rechtfertigenden Gutachten vom 27. Juni 2001 eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten sei. Bei dem jetzt ermittelten Sachverhalt bestehe der Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe II nicht fort.
Mit der am 09. August 2005 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage trug der Kläger vor, die tiefgreifende Entwicklungsstörung des frühkindlichen Autismus sei gekennzeichnet durch schwere Störungen in Kontakt, Kommunikation, Sprachentwicklung sowie Stereotypien, ferner Symptome der Aggressivität und Selbstverletzung. Dies werde im beigefügten Arztbrief der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter des Universitätsklinikums F. vom 29. Dezember 2005 (Prof. Dr. S.) eindrucksvoll bestätigt. Es dürfe nicht auf einzelne pflegerische Maßnahmen abgestellt werden. Er könne zu keinem Zeitpunkt bei der Durchführung der einzelnen pflegerischen Tätigkeiten allein gelassen werden. Erhebliche Vor- und Nachbereitungszeiten seien erforderlich. Das Auftreten von optischen oder akustischen Reizen führe zu Gefahrensituationen. Demgemäß bedürfe er für nahezu alle Aktivitäten des täglichen Lebens der ständigen Beaufsichtigung und Betreuung. Die Gutachter sähen ihn regelmäßig nur in einer gesicherten Atmosphäre. Es gehe nicht primär um Gefahrenvermeidung, sondern um die notwendige Unterstützung von grundpflegerischen Leistungen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG beauftragte Diplom-Pflegewirt (FH) M. mit der Erstattung eines Gutachtens, das dieser unter dem 08. September 2006 vorlegte. Der Sachverständige ermittelte nach Untersuchung vom 26. August 2006 (07.00 bis 09.30 Uhr) einen Hilfebedarf für die Körperpflege von 48 Minuten (Waschen zwölf, Duschen 15, Zahnpflege zehn, Kämmen zwei, Darm-Blasenentleerung neun Minuten), für Ernährung 41 Minuten (mundgerechte Zubereitung sechs, Aufnahme der Nahrung 35 Minuten) und Mobilität elf Minuten (tägliches An- und Auskleiden). Der gegenüber den Gutachten des MDK etwas höhere Gesamtaufwand von 100 Minuten erkläre sich aus geringfügigen Abweichungen beim morgendlichen Waschen.
Der Kläger verblieb dabei (Schriftsatz vom 12. Januar 2007), die Situation autistisch behinderter Kinder werde nicht hinreichend berücksichtigt; insbesondere im Bereich der Mobilität bestehe eine hohe Beaufsichtigungsdichte.
Durch Urteil vom 16. Januar 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, insbesondere im Bereich der Nahrungsaufnahme habe der Hilfebedarf erheblich abgenommen. Selbst wenn einzelne Verrichtungen im Zeitbedarf geringfügig zu korrigieren sein sollten, werde der Zeitbedarf von allenfalls 117 Minuten erreicht. Die Begleitung zum Kinderturnen sei nicht berücksichtigungsfähig. Dies gelte auch für den allgemeinen Aufsichtsbedarf bei geistigen oder psychischen Erkrankungen.
Gegen das am 29. Januar 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Februar 2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger sei derart unselbstständig, dass er in allen Bereichen des täglichen Lebens der ständigen Beaufsichtigung und Kontrolle bedürfe. Im Übrigen gehe es nicht nur um die Vermeidung von Selbst- oder Fremdgefährdung, sondern um die Sicherstellung des tatsächlichen Pflegebedarfs. Eine ständige Bezugsperson sei erforderlich. Die Pflege sei eine Vollzeitaufgabe. Zusätzlich zum Kinderturnen werde auch ein Therapiehund eingesetzt. Regelmäßiges Reiten finde statt. Bei Besuchen von Freunden und Verwandten sei Begleitung notwendig. Damit werde der Anspruch auf Teilhabe in der Gesellschaft durchgesetzt. Der Gesamthilfebedarf von mehr als 120 Minuten werde nach alledem offenkundig erreicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Januar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, für den Kläger werde stets auf Zeiten der allgemeinen Beaufsichtigung und Kontrolle verwiesen. Bei den Therapien seien allenfalls ärztlich verordnete berücksichtigungsfähig.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Oktober 2004 (Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005) mit Wirkung ab 01. November 2004 für den Bezug des Pflegegeldes eine Herabstufung von der bisher zustehenden Pflegestufe II in Pflegestufe I verfügen durfte.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2004 ist nicht wegen einer vor seinem Erlass unterbliebenen Anhörung rechtswidrig. Da die Beklagte mit dem Bescheid sinngemäß die Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II aufhob, war eine Anhörung nach § 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erforderlich. Eine Anhörung erfolgte nicht. Die unterbliebene Anhörung ist jedoch durch das Widerspruchsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt (vgl. zu den Voraussetzungen Bundessozialgericht - BSG - SozR 3-1300 § 24 Nr. 4; SozR 3-4100 § 117 Nr. 11). Aus dem Bescheid vom 13. Oktober 2004 ergaben sich für den Kläger die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen, nämlich dass aufgrund des MDK-Gutachtens vom 01. Oktober 2004 der Umfang der notwendigen Grundpflege geringer geworden ist. Dem Kläger war im Widerspruchsverfahren eine sachgerechte Äußerung möglich, die er auch mit dem am 24. November 2004 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben abgab. Auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit, sich zu dem auf den Widerspruch hin eingeholten Gutachten der Pflegefachkraft Kraft vom 08. März 2005 zu äußern.
2. Rechtsgrundlage für die Herabstufung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Für die Prüfung, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist von den Verhältnissen zum Zeitpunkt der letzten bescheidmäßigen Entscheidung auszugehen (vgl. BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Dies war hier der Pflegegeld nach der Pflegestufe II bewilligende Abhilfebescheid vom 02. Juli 2001, dem das Gutachten des MDK vom 27. Juni 2001 zugrunde gelegen hatte.
Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Dies setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die vorrangige Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind für die Gewährung von Leistungen bei häuslicher Pflege pflegebedürftige Personen einer der drei Pflegestufen zuzuordnen. Pflegebedürftig nach Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Pflegebedürftig nach Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind demgegenüber Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Gemäß § 15 Abs. 3 SGB XI muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt 1. in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen, 2. in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen, 3. in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen. Gemäß § 15 Abs. 2 SGB XI ist bei Kindern für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- oder Blasenentleerung, § 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (mundgerechtes Zubereiten oder Aufnahme der Nahrung, Nr. 2) und der Mobilität (selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, Nr. 3).
Gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen zur Zeit der Abhilfeentscheidung vom 02. Juli 2001 und dem zugrunde liegenden Gutachten vom 27. Juni 2001 (Zeitaufwand für die Grundpflege täglich 200 Minuten, hiervon - die Richtigkeit dieser Bewertung bleibt unerheblich - für ein gesundes Kind 60 Minuten abgezogen) ist eine wesentliche Änderung dahingehend eingetreten, dass der Zeitaufwand für die Grundpflege nicht mehr den für die Pflegestufe II vorausgesetzten Zeitaufwand von mindestens zwei Stunden erreicht. Der Senat stützt sich auf die von der Beklagten beim MDK veranlassten Gutachten der Pflegefachkraft S. vom 01. Oktober 2004 (zusammen 91 Minuten) und der Pflegefachkraft Kraft vom 08. März 2005 (zusammen 97 Minuten) sowie auf das im Klageverfahren vom SG eingeholte Gutachten des Diplom-Pflegewirts (FH) M. vom 08. September 2006. Die Gutachten kommen ohne wesentliche Abweichung zu einem Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege von weniger als 120 Minuten. Der gerichtliche Sachverständige hat einen täglichen Gesamtaufwand von 100 Minuten errechnet; hiervon entfallen auf die Körperpflege 48 Minuten (Waschen zwölf Minuten, Duschen 15 Minuten, Zahnpflege zehn Minuten, Kämmen zwei Minuten, Darm-Blasenentleerung neun Minuten, auf die Ernährung 41 Minuten [mundgerechte Zubereitung sechs Minuten, Aufnahme der Nahrung 35 Minuten] und auf die Mobilität elf Minuten (tägliches An- und Auskleiden). Den gegenüber den Vorgutachtern des MDK etwas höheren Gesamtaufwand hat der gerichtliche Sachverständige mit geringfügigen Abweichungen beim morgendlichen Waschen erklärt. Rechnerisch widerspruchsfrei hat das SG zugunsten des Klägers unterstellt, dass angesichts von weiteren Unstimmigkeiten zwischen den Gutachten für den Stuhlgang zusätzlich vier Minuten, die Begleitung im Zusammenhang hiermit zwei Minuten, die Begleitung zur Dusche eine Minute und für die "Einschlafrituale" zehn Minuten zusätzlich angesetzt werden könnten. Dies ergäbe höchstens 117 Minuten, was immer noch hinter zwei Stunden zurückbleibt. Weitere schlüssige Einwendungen gegenüber einzelnen Zeitansätzen sind seitens des Klägers - auch in der Berufungsbegründung - nicht mehr erhoben worden.
Weiterer Zeitaufwand ist nicht zu berücksichtigen. Dass der zeitliche Aufwand für die Betreuung geistig Behinderter bei der Durchführung rehabilitativer Maßnahmen und für die Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbst- oder Fremdgefährdung bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht zu berücksichtigen ist (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6), wird seitens des Klägers selbst eingeräumt. Die Berechnung des Zeitaufwands ist auf die gesetzlich abschließend aufgezählten Verrichtungen beschränkt. Hierzu gehört nicht, dass aufgrund des erheblichen Defizits im Rahmen der Kommunikation und der Reizabschirmung bei autistisch behinderten Menschen eine ständige Bezugsperson erforderlich ist. Diese allgemeine Beaufsichtigung darf nicht mitgezählt werden. Erst recht gilt dies für die Begleitung außer Haus zu Besuchen oder sportlichen Aktivitäten wie hier dem Kinderturnen, dem Ausgehen mit einem Therapiehund oder dem Reiten. Die gesetzliche Pflegeversicherung will nicht sämtliche Risiken der Pflegebedürftigkeit abdecken, sondern nur ein begrenztes gesetzgeberisches Zielprogramm verwirklichen. Dazu dient vor allem der abgeschlossene Katalog der Verrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI, der lediglich körperliche Grundvoraussetzungen erfasst und die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit an die Unfähigkeit zur Ausführung dieser für die Aufrechterhaltung eines eigenen Haushalts nötigen Verrichtungen knüpft. Rehabilitative Förderungsmaßnahmen für ein entwicklungsbehindertes Kind zählen hierzu nicht, sondern dienen nur der Besserung oder Stabilisierung des Gesundheitszustands (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6; SozR 3-3300 § 15 Nr. 8). Ausgeschlossen von der Berechnung des Pflegebedarfs ist nach alledem auch die Unterstützung durch Hilfspersonen bei der Kommunikation und dem Austausch mit anderen Menschen. Regelmäßige Arztbesuche (mindestens wöchentlich) sind nicht geltend gemacht worden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Herabstufung von Pflegestufe II in Pflegestufe I ab 01. November 2004.
Der am 1993 geborene Kläger, der über seine Mutter bei der Beklagten pflegeversichert ist und eine Sonderschule besucht, leidet unter frühkindlichem Autismus. Auf den ersten Antrag vom Januar 1999 erstellte Arzt Dr. T. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in O. das Gutachten vom 11. März 1999, in dem er zu einem Gesamtgrundpflegebedarf von 217 Minuten, hiervon abgezogen für den Hilfebedarf bei einem gleichaltrigen gesunden Kind von 105 Minuten, also 112 Minuten täglich gelangte. Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 13. April 1999 Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. Januar 1999. Ein Höherstufungsantrag vom Oktober 2000 veranlasste zum Gutachten des Dr. R. und der Pflegefachkraft S., MDK, vom 19. Januar 2001. Nunmehr wurde ein Hilfebedarf hinsichtlich der Grundpflege von 79 Minuten (149 Minuten abzüglich 60 Minuten für ein gesundes Kind) ermittelt. Gegen den eine Höherstufung ablehnenden Bescheid vom 30. Januar 2001 erhob der Kläger Widerspruch. Die nunmehr bestellten Gutachter des MDK Dr. K./Pflegefachkraft Kl. gelangten im Gutachten vom 27. Juni 2001 im Bereich der Grundpflege zu einem täglichen Zeitaufwand von 200 Minuten (Körperpflege 87 Minuten, Ernährung 80 Minuten, Mobilität 33 Minuten). Für ein gesundes Kind wurden 60 Minuten abgezogen. Demgemäß erfolgte durch Abhilfebescheid vom 02. Juli 2001 eine Erhöhung auf Pflegestufe II ab 01. Oktober 2000.
Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist das im Überprüfungsverfahren erstellte Gutachten der Pflegefachkraft S. vom MDK vom 01. Oktober 2004. Die Gutachterin ermittelte einen Zeitbedarf für Körperpflege von 57 Minuten, für Ernährung 19 Minuten und für Mobilität von 15 Minuten, zusammen 91 Minuten. Die Nahrungsaufnahme habe sich gegenüber dem Vorgutachten verbessert, ein Windelwechsel sei nicht mehr erforderlich und Fahrzeiten zu therapeutischen Maßnahmen seien nicht mehr zu berücksichtigen. Durch Bescheid vom 13. Oktober 2004 teilte die Beklagte mit, ab 01. November 2004 erhalte der Kläger Pflegegeld nur noch nach der Pflegestufe I, da das zeitliche Maß der höheren Stufe (mehr als 120 Minuten täglich) nicht mehr erreicht werde. Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs (vgl. im Einzelnen Schriftsatz Eingang 24. November 2004) wurde vorgetragen, die Körperpflege erfordere 93 Minuten täglich, die Ernährung 50 Minuten und die Mobilität 60 Minuten. Alle Vorgänge erwiesen sich als sehr zeitaufwendig. Pflegefachkraft Kraft erstattete das Gutachten vom 08. März 2005. Sie gelangte im Bereich der Körperpflege zu 53 Minuten, Ernährung 24 Minuten - wobei allgemeine Beaufsichtigung nicht zu werten sei - und Mobilität 20 Minuten, zusammen 97 Minuten. Gegenüber dem Vorgutachten vom 01. Oktober 2004 sei ein Mehrbedarf bei der Nahrungsaufnahme sowie beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen berücksichtigt worden. Die in der Widerspruchsbegründung angegebenen Zeiten könnten so nicht berücksichtigt werden, da sie bei der vollständigen Übernahme der Nahrungsdarreichung erforderlich seien, nicht jedoch aber bei Motivation und allgemeiner Beaufsichtigung. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005. Die erneute Begutachtung habe bestätigt, dass gegenüber dem die Pflegestufe II rechtfertigenden Gutachten vom 27. Juni 2001 eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten sei. Bei dem jetzt ermittelten Sachverhalt bestehe der Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe II nicht fort.
Mit der am 09. August 2005 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage trug der Kläger vor, die tiefgreifende Entwicklungsstörung des frühkindlichen Autismus sei gekennzeichnet durch schwere Störungen in Kontakt, Kommunikation, Sprachentwicklung sowie Stereotypien, ferner Symptome der Aggressivität und Selbstverletzung. Dies werde im beigefügten Arztbrief der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter des Universitätsklinikums F. vom 29. Dezember 2005 (Prof. Dr. S.) eindrucksvoll bestätigt. Es dürfe nicht auf einzelne pflegerische Maßnahmen abgestellt werden. Er könne zu keinem Zeitpunkt bei der Durchführung der einzelnen pflegerischen Tätigkeiten allein gelassen werden. Erhebliche Vor- und Nachbereitungszeiten seien erforderlich. Das Auftreten von optischen oder akustischen Reizen führe zu Gefahrensituationen. Demgemäß bedürfe er für nahezu alle Aktivitäten des täglichen Lebens der ständigen Beaufsichtigung und Betreuung. Die Gutachter sähen ihn regelmäßig nur in einer gesicherten Atmosphäre. Es gehe nicht primär um Gefahrenvermeidung, sondern um die notwendige Unterstützung von grundpflegerischen Leistungen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG beauftragte Diplom-Pflegewirt (FH) M. mit der Erstattung eines Gutachtens, das dieser unter dem 08. September 2006 vorlegte. Der Sachverständige ermittelte nach Untersuchung vom 26. August 2006 (07.00 bis 09.30 Uhr) einen Hilfebedarf für die Körperpflege von 48 Minuten (Waschen zwölf, Duschen 15, Zahnpflege zehn, Kämmen zwei, Darm-Blasenentleerung neun Minuten), für Ernährung 41 Minuten (mundgerechte Zubereitung sechs, Aufnahme der Nahrung 35 Minuten) und Mobilität elf Minuten (tägliches An- und Auskleiden). Der gegenüber den Gutachten des MDK etwas höhere Gesamtaufwand von 100 Minuten erkläre sich aus geringfügigen Abweichungen beim morgendlichen Waschen.
Der Kläger verblieb dabei (Schriftsatz vom 12. Januar 2007), die Situation autistisch behinderter Kinder werde nicht hinreichend berücksichtigt; insbesondere im Bereich der Mobilität bestehe eine hohe Beaufsichtigungsdichte.
Durch Urteil vom 16. Januar 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, insbesondere im Bereich der Nahrungsaufnahme habe der Hilfebedarf erheblich abgenommen. Selbst wenn einzelne Verrichtungen im Zeitbedarf geringfügig zu korrigieren sein sollten, werde der Zeitbedarf von allenfalls 117 Minuten erreicht. Die Begleitung zum Kinderturnen sei nicht berücksichtigungsfähig. Dies gelte auch für den allgemeinen Aufsichtsbedarf bei geistigen oder psychischen Erkrankungen.
Gegen das am 29. Januar 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Februar 2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger sei derart unselbstständig, dass er in allen Bereichen des täglichen Lebens der ständigen Beaufsichtigung und Kontrolle bedürfe. Im Übrigen gehe es nicht nur um die Vermeidung von Selbst- oder Fremdgefährdung, sondern um die Sicherstellung des tatsächlichen Pflegebedarfs. Eine ständige Bezugsperson sei erforderlich. Die Pflege sei eine Vollzeitaufgabe. Zusätzlich zum Kinderturnen werde auch ein Therapiehund eingesetzt. Regelmäßiges Reiten finde statt. Bei Besuchen von Freunden und Verwandten sei Begleitung notwendig. Damit werde der Anspruch auf Teilhabe in der Gesellschaft durchgesetzt. Der Gesamthilfebedarf von mehr als 120 Minuten werde nach alledem offenkundig erreicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Januar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, für den Kläger werde stets auf Zeiten der allgemeinen Beaufsichtigung und Kontrolle verwiesen. Bei den Therapien seien allenfalls ärztlich verordnete berücksichtigungsfähig.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Oktober 2004 (Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005) mit Wirkung ab 01. November 2004 für den Bezug des Pflegegeldes eine Herabstufung von der bisher zustehenden Pflegestufe II in Pflegestufe I verfügen durfte.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2004 ist nicht wegen einer vor seinem Erlass unterbliebenen Anhörung rechtswidrig. Da die Beklagte mit dem Bescheid sinngemäß die Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II aufhob, war eine Anhörung nach § 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erforderlich. Eine Anhörung erfolgte nicht. Die unterbliebene Anhörung ist jedoch durch das Widerspruchsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt (vgl. zu den Voraussetzungen Bundessozialgericht - BSG - SozR 3-1300 § 24 Nr. 4; SozR 3-4100 § 117 Nr. 11). Aus dem Bescheid vom 13. Oktober 2004 ergaben sich für den Kläger die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen, nämlich dass aufgrund des MDK-Gutachtens vom 01. Oktober 2004 der Umfang der notwendigen Grundpflege geringer geworden ist. Dem Kläger war im Widerspruchsverfahren eine sachgerechte Äußerung möglich, die er auch mit dem am 24. November 2004 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben abgab. Auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit, sich zu dem auf den Widerspruch hin eingeholten Gutachten der Pflegefachkraft Kraft vom 08. März 2005 zu äußern.
2. Rechtsgrundlage für die Herabstufung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Für die Prüfung, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist von den Verhältnissen zum Zeitpunkt der letzten bescheidmäßigen Entscheidung auszugehen (vgl. BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Dies war hier der Pflegegeld nach der Pflegestufe II bewilligende Abhilfebescheid vom 02. Juli 2001, dem das Gutachten des MDK vom 27. Juni 2001 zugrunde gelegen hatte.
Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Dies setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die vorrangige Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind für die Gewährung von Leistungen bei häuslicher Pflege pflegebedürftige Personen einer der drei Pflegestufen zuzuordnen. Pflegebedürftig nach Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Pflegebedürftig nach Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind demgegenüber Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Gemäß § 15 Abs. 3 SGB XI muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt 1. in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen, 2. in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen, 3. in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen. Gemäß § 15 Abs. 2 SGB XI ist bei Kindern für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- oder Blasenentleerung, § 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (mundgerechtes Zubereiten oder Aufnahme der Nahrung, Nr. 2) und der Mobilität (selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, Nr. 3).
Gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen zur Zeit der Abhilfeentscheidung vom 02. Juli 2001 und dem zugrunde liegenden Gutachten vom 27. Juni 2001 (Zeitaufwand für die Grundpflege täglich 200 Minuten, hiervon - die Richtigkeit dieser Bewertung bleibt unerheblich - für ein gesundes Kind 60 Minuten abgezogen) ist eine wesentliche Änderung dahingehend eingetreten, dass der Zeitaufwand für die Grundpflege nicht mehr den für die Pflegestufe II vorausgesetzten Zeitaufwand von mindestens zwei Stunden erreicht. Der Senat stützt sich auf die von der Beklagten beim MDK veranlassten Gutachten der Pflegefachkraft S. vom 01. Oktober 2004 (zusammen 91 Minuten) und der Pflegefachkraft Kraft vom 08. März 2005 (zusammen 97 Minuten) sowie auf das im Klageverfahren vom SG eingeholte Gutachten des Diplom-Pflegewirts (FH) M. vom 08. September 2006. Die Gutachten kommen ohne wesentliche Abweichung zu einem Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege von weniger als 120 Minuten. Der gerichtliche Sachverständige hat einen täglichen Gesamtaufwand von 100 Minuten errechnet; hiervon entfallen auf die Körperpflege 48 Minuten (Waschen zwölf Minuten, Duschen 15 Minuten, Zahnpflege zehn Minuten, Kämmen zwei Minuten, Darm-Blasenentleerung neun Minuten, auf die Ernährung 41 Minuten [mundgerechte Zubereitung sechs Minuten, Aufnahme der Nahrung 35 Minuten] und auf die Mobilität elf Minuten (tägliches An- und Auskleiden). Den gegenüber den Vorgutachtern des MDK etwas höheren Gesamtaufwand hat der gerichtliche Sachverständige mit geringfügigen Abweichungen beim morgendlichen Waschen erklärt. Rechnerisch widerspruchsfrei hat das SG zugunsten des Klägers unterstellt, dass angesichts von weiteren Unstimmigkeiten zwischen den Gutachten für den Stuhlgang zusätzlich vier Minuten, die Begleitung im Zusammenhang hiermit zwei Minuten, die Begleitung zur Dusche eine Minute und für die "Einschlafrituale" zehn Minuten zusätzlich angesetzt werden könnten. Dies ergäbe höchstens 117 Minuten, was immer noch hinter zwei Stunden zurückbleibt. Weitere schlüssige Einwendungen gegenüber einzelnen Zeitansätzen sind seitens des Klägers - auch in der Berufungsbegründung - nicht mehr erhoben worden.
Weiterer Zeitaufwand ist nicht zu berücksichtigen. Dass der zeitliche Aufwand für die Betreuung geistig Behinderter bei der Durchführung rehabilitativer Maßnahmen und für die Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbst- oder Fremdgefährdung bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht zu berücksichtigen ist (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6), wird seitens des Klägers selbst eingeräumt. Die Berechnung des Zeitaufwands ist auf die gesetzlich abschließend aufgezählten Verrichtungen beschränkt. Hierzu gehört nicht, dass aufgrund des erheblichen Defizits im Rahmen der Kommunikation und der Reizabschirmung bei autistisch behinderten Menschen eine ständige Bezugsperson erforderlich ist. Diese allgemeine Beaufsichtigung darf nicht mitgezählt werden. Erst recht gilt dies für die Begleitung außer Haus zu Besuchen oder sportlichen Aktivitäten wie hier dem Kinderturnen, dem Ausgehen mit einem Therapiehund oder dem Reiten. Die gesetzliche Pflegeversicherung will nicht sämtliche Risiken der Pflegebedürftigkeit abdecken, sondern nur ein begrenztes gesetzgeberisches Zielprogramm verwirklichen. Dazu dient vor allem der abgeschlossene Katalog der Verrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI, der lediglich körperliche Grundvoraussetzungen erfasst und die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit an die Unfähigkeit zur Ausführung dieser für die Aufrechterhaltung eines eigenen Haushalts nötigen Verrichtungen knüpft. Rehabilitative Förderungsmaßnahmen für ein entwicklungsbehindertes Kind zählen hierzu nicht, sondern dienen nur der Besserung oder Stabilisierung des Gesundheitszustands (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6; SozR 3-3300 § 15 Nr. 8). Ausgeschlossen von der Berechnung des Pflegebedarfs ist nach alledem auch die Unterstützung durch Hilfspersonen bei der Kommunikation und dem Austausch mit anderen Menschen. Regelmäßige Arztbesuche (mindestens wöchentlich) sind nicht geltend gemacht worden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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