Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 23 AS 164/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 52/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte 3/13. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung zwischen den Beteiligten nicht statt.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.01.2005 fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Arbeitslosengeld II) nach §§ 19 S. 1, 20 ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Mit Schreiben vom 25.11.2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er sie am 23.11.2005 aufgesucht habe, um seinen Fortzahlungsantrag abzugeben. Er sei aufgefordert worden, am 25.11.2005 nochmals vorzusprechen. Dies habe er als willkürlich empfunden. Ihm seien unnötige Fahrtkosten in Höhe von 6,70 EUR entstanden. Er bitte um Überweisung dieses Betrages, anderenfalls um Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides. Am 19.01.2006 erhob der Kläger unter dem Aktenzeichen S 00 AS 00/00 Klage, da sein Schreiben vom 25.11.2005 unbeantwortet geblieben sei. Die Beklagte beantragte Klageabweisung und machte geltend, die verfrüht erhobene Klage sei unzulässig. Der Kläger werde zu gegebener Zeit einen Bescheid erhalten. Diesen erteilte die Beklagte am 21.03.2006 und lehnte den Antrag ab. Der Kläger erhob unter dem 13.04.2006 Widerspruch.
Mit diesem Schreiben bat der Kläger ferner um Übernahme einer Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR, die sich aus der Abrechnung der Allgemeinen Wohnungsbaugenossenschaft des Amtes H eG vom 06.05.2006 für das Jahr 2005 ergab.
Am 30.05.2006 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger macht geltend, seine mit dem Antrag vom 13.04.2006 erhobene Forderung sei fällig. Er bitte um gerichtliches Tätigwerden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, seinen Antrag vom 13.04.2006 zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, und nimmt Bezug auf ihr Vorbringen im Verfahren S 00 AS 00/00. Der Antrag werde noch beschieden werden.
Auf Anfrage des Gerichts hat die Beklagte am 20.12.2006 mitgeteilt, dass sie die Betriebskostennachzahlung in den nächsten Tagen überweisen werde.
Daraufhin hat das Gericht den Kläger um Prüfung gebeten, ob der Betrag auf seinem Konto eingegangen sei, und um anschließende Mitteilung, ob die Klage damit erledigt sei.
Der Kläger hat unter dem 24.01.2007 erklärt, dass die Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR auf seinem Konto eingegangen sei. Die Beklagte habe ihn jedoch in seinen Grundrechten verletzt, da sie sich in Verzug befunden habe. Sie möge ihm seine außergerichtlichen Kosten erstatten und ihn so stellen, wie er bei pünktlicher Zahlung gestanden hätte. Er fordere einen Betrag in Höhe von 10,00 EUR.
Die Beklagte hat entgegnet, für dieses Begehren existiere keine Rechtsgrundlage. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klage unzulässig gewesen sei.
Sodann hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die Untätigkeitsklage bei Erstattung der Betriebskostennachzahlung zulässig gewesen sei. Der Kläger könne einen Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 Grundgesetz (GG), § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend machen. Es beabsichtige, das Verfahren entsprechend zu trennen und den den Schadensersatzanspruch betreffenden Teil an das Landgericht Wuppertal zu verweisen. Am 12.03.2007 ist ein entsprechender Beschluss ergangen. Das abgetrennte Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 00 AS 00/00 geführt.
Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, er sehe sich von der Beklagten schikaniert und diskriminiert. Dies führe zu Grundrechtsverletzungen. Die Beklagte möge berücksichtigen, dass es sich bei seinem Konto um ein Guthabenkonto handele und Abbuchungen nicht möglich seien, wenn erwartete Beträge nicht rechtzeitig eingingen. Die Bestimmung, nach der eine Klage erst nach Ablauf von sechs Monaten zulässig sei, erachte er als verfassungswidrig.
Anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 05.06.2007 hat die Vorsitzende den Beteiligten mitgeteilt, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG beabsichtigt sei. Bei der Klage habe es sich um eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG gehandelt. Nachdem die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 13.04.2006 reagiert und die Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR übernommen habe, seien deren Ziel erreicht und das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfallen. Die Klage sei abzuweisen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, die Frist von sechs Monaten nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG könne dazu führen, dass die Regelleistung nach dem SGB II angetastet werde. Er beantrage eine Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 100 GG und stütze sich weiter auf Art. 53 EURpäische Menschenrechtskonvention bzw. Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Dem Rechtsstreit liegt nach Auffassung des Gerichts eine Untätigkeitsklage im Sinne des § 88 Abs. 1 S. 1 SGG zugrunde. Danach ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Es handelt sich um eine auf Bescheidung gerichtete Klage (Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 88, Rdn. 2). Der Kläger bat mit seiner Klageschrift um gerichtliches Tätigwerden wegen seines Antrags vom 13.04.2006 auf Übernahme der Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR, da inzwischen Fälligkeit eingetreten war. Dagegen kam eine Auslegung der Klage als Verpflichtungsklage, die gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 SGG auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet wäre, nicht in Betracht. Eine auf Verurteilung der Beklagten zur Übernahme der Betriebskostennachzahlung gerichtete Klage wäre unzulässig gewesen. Denn das vor Erhebung der Verpflichtungsklage gemäß § 78 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG durchzuführende Vorverfahren hatte nicht stattgefunden. Vielmehr fehlte es bereits an der Erteilung eines widerspruchsfähigen Bescheides.
Die Voraussetzungen einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid sind erfüllt.
Gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Gegenstand des Rechtsstreits ist, wie bereits dargestellt, eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG. Der Kläger begehrt die Bescheidung seines Antrags vom 13.04.2006, der auf Übernahme der Betriebskostennachzahlung gemäß der Abrechnung der Allgemeinen Wohnungsbaugenossenschaft des Amtes H eG vom 06.04.2006 für das Jahr 2005 in Höhe von 9,88 EUR gerichtet ist. Nachdem die Beklagte unstreitig tätig geworden ist und dem Kläger den Betrag erstattet hat, beschränkt sich die Prüfung auf die Frage, ob der Kläger noch ein Rechtsschutzbedürfnis besitzt.
Gemäß § 105 Abs. 1 S. 2 SGG sind die Beteiligten vor einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid zu hören. Das Gericht hat den Beteiligten anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 05.06.2007 mitgeteilt, dass es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtige und die als Untätigkeitsklage zu bewertende Klage abzuweisen sei, da mit dem Tätigwerden der Beklagten ein Rechtsschutzbedürfnis entfallen sei. Es hat den Beteiligten außerdem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Klage ist unzulässig (geworden).
Die Klage wurde bereits nicht fristgerecht erhoben. Nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn dieser sachlich nicht beschieden wurde. Der zunächst unbeschiedene Antrag des Klägers datiert vom 13.04.2006. Bereits am 30.05.2006 erhob der Kläger Klage. Zu diesem Zeitpunkt waren erst sechs Wochen und fünf Tage verstrichen.
Da eine Reaktion der Beklagten allerdings erst zwischen dem 20.12.2006, unter dem die Beklagte auf Anfrage des Gerichts mitteilte, dass die von dem Kläger beantragte Übernahme der Betriebskostennachzahlung in den nächsten Tagen überwiesen werde, und dem 24.01.2007, unter dem Kläger mitteilte, dass der Betrag auf seinem Konto eingegangen sei, erfolgte, war die Klage allerdings zulässig geworden. Dies war ab dem 13.10.2006 der Fall.
Nunmehr ist aber das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfallen.
Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses ist, dass ein Tätigwerden des Gerichts notwendig ist; soweit eine Möglichkeit besteht, das Recht außerprozessual durchzusetzen, besteht kein Anlass, die Hilfe des Gerichts zur Verfügung zu stellen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, Vor § 51, Rdn. 16). Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht damit nicht, wenn unzweifelhaft ist, dass die begehrte Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Antragstellers nicht verbessert (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Rdn. 16a).
Mit der Überweisung der Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 9,88 EUR auf das Konto des Klägers hat sich das mit der Untätigkeitsklage verfolgten Begehren des Klägers verwirklicht. Die Beklagte ist tätig geworden, und zwar hat sie seinem Antrag vom 13.04.2006 voll entsprochen. Selbst mit Erteilung eines ablehnenden Bescheides hätte die Hauptsache aber als erledigt angesehen werden müssen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 88, Rdn. 10b).
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die grundsätzliche Möglichkeit, die Klage im Wege der Klageänderung nunmehr gegen die erwirkte Entscheidung selber zu richten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O.). Denn dem Kläger fehlt auch insofern das Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte hat seinem Antrag voll entsprochen.
Sofern der Kläger darüber hinaus die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten in Höhe von 10,00 EUR und damit begehrt, so gestellt zu werden, wie er bei pünktlicher Zahlung der Beklagten gestanden hätte, handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch, der Gegenstand des abgetrennten Verfahrens ist, das unter dem Aktenzeichen S 00 AS 00/00 geführt wird.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Übrigen beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG und berücksichtigt, dass die Klage während ihrer ca. 13 Monate währenden Anhängigkeit für ca. drei Monate zulässig war.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.01.2005 fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Arbeitslosengeld II) nach §§ 19 S. 1, 20 ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Mit Schreiben vom 25.11.2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er sie am 23.11.2005 aufgesucht habe, um seinen Fortzahlungsantrag abzugeben. Er sei aufgefordert worden, am 25.11.2005 nochmals vorzusprechen. Dies habe er als willkürlich empfunden. Ihm seien unnötige Fahrtkosten in Höhe von 6,70 EUR entstanden. Er bitte um Überweisung dieses Betrages, anderenfalls um Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides. Am 19.01.2006 erhob der Kläger unter dem Aktenzeichen S 00 AS 00/00 Klage, da sein Schreiben vom 25.11.2005 unbeantwortet geblieben sei. Die Beklagte beantragte Klageabweisung und machte geltend, die verfrüht erhobene Klage sei unzulässig. Der Kläger werde zu gegebener Zeit einen Bescheid erhalten. Diesen erteilte die Beklagte am 21.03.2006 und lehnte den Antrag ab. Der Kläger erhob unter dem 13.04.2006 Widerspruch.
Mit diesem Schreiben bat der Kläger ferner um Übernahme einer Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR, die sich aus der Abrechnung der Allgemeinen Wohnungsbaugenossenschaft des Amtes H eG vom 06.05.2006 für das Jahr 2005 ergab.
Am 30.05.2006 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger macht geltend, seine mit dem Antrag vom 13.04.2006 erhobene Forderung sei fällig. Er bitte um gerichtliches Tätigwerden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, seinen Antrag vom 13.04.2006 zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, und nimmt Bezug auf ihr Vorbringen im Verfahren S 00 AS 00/00. Der Antrag werde noch beschieden werden.
Auf Anfrage des Gerichts hat die Beklagte am 20.12.2006 mitgeteilt, dass sie die Betriebskostennachzahlung in den nächsten Tagen überweisen werde.
Daraufhin hat das Gericht den Kläger um Prüfung gebeten, ob der Betrag auf seinem Konto eingegangen sei, und um anschließende Mitteilung, ob die Klage damit erledigt sei.
Der Kläger hat unter dem 24.01.2007 erklärt, dass die Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR auf seinem Konto eingegangen sei. Die Beklagte habe ihn jedoch in seinen Grundrechten verletzt, da sie sich in Verzug befunden habe. Sie möge ihm seine außergerichtlichen Kosten erstatten und ihn so stellen, wie er bei pünktlicher Zahlung gestanden hätte. Er fordere einen Betrag in Höhe von 10,00 EUR.
Die Beklagte hat entgegnet, für dieses Begehren existiere keine Rechtsgrundlage. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klage unzulässig gewesen sei.
Sodann hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die Untätigkeitsklage bei Erstattung der Betriebskostennachzahlung zulässig gewesen sei. Der Kläger könne einen Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 Grundgesetz (GG), § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend machen. Es beabsichtige, das Verfahren entsprechend zu trennen und den den Schadensersatzanspruch betreffenden Teil an das Landgericht Wuppertal zu verweisen. Am 12.03.2007 ist ein entsprechender Beschluss ergangen. Das abgetrennte Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 00 AS 00/00 geführt.
Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, er sehe sich von der Beklagten schikaniert und diskriminiert. Dies führe zu Grundrechtsverletzungen. Die Beklagte möge berücksichtigen, dass es sich bei seinem Konto um ein Guthabenkonto handele und Abbuchungen nicht möglich seien, wenn erwartete Beträge nicht rechtzeitig eingingen. Die Bestimmung, nach der eine Klage erst nach Ablauf von sechs Monaten zulässig sei, erachte er als verfassungswidrig.
Anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 05.06.2007 hat die Vorsitzende den Beteiligten mitgeteilt, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG beabsichtigt sei. Bei der Klage habe es sich um eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG gehandelt. Nachdem die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 13.04.2006 reagiert und die Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR übernommen habe, seien deren Ziel erreicht und das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfallen. Die Klage sei abzuweisen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, die Frist von sechs Monaten nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG könne dazu führen, dass die Regelleistung nach dem SGB II angetastet werde. Er beantrage eine Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 100 GG und stütze sich weiter auf Art. 53 EURpäische Menschenrechtskonvention bzw. Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Dem Rechtsstreit liegt nach Auffassung des Gerichts eine Untätigkeitsklage im Sinne des § 88 Abs. 1 S. 1 SGG zugrunde. Danach ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Es handelt sich um eine auf Bescheidung gerichtete Klage (Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 88, Rdn. 2). Der Kläger bat mit seiner Klageschrift um gerichtliches Tätigwerden wegen seines Antrags vom 13.04.2006 auf Übernahme der Betriebskostennachzahlung in Höhe von 9,88 EUR, da inzwischen Fälligkeit eingetreten war. Dagegen kam eine Auslegung der Klage als Verpflichtungsklage, die gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 SGG auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet wäre, nicht in Betracht. Eine auf Verurteilung der Beklagten zur Übernahme der Betriebskostennachzahlung gerichtete Klage wäre unzulässig gewesen. Denn das vor Erhebung der Verpflichtungsklage gemäß § 78 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG durchzuführende Vorverfahren hatte nicht stattgefunden. Vielmehr fehlte es bereits an der Erteilung eines widerspruchsfähigen Bescheides.
Die Voraussetzungen einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid sind erfüllt.
Gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Gegenstand des Rechtsstreits ist, wie bereits dargestellt, eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG. Der Kläger begehrt die Bescheidung seines Antrags vom 13.04.2006, der auf Übernahme der Betriebskostennachzahlung gemäß der Abrechnung der Allgemeinen Wohnungsbaugenossenschaft des Amtes H eG vom 06.04.2006 für das Jahr 2005 in Höhe von 9,88 EUR gerichtet ist. Nachdem die Beklagte unstreitig tätig geworden ist und dem Kläger den Betrag erstattet hat, beschränkt sich die Prüfung auf die Frage, ob der Kläger noch ein Rechtsschutzbedürfnis besitzt.
Gemäß § 105 Abs. 1 S. 2 SGG sind die Beteiligten vor einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid zu hören. Das Gericht hat den Beteiligten anlässlich eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 05.06.2007 mitgeteilt, dass es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtige und die als Untätigkeitsklage zu bewertende Klage abzuweisen sei, da mit dem Tätigwerden der Beklagten ein Rechtsschutzbedürfnis entfallen sei. Es hat den Beteiligten außerdem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Klage ist unzulässig (geworden).
Die Klage wurde bereits nicht fristgerecht erhoben. Nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn dieser sachlich nicht beschieden wurde. Der zunächst unbeschiedene Antrag des Klägers datiert vom 13.04.2006. Bereits am 30.05.2006 erhob der Kläger Klage. Zu diesem Zeitpunkt waren erst sechs Wochen und fünf Tage verstrichen.
Da eine Reaktion der Beklagten allerdings erst zwischen dem 20.12.2006, unter dem die Beklagte auf Anfrage des Gerichts mitteilte, dass die von dem Kläger beantragte Übernahme der Betriebskostennachzahlung in den nächsten Tagen überwiesen werde, und dem 24.01.2007, unter dem Kläger mitteilte, dass der Betrag auf seinem Konto eingegangen sei, erfolgte, war die Klage allerdings zulässig geworden. Dies war ab dem 13.10.2006 der Fall.
Nunmehr ist aber das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfallen.
Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses ist, dass ein Tätigwerden des Gerichts notwendig ist; soweit eine Möglichkeit besteht, das Recht außerprozessual durchzusetzen, besteht kein Anlass, die Hilfe des Gerichts zur Verfügung zu stellen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, Vor § 51, Rdn. 16). Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht damit nicht, wenn unzweifelhaft ist, dass die begehrte Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Antragstellers nicht verbessert (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Rdn. 16a).
Mit der Überweisung der Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 9,88 EUR auf das Konto des Klägers hat sich das mit der Untätigkeitsklage verfolgten Begehren des Klägers verwirklicht. Die Beklagte ist tätig geworden, und zwar hat sie seinem Antrag vom 13.04.2006 voll entsprochen. Selbst mit Erteilung eines ablehnenden Bescheides hätte die Hauptsache aber als erledigt angesehen werden müssen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 88, Rdn. 10b).
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die grundsätzliche Möglichkeit, die Klage im Wege der Klageänderung nunmehr gegen die erwirkte Entscheidung selber zu richten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O.). Denn dem Kläger fehlt auch insofern das Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte hat seinem Antrag voll entsprochen.
Sofern der Kläger darüber hinaus die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten in Höhe von 10,00 EUR und damit begehrt, so gestellt zu werden, wie er bei pünktlicher Zahlung der Beklagten gestanden hätte, handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch, der Gegenstand des abgetrennten Verfahrens ist, das unter dem Aktenzeichen S 00 AS 00/00 geführt wird.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Übrigen beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG und berücksichtigt, dass die Klage während ihrer ca. 13 Monate währenden Anhängigkeit für ca. drei Monate zulässig war.
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