S 7 AS 56/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AS 56/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 26.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2005 wird in der Höhe eines Betrages von 747,01 EUR jeweils für die Monate April und Mai 2005 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu 3/4.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung und Erstattung von Leistungen der Beklagten in Form von Arbeitslosengeld II (Alg II).

Der am 03.05.1946 geborene kinderlose Kläger ist seit 1985 geschieden und alleinstehend. Im Laufe seines Berufslebens, welches im Jahre 1961 begann, absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Technischen Zeichner. Danach ging er zur Bundeswehr. Im Anschluss an diese Zeit arbeitete er als angestellter Ingenieur unter anderem in Afrika. Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik war er im Wechsel freiberuflich und angestellt als Ingenieur tätig. Zuletzt arbeitete er Ende der 90er Jahre 2 Jahre in abhängiger Beschäftigung und wurde dann arbeitslos. Er bezog zunächst Arbeitslosengeld (I) und darauf folgend Arbeitslosenhilfe von der Agentur für Arbeit (AA). Von den insgesamt 40 Berufsjahren war er etwa 21 3/4 Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Der Zeitraum der freiberuflichen Tätigkeit belief sich auf etwa 18 1/4 Jahre. Einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- oder Krankenversicherung stellte er nicht. Zu den Einzelheiten des Berufslebens und den Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung des Klägers wird auf Bl. 77/78 sowie 88/89 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Aufgrund der nur lückenhaft zurückgelegten Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung beläuft sich der monatliche Leistungsanspruch des Klägers bei der Inanspruchnahme einer Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausweislich einer Probeberechnung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund aus Januar 2005 auf 389,11 EUR. Vor dem Hintergrund dieser absehbar nicht bedarfsdeckenden wirtschaftlichen Absicherung im Alter schloss der Kläger bereits im Jahre 1975 eine Kapitallebensversicherung bei der A. Service AG (Nr. ) ab. Als Ablauftermin wurde der 01.11.2006 festgelegt. Die erwartete Ablaufleistung betrug 102.164,00 EUR. Daneben schloss er zusätzlich mit Wirkung zum 01.06.2000 bei der D. H. L. AG der D. B. einen Vertrag (Nr. ) über eine Ansparrente ab. Zum 01.06.2012 ist hieraus voraussichtlich ein monatlicher Zahlbetrag in Höhe von 105,93 EUR sowie eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe von 14.824,15 EUR zu erwarten. Die aktuellen Rückkaufswerte für die Kapitallebensversicherung bei der A. Service AG bzw. die Ansparrente bei der D. H. L. AG der D. B. beliefen sich im April 2005 auf 97.542,50 EUR bzw. 4.448,02 EUR.

Der Kläger erhielt in der Vergangenheit bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi), wobei dort seine Vermögensverhältnisse insbesondere die Kapitallebensversicherung bei der A. Service AG bekannt waren. Am 04.08.2004 beantragte er im Hinblick auf das Auslaufen der Leistungen der Alhi zum Jahreswechsel bei der Beklagten die Gewährung von Alg II. Zu diesem Zeitpunkt bewohnte er noch eine 95,82 m² große Mietwohnung, für die Kosten in Höhe von insgesamt 631,24 EUR (546,28 EUR Grundmiete, 43,75 EUR Nebenkosten- und 41,21 EUR Heizkostenvorauszahlung) monatlich anfielen. Im März bezog er eine andere kleinere Mietwohnung in demselben Haus. Der monatliche Mietzins inklusive Heizkostenvorauszahlung belief sich danach nur noch auf 400,01 EUR. Auf seinen Leistungsantrag erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 20.12.2004 einen Bewilligungsbescheid für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Mai 2005, mit dem sie ihm monatliche Leistungen unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung für die ursprünglich bewohnte Mietwohnung in Höhe von 1.054,24 EUR monatlich bewilligte. Im Zusammenhang mit einer Vorsprache des Klägers bei der Beklagten im März 2005, bei der er alle Unterlagen über seine Vermögensverhältnisse vorlegte, kam es zu einer internen Prüfung des zu berücksichtigenden Vermögens. Daraufhin verfügte die Beklagte zunächst eine vorläufige Leistungseinstellung für den Zeitraum ab April 2005. Am 26.04.2005 erteilte sie einen Aufhebungsbescheid, mit dem sie ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alg II für den Zeitraum ab dem 01.04.2005 ganz aufhob. Zur Begründung bezog sie sich auf die Vorschrift des § 48 des zehnten Buches Sozialgesetzbuches (SGB X). Inhaltlich stellte sie darauf ab, dass das zu berücksichtigende Vermögen des Klägers von insgesamt 101.990,52 EUR den ihm zustehenden Grundfreibetrag in Höhe von 30.910,00 EUR überschreite. Das zu berücksichtigende Vermögen ergebe sich aus den Lebensversicherungen bei der A. Service AG sowie der D. H. L. AG der D. B ... Mit den nachgewiesenen Vermögensverhältnissen sei er nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II, so dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht mehr bestehe. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Lebensversicherung bei der A. Service AG könne nicht als Vermögen angesehen werden. Er sei aufgrund langjähriger selbständiger Tätigkeit nicht pflichtversichert gewesen. Die aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwartenden Leistungen beliefen sich lediglich auf einen Betrag in Höhe von etwa 389,00 EUR. Es liege daher eine besondere Härte vor, da er mit diesem Betrag unterhalb des Existenzminimums liege. Für seine Auffassung, dass die zur Altersvorsorge gedachte Lebensversicherung nicht als Vermögen zu berücksichtigen sei, berief er sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14.07.2004 (Az. B 11 AL 79/03). Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung bezog sie sich nunmehr allerdings auf die Regelung des § 45 SGB X. Die Argumentation des Klägers, er sei als Selbständiger nicht pflichtversichert gewesen, greife nicht durch. Ein Fall des § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II liege nicht vor, weil der Kläger keinen Nachweis dafür erbracht habe, dass es sich um Vermögen zur Alterssicherung handele. Die von dem BSG in dem Urteil vom 14.07.2004 dargestellten Grundsätze seien nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar, da es sich bei dem dortigen Fall um die Anwendung bzw. die Auslegung der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiVO) gegangen sei. Da es sich vorliegend auch lediglich um eine Aufhebung für die Zukunft handele, könne der Kläger schließlich keinen Vertrauensschutz geltend machen.

Am 05.12.2005 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Eine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum nach dem 31.05.2005 wurde von der Beklagten zwischenzeitlich nicht getroffen. Der Kläger stellte seinen Lebensunterhalt in der Zeit ab dem 01.04.2005 durch Mittel sicher, die er auf der Grundlage von erstmalig im Jahre 2003 mit der A. Bank AG geschlossenen Abrufkreditverträgen erlangte. Diese Abrufkreditvereinbarungen hatte er nach seinen Angaben in der Vergangenheit zur Sicherheit geschlossen, um möglichst kurzfristig Geld zur Verfügung zu haben, falls eine andere Finanzierung seines Lebensunterhaltes nicht mehr möglich sein würde. Von dieser Möglichkeit machte er jedoch erstmalig erst im April 2005 Gebrauch. Für die in den Abrufkreditverträgen zur Verfügung gestellten Mittel wurden entsprechende Anteile aus der Kapitallebensversicherung an die A. Bank AG abgetreten.

Zur Klagebegründung beruft sich der Kläger im Wesentlichen auf sein Vorbringen in dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend führt er aus, er habe von seinen früheren Einkünften insgesamt ca. 20 % zur Alterssicherung eingezahlt, was dem Betrag entspreche, den er zur gesetzlichen Rentenversicherung hätte abführen müssen. Im Übrigen macht er geltend, er habe bereits bei der Antragstellung auf Leistungen in Form von Alg II sämtliche Unterlagen auch zu den Lebensversicherungen bzw. der Ansparrente bei der Beklagten vorgelegt. Nach seiner Auffassung müsste ihm zumindest ein Zuschuss zur privaten Krankenversicherung gewährt werden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 26.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Das Gericht hat zur näheren Aufklärung des Sachverhaltes bei dem Kläger Informationen betreffend die genauen Einzelheiten der Kapitallebensversicherung bei der A. Service AG sowie der Ansparrente bei der D. H. L. AG der D. B. eingeholt. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie den Inhalt der ebenfalls beigezogenen Verwaltungsvorgänge der AA (Kundennummer: ). Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Bescheid vom 26.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2005 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte darin die durch den Bescheid vom 22.12.2004 bewilligten Leistungen in einem Umfang von mehr als 307,23 EUR aufgehoben hat. Der Kläger ist dadurch beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die angefochtenen Bescheide sind in dem genannten Umfang rechtswidrig, weil dem Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten für die Monate April und Mai 2005 grundsätzlich ein Leistungsanspruch nach den Vorschriften des zweiten und dritten Kapitels des SGB II zustand. Er war in diesem Zeitraum insbesondere hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II, so dass die vorangegangene Leistungsbewilligung in dem Bescheid vom 22.12.2004 nicht (vollständig) rechtswidrig im Sinne des § 45 SGB X gewesen ist. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger in dem hier fraglichen Zeitraum vor, weil er einerseits, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, über keinerlei Einkommen verfügte, darüber hinaus aber auch keine der Verwertung unterliegenden Vermögensgegenstände vorhanden waren. Zumindest überstiegen die zu berücksichtigenden Vermögenswerte nicht den Grenzbetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II.

Die Kapitallebensversicherung des Kläger bei der A. Service AG ist nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Die Verwertung der Lebensversicherung wäre zwar im Frühjahr 2005 nicht offensichtlich unwirtschaftlich gewesen, weil sie bereits über einen langen Zeitraum angespart wurde und relativ kurzfristig zur Auszahlung anstand, so dass die sich daraus ergebenden Verluste im Vergleich zur Gesamtablaufleistung vergleichsweise gering gewesen wären. Keinesfalls wäre der insoweit als relevant angesehene Wert von 10 % (vgl. hierzu Hauck/Haines-Hengelhaupt, SGB II, K § 12 Rz. 254 f.) gegenüber der Ablaufleistung erreicht worden. Die Kapitallebensversicherung bei der A. Service AG ist allerdings deswegen nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil die Verwertung für den Kläger eine besondere Härte dargestellt hätte (§ 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II). Entgegen der Auffassung der Beklagten und dem Inhalt einer Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (vgl. Urteil vom 22.08.2006, Az.: L 1 AS 5/06) hält die Kammer in der vorliegenden Fallgestaltung die Rechtsprechung des BSG zu der Frage der Verwertbarkeit von Kapitallebensversicherungen vor Inanspruchnahme von Arbeitslosenhilfe in der Arbeitslosenversicherung (vgl. dazu Urteil vom 14.09.2005, Az.: B 11 a /11 AL 71/04 R), wonach eine atypische Berufs-/Erwerbsbiografie die Annahme eines (allgemeinen) Härtefalles rechtfertigen kann, wenn hierdurch außergewöhnliche Lücken im Versicherungsverlauf betreffend die Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen, im vorliegenden Fall für anwendbar (vgl. hierzu auch Hauck/Haines-Hengelhaupt, SGB II, K § 12, Rz. 266 m.w.N.; Brühl in LPK SGB II, 2. Auflage 2007, § 12 Rz. 54 f.; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.11.2006, Az.: L 9 AS 1/05, Rz. 16 - zitiert nach juris - dort im konkreten Fall jedoch verneinend, anhängig unter BSG, Az.: B 7 b AS 68/06 R). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des BSG ist regelmäßig zu fordern, dass die subjektive Zweckbestimmung des Lebensversicherungsvertrages zur Altersvorsorge durch objektive Anhaltspunkte erkennbar ist. Als hinreichend klarer Anhaltspunkt für die subjektive Zweckbestimmung durch den Betroffenen ist typisierend als ausreichend angesehen worden, wenn die Fälligkeit eines solchen Lebensversicherungsvertrages in etwa auf den Zeitpunkt des 60. bzw. 65. Lebensjahres datiert worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der nominelle Ablauftermin der Kapitallebensversicherung bei der A. Service AG noch nach der Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers lag. Zudem ergibt sich auch aus dem langen Ansparzeitraum und dem Vorbringen des Klägers, wonach er in etwa immer einen Anteil in Höhe des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung von seinem Einkommmen für die Lebensversicherung bei der A. Service AG aufgewandt hat, plausibel, dass es auch vom wirtschaftlichen Wert her ein Vertrag gewesen ist, der ihm ein in etwa auskömmliches Alterseinkommen gewährleisten sollte. Schließlich würde es die Kammer als wertungswidersprüchlich ansehen, wenn dem Kläger, der im Laufe seines mehrjährigen Arbeitslosenhilfebezuges aufgrund der damaligen Vorschriften der AlhiVO offensichtlich die Kapitallebensversicherung bei der A. Service AG nicht einsetzen musste, dies unmittelbar vor Ablauf und Eintritt in das Rentenalter zugemutet würde. Er konnte zumindest aus seiner subjektiven Sicht einen gewissen Vertrauenstatbestand auf das Fortbestehen des Vermögensschutzes entwickeln. Damit ist jedoch nichts darüber ausgesagt, wie die Rechtslage nach Verstreichen des Ablauftermins zu beurteilen ist. Diese Frage ist allerdings nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens, sondern kann allenfalls bei der Entscheidung der Beklagten über den Leistungsanspruch des Klägers in dem noch nicht beschiedenen Anschlusszeitraum relevant werden.

Gegen die Rechtsauffassung der Kammer kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Gesetzgeber habe die Eigenvorsorge für das Alter bereits in § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II abschließend berücksichtigt, so dass die Verwertbarkeit von Alterssicherungsvermögen oberhalb dieser Freibeträge keine besondere Härte darstellen kann (so aber Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.08.2006, Az.: L 1 AS 5/06). Denn dies widerspricht nicht nur der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/1749 Seite 32), sondern trägt auch nicht dem Umstand Rechnung, dass es insbesondere im Hinblick auf die von § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II erfasste Fallgestaltung eher zufällig erscheint, ob sich Personen wie der Kläger, die längere Zeit abhängig beschäftigt gewesen sind, aber auch wesentliche Teile ihres Berufslebens als Selbständige und damit Nichtversicherungspflichtige in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt haben, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung haben formal befreien lassen oder nicht. Es ist daher gerechtfertigt, über die Regelung des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II beide Personenkreise gleich zu behandeln, sofern sie über Vermögen verfügen, welches - wie hier - subjektiv eindeutig zur Altersvorsorge bestimmt worden und von dem Betroffenen auch fortlaufend so behandelt worden ist. Denn die Schutzbedürftigkeit beider Personenkreise ist gleich hoch. Schließlich kann dem Kläger aus Sicht der Kammer nicht entgegengehalten werden, er habe nicht von der Möglichkeit eines zumindest teilweise Verwertungsausschlusses nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 155 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) Gebrauch gemacht. Denn im Hinblick auf die Höhe der zu erwartenden Ablaufleistung bzw. des Rückkaufswertes zu dem hier fraglichen Zeitpunkt hätte er damit allein einem Verlust des Leistungsanspruches nicht entgehen können, so dass dies, wie der Kläger auch schriftsätzlich vorgetragen hat, für ihn objektiv keinen Sinn machte.

Ist nach alledem die Kapitallebensversicherung bei der AXA Service AG nicht als Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen, führt die daneben noch bestehende Ansparrente bei der Deutschen Herold Lebensversicherungs AG der Deutschen Bank ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung des Falles, weil sie im Hinblick auf den Rückkaufswert von 3.744,80 EUR zu dem hier fraglichen Zeitpunkt deutlich unter dem Freibetrag im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II lag.

Dennoch waren die angefochtenen Bescheide nicht in vollem Umfang rechtswidrig und damit aufzuheben. Denn aufgrund des Umzuges des Klägers im Monat März 2005 hat sich im Hinblick auf die Leistungsbewilligung in dem Bescheid vom 22.12.2004 nachträglich eine Änderung in dem zu berücksichtigenden Bedarf des Klägers dahingehend ergeben, dass sich die zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung für die beiden hier fraglichen Monate lediglich auf 402,01 EUR beliefen. Der Gesamtleistungsanspruch betrug daher jeweils nur 747,01 EUR (345,00 EUR Regelleistung zzgl. 402,01 EUR Leistungen zur Deckung der Kosten für Unterkunft und Heizung). Im Hinblick auf den darüber hinausgehenden Betrag waren die angefochtenen Aufhebungsbescheide daher rechtmäßig und insoweit nicht aufzuheben, weil die Voraussetzung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X insoweit vorliegen. Zu Gunsten des Klägers ändert sich daran auch nicht etwas dadurch, dass ihm möglicherweise ein Anspruch auf Zuschussgewährung zur freiwilligen Kranken- bzw. Rentenversicherung zustünde. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 und 2 SGB II liegen mangels Befreiung von der Versicherungspflicht in den genannten Versicherungszweigen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie orientiert sich an dem jeweiligen Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten.
Rechtskraft
Aus
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