Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 SO 1406/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 104/07 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend eine einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners ausgesprochen. Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt sind nicht auf Grund von § 21 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ausgeschlossen. Der Senat sieht sich insoweit an den Beschluss des 25. Senats vom 2. Juli 2007 in der Sache L 25 B 946/07 AS ER gebunden. Mit seinen Einwendungen gegen diese Entscheidung kann der Antragsgegner deshalb nicht gehört werden. Die Antragsteller haben gegen den Träger der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Ergebnis die selben Ansprüche geltend gemacht wie gegen den Antragsgegner. Es kann dahinstehen, ob dies dazu führt, dass der als zweiter gerichtlich anhängig gemachte Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil das Begehren gegen diesen Leistungsträger auf einfacherem Weg innerhalb des zeitlich als erstes anhängig gemachten Verfahrens mittels Beiladung erreicht werden kann (wobei hier ein Fall der "notwendigen" gemäß § 75 Abs. 2 SGG vorliegen dürfte, siehe BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R) oder aber darauf, dass – weitergehend – bereits das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG dazu führt, dass Leistungsansprüche gegen den für die Beiladung in Betracht kommenden Leistungsträger nicht mehr gesondert verfolgt werden können (Rechtsgedanke der "doppelten Rechtshängigkeit"). Jedenfalls liegt hier – anders als in den vom Antragsgegner zu seinen Gunsten herangezogenen Entscheidungen des 23. Senates (im besonderen die Beschlüsse vom 7. September 2006 – L 23 B 190/06 SO ER – und vom 19. September 2006 – L 23 B 177/06 SO ER) – in Gestalt des Beschlusses des 25. Senats eine Entscheidung darüber vor, ob die Antragstellerin leistungsberechtigt im Sinne des SGB II ist. Auch wenn die Begründung, aus der hervorgeht, dass der 25. Senat das Merkmal der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II verneint hat, nicht an der förmlichen Bindungswirkung nach § 77 SGG teilnimmt, verbietet jedenfalls das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine abweichende rechtliche Bewertung des Merkmals der Erwerbsfähigkeit im vorliegenden Verfahren gegen den Träger der Sozialhilfe: Anderenfalls würde ein "negativer Kompetenzkonflikt" durch gerichtliche Entscheidungen festgeschrieben, gegen die sich die Antragstellerin nicht mehr zur Wehr setzen könnte. Leistungsansprüche sind auch nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen. Es gibt bereits keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Antragstellerin zu 1) zu dem Zweck eingereist ist, Sozialhilfe zu erlangen. Denn sie hatte ihren Lebensunterhalt immerhin nahezu ein Jahr durch eine selbständige Tätigkeit bestritten und auch danach zunächst keine öffentlichen Leistungen in Anspruch genommen. Für den Antragsteller zu 2) kann dies von vornherein nicht zutreffen. Abgesehen davon schließt § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII – anders als es beim Antragsgegner anklingt – nur die Gewährung von Sozialhilfe als Anspruchsleistung, nicht aber im Ermessensweg aus (s. zusammenfassend Birk in LPK-SGB XII, 7. Auflage 2005, § 23 Rz. 33, 34). Da sich die Antragstellerin zu 1) im streitigen Zeitraum in den Schutzfristen nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz befand, spricht viel dafür, dass dieses Ermessen "auf Null reduziert" wäre. Dass der Antragsgegner Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller hat, schließt es ebenfalls nicht aus, ihnen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zuzusprechen. Im Gegenteil muss gerade dann, wenn sich die anspruchserheblichen Umstände im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend klären lassen, eine Güterabwägung vorgenommen worden (grundlegend und ausführlich hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Diese fällt im streitigen Zeitraum zu Gunsten der Antragsteller aus, wie das Sozialgericht zutreffend ausführt. Berechtigten Zweifeln kann dadurch Rechnung getragen werden, dass – wie das Sozialgericht es auch getan hat – die Leistungen einstweilig nicht in voller Höhe zuerkannt werden. Weil die vorläufige Zuerkennung von Leistungen ausschließlich auf einer Güterabwägung beruht, kann die endgültige Prüfung der Leistungsvoraussetzungen naturgemäß zu einem anderen Ergebnis führen. Die Antragsteller sind mit anderen Worten nun nicht etwa von ihren Mitwirkungsobliegenheiten entbunden und haben gegebenenfalls "endgültig" die Folgen zu tragen, wenn sich anspruchsbegründende Tatsachen wegen mangelnder Mitwirkung nicht nachweisen lassen. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend eine einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners ausgesprochen. Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt sind nicht auf Grund von § 21 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ausgeschlossen. Der Senat sieht sich insoweit an den Beschluss des 25. Senats vom 2. Juli 2007 in der Sache L 25 B 946/07 AS ER gebunden. Mit seinen Einwendungen gegen diese Entscheidung kann der Antragsgegner deshalb nicht gehört werden. Die Antragsteller haben gegen den Träger der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Ergebnis die selben Ansprüche geltend gemacht wie gegen den Antragsgegner. Es kann dahinstehen, ob dies dazu führt, dass der als zweiter gerichtlich anhängig gemachte Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil das Begehren gegen diesen Leistungsträger auf einfacherem Weg innerhalb des zeitlich als erstes anhängig gemachten Verfahrens mittels Beiladung erreicht werden kann (wobei hier ein Fall der "notwendigen" gemäß § 75 Abs. 2 SGG vorliegen dürfte, siehe BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R) oder aber darauf, dass – weitergehend – bereits das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG dazu führt, dass Leistungsansprüche gegen den für die Beiladung in Betracht kommenden Leistungsträger nicht mehr gesondert verfolgt werden können (Rechtsgedanke der "doppelten Rechtshängigkeit"). Jedenfalls liegt hier – anders als in den vom Antragsgegner zu seinen Gunsten herangezogenen Entscheidungen des 23. Senates (im besonderen die Beschlüsse vom 7. September 2006 – L 23 B 190/06 SO ER – und vom 19. September 2006 – L 23 B 177/06 SO ER) – in Gestalt des Beschlusses des 25. Senats eine Entscheidung darüber vor, ob die Antragstellerin leistungsberechtigt im Sinne des SGB II ist. Auch wenn die Begründung, aus der hervorgeht, dass der 25. Senat das Merkmal der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II verneint hat, nicht an der förmlichen Bindungswirkung nach § 77 SGG teilnimmt, verbietet jedenfalls das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine abweichende rechtliche Bewertung des Merkmals der Erwerbsfähigkeit im vorliegenden Verfahren gegen den Träger der Sozialhilfe: Anderenfalls würde ein "negativer Kompetenzkonflikt" durch gerichtliche Entscheidungen festgeschrieben, gegen die sich die Antragstellerin nicht mehr zur Wehr setzen könnte. Leistungsansprüche sind auch nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen. Es gibt bereits keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Antragstellerin zu 1) zu dem Zweck eingereist ist, Sozialhilfe zu erlangen. Denn sie hatte ihren Lebensunterhalt immerhin nahezu ein Jahr durch eine selbständige Tätigkeit bestritten und auch danach zunächst keine öffentlichen Leistungen in Anspruch genommen. Für den Antragsteller zu 2) kann dies von vornherein nicht zutreffen. Abgesehen davon schließt § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII – anders als es beim Antragsgegner anklingt – nur die Gewährung von Sozialhilfe als Anspruchsleistung, nicht aber im Ermessensweg aus (s. zusammenfassend Birk in LPK-SGB XII, 7. Auflage 2005, § 23 Rz. 33, 34). Da sich die Antragstellerin zu 1) im streitigen Zeitraum in den Schutzfristen nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz befand, spricht viel dafür, dass dieses Ermessen "auf Null reduziert" wäre. Dass der Antragsgegner Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller hat, schließt es ebenfalls nicht aus, ihnen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zuzusprechen. Im Gegenteil muss gerade dann, wenn sich die anspruchserheblichen Umstände im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend klären lassen, eine Güterabwägung vorgenommen worden (grundlegend und ausführlich hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Diese fällt im streitigen Zeitraum zu Gunsten der Antragsteller aus, wie das Sozialgericht zutreffend ausführt. Berechtigten Zweifeln kann dadurch Rechnung getragen werden, dass – wie das Sozialgericht es auch getan hat – die Leistungen einstweilig nicht in voller Höhe zuerkannt werden. Weil die vorläufige Zuerkennung von Leistungen ausschließlich auf einer Güterabwägung beruht, kann die endgültige Prüfung der Leistungsvoraussetzungen naturgemäß zu einem anderen Ergebnis führen. Die Antragsteller sind mit anderen Worten nun nicht etwa von ihren Mitwirkungsobliegenheiten entbunden und haben gegebenenfalls "endgültig" die Folgen zu tragen, wenn sich anspruchsbegründende Tatsachen wegen mangelnder Mitwirkung nicht nachweisen lassen. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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