Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 38/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.078,64 EUR als Restforderung aus der Abrechnung vom zweiten Quartal 2004 zu zahlen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert beträgt 5.078,64 EUR.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten im Rahmen des Erstattungsanspruches nach § 264 Absatz 7 SGB V zusätzlich zu den Aufwendungen für Krankenbehandlung die Er-stattung der Verwaltungskosten, des Sprechstundenbedarfs und der Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung.
Die Klägerin hat mit dem Beklagten am 23.01.2004 für die von ihr gemäß § 264 SGB V betreuten Empfänger von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt und von Em-pfängern von Hilfe in besonderen Lebenslagen nach Abschnitt 3 des BSHG, die nicht krankenversichert sind, und die die Klägerin als betreuende Krankenkasse gewählt haben, eine Vereinbarung mit Wirkung ab 01.01.2004 abgeschlossen, wonach der Beklagte sich verpflichtete, die Aufwendungen der Klägerin für den betroffenen Personenkreis vierteljährlich zu erstatten; als angemessene Verwaltungskosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach § 264 Absatz 2 SGB V wurden gemäß § 264 Absatz 7 SGB V bis zu 5 % der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Der Beklagte verzichtete auf die Vorlage von Originalbelegen. Er behielt sich jedoch vor, in Kostenerstattungsfällen Originalbelege anzufordern. Hierzu werde auf überregionaler Ebene eine Vereinfachung angestrebt. Der Beklagte behalte sich ein Prüfrecht für die von der Klägerin angegebenen Aufwendungen vor. Nach § 264 Absatz 7 SGB V könne der zuständige Sozialhilfeträger von der jeweiligen Krankenkasse verlangen, die Angemessenheit der Aufwen-dungen zu prüfen und nachzuweisen, wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorlägen.
Die von der Klägerin im 2. Quartal 2004 gemachten Aufwendungen für Krankenbehandlung von 51 Sozialhilfeempfängern des Beklagten hat der Beklagte erstattet. Zusätzlich zu diesen Aufwendungen hat die Klägerin Verwaltungskosten in Höhe von 5 % der abgerechneten Leistungsaufwendungen in Höhe von 4.749,69 EUR, Sprechstundenbedarf in Höhe von 326,65 EUR und die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung in Höhe von 2,30 EUR zusätzlich geltend gemacht.
Der Beklagte hat die Berechnung der Höhe dieser Kosten als zutreffend anerkannt, weigert sich jedoch dem Grunde nach diese Kostenpositionen zu erstatten. Die Klägerin habe weder nachgewiesen, dass Verwaltungskosten überhaupt angefallen wären noch habe sie die Verwaltungskosten detailliert nachgewiesen. Nach der gesetzlichen Regelung bestehe ein Spielraum von 0 % bis 5 %. Eine Konkretisierung, welcher Prozentsatz an Verwaltungskosten zu übernehmen sei, könne nur vom Gesetzgeber selbst vorgenommen werden. Solange hier keine eindeutige Regelung getroffen sei, würden auch 0 % der gesetzlichen Verpflichtung gerecht. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Sprechstun-denbedarfes bestünde nicht, da es sich hierbei nicht um eine Leistung nach § 264 Absatz 2 SGB V handele. Die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung seien nicht zu erstatten, da es sich hierbei nicht um Aufwendungen für die Krankenbehandlung handele. Die Kosten seien Bestandteil der Verwaltungskosten.
Am 11.11.2005 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben. Sie habe Anspruch auf Erstattung der Verwaltungskosten, des Sprechstundenbedarfes und der Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung in Höhe von insgesamt 5.078,64 EUR. Der Anspruch auf Erstattung der Verwaltungskosten sei gesetzlich geregelt. Gemäß § 264 Absatz 7 Satz 1 und Satz 2 SGB V könne die Krankenkasse angemessenen Verwaltungskostenaufwand begrenzt auf maximal 5 % geltend machen. Es komme nicht darauf an, zu welchen Kosten der Beklagte die Krankenbehandlung erbracht hätte, sondern zu welchen Verwaltungskosten die gewählte gesetzliche Krankenkasse dies könne, jedoch mit der Einschränkung, dass diese Kosten angemessen sein müssten und maximal auf 5 % begrenzt seien. Da die Berechtigten im gesetzlich vorgesehenen Leistungsumfang mit den Krankenversicherten der Kasse gleich behandelt werden müssten, und nicht schlechter, aber auch nicht besser stehen sollten, sei davon auszuge-hen, dass auch die Verwaltungskosten aufgewendet werden dürften, die für die Betreuung der Mitglieder entstünden. Nach der amtlichen Statistik der Klägerin für das Jahr 2003 hätten die Verwaltungskosten einen Anteil von 5,44 % je Mitglied an den Gesamtausgaben und von 5,82 % gemessen an den Leistungsausgaben je Mitglied ausgemacht. Demnach müsse von einem angemessenen Verwaltungskostenersatz von 5 % ausgegangen werden. Auch im Bundesschnitt betrage dieser Satz über alle Krankenkassen hinweg mehr als 5 %, so dass der von der Klägerin geltend gemachte Anteil angemessen sei. Er entstehe tatsächlich und falle nicht aus dem Bundesrahmen. Eigentlich sei der Erstattungssatz sogar zu niedrig, weil die Berechtigten aufgrund ihrer hohen Fluktuation und überdurchschnittlichen Leistungsinanspruchnahme wesentlich mehr Arbeit abverlang-ten, Mehrverwaltungskosten produzierten als die Mitglieder der Klägerin.
Ein Erstattungsanspruch bestünde auch hinsichtlich des Sprechstundenbedarfs. Unter Sprechstundenbedarf verstehe man beispielsweise Binden, Heftpflaster, Kompressen, Mulltupfer, Schienen zur Anfertigung von Schienenverbänden und Wattestäbchen, die bei der Behandlung in einer Arztpraxis individuell verbraucht, aber nicht vom Versicherten mittels Verordnung besorgt würden. Dieser Sprechstundenbedarf würde den Ärzten entsprechend den abgeschlossenen Sprechstundenbedarfs-Vereinbarungen ersetzt. Die insoweit anfallenden und von den Krankenkassen zu begleichenden Kosten, seien anteilig von den örtlichen Sozialhilfeträgern zu ersetzen. Es handele sich nicht um Verwaltungskosten.
Zu Recht könne die Klägerin auch die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung verlangen. Dieser konkret zuordnungsbare und individuell anfallende Aufwand aus dem Vollzug des § 264 Absatz 4 Satz 2 SGB V sei entsprechend dem geführten und unstrittigen Nachweis zu erstatten. Es handele sich um Kosten, die auf die einzelnen Ver-sicherten bezogen wären, so dass dieser Versorgungsaufwand individuell abzugelten sei. Die Versicherten hätten wegen § 15 Absatz 6 und § 291 SGB V jeweils einen individuellen Leistungsanspruch auf Ausstellung einer Krankenversicherungskarte, so dass dieser individuelle Leistungsaufwand auch individuell zu erstatten wäre; es handele sich gerade nicht um anonyme Verwaltungskosten.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.078,64 EUR als Restforderung aus den Abrechnungen vom 2. Quartal 2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bereits im Vorfeld der Vereinbarung mit der Klägerin sei keine Einigung über die Höhe der Verwaltungskosten erzielt worden, daher sei unter Nr. 4 in der Vereinbarung mit der Klägerin der Gesetzestext aufgenommen worden. Die Beklagte halte an ihrer Rechtsauffassung fest, dass weder das Entstehen von Verwaltungskosten noch deren genaue Höhe nachgewiesen wäre und eine Konkretisierung des Prozentsatzes vom Gesetzgeber vorgenommen werden müsse. Solange keine eindeutige Regelung getroffen sei, würden auch 0 % der gesetzlichen Verpflichtung gerecht.
Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Sprechstundenbedarf bestehe nicht, da es sich hierbei nicht um eine Leistung nach § 264 Absatz 2 SGB V handele. Sprechstundenbedarf sei kein Sondertatbestand und daher nicht gesondert abrechnungsfähig. Er sei mit der Verwaltungspauschale abgegolten.
Die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung seien ebenfalls nicht zu erstatten, da es sich hierbei nicht um Aufwendungen für die Krankenbehandlung handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Der Vorprozess-Schriftverkehr hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für Verwaltung, Sprechstundenbedarf und erstmaliger Ausstellung der Krankenversicherungskarte.
Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus § 264 Absatz 7 SGB V: Die Aufwendungen, die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Absätzen 2 bis 6 entstehen, werden ihnen von den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe vierteljährlich erstattet. Als angemessene Verwaltungs-kosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach Absatz 2 werden bis zu 5 v.H. der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorliegen, kann der zuständige Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe von der jeweiligen Krankenkasse verlangen, die Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen und nachzu-weisen.
Die Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus dieser gesetzlichen Vorschrift und nicht aus der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung. Die zwischen den Beteiligten geschlossene Vereinbarung beinhaltet keinen Anspruchsausschluss. Sie enthält auch keine Konkretisierung des gesetzlich vorgegebenen Erstattungsrahmens: Nach der gesetzlichen Vorgabe ist die Krankenkasse berechtigt, bis zu 5 % der maßgeblichen Aufwendungen als Verwaltungskosten geltend zu machen. Innerhalb dieses Rahmens sind die Kosten auf den angemessenen Betrag begrenzt. Der Begriff der angemessenen Verwaltungskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der gerichtlichen Kontrolle. Durch die Orientierung der Höhe der Verwaltungskosten an der Angemessenheit der Verwaltungskosten ermöglicht der Gesetzgeber eine Anpassung des Prozentsatzes an die jeweiligen Verhältnisse. Eine Festlegung des Verwaltungskostenanteiles an den Gesamtaufwendungen hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt. Die Weigerung des Beklagten, überhaupt Verwaltungskosten zu zahlen, da der Gesetzgeber keinen konkreten Prozentsatz angegeben hat, findet daher keine Stütze im Gesetz.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Prozentsatz für die zu erstattenden Verwaltungskosten von dem in der amtlichen Statistik veröffentlichten Prozentsatz der Verwaltungskosten an den Leistungsausgaben für die Mitglieder abhängig gemacht hat. Da die nach § 264 SGB V von der Klägerin betreuten Sozialhilfeempfänger leistungsrechtlich den Mitgliedern der Klägerin gleichgestellt sein sollen, ist es angemessen, für beide Gruppen den gleichen Verwaltungskostenanteil zugrundezulegen, wobei hier allerdings der Verwaltungskostenanteil für die betreuten Sozialhilfeempfänger auf maximal 5 % der Leistungsausgaben begrenzt ist. Da die von der Klägerin für das Jahr 2003 herausgegebene amtliche Statistik einen Verwaltungskostenanteil von mehr als 5 % ausweist, entspricht der von der Klägerin berechnete Verwaltungskostenanteil von 5 % an den Leistungsausgaben der gesetzlichen Vorgabe in § 264 Absatz 7 Satz 2 SGB V.
Es kann hier dahinstehen, ob die von der Klägerin angeführte Besonderheit, dass die nach § 264 SGB V betreuten Sozialhilfeempfänger einen höheren Verwaltungsaufwand verursachen, einen die amtliche Statistik übersteigenden Verwaltungskostenanteil rechtfertigen würde. Im vorliegenden Fall würde sich dies nicht auswirken, da die gesetzlich vorgegebene Grenze von 5 % hier ohnehin erreicht war. Dieser Gesichtspunkt könnte jedoch von Bedeutung sein, wenn der in der amtlichen Statistik ausgewiesene Verwaltungskostenanteil unter 5 % liegt.
Andererseits muss auch berücksichtigt werden, dass bei den nach § 264 SGB V betreuten Sozialhilfeempfängern keine Verwaltungskosten für die Beitragserhebung anfallen. Im Ergebnis ist daher eine Orientierung an dem statistisch veröffentlichten allgemeinen Verwaltungsanteil gerechtfertigt.
Zu Unrecht verlangt der Beklagte den Nachweis, dass überhaupt Verwaltungskosten entstanden sind und wenn ja, in welcher Höhe. Die Verwaltungskosten setzen sich aus einer Vielzahl konkreter und allgemeiner Kosten zusammen. Eine konkrete Berechnung der auf den einzelnen Leistungsfall entfallenden Verwaltungskosten ist nicht möglich. Dementsprechend hat der Gesetzgeber eine pauschale prozentuale Quotelung als Berechnungskriterium für den Verwaltungskostenanteil vorgegeben.
Die Klägerin hat daher zu Recht Anspruch auf Erstattung des auch nach Auffassung der Beklagten zutreffend berechneten Verwaltungskostenanteiles in Höhe von 4.749,69 EUR.
Des Weiteren hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung des Aufwandes für Sprechstundenbedarf in Höhe von 326,65 EUR. Auch beim Sprechstundenbedarf ist eine konkrete Berechnung des auf den jeweiligen Leistungsfall bezogenen Anteils von Kosten für Sprechstundenbedarf nicht möglich. Auch der Sprechstundenbedarf wird den Krankenkassen nicht bezogen auf den Einzelfall in Rechnung gestellt. Es handelt sich jedoch um Kosten, die die Krankenkassen generell zu erbringen haben. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 264 Absatz 7 Satz 1 SGB V erfasst alle Aufwendungen, die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Absätzen 2 bis 6 entstehen. Dies ergibt sich schon aus der Systematik des Absatzes 7: Die Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist in Satz 1 geregelt. Die Sätze 2 und 3 regeln ausschließlich die Höhe der zu erstattenden Verwaltungskosten, wobei der Anspruch auf Erstattung der Verwaltungskosten sich aus Satz 1 ergibt. Daraus ist zu entnehmen, dass Satz 1 alle Aufwendungen der Krankenkassen erfasst, die durch die Übernahme der Krankenbehand-lung anfallen, auch dann wenn diese nicht konkreter Natur sind. Aus den Regelungen in Satz 2 und 3 kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass die Verwaltungskosten als Sonderfall von Allgemeinkosten zusätzlich zu dem allgemeinen Aufwendungsersatz nach Satz 1 hinzu käme. Die Systematik gebietet es vielmehr Satz 1 dahingehend auszulegen, dass er nicht nur die konkreten sondern auch die allgemeinen und nicht konkret berechen-baren Aufwendungen erfasst. Zu diesen nicht konkret berechenbaren Aufwendungen der Krankenkassen gehört der Sprechstundenbedarf. Die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruches für Sprechstundenbedarf ist hier unstreitig. Diese Forderung besteht somit zu Recht.
Des Weiteren hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die erst-malige Ausstellung der Krankenversicherungskarte. Auch wenn die nach § 264 SGB V betreuten Sozialhilfeempfänger nicht Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse werden, so steht ihnen doch gemäß § 264 Absatz 4 Satz 2 eine Krankenversicherungskarte nach § 291 zu. Es handelt sich um eine im Gesetz konkret für diesen Personenkreis genannte Leistung, für die der Klägerin naturgemäß Kosten entstehen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese sogar in § 264 Absatz 4 SGB V konkret genannte Leistung für diesen Personenkreis nicht unter den Aufwendungs-Erstattungsanspruch nach Absatz 7 fällt. Die Höhe auch dieses Erstattungsanspruches ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der Klage war daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a SGG.
Der Streitwert wird entsprechend dem wirtschaftlichen Wert des geltend gemachten Anspruches auf 5.078,64 EUR festgesetzt (§ 187 SGG, § 63 Absatz 1, 52 GKG).
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten im Rahmen des Erstattungsanspruches nach § 264 Absatz 7 SGB V zusätzlich zu den Aufwendungen für Krankenbehandlung die Er-stattung der Verwaltungskosten, des Sprechstundenbedarfs und der Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung.
Die Klägerin hat mit dem Beklagten am 23.01.2004 für die von ihr gemäß § 264 SGB V betreuten Empfänger von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt und von Em-pfängern von Hilfe in besonderen Lebenslagen nach Abschnitt 3 des BSHG, die nicht krankenversichert sind, und die die Klägerin als betreuende Krankenkasse gewählt haben, eine Vereinbarung mit Wirkung ab 01.01.2004 abgeschlossen, wonach der Beklagte sich verpflichtete, die Aufwendungen der Klägerin für den betroffenen Personenkreis vierteljährlich zu erstatten; als angemessene Verwaltungskosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach § 264 Absatz 2 SGB V wurden gemäß § 264 Absatz 7 SGB V bis zu 5 % der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Der Beklagte verzichtete auf die Vorlage von Originalbelegen. Er behielt sich jedoch vor, in Kostenerstattungsfällen Originalbelege anzufordern. Hierzu werde auf überregionaler Ebene eine Vereinfachung angestrebt. Der Beklagte behalte sich ein Prüfrecht für die von der Klägerin angegebenen Aufwendungen vor. Nach § 264 Absatz 7 SGB V könne der zuständige Sozialhilfeträger von der jeweiligen Krankenkasse verlangen, die Angemessenheit der Aufwen-dungen zu prüfen und nachzuweisen, wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorlägen.
Die von der Klägerin im 2. Quartal 2004 gemachten Aufwendungen für Krankenbehandlung von 51 Sozialhilfeempfängern des Beklagten hat der Beklagte erstattet. Zusätzlich zu diesen Aufwendungen hat die Klägerin Verwaltungskosten in Höhe von 5 % der abgerechneten Leistungsaufwendungen in Höhe von 4.749,69 EUR, Sprechstundenbedarf in Höhe von 326,65 EUR und die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung in Höhe von 2,30 EUR zusätzlich geltend gemacht.
Der Beklagte hat die Berechnung der Höhe dieser Kosten als zutreffend anerkannt, weigert sich jedoch dem Grunde nach diese Kostenpositionen zu erstatten. Die Klägerin habe weder nachgewiesen, dass Verwaltungskosten überhaupt angefallen wären noch habe sie die Verwaltungskosten detailliert nachgewiesen. Nach der gesetzlichen Regelung bestehe ein Spielraum von 0 % bis 5 %. Eine Konkretisierung, welcher Prozentsatz an Verwaltungskosten zu übernehmen sei, könne nur vom Gesetzgeber selbst vorgenommen werden. Solange hier keine eindeutige Regelung getroffen sei, würden auch 0 % der gesetzlichen Verpflichtung gerecht. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Sprechstun-denbedarfes bestünde nicht, da es sich hierbei nicht um eine Leistung nach § 264 Absatz 2 SGB V handele. Die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung seien nicht zu erstatten, da es sich hierbei nicht um Aufwendungen für die Krankenbehandlung handele. Die Kosten seien Bestandteil der Verwaltungskosten.
Am 11.11.2005 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben. Sie habe Anspruch auf Erstattung der Verwaltungskosten, des Sprechstundenbedarfes und der Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung in Höhe von insgesamt 5.078,64 EUR. Der Anspruch auf Erstattung der Verwaltungskosten sei gesetzlich geregelt. Gemäß § 264 Absatz 7 Satz 1 und Satz 2 SGB V könne die Krankenkasse angemessenen Verwaltungskostenaufwand begrenzt auf maximal 5 % geltend machen. Es komme nicht darauf an, zu welchen Kosten der Beklagte die Krankenbehandlung erbracht hätte, sondern zu welchen Verwaltungskosten die gewählte gesetzliche Krankenkasse dies könne, jedoch mit der Einschränkung, dass diese Kosten angemessen sein müssten und maximal auf 5 % begrenzt seien. Da die Berechtigten im gesetzlich vorgesehenen Leistungsumfang mit den Krankenversicherten der Kasse gleich behandelt werden müssten, und nicht schlechter, aber auch nicht besser stehen sollten, sei davon auszuge-hen, dass auch die Verwaltungskosten aufgewendet werden dürften, die für die Betreuung der Mitglieder entstünden. Nach der amtlichen Statistik der Klägerin für das Jahr 2003 hätten die Verwaltungskosten einen Anteil von 5,44 % je Mitglied an den Gesamtausgaben und von 5,82 % gemessen an den Leistungsausgaben je Mitglied ausgemacht. Demnach müsse von einem angemessenen Verwaltungskostenersatz von 5 % ausgegangen werden. Auch im Bundesschnitt betrage dieser Satz über alle Krankenkassen hinweg mehr als 5 %, so dass der von der Klägerin geltend gemachte Anteil angemessen sei. Er entstehe tatsächlich und falle nicht aus dem Bundesrahmen. Eigentlich sei der Erstattungssatz sogar zu niedrig, weil die Berechtigten aufgrund ihrer hohen Fluktuation und überdurchschnittlichen Leistungsinanspruchnahme wesentlich mehr Arbeit abverlang-ten, Mehrverwaltungskosten produzierten als die Mitglieder der Klägerin.
Ein Erstattungsanspruch bestünde auch hinsichtlich des Sprechstundenbedarfs. Unter Sprechstundenbedarf verstehe man beispielsweise Binden, Heftpflaster, Kompressen, Mulltupfer, Schienen zur Anfertigung von Schienenverbänden und Wattestäbchen, die bei der Behandlung in einer Arztpraxis individuell verbraucht, aber nicht vom Versicherten mittels Verordnung besorgt würden. Dieser Sprechstundenbedarf würde den Ärzten entsprechend den abgeschlossenen Sprechstundenbedarfs-Vereinbarungen ersetzt. Die insoweit anfallenden und von den Krankenkassen zu begleichenden Kosten, seien anteilig von den örtlichen Sozialhilfeträgern zu ersetzen. Es handele sich nicht um Verwaltungskosten.
Zu Recht könne die Klägerin auch die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung verlangen. Dieser konkret zuordnungsbare und individuell anfallende Aufwand aus dem Vollzug des § 264 Absatz 4 Satz 2 SGB V sei entsprechend dem geführten und unstrittigen Nachweis zu erstatten. Es handele sich um Kosten, die auf die einzelnen Ver-sicherten bezogen wären, so dass dieser Versorgungsaufwand individuell abzugelten sei. Die Versicherten hätten wegen § 15 Absatz 6 und § 291 SGB V jeweils einen individuellen Leistungsanspruch auf Ausstellung einer Krankenversicherungskarte, so dass dieser individuelle Leistungsaufwand auch individuell zu erstatten wäre; es handele sich gerade nicht um anonyme Verwaltungskosten.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.078,64 EUR als Restforderung aus den Abrechnungen vom 2. Quartal 2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bereits im Vorfeld der Vereinbarung mit der Klägerin sei keine Einigung über die Höhe der Verwaltungskosten erzielt worden, daher sei unter Nr. 4 in der Vereinbarung mit der Klägerin der Gesetzestext aufgenommen worden. Die Beklagte halte an ihrer Rechtsauffassung fest, dass weder das Entstehen von Verwaltungskosten noch deren genaue Höhe nachgewiesen wäre und eine Konkretisierung des Prozentsatzes vom Gesetzgeber vorgenommen werden müsse. Solange keine eindeutige Regelung getroffen sei, würden auch 0 % der gesetzlichen Verpflichtung gerecht.
Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Sprechstundenbedarf bestehe nicht, da es sich hierbei nicht um eine Leistung nach § 264 Absatz 2 SGB V handele. Sprechstundenbedarf sei kein Sondertatbestand und daher nicht gesondert abrechnungsfähig. Er sei mit der Verwaltungspauschale abgegolten.
Die Kosten für die Krankenversicherungskarten-Erstversorgung seien ebenfalls nicht zu erstatten, da es sich hierbei nicht um Aufwendungen für die Krankenbehandlung handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Der Vorprozess-Schriftverkehr hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für Verwaltung, Sprechstundenbedarf und erstmaliger Ausstellung der Krankenversicherungskarte.
Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus § 264 Absatz 7 SGB V: Die Aufwendungen, die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Absätzen 2 bis 6 entstehen, werden ihnen von den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe vierteljährlich erstattet. Als angemessene Verwaltungs-kosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach Absatz 2 werden bis zu 5 v.H. der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorliegen, kann der zuständige Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe von der jeweiligen Krankenkasse verlangen, die Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen und nachzu-weisen.
Die Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus dieser gesetzlichen Vorschrift und nicht aus der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung. Die zwischen den Beteiligten geschlossene Vereinbarung beinhaltet keinen Anspruchsausschluss. Sie enthält auch keine Konkretisierung des gesetzlich vorgegebenen Erstattungsrahmens: Nach der gesetzlichen Vorgabe ist die Krankenkasse berechtigt, bis zu 5 % der maßgeblichen Aufwendungen als Verwaltungskosten geltend zu machen. Innerhalb dieses Rahmens sind die Kosten auf den angemessenen Betrag begrenzt. Der Begriff der angemessenen Verwaltungskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der gerichtlichen Kontrolle. Durch die Orientierung der Höhe der Verwaltungskosten an der Angemessenheit der Verwaltungskosten ermöglicht der Gesetzgeber eine Anpassung des Prozentsatzes an die jeweiligen Verhältnisse. Eine Festlegung des Verwaltungskostenanteiles an den Gesamtaufwendungen hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt. Die Weigerung des Beklagten, überhaupt Verwaltungskosten zu zahlen, da der Gesetzgeber keinen konkreten Prozentsatz angegeben hat, findet daher keine Stütze im Gesetz.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Prozentsatz für die zu erstattenden Verwaltungskosten von dem in der amtlichen Statistik veröffentlichten Prozentsatz der Verwaltungskosten an den Leistungsausgaben für die Mitglieder abhängig gemacht hat. Da die nach § 264 SGB V von der Klägerin betreuten Sozialhilfeempfänger leistungsrechtlich den Mitgliedern der Klägerin gleichgestellt sein sollen, ist es angemessen, für beide Gruppen den gleichen Verwaltungskostenanteil zugrundezulegen, wobei hier allerdings der Verwaltungskostenanteil für die betreuten Sozialhilfeempfänger auf maximal 5 % der Leistungsausgaben begrenzt ist. Da die von der Klägerin für das Jahr 2003 herausgegebene amtliche Statistik einen Verwaltungskostenanteil von mehr als 5 % ausweist, entspricht der von der Klägerin berechnete Verwaltungskostenanteil von 5 % an den Leistungsausgaben der gesetzlichen Vorgabe in § 264 Absatz 7 Satz 2 SGB V.
Es kann hier dahinstehen, ob die von der Klägerin angeführte Besonderheit, dass die nach § 264 SGB V betreuten Sozialhilfeempfänger einen höheren Verwaltungsaufwand verursachen, einen die amtliche Statistik übersteigenden Verwaltungskostenanteil rechtfertigen würde. Im vorliegenden Fall würde sich dies nicht auswirken, da die gesetzlich vorgegebene Grenze von 5 % hier ohnehin erreicht war. Dieser Gesichtspunkt könnte jedoch von Bedeutung sein, wenn der in der amtlichen Statistik ausgewiesene Verwaltungskostenanteil unter 5 % liegt.
Andererseits muss auch berücksichtigt werden, dass bei den nach § 264 SGB V betreuten Sozialhilfeempfängern keine Verwaltungskosten für die Beitragserhebung anfallen. Im Ergebnis ist daher eine Orientierung an dem statistisch veröffentlichten allgemeinen Verwaltungsanteil gerechtfertigt.
Zu Unrecht verlangt der Beklagte den Nachweis, dass überhaupt Verwaltungskosten entstanden sind und wenn ja, in welcher Höhe. Die Verwaltungskosten setzen sich aus einer Vielzahl konkreter und allgemeiner Kosten zusammen. Eine konkrete Berechnung der auf den einzelnen Leistungsfall entfallenden Verwaltungskosten ist nicht möglich. Dementsprechend hat der Gesetzgeber eine pauschale prozentuale Quotelung als Berechnungskriterium für den Verwaltungskostenanteil vorgegeben.
Die Klägerin hat daher zu Recht Anspruch auf Erstattung des auch nach Auffassung der Beklagten zutreffend berechneten Verwaltungskostenanteiles in Höhe von 4.749,69 EUR.
Des Weiteren hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung des Aufwandes für Sprechstundenbedarf in Höhe von 326,65 EUR. Auch beim Sprechstundenbedarf ist eine konkrete Berechnung des auf den jeweiligen Leistungsfall bezogenen Anteils von Kosten für Sprechstundenbedarf nicht möglich. Auch der Sprechstundenbedarf wird den Krankenkassen nicht bezogen auf den Einzelfall in Rechnung gestellt. Es handelt sich jedoch um Kosten, die die Krankenkassen generell zu erbringen haben. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 264 Absatz 7 Satz 1 SGB V erfasst alle Aufwendungen, die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Absätzen 2 bis 6 entstehen. Dies ergibt sich schon aus der Systematik des Absatzes 7: Die Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist in Satz 1 geregelt. Die Sätze 2 und 3 regeln ausschließlich die Höhe der zu erstattenden Verwaltungskosten, wobei der Anspruch auf Erstattung der Verwaltungskosten sich aus Satz 1 ergibt. Daraus ist zu entnehmen, dass Satz 1 alle Aufwendungen der Krankenkassen erfasst, die durch die Übernahme der Krankenbehand-lung anfallen, auch dann wenn diese nicht konkreter Natur sind. Aus den Regelungen in Satz 2 und 3 kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass die Verwaltungskosten als Sonderfall von Allgemeinkosten zusätzlich zu dem allgemeinen Aufwendungsersatz nach Satz 1 hinzu käme. Die Systematik gebietet es vielmehr Satz 1 dahingehend auszulegen, dass er nicht nur die konkreten sondern auch die allgemeinen und nicht konkret berechen-baren Aufwendungen erfasst. Zu diesen nicht konkret berechenbaren Aufwendungen der Krankenkassen gehört der Sprechstundenbedarf. Die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruches für Sprechstundenbedarf ist hier unstreitig. Diese Forderung besteht somit zu Recht.
Des Weiteren hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die erst-malige Ausstellung der Krankenversicherungskarte. Auch wenn die nach § 264 SGB V betreuten Sozialhilfeempfänger nicht Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse werden, so steht ihnen doch gemäß § 264 Absatz 4 Satz 2 eine Krankenversicherungskarte nach § 291 zu. Es handelt sich um eine im Gesetz konkret für diesen Personenkreis genannte Leistung, für die der Klägerin naturgemäß Kosten entstehen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese sogar in § 264 Absatz 4 SGB V konkret genannte Leistung für diesen Personenkreis nicht unter den Aufwendungs-Erstattungsanspruch nach Absatz 7 fällt. Die Höhe auch dieses Erstattungsanspruches ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der Klage war daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a SGG.
Der Streitwert wird entsprechend dem wirtschaftlichen Wert des geltend gemachten Anspruches auf 5.078,64 EUR festgesetzt (§ 187 SGG, § 63 Absatz 1, 52 GKG).
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