S 18 KR 587/04.ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 587/04.ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Vollstreckungsschuldner kann das Fehlen eines gegen ihn gerichteten Vollstreckungstitels über eine Beitragsforderung im Wege der negativen Feststellungsklage gegenüber der Einzugsstelle vor dem Sozialgericht geltend machen. Zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache kann in dieser Situation das Sozialgericht eine einstweilige Anordnung erlassen. Die Möglichkeit, darüber hinaus das Fehlen des Titels als Vollstreckungshindernis gegenüber der Vollstreckungsbehörde vor dem Amts- oder Finanzgericht geltend zu machen, bleibt hiervon unberührt.
I. Der Antragsgegnerin wird die Vollziehung der Beitragsnachweise vom 11.06.1997, 23.06.1997, 09.07.1997, 07.08.1997 und 05.09.1997 sowie die Beitreibung der auf die darin ausgewiesenen Forderungen entfallenden Säumniszuschläge und Kosten gegenüber den Antragsgegnern vorläufig untersagt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
III. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 817,99 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollstreckung von Beitragsforderungen, Säumniszuschlägen und Kosten durch die Antragsgegnerin als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags.

Bei den Antragstellern handelt es sich um die Gründungsgesellschafter der am 28.04.1997 errichteten K. GmbH i.G., die ihre Tätigkeit am 10.03.1997 aufgenommen hatte, deren Eintragung ins Handelsregister jedoch durch Beschluss des Amtsgerichts - Handelsregister - vom 30.10.1997 zurückgewiesen worden war. Im Zeitraum vom 01.04.1997 bis zum 31.08.1997 beschäftigte die K. GmbH i.G. mehrere Arbeitnehmer, darunter die bei der Antragsgegnerin versicherte Arbeitnehmerin, in versicherungspflichtigem Umfang. Mit Beitragsnachweisen vom 11.06.1997, 23.06.1997, 09.07.1997, 07.08.1997 und 05.09.1997 (Bl. 2 bis 11 der Verwaltungsakte) meldete sie - firmierend als "K. Ges. mbH" - für diesen Zeitraum, im Einzelnen aufgeschlüsselt, Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 3.660,76 DM bei der Antragsgegnerin als Einzugsstelle für die dort versicherte Arbeitnehmerin.

Die Antragsgegnerin hatte bereits mit Mahnung vom 25.07.1997 auf den gemeldeten Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 2.258,30 DM für die Monate April bis Juni 1997 Mahngebühren in Höhe von 11,80 DM und Säumniszuschläge in Höhe von 44,00 DM berechnet und die sich daraus ergebende Forderung in Höhe von 2.314,10 DM "gemäß § 31 SGB X" gegenüber der "K. GmbH" förmlich festgesetzt (Bl. 14 der Verwaltungsakte).

Am 09.09.1997 wurde die Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der K. GmbH i.G. beantragt und am 12.09.1997 ein Sequester bestellt. Mit Beschluss vom 21.10.1997 eröffnete das Amtsgericht Dresden - Gesamtvollstreckung - über das "Vermögen der K. Z. und R. Z. GbR, handelnd unter K. GmbH i.G." zum 22.10.1997 die Gesamtvollstreckung. Die Antragsgegnerin meldete am 11.12.1997 mit Schreiben vom 09.12.1997 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.766,67 DM als bevorrechtigte Forderungen an, welche in gleicher Höhe zur Tabelle festgestellt wurden, und machte darüber hinaus 1.086,89 DM als Masseschulden geltend. Im Ergebnis des Gesamtvollstreckungsverfahrens entfiel auf die vorab zu begleichenden Ansprüche nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) eine Quote von 19,1323 %, woraufhin der Verwalter 106,32 EUR an die Antragsgegnerin auszahlte. Durch Beschluss vom 20.08.2003 stellte das Amtsgericht - Insolvenzgericht - das Gesamtvollstreckungsverfahren mangels kostendeckender Masse gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 3 GesO ein.

Unter dem 03.11.2003 richtete die Antragsgegnerin als Vollstreckungsbehörde an das Hauptzollamt L. zwei Amtshilfeersuchen zur Zwangsvollstreckung gegen die Antragsteller; als Vollstreckungstitel bezeichnete sie darin einen Leistungsbescheid nach § 28f Abs. 3 Satz 5 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Viertes Buch (IV); die zu vollstreckende Gesamtforderung bezifferte sie in beiden Ersuchen mit jeweils 3.271,96 EUR, welche sich zusammensetzen aus Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von - zusammengerechnet und unter Anrechnung des Gesamtvollstreckungserlöses - 1.765,40 EUR, Säumniszuschlägen bis zum 15.11.2003 von 1.366,05 EUR sowie Kosten und Gebühren von 140,53 EUR (Bl. 86 bis 89 der Verwaltungsakte).

Auf Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamtes gegenüber den Antragsgegnern vom 04.12.2003 hin - in denen als zu vollstreckender Verwaltungsakt ein Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.11.2003 benannt ist -, bemühte sich der Bevollmächtigte der Antragsteller am 26.01.2004 telefonisch um eine vergleichsweise Einigung wie sie mit der AOK Sachsen erzielt worden war. Ergänzend bezog er sich mit Schreiben vom 19.01.2004 hinsichtlich der "Haftungsfrage" auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.12.1999, Az. B 12 KR 10/98 R; bis zur Klärung solle die Vollstreckung ruhend gestellt werden. Die Antragsgegnerin bestätigte mit Schreiben vom 16.06.2004 die Richtigkeit ihres Vollstreckungsauftrags.

Daraufhin erhob der Bevollmächtigte der Antragsteller am 22.06.2004 mit Schreiben vom 21.06.2004 beim Sozialgericht Dresden Anfechtungsklage gegen den "Haftungs- und Beitragsbescheid" der Antragsgegnerin vom 03.11.2003. Zugleich beantragte er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Vollstreckung auszusetzen. Die Geltendmachung der Forderungen gegen die Gründungsgesellschafter würde der aktuellen Rechtsprechung widersprechen.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unter Hinweis darauf entgegen getreten, dass es sich bei dem angegriffenen "Bescheid" vom 03.11.2003 nicht um einen Haftungs- und Beitragsbescheid sondern um ein Amtshilfeersuchen handele; die Vollstreckung stütze sich vielmehr auf die Beitragsnachweise für die Monate April bis August 1997, die als Leistungsbescheide der Einzugsstelle gälten und in Bestandskraft erwachsen seien. Die Haftung der Antragsteller ergebe aus der Stellung als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ("Firma = GbR").

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, insbesondere statthaft, und führt zur Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Vollziehung der Beitragsnachweise vom 11.06.1997, 23.06.1997, 09.07.1997, 07.08.1997 und 05.09.1997 sowie die Beitreibung der auf die darin ausgewiesenen Forderungen entfallenden Säumniszuschläge und Kosten gegenüber den Antragsgegnern vorläufig zu unterlassen.

Die Statthaftigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz richtet sich in erster Linie nach dem Begehren, mit dem die Antragsteller eine Klärung der Rechtslage in der Hauptsache anstreben und die den durch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu überbrückenden Schwebezustand bestimmt. An die Fassung fehlerhafter Anträge ist das Gericht dabei nicht gebunden (§ 123 SGG).

1. Wörtlich fechten die Antragsteller in der Hauptsache den "Bescheid vom 03.11.2003" an. Ein solcher Klageantrag wäre, streng genommen, unzulässig. Ein Bescheid vom 03.11.2003 existiert nicht. Soweit die Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes einen solchen Bescheid als zu vollstreckenden Titel ausweist, handelt es sich um eine Falschbezeichnung. Von diesem Tag datiert allein das Amtshilfeersuchen der Antragsgegnerin. Dieses stellt, da es keine Außenwirkung im Subordinationsverhältnis entfaltet, keinen im Wege der Anfechtungsklage anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zehntes Buch (X) dar. Mangels Außenwirkung im Verhältnis zu den Antragstellern begründet das Amtshilfeersuchen auch sonst keine Beschwer, die jenen die Befugnis zur Erhebung einer Klage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG) verleihen würde.

Daraus folgt zugleich, dass den Antragstellern kein einstweiliger Rechtsschutz durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen das Amtshilfeersuchen nach Maßgabe des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gewährt werden kann. Denn dies würde voraussetzen, dass in der Hauptsache ein Verwaltungsakt angefochten ist, der im Verhältnis zum Antragsteller überhaupt vollziehbar ist.

2. Soweit sich die Antragsteller gegen die Durchführung der Vollstreckung als solche wenden, ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Antragsgegnerin ebenfalls unzulässig. Richtiger Antragsgegner hierfür wäre die Bundesrepublik Deutschland, die durch das Hauptzollamt vertreten wird. Dem Hauptzollamt obliegt die Vollstreckung als Vollstreckungsbehörde gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 4 Buchst. b und § 5 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) in eigener Zuständigkeit. Insbesondere können die Antragsteller das Fehlen eines gegen sie gerichteten Vollstreckungstitels (hier: eines Haftungsbescheids; die Beitragsnachweise lauten auf die Gesellschaft) als Vollstreckungshindernis nur gegenüber der Vollstreckungsbehörde geltend machen. Dem entsprechend kann auch eine auf die einstweilige Einstellung der Vollstreckung gerichtete Anordnung nach § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) des hierfür zuständigen Finanzgerichts (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO) nur jener gegenüber ergehen, falls nicht schon ein bei der Vollstreckungsbehörde anzubringender Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) oder ein Antrag nach § 258 AO Abhilfe bringen.

Für eine Verweisung der Sache an das Finanzgericht gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) ist in diesem Zusammenhang kein Raum, weil sich schon der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ausschließlich gegen die Einzugsstelle richtet und deshalb das der finanzgerichtlichen Kontrolle unterworfene Handeln des Hauptzollamtes nicht vom Gegenstand des vorliegenden Verfahrens umfasst ist. § 123 SGG verpflichtet das Sozialgericht zwar zu einer umfassenden Würdigung des Klagebegehrens, verleiht aber dem Gericht nicht die Befugnis, einen anderen Beteiligten an die Stelle desjenigen, gegen den sich der Antrag ausdrücklich richtet, zu setzen. Auch eine Verweisung nach Beiladung der Vollstreckungsbehörde ist entbehrlich, weil die Möglichkeit des § 75 Abs. 5 SGG, eine Entscheidung auch gegenüber Beigeladenen zu erlassen, im finanzgerichtlichen Verfahren fehlt (vgl. § 60 FGO).

3. Ebenso wenig kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die der Vollstreckungsforderung tatsächlich zu Grunde liegenden Beitragsnachweise vom 11.06.1997, 23.06.1997, 09.07.1997, 07.08.1997 und 05.09.1997 in Betracht. Denn das würde, wie sich aus § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 86a Abs. 2 Nr. 1 und § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG ergibt, voraussetzen, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache sich gegen einen durch Widerspruch und Anfechtungsklage anfechtbaren Verwaltungsakt richtet. Das ist nicht der Fall. Bei den Beitragsnachweisen handelt es sich schon nicht um Verwaltungsakte. Sie stehen lediglich für die Zwecke der Vollstreckung einem Leistungsbescheid der Einzugsstelle gleich (§ 28f Abs. 3 Satz 5 SGB IV).

Der mit der Mahnung vom 25.07.1997 verbundene und trotz fehlender Rechtsbehelfsbelehrung inzwischen bestandskräftige (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) Bescheid über die bescheidmäßige Festsetzung eines Teils der der Beitragsforderung in Höhe von 2.314,10 DM ist nicht angefochten. Er ist zudem an die "K. GmbH" adressiert, so dass er, weil er aus diesem Grunde keine taugliche Grundlage für eine Vollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschafter bietet, die Antragsteller nicht unmittelbar beschwert und Rechtsschutz - vorläufig oder in der Hauptsache - nur gegen deren Inanspruchnahme auf Grund angenommener Haftung für die darin festgestellte Forderung gewährt werden kann; zur Inanspruchnahme aus diesem Bescheid ist es jedoch nicht gekommen.

4. Eine Anordnung zur vorläufigen Sicherung oder Regelung des bestehenden Zustands ist auch nicht nach § 86b Abs. 2 SGG im Hinblick auf eine in der Hauptsache schwebende Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 der Zivilprozessordnung (ZPO) geboten. § 767 ZPO findet keine direkte Anwendung. Der Verweis auf die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung in § 198 Abs. 1 SGG bezieht sich nur auf die Vollstreckung im sozialgerichtlichen Verfahren erwirkter Titel (§ 199 Abs. 1 SGG). Der Vollstreckungsschutz gegenüber Vollstreckungstiteln der Verwaltung richtet sich in Fällen der vorliegenden Art dagegen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 5 VwVG und den in § 5 Abs. 1 VwVG unter Bezug genommenen Vorschriften der Abgabenordnung, wobei § 258 AO hinsichtlich Einwendungen, die sich nicht gegen die Vollstreckung als solche richten, lediglich auf die außerhalb des Vollstreckungsverfahrens hierfür zugelassenen Rechtsbehelfe verweist. Spezielle materielle Rechtsbehelfe für die hier vorliegende Konstellation sind indessen nirgends geregelt.

5. Unter diesen Umständen ist den Antragstellern der nach Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte Rechtsschutz in der Hauptsache durch eine negative Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SGG zu gewähren. Die sog. Subsidiarität der Feststellungsklage ist gewahrt (vgl. das vorstehend unter 1 bis 4 Gesagte). Ein berechtigtes Feststellungsinteresse steht den Antragstellern zur Seite. Die Beklagte kann nicht der materiell-rechtlichen Überprüfung des der Vollstreckung zu Grunde gelegten Titels enthoben sein, indem sie die gegenüber der K. GmbH i.G. titulierten Ansprüche kurzerhand gegen die Antragsgegner persönlich vollstrecken lässt, ohne zuvor die materiellen Vollstreckungsvoraussetzungen durch Erlass eines Haftungsbescheids förmlich (§ 31 Satz 1 SGB X, § 2 Abs. 1 Buchst. b VwVG) festzustellen und damit dem Adressaten die Möglichkeit der Überprüfung im Wege der Anfechtungsklage zu ermöglichen. Stellt das Fehlen eines gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten Haftungstitels zunächst nur ein formelles Vollstreckungshindernis dar, so fehlt doch damit zugleich die bindende Feststellung der materiellen Haftung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner. Dieser kann deshalb zusätzlich das Fehlen der materiellen Voraussetzungen für seine Inanspruchnahme vor dem Prozessgericht geltend machen. Die Möglichkeit der Feststellungsklage gleicht das anderenfalls bestehende Rechtsschutzdefizit aus.

Als Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes ist, da kein Anfechtungsrechtsbehelf einschlägig ist, in dieser Situation die einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG statthaft.

a) Die in § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG genannten Voraussetzungen für den Erlass einer Sicherungsanordnung sind erfüllt. Das Gericht der Hauptsache kann danach eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (Anordnungsanspruch) vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Anordnungsgrund).

b) Ein Anordnungsgrund ist hier deshalb gegeben, weil den Antragstellern auf Grund des Vollstreckungsersuchens bei einem ungehinderten Vollzug der Beitragsnachweise und Beitreibung der Säumniszuschläge und Kosten unmittelbar wesentliche und unter Umständen nicht in Geld wieder auszugleichende Nachteile bis zur abschließenden Klärung in der Hauptsache drohen. Auf die Möglichkeit, gegen die drohende Vollstreckung vorläufigen Rechtsschutz gegenüber der Vollstreckungsbehörde nach Maßgabe der Abgaben- und der Finanzgerichtsordnung zu suchen, können die Antragsgegner nicht verwiesen werden, weil das Ergebnis eines solchen Antrags wegen der Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörde und gegebenenfalls des Finanzgerichts nicht vom Sozialgericht inzident vorweggenommen werden kann.

c) Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Beurteilung der Sachlage steht den Antragsgegnern auch ein Anordnungsanspruch zur Seite, von der Vollziehung der Beitragsforderung verschont zu werden. Abgesehen davon, dass ein gegen die Antragsgegner gerichteter Haftungsbescheid fehlt, sind nach der verfügbaren Aktenlage schon die Voraussetzungen für eine persönliche Haftung der Antragsgegner für die Forderungen nicht mit hinreichender Sicherheit gegeben.

Ob und, wenn ja, in welchem Umfang die Antragsgegner persönlich für die gegen die K. GmbH i.G. titulierten Beitragsforderungen und die sich daraus ergebenden weiteren Forderungen haften, hängt in materiell-rechtlicher Hinsicht von der Haftungsverfassung dieser Gesellschaft ab. Entscheidend ist, ob es sich bei der K. GmbH i.G. tatsächlich nur um eine sog. "unechte" Vor-GmbH gehandelt hat, die rechtlich als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts oder Offene Handelsgesellschaft zu qualifizieren ist, oder um eine Vorgesellschaft, bei der die Gründungsgesellschafter sich trotz des evtl. späteren Scheiterns der Eintragungsabsicht unter bestimmten Umständen auf die für GmbH-Gesellschafter geltenden Haftungsbeschränkungen berufen können. Soweit die Gesellschaft im Rubrum des Gesamtvollstreckungsverfahrens als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Antragsgegnern und lediglich handelnd unter der Firma einer Vorgesellschaft, bezeichnet worden ist, resultiert aus dieser Bezeichnung allein noch keine bindende Wirkung für die Beurteilung der Rechtsnatur der Gesellschaft.

Nach den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen haften die Gesellschafter einer Vor-GmbH für die Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft unbeschränkt. Es besteht eine einheitliche Gründerhaftung in Form einer bis zur Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung und einer an die Eintragung geknüpften Vorbelastungs- (Unterbilanz-)haftung. Grundsätzlich handelt es sich bei dieser Verlustdeckungshaftung ebenso wie bei der Vorbelastungs- (Unterbilanz-)haftung um eine Innenhaftung (Bundesgerichtshof Urteil vom 27.01.1997, Az. II ZR 123/94). Scheitert die Gründung einer GmbH, die im Einverständnis ihrer Gesellschafter schon vor der Eintragung in das Handelsregister die Geschäfte aufgenommen hat, finden die Grundsätze der Verlustdeckungshaftung allein dann Anwendung, wenn die Geschäftstätigkeit sofort beendet und die Vorgesellschaft abgewickelt wird. Werden dem entgegen die Geschäfte nach diesem Zeitpunkt fortgeführt, haben die Gründer für sämtliche Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, auch für die bis zum Scheitern entstandenen, nach personengesellschaftsrechtlichen Grundsätzen einzustehen (Bundesgerichtshof Urteil vom 04.11.2002, Az. II ZR 204/00).

Die Voraussetzungen für eine Außenhaftung der Antragsgegner nach diesen Grundsätzen können an Hand der vorliegenden Unterlagen der Antragsgegnerin nicht positiv festgestellt werden. Insbesondere finden sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass von vorn herein eine Eintragung der Gesellschaft nicht beabsichtigt war oder die Antragsteller die werbende Tätigkeit über den Zeitpunkt der endgültigen Zurückweisung des Eintragungsersuchens hinaus fortgesetzt hätten. Aus den Unterlagen ergibt sich vielmehr, dass die Antragsgegner zunächst die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschlossen und die Eintragung ins Handelsregister beantragt hatten. Der Zeitraum der gewerblichen Tätigkeit kann an Hand der Beitragsnachweise lediglich bis zum 31.08.1997 festgestellt und von einem endgültigen Scheitern der Eintragungsabsicht erst mit der Zurückweisung des Antrags durch den Beschluss des Amtsgerichts - Handelsregister - vom 30.10.1997 ausgegangen werden. Bereits am 09.09.1997 wurde die Gesamtvollstreckung beantragt und am 21.10.1997 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Es handelte sich dabei auch nicht etwa um ein masseloses Verfahren, immerhin konnte ein Teil der bevorrechtigten Forderungen quotenmäßig befriedigt werden. Die spätere Einstellung des Gesamtvollstreckungsverfahrens mangels Masse - nachdem diese ausgekehrt war - ist insoweit ohne Belang; maßgeblich sind die Verhältnisse bei Einstellung der Geschäftstätigkeit. Es liegen auch keine Hinweise dafür vor, dass einer der sonstigen Umstände gegeben gewesen sein könnte, unter denen an eine Außenhaftung gedacht werden könnte (nur ein Gesellschafter, nur ein Gläubiger, fehlender Geschäftsführer; vgl. Bundesgerichtshof Urteil vom 27.01.1997, Az. II ZR 123/94, unter II.2.b der Entscheidungsgründe).

Bei dieser Sachlage ist unter Abwägung der widerstreitenden Interessen eine persönliche Belastung der Antragsgegner mit den Beitragsverbindlichkeiten der Vorgesellschaft bis zur endgültigen Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache nicht gerechtfertigt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Wert des Streitgegenstands war in entsprechender Anwendung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichte Abschnitt I Nr. 7 Satz 1 Alt. 2 in Höhe eines Viertels der zu vollstreckenden Forderung (3.271,96 EUR) festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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