Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 34 AS 6003/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 759/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. April 2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. April 2007 ist gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetzt (SGG) zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.
Das Rechtsschutzgesuch des Antragstellers richtet sich nach § 86 b Abs. 1 SGG. Denn mit dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2007 sind ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für März und April 2007 – für den Monat Mai liegt nach Aktenlage ein Bewilligungsbescheid noch nicht vor - in Höhe von monatlich 599,03 EUR bewilligt worden. Damit hat der Antragsgegner einen Rechtsgrund geschaffen, aus dem der Antragsteller für die jeweiligen Monate tatsächlich die Auszahlung der von ihm begehrten Leistungen verlangen kann. Wenn der Antragsgegner meint, diese Leistungsgewährung sei wegen der getroffenen Absenkungsentscheidung rechtswidrig geworden, so bedarf der Bewilligungsbescheid der Aufhebung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Verbindung mit § 330 Abs. 2 oder 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 45 oder § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch. Dieser Bescheid, der hier unter dem 15. Februar 2007 ergangen ist, und der mit dem am gleichen Tag ergangenen Änderungsbescheid über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 30. April 2007 in Höhe von monatlich 495, 03 EUR eine Einheit bildet, stellt eine den Antragsteller belastende Regelung dar, weil mit ihr in die mit dem Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2007 geschaffene und den Antragsteller begünstigende Rechtsposition eingegriffen worden ist. Mit ihr hat der Antragsgegner die dem Antragsteller für den genannten Bewilligungsabschnitt gewährte Leistungsbewilligung teilweise, in Höhe von monatlich 104,00 EUR aufgehoben und die dem Antragsteller bisher gewährten Leistungen in Höhe von monatlich 599, 03 EUR auf monatlich 495, 03 EUR herabgesetzt.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 21. Februar 2007 Widerspruch erhoben. Da dieser Widerspruch nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat, richtet sich der einstweiliger Rechtsschutz - jedenfalls soweit der Antragsteller im Ergebnis höhere Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1. März 2007 bis zum 30. April 2007 begehrt - nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG.
Hiernach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen wie dem vorliegenden, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, Rdnr. 197 ff.). Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass dem Betroffenen das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, also ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht (Beschlüsse des Senats vom 6. März 2007 - L 28 B 290/07 AS ER - ,vom 2. Mai 2007 - L 28 B 517/07 AS ER – und vom 6. Juni 2007 – L 28 B 731/07 AS ER - sowie bereits Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 12. Mai 2006 - L 10 B 191/06 AS ER -, abrufbar unter: www.sozialgerichtsbarkeit.de).
An diesen Grundsätzen gemessen war die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die angefochtene Entscheidung des Antragstellers nicht anzuordnen. Dabei kann der Senat in diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren letztlich offen lassen, ob der Widerspruch des Antragstellers eine hinreichende Erfolgsausicht besitzt.
Jedenfalls fehlt es im vorliegenden Fall an der notwendigen Eilbedürftigkeit der begehrten Entscheidung. Der Antragsteller kann mit seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 15. Februar 2007 ausschließlich erreichen, dass die ihm mit dem Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2007 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. März 2007 bis zum 30. April 2007 gewährten Leistungen, also für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, nachgezahlt werden. Dass ihm ein Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache insoweit nicht zumutbar ist, ist nach Aktenlage weder ersichtlich noch hat der Antragsteller Entsprechendes vorgetragen.
Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sinngemäß die ungekürzten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Mai 2007 begehrt, richtet sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 2 SGG. Denn der Antragsgegner hat nach Aktenlage über den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für diesen Monat nach dem SGB II noch nicht entschieden. In diesem Fall begehrt der Antragsteller mit seinem einstweiligen Rechtsschutzantrag eine noch nicht gewährte Rechtsposition, oder sofern auch für diesen Monat ein Bewilligungsbescheid über die Gewährung von Leistungen in Höhe der um 104, 00 EUR abgesenkten Leistung, also über 495, 03 EUR ergangen sein sollte, eine über diese ihm gewährte Rechtsposition hinausgehende Begünstigung. Dies kann er nur mittels einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG erreichen. Für die Gewährung von Leistungen für diesen Monat fehlt es aber an dem nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG notwendigen Anordnungsgrund. Es besteht auch insoweit keine besondere Dringlichkeit, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die zurückliegenden Zeiträume erforderlich machen würde.
In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende - Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen. Derartige Umstände hat der Antragsteller auch insoweit nicht vorgetragen. Dies bedeutet, dass effektiver Rechtsschutz auch insoweit im Hauptsacheverfahren erlangt und ihm ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache zugemutet werden kann.
Die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche einstweilige Rechtsschutzverfahren war daher ebenso wie der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Beschwerdeverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen (§ 73 a SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 der Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Weisberg-Schwarz Mehrdorn Weinert
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. April 2007 ist gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetzt (SGG) zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.
Das Rechtsschutzgesuch des Antragstellers richtet sich nach § 86 b Abs. 1 SGG. Denn mit dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2007 sind ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für März und April 2007 – für den Monat Mai liegt nach Aktenlage ein Bewilligungsbescheid noch nicht vor - in Höhe von monatlich 599,03 EUR bewilligt worden. Damit hat der Antragsgegner einen Rechtsgrund geschaffen, aus dem der Antragsteller für die jeweiligen Monate tatsächlich die Auszahlung der von ihm begehrten Leistungen verlangen kann. Wenn der Antragsgegner meint, diese Leistungsgewährung sei wegen der getroffenen Absenkungsentscheidung rechtswidrig geworden, so bedarf der Bewilligungsbescheid der Aufhebung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Verbindung mit § 330 Abs. 2 oder 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 45 oder § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch. Dieser Bescheid, der hier unter dem 15. Februar 2007 ergangen ist, und der mit dem am gleichen Tag ergangenen Änderungsbescheid über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 30. April 2007 in Höhe von monatlich 495, 03 EUR eine Einheit bildet, stellt eine den Antragsteller belastende Regelung dar, weil mit ihr in die mit dem Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2007 geschaffene und den Antragsteller begünstigende Rechtsposition eingegriffen worden ist. Mit ihr hat der Antragsgegner die dem Antragsteller für den genannten Bewilligungsabschnitt gewährte Leistungsbewilligung teilweise, in Höhe von monatlich 104,00 EUR aufgehoben und die dem Antragsteller bisher gewährten Leistungen in Höhe von monatlich 599, 03 EUR auf monatlich 495, 03 EUR herabgesetzt.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 21. Februar 2007 Widerspruch erhoben. Da dieser Widerspruch nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat, richtet sich der einstweiliger Rechtsschutz - jedenfalls soweit der Antragsteller im Ergebnis höhere Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1. März 2007 bis zum 30. April 2007 begehrt - nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG.
Hiernach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen wie dem vorliegenden, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, Rdnr. 197 ff.). Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass dem Betroffenen das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, also ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht (Beschlüsse des Senats vom 6. März 2007 - L 28 B 290/07 AS ER - ,vom 2. Mai 2007 - L 28 B 517/07 AS ER – und vom 6. Juni 2007 – L 28 B 731/07 AS ER - sowie bereits Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 12. Mai 2006 - L 10 B 191/06 AS ER -, abrufbar unter: www.sozialgerichtsbarkeit.de).
An diesen Grundsätzen gemessen war die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die angefochtene Entscheidung des Antragstellers nicht anzuordnen. Dabei kann der Senat in diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren letztlich offen lassen, ob der Widerspruch des Antragstellers eine hinreichende Erfolgsausicht besitzt.
Jedenfalls fehlt es im vorliegenden Fall an der notwendigen Eilbedürftigkeit der begehrten Entscheidung. Der Antragsteller kann mit seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 15. Februar 2007 ausschließlich erreichen, dass die ihm mit dem Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2007 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. März 2007 bis zum 30. April 2007 gewährten Leistungen, also für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, nachgezahlt werden. Dass ihm ein Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache insoweit nicht zumutbar ist, ist nach Aktenlage weder ersichtlich noch hat der Antragsteller Entsprechendes vorgetragen.
Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sinngemäß die ungekürzten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Mai 2007 begehrt, richtet sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 2 SGG. Denn der Antragsgegner hat nach Aktenlage über den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für diesen Monat nach dem SGB II noch nicht entschieden. In diesem Fall begehrt der Antragsteller mit seinem einstweiligen Rechtsschutzantrag eine noch nicht gewährte Rechtsposition, oder sofern auch für diesen Monat ein Bewilligungsbescheid über die Gewährung von Leistungen in Höhe der um 104, 00 EUR abgesenkten Leistung, also über 495, 03 EUR ergangen sein sollte, eine über diese ihm gewährte Rechtsposition hinausgehende Begünstigung. Dies kann er nur mittels einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG erreichen. Für die Gewährung von Leistungen für diesen Monat fehlt es aber an dem nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG notwendigen Anordnungsgrund. Es besteht auch insoweit keine besondere Dringlichkeit, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die zurückliegenden Zeiträume erforderlich machen würde.
In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende - Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen. Derartige Umstände hat der Antragsteller auch insoweit nicht vorgetragen. Dies bedeutet, dass effektiver Rechtsschutz auch insoweit im Hauptsacheverfahren erlangt und ihm ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache zugemutet werden kann.
Die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche einstweilige Rechtsschutzverfahren war daher ebenso wie der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Beschwerdeverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen (§ 73 a SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 der Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Weisberg-Schwarz Mehrdorn Weinert
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