Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 100 AS 2360/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1093/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 5. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), der das Sozialgericht Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet. Das Gericht hat den Antrag der Kläger vom 16. März 2006 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt. Die Kläger haben keinen Anspruch nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach den genannten Vorschriften voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347, 357). Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt (vgl. BVerfGE 81, 347, 358). Kommt insbesondere eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2003, 1 BvR 1355/02, NJW-RR 2003, 1216). Dies muss dazu führen, dass die Erfolgsaussicht eines Rechtsschutzbegehrens dann nicht verneint werden darf, wenn entweder Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht besteht oder aber schwierige rechtliche Fragen zu klären sind, deren Klärung der Durchführung eines Verfahrens der Hauptsache vorbehalten sein muss.
An diesen Grundsätzen gemessen hat das Rechtsschutzgesuch der Kläger keine hinreichende Aussicht auf Erfolg
Soweit die Kläger mit ihrer Klage sinngemäß begehren, den Beklagten zu verpflichten, ihnen eine Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch SGB II zu den Aufwendungen der von ihnen mit Wirkung zum 1. Januar 2006 angemieteten Wohnung zu erteilen, fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm. Denn hiernach soll der Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages eine entsprechende Zusicherung einholen. Im vorliegenden Fall haben die Kläger den Beklagten nach Aktenlage aber nicht vor Abschluss des Mietvertrages am 28. November 2005 um die Erteilung einer Zusicherung ersucht, sondern sie haben den Mietvertrag nach Abschluss dem Beklagten übersandt und sinngemäß die Übernahme der Kosten der Wohnung beantragt.
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für diese Wohnung in der von ihnen begehrten Höhe für den in diesem Verfahren streitbefangenen Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. April 2006. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich, wie im vorliegenden Fall, nach einem Umzug, für den vor Abschluss des Mietvertrages keine Zusicherung eingeholt worden ist, diese Kosten, hier von 422,60 EUR auf 630,00 EUR (430,00 EUR netto kalt zuzüglich 140,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung und 60,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht, wenn der Umzug nicht erforderlich war (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Ob ein Grund vorliegt, der einen Umzug erforderlich macht, ist nach Einschätzung des Senats nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Sauer in Jahn, SGB II, § 22 RdNr 41 und bereits Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2006 - L 10 B 1091/06 AS ER - und des Senats vom 23. April 2007 - L 28 B 443/07 AS ER -, abrufbar jeweils unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der erwerbsfähige Hilfebedürftige muss hinsichtlich der Aufwendungen für seine Unterkunft zwar Beschränkungen auch dann hinnehmen, wenn er einen Wechsel in eine Wohnung beabsichtigt, deren Kosten angemessen sind. Ihm wird auferlegt, auf Gestaltungen, die er als Verbesserung seiner Lebensumstände ansieht, zu verzichten und Wünsche zurückzustellen, auch wenn er nicht mehr anstrebt als bei einem bereits bestehenden oder aus zwingenden Gründen neu abzuschließenden Mietvertrag als Leistung nach §§ 19, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu erbringen ist. Dies gebietet aber eine Auslegung, die nur maßvolle Beschränkungen mit sich bringt. Das folgt bereits aus dem Wortlaut, wonach nicht etwa zwingende Gründe zu verlangen sind (Beschluss des LSG Berlin- Brandenburg vom 6. Juni 2007 - L 26 B 660/07 AS PKH -). § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II soll eine Kostensteigerung durch Ausschöpfen der jeweils örtlichen Angemessenheitsgrenzen entgegenwirken (Berlit, a. a. O., § 22 RdNr. 44 m. w. Nachw.). An diesen Grundsätzen gemessen war der Umzug der Kläger nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand jedenfalls in die hier streitbefangene Wohnung nicht erforderlich.
Ob die mit Wirkung zum 1. Januar 2006 angemietete Wohnung angemessen ist, ist allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts nicht in erster Linie anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen) zu bestimmen. Die Prüfung der Angemessenheit setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7. November 2006 - B 7 b AS 18/06 R -, zitiert nach Juris RdNr. 19 ff.), von der abzuweichen der Senat nach erster Prüfung keinen Anlass sieht, vielmehr eine Einzelfallprüfung voraus. Dabei ist zunächst die maßgebliche Größe der Unterkunft zu bestimmen, und zwar typisierend (mit der Möglichkeit von Ausnahmen) anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. In Berlin dürfte für 4 Personen grundsätzlich eine 4-Zimmer-Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche bis zu 90 m² angemessen sein (vgl. insoweit die zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in Verbindung mit § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 (Mitteilung Nr. 8/2004)). Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin zu 3) in dem streitbefangenen Zeitraum im ersten Lebensjahr (geb. am 29. November 2005) und sich die Klägerin zu 4) in dem streitbefangenen Zeitraum im vierten Lebensjahr befanden (geb. am 26. Februar 2002), also in einem Lebensalter, in dem sie aufgrund von schulischen oder anderen Notwendigkeiten nicht auf jeweils ein Zimmer angewiesen sind. Im vorliegenden Einzelfall ist damit nach den genannten Normen eine 3-Zimmer Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von bis zu 80 m² angemessen.
Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. Letztlich kommt es darauf an, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (so genannte Produkttheorie, vgl. BSG a. a. O.).
Zur Bestimmung des angemessenen Mietzinses stützt sich der Senat auf den örtlichen, gemäß §§ 558c und 558d BGB qualifizierten Mietspiegel des Landes Berlin vom 22. August 2005 (Amtsblatt 2005 S. 3109 und Amtsblatt 2006 S. 515) und den Nachtrag zum Berliner Mietspiegel 2005 vom 22. Mai 2006 (Amtsblatt S. 1928). Die Klägerin zu 1) wohnte mit der Klägerin zu 4) vor ihrem Wohnungswechsel in der R. in dem Bezirk T, einer nach dem Berliner Mietspiegel einfachen Wohnlage. Geht man zu Gunsten der Kläger von dem gewichten Mietspiegelwert (alle Wohnungen, nettokalt) des von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin herausgegebenen 4. Wohnungsmarktbericht (Berliner Wohnungsmarktbericht 2005) für das Jahr 2004 aus, der einen Betrag von 4,49 EUR pro m² festgestellt hat, der nicht nur einfache Wohnlagen betrifft, und legt man im weiteren ebenfalls zu Gunsten der Kläger - abweichend vom Berliner Mietspiegel und den AV Wohnen - zusätzlich "warme" Betriebskosten ("kalte" Betriebskosten zuzüglich Heizkosten und Warmwasser) von mittlerweile durchschnittlich 2,74 EUR pro m² zugrunde (vgl. Betriebskostenspiegel 2006 des Deutschen Mieterbundes unter http://www.mieterbund.de/presse/2006/pm 2006 12 14-2.html), ergibt sich nach alledem höchstens eine Angemessenheitsgrenze für Bruttowarmmieten in Höhe von monatlich 578,40 EUR (359,20 EUR Kaltmiete (4,49 EUR x 80 m²) und 223,32 "warme" Betriebskosten (2,74 x 80 m²)), die im Übrigen den von dem Beklagten nach der AV Wohnen zugrunde gelegten Wert in Höhe von 619,00 EUR für einen 4-Personenhaushalt sogar noch unterschreitet. Vor diesem Hintergrund haben die Kläger eine unangemessene Wohnung mit 81,06 m² in einer nach dem Berliner Mietspiegel im Übrigen mittleren Wohnlage zu einem Mietpreis von 5,30 pro m² (430,00 EUR netto Kaltmiete: 81,06 m²) angemietet.
Des Weiteren ist im Rahmen einer konkreten Angemessenheitsprüfung festzustellen, dass andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnungen, die konkret verfügbar und zugänglich sind, hinreichend vorhanden sind. Der Senat hegt nach einer von ihm überschlägig vorgenommenen Recherche keine Zweifel daran, dass 3-Zimmer-Wohnungen mit einer maximalen Wohnfläche von 80 m² und einer Bruttowarmmiete von bis zu 578,40 EUR in einfacher Wohnlage kurzfristig nicht nur in bestimmten Verwaltungsbezirken bzw. Stadtteilen von Berlin verfügbar sind, sondern insbesondere auch in dem von den Klägern offensichtlich bevorzugten Ortsteil M des Bezirks T. Es ist gerichtskundig, dass der Berliner Mietmarkt derzeit (noch) entspannt ist. Über eine Internetrecherche sind auf Anhieb mehrere passende Wohnungsobjekte zu ermitteln. Entgegenstehende Umstände im Sinne einer Verschlossenheit des Berliner Wohnungsmarktes im unteren Preissegment bzw. auch nur des entsprechenden Teilwohnungsmarktes des Bezirks T oder in dessen Ortsteil M sind weder ersichtlich noch haben die Kläger Entsprechendes vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), der das Sozialgericht Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet. Das Gericht hat den Antrag der Kläger vom 16. März 2006 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt. Die Kläger haben keinen Anspruch nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach den genannten Vorschriften voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347, 357). Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt (vgl. BVerfGE 81, 347, 358). Kommt insbesondere eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2003, 1 BvR 1355/02, NJW-RR 2003, 1216). Dies muss dazu führen, dass die Erfolgsaussicht eines Rechtsschutzbegehrens dann nicht verneint werden darf, wenn entweder Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht besteht oder aber schwierige rechtliche Fragen zu klären sind, deren Klärung der Durchführung eines Verfahrens der Hauptsache vorbehalten sein muss.
An diesen Grundsätzen gemessen hat das Rechtsschutzgesuch der Kläger keine hinreichende Aussicht auf Erfolg
Soweit die Kläger mit ihrer Klage sinngemäß begehren, den Beklagten zu verpflichten, ihnen eine Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch SGB II zu den Aufwendungen der von ihnen mit Wirkung zum 1. Januar 2006 angemieteten Wohnung zu erteilen, fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm. Denn hiernach soll der Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages eine entsprechende Zusicherung einholen. Im vorliegenden Fall haben die Kläger den Beklagten nach Aktenlage aber nicht vor Abschluss des Mietvertrages am 28. November 2005 um die Erteilung einer Zusicherung ersucht, sondern sie haben den Mietvertrag nach Abschluss dem Beklagten übersandt und sinngemäß die Übernahme der Kosten der Wohnung beantragt.
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für diese Wohnung in der von ihnen begehrten Höhe für den in diesem Verfahren streitbefangenen Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. April 2006. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich, wie im vorliegenden Fall, nach einem Umzug, für den vor Abschluss des Mietvertrages keine Zusicherung eingeholt worden ist, diese Kosten, hier von 422,60 EUR auf 630,00 EUR (430,00 EUR netto kalt zuzüglich 140,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung und 60,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht, wenn der Umzug nicht erforderlich war (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Ob ein Grund vorliegt, der einen Umzug erforderlich macht, ist nach Einschätzung des Senats nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Sauer in Jahn, SGB II, § 22 RdNr 41 und bereits Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2006 - L 10 B 1091/06 AS ER - und des Senats vom 23. April 2007 - L 28 B 443/07 AS ER -, abrufbar jeweils unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der erwerbsfähige Hilfebedürftige muss hinsichtlich der Aufwendungen für seine Unterkunft zwar Beschränkungen auch dann hinnehmen, wenn er einen Wechsel in eine Wohnung beabsichtigt, deren Kosten angemessen sind. Ihm wird auferlegt, auf Gestaltungen, die er als Verbesserung seiner Lebensumstände ansieht, zu verzichten und Wünsche zurückzustellen, auch wenn er nicht mehr anstrebt als bei einem bereits bestehenden oder aus zwingenden Gründen neu abzuschließenden Mietvertrag als Leistung nach §§ 19, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu erbringen ist. Dies gebietet aber eine Auslegung, die nur maßvolle Beschränkungen mit sich bringt. Das folgt bereits aus dem Wortlaut, wonach nicht etwa zwingende Gründe zu verlangen sind (Beschluss des LSG Berlin- Brandenburg vom 6. Juni 2007 - L 26 B 660/07 AS PKH -). § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II soll eine Kostensteigerung durch Ausschöpfen der jeweils örtlichen Angemessenheitsgrenzen entgegenwirken (Berlit, a. a. O., § 22 RdNr. 44 m. w. Nachw.). An diesen Grundsätzen gemessen war der Umzug der Kläger nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand jedenfalls in die hier streitbefangene Wohnung nicht erforderlich.
Ob die mit Wirkung zum 1. Januar 2006 angemietete Wohnung angemessen ist, ist allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts nicht in erster Linie anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen) zu bestimmen. Die Prüfung der Angemessenheit setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7. November 2006 - B 7 b AS 18/06 R -, zitiert nach Juris RdNr. 19 ff.), von der abzuweichen der Senat nach erster Prüfung keinen Anlass sieht, vielmehr eine Einzelfallprüfung voraus. Dabei ist zunächst die maßgebliche Größe der Unterkunft zu bestimmen, und zwar typisierend (mit der Möglichkeit von Ausnahmen) anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. In Berlin dürfte für 4 Personen grundsätzlich eine 4-Zimmer-Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche bis zu 90 m² angemessen sein (vgl. insoweit die zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in Verbindung mit § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 (Mitteilung Nr. 8/2004)). Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin zu 3) in dem streitbefangenen Zeitraum im ersten Lebensjahr (geb. am 29. November 2005) und sich die Klägerin zu 4) in dem streitbefangenen Zeitraum im vierten Lebensjahr befanden (geb. am 26. Februar 2002), also in einem Lebensalter, in dem sie aufgrund von schulischen oder anderen Notwendigkeiten nicht auf jeweils ein Zimmer angewiesen sind. Im vorliegenden Einzelfall ist damit nach den genannten Normen eine 3-Zimmer Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von bis zu 80 m² angemessen.
Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. Letztlich kommt es darauf an, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (so genannte Produkttheorie, vgl. BSG a. a. O.).
Zur Bestimmung des angemessenen Mietzinses stützt sich der Senat auf den örtlichen, gemäß §§ 558c und 558d BGB qualifizierten Mietspiegel des Landes Berlin vom 22. August 2005 (Amtsblatt 2005 S. 3109 und Amtsblatt 2006 S. 515) und den Nachtrag zum Berliner Mietspiegel 2005 vom 22. Mai 2006 (Amtsblatt S. 1928). Die Klägerin zu 1) wohnte mit der Klägerin zu 4) vor ihrem Wohnungswechsel in der R. in dem Bezirk T, einer nach dem Berliner Mietspiegel einfachen Wohnlage. Geht man zu Gunsten der Kläger von dem gewichten Mietspiegelwert (alle Wohnungen, nettokalt) des von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin herausgegebenen 4. Wohnungsmarktbericht (Berliner Wohnungsmarktbericht 2005) für das Jahr 2004 aus, der einen Betrag von 4,49 EUR pro m² festgestellt hat, der nicht nur einfache Wohnlagen betrifft, und legt man im weiteren ebenfalls zu Gunsten der Kläger - abweichend vom Berliner Mietspiegel und den AV Wohnen - zusätzlich "warme" Betriebskosten ("kalte" Betriebskosten zuzüglich Heizkosten und Warmwasser) von mittlerweile durchschnittlich 2,74 EUR pro m² zugrunde (vgl. Betriebskostenspiegel 2006 des Deutschen Mieterbundes unter http://www.mieterbund.de/presse/2006/pm 2006 12 14-2.html), ergibt sich nach alledem höchstens eine Angemessenheitsgrenze für Bruttowarmmieten in Höhe von monatlich 578,40 EUR (359,20 EUR Kaltmiete (4,49 EUR x 80 m²) und 223,32 "warme" Betriebskosten (2,74 x 80 m²)), die im Übrigen den von dem Beklagten nach der AV Wohnen zugrunde gelegten Wert in Höhe von 619,00 EUR für einen 4-Personenhaushalt sogar noch unterschreitet. Vor diesem Hintergrund haben die Kläger eine unangemessene Wohnung mit 81,06 m² in einer nach dem Berliner Mietspiegel im Übrigen mittleren Wohnlage zu einem Mietpreis von 5,30 pro m² (430,00 EUR netto Kaltmiete: 81,06 m²) angemietet.
Des Weiteren ist im Rahmen einer konkreten Angemessenheitsprüfung festzustellen, dass andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnungen, die konkret verfügbar und zugänglich sind, hinreichend vorhanden sind. Der Senat hegt nach einer von ihm überschlägig vorgenommenen Recherche keine Zweifel daran, dass 3-Zimmer-Wohnungen mit einer maximalen Wohnfläche von 80 m² und einer Bruttowarmmiete von bis zu 578,40 EUR in einfacher Wohnlage kurzfristig nicht nur in bestimmten Verwaltungsbezirken bzw. Stadtteilen von Berlin verfügbar sind, sondern insbesondere auch in dem von den Klägern offensichtlich bevorzugten Ortsteil M des Bezirks T. Es ist gerichtskundig, dass der Berliner Mietmarkt derzeit (noch) entspannt ist. Über eine Internetrecherche sind auf Anhieb mehrere passende Wohnungsobjekte zu ermitteln. Entgegenstehende Umstände im Sinne einer Verschlossenheit des Berliner Wohnungsmarktes im unteren Preissegment bzw. auch nur des entsprechenden Teilwohnungsmarktes des Bezirks T oder in dessen Ortsteil M sind weder ersichtlich noch haben die Kläger Entsprechendes vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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