Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 VJ 289/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VJ 350/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. November 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleichs (BSA) bei anerkanntem Impfschaden im Wege des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Der Kläger ist am 9. August 1960 geboren. Bei einer Pockenimpfung erlitt er als Kind einen Impfschaden. Sein Vater war als Elektromeister beruflich tätig, die Schwester hat nach zwei Semestern Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität K. das Hochschulstudium abgebrochen und eine Ausbildung zum gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst bei der Kommunalverwaltung erfolgreich durchlaufen. Die Mutter des Klägers ist nicht berufstätig.
Nach dem Besuch der Grundschule war der Kläger von 1971 bis 1973 auf dem H.-Gymnasium in K., von welchem er auf eine Sprachheilschule wechselte, die er 1976 mit dem Hauptschulabschluss verließ. Vom 16. August 1976 bis 5. Juni 1978 besuchte er die Gewerbeschule in K., die er mit der Fachschulreife abschloss. Von 1976 bis Juli 1980 absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung als Elektroinstallateur. Danach war der Kläger als Saisonaushilfe in einer Schokoladenfabrik, als Berufskraftfahrer, im erlernten Beruf als Elektroinstallateur und als Aushilfe bei den Stadtwerken K. beschäftigt. Von Februar 1984 bis Juni 1986 besuchte er die Technikerschule, die er ohne Abschluss verließ. Von Februar 1987 bis Dezember 1988 hielt er sich im Ausland auf, ohne einer Beschäftigung nachzugehen. Ab März 1989 arbeitete er als Berufskraftfahrer, 1990/1991 besuchte er die D.-Akademie N., die er mit dem Abschluss als Industriemeister, Fachrichtung Kraftverkehr, erfolgreich verließ. Ab 1. April 1991 arbeitete der Kläger als Busfahrer bei den Stadtwerken K., ab Juni 2001 war er dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt und erhielt nach Ablauf der Krankengeldzahlung Arbeitslosengeld. Mit Auflösungsvertrag vom 27. Mai 2003 wurde das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 2003 unter Zahlung einer Abfindung in Höhe von 25.000,- EUR beendet. Ab Oktober 2003 erhielt der Kläger Arbeitslosenhilfe.
Mit Bescheid vom 4. November 1975 stellte das Versorgungsamt Freiburg, Außenstelle Radolfzell (VA) in Ausführung des zur Erledigung des Rechtsstreits S 1 Vi 1240/74 (Sozialgericht Konstanz) abgeschlossenen außergerichtlichen Vergleichs eine leichte hirnorganische Leistungsschwäche als Impfschaden fest und bewilligte dem Kläger eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Diesem Vergleich lag das Gutachten von Prof. Dr. G., Universitätsklinik W., vom 21. Mai 1975 zugrunde. Darin war u.a. zusammenfassend aufgeführt, dass auch bei sonderpädagogischen Bemühungen mit einem Dauerschaden und einer nur begrenzten Besserungsfähigkeit zu rechnen sei. Es liege im Interesse des Klägers, wenn ihm und seinen Eltern keine illusionären Erfolge oder Bildungsziele vorschweben würden. Der Besuch eines Gymnasiums sei ebenso unmöglich wie der Besuch einer Fachhochschule, bedingt durch die Notwendigkeit, Fremdsprachen zu erlernen.
Mit Schreiben vom 15. Januar 1989 machte der Kläger geltend, dass seine Schwester vor wenigen Monaten einen Abschluss als Diplom-Verwaltungswirtin (FH) erreicht habe. Nach seiner Auffassung habe ihn seine Körperbehinderung gehindert, einen vergleichbaren Abschluss zu erreichen. Er bitte um einen Ausgleich der erheblich unterschiedlichen Berufschancen, verglichen mit denen seiner Schwester.
Mit Bescheid vom 16. März 1989 lehnte das VA nach Einholung einer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme die Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger trotz seiner anerkannten Schädigungsfolgen eine gut durchschnittliche intellektuelle Allgemeinbefähigung besitze. Das von ihm geltend gemachte unzureichende technische Verständnis, welches offensichtlich für das Nichterreichen des Ausbildungsziels als Elektrotechniker ursächlich sei, sei nicht schädigungsbedingt. Es sei auch nicht zutreffend, dass er bei der Ausübung seines Berufs als Elektroinstallateur besonders beruflich betroffen sei, da ein erheblich höherer Energieaufwand als bei einer Beschäftigung im allgemeinen Erwerbsleben nicht notwendig sei. Dass er durch seinen schädigungsbedingten Sprachfehler bei Kollegen oder Vorgesetzten auf Ablehnung gestoßen sei, sei nicht berufsspezifisch.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, das VA gehe bei seiner Beurteilung unzutreffend vom beruflichen Ist-Zustand aus. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass er wegen seiner Sprachbehinderung über die Ausbildung als Elektroinstallateur hinaus - im Gegensatz zu seiner Schwester - keine weitere beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten gehabt habe.
Das Vorbringen des Klägers wertete das VA zugleich als Antrag auf BSA. Diesen Antrag lehnte das VA mit Bescheid vom 20. Oktober 1989 ab, da der Kläger durch die Schädigungsfolgen nicht unfähig gewesen sei, den erlernten Beruf als Elektroinstallateur auszuüben. Er sei auch infolge der Schädigungsfolgen nicht unfähig, den angestrebten Beruf als Techniker auszuüben. Er besitze eine gut durchschnittliche intellektuelle Allgemeinbefähigung. Die gezeigten schulischen Leistungen an der Technikerschule würden dies unterstreichen. In allgemeinen Fächern habe er gute bis befriedigende Leistungen erzielt. Lediglich in einem Fach des fachrichtungsbezogenen Anwendungsbereichs seien die Leistungen mit mangelhaft bewertet worden. Das Nichtbestehen der Technikerprüfung sei damit nicht auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen, sondern auf das unzureichende technische Verständnis. Er hätte darüber hinaus die Technikerprüfung auch wiederholen können, habe aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Da er die Schädigung vor Abschluss der Schulausbildung erlitten habe, sei zu prüfen, ob nicht die Ermittlung des Durchschnittseinkommens nach § 7 der Verordnung zu § 30 Abs. 3 BVG zu erfolgen habe. Die Eingruppierung sei nach seinen Veranlagungen und Fähigkeiten sowie hilfsweise unter Berücksichtigung der beruflichen und sozialen Stellung der Eltern und Geschwister vorzunehmen. Sein Vater sei Elektromeister, die Schwester habe die Ausbildung für den gehobenen Dienst erfolgreich bestanden. Nach seinen eigenen Angaben hätte er ohne die Schädigung ein vergleichbares Berufsziel verfolgt. Die Ermittlung des Durchschnittseinkommens habe daher anhand des Einkommens von Beamten im gehobenen Dienst zu erfolgen. Da er jedoch im zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife erlangt habe, wäre das Erreichen eines diplomierten Berufsabschlusses möglich gewesen, zumal die Zulassung zur Ausbildung für den gehobenen Dienst mit dem Bildungsstand der Fachhochschulreife möglich sei. Eine diesbezügliche Bewerbung sei durch den Kläger nicht erfolgt. Daher sei das Nichterreichen eines entsprechenden Berufsabschlusses nicht schädigungsbedingt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1990 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16. März 1989 zurück. Im sich anschließenden Verfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) anerkannte der Beklagte eine besondere berufliche Betroffenheit und bewilligte mit Ausführungsbescheid vom 13. Januar 1992 Rente nach einer MdE um 40 v.H. ab 1. Januar 1989.
Am 18. August 1999 wandte sich der Kläger erneut an den Beklagten und machte einen Anspruch auf Gewährung von BSA geltend. Zur Begründung führte er aus, trotz seiner Ausbildung zum Industriemeister habe er nur durch die Protektion seines Vaters eine Anstellung als Busfahrer bei den Stadtwerken K. erhalten. Alle Versuche, betriebsintern seinem Ausbildungsstand entsprechend aufzusteigen, seien wegen seiner Behinderung gescheitert.
Nach weiteren Sachverhaltsermittlungen, insbesondere bei der Industrie- und Handelskammer K. über die beruflichen Einsatzmöglichkeiten einer Person mit vergleichbaren Qualifikationen wie der des Klägers, erstellte die Versorgungsärztin Dr. W. unter dem 17. Februar 2000 ein vä Gutachten, insbesondere zu der Frage der mit den Sprachstörungen verbundenen kommunikativen Auswirkungen einschließlich der psychischen Beeinträchtigungen bei der beruflichen Entwicklung. Diese führte aus, beim Kläger bestehe eine erhebliche Selbstwertproblematik, bedingt durch die empfundene Zurücksetzung wegen seines Sprachfehlers. Er sei massiv gekränkt, dass seine berufliche Qualifikation bei der Vergabe von Arbeitsplätzen nicht berücksichtigt werde. Jeder Misserfolg führe zu einer Destabilisierung seines mühsam aufrecht erhaltenen Selbstwerts. Trotz der Sprachstörung sei der Kläger in der Lage, eine Tätigkeit als Industriemeister auszuüben, die Sprachstörung sei aber gerade angesichts der ungünstigen Arbeitsmarktlage immer ein ungünstiger Faktor bei Bewerbungen. Es sei aber davon auszugehen, dass der Kläger schon immer in Schule und Beruf benachteiligt worden sei.
Mit Bescheid vom 21. August 2000 nahm das VA nach § 44 SGB X den Bescheid vom 20. Oktober 1989 zurück und bewilligte dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1995 BSA in Höhe von 441,- DM monatlich. Vergleichseinkommen sei dasjenige eines Beamten im gehobenen Dienst.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2001 teilte der Kläger mit, dass er seit Juni 2001 arbeitsunfähig sei und er den Beruf als Busfahrer wegen der Schädigungsfolgen auf Anraten seiner Ärzte nicht mehr ausüben solle. Eine innerbetriebliche Umsetzung werde ihm vom Arbeitgeber nur auf "Handlangerarbeiten" angeboten, nicht seiner Qualifikation entsprechend. Er sehe sich finanziell und existenziell in einer ausweglosen Situation.
Nach Einholung eines weiteren vä Gutachtens erhöhte das VA mit Bescheid vom 14. August 2002 unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 1992 die MdE ab 1. Juli 2001 auf 50 v.H., da sich die anerkannten Schädigungsfolgen wesentlich verschlimmert hätten. Da er nun mit einer MdE um 50 v.H. Schwerbeschädigter sei, sei zu prüfen gewesen, ob ihm Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag zu gewähren sei. Bei der Höhe seiner Einkünfte hätten diese Leistungen aber nicht gewährt werden können.
Ab 30. Oktober 2002 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 265,30 EUR wöchentlich.
Mit Schreiben vom 19. November 2002 beantragte der Kläger die Neuberechnung des BSA und trug vor, Vergleichsbasis müsse das Nettoeinkommen seiner Schwester in Höhe von 2.590,14 EUR sein. Diesen Betrag fordere er als BSA ein.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2002 lehnte das VA den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab, da im Bescheid vom 21. August 2000 als Vergleichseinkommen der Durchschnittsverdienst eines Beamten im gehobenen Dienst berücksichtigt worden sei. Dass er ohne die Schädigung vermutlich eine Hochschulausbildung abgeschlossen hätte, sei nicht wahrscheinlich. Daher sei als Vergleichseinkommen das nach Abschluss einer Fachhochschulausbildung und nicht das nach einer Hochschulausbildung zugrunde zu legen. Er habe nichts vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könne.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, schon 1975 seien von den Gutachtern der Universitätsklinik W. Fördermaßnahmen angeraten worden, die er aber nie erhalten habe. Daraus sei zu schließen, dass er mit den Fördermaßnahmen ohne Zweifel ein Universitätsstudium mit Abschluss geschafft hätte. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2003 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 17. Februar 2003 Klage zum SG und machte geltend, ihm seien nicht die von der Universitätsklinik W. empfohlenen Förderungs- und Eingliederungshilfen gewährt worden. Vielmehr habe er weder vom VA, dem Arbeitsamt noch dem Integrationsamt die notwendigen Hilfen erlangt, so dass er mittlerweile sogar arbeitslos sei. Spätestens bei Kenntnis seiner schwierigen Situation hätte sich das VA einschalten müssen und über Möglichkeiten der Förderung, Integration und Weiterbildung nachdenken und aktiv werden müssen. Es sei auch durch das VA zu beweisen, dass er keinen Universitätsabschluss erreicht hätte. Er empfinde diese Unterstellung als Zumutung. Daher sei zusammenfassend der BSA nach einem Vergleichseinkommen zu berechnen, wie er es nach einem Universitätsabschluss ohne die Behinderung erzielt hätte. Es sei auch zu beachten, dass sein Vater nur deshalb kein Hochschulstudium aufgenommen habe, weil ihm dies in der ehemaligen DDR versagt worden sei. Deshalb sei er 1955 auch in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Auch habe seine Schwester vor dem Fachhochschulstudium in den Jahren 1984/1985 zwei Semester an der Universität K. studiert und diesen Studiengang nur aufgegeben, weil sie ihren Ehemann kennen gelernt (Heirat etwa 1990) und beschlossen habe, sich in der späteren Ehe vorrangig der Kindererziehung und Haushaltsführung zu widmen.
Der Beklagte trug vor, dass der Kläger selbst in den Erhebungsbögen 1989 und 1999 angegeben habe, ein Fachhochschulstudium angestrebt zu haben, wenn ihn nicht seine Behinderungen daran gehindert hätten. Dem habe man letztlich mit den zur Überprüfung gestellten Bescheiden Rechnung getragen. Dass der Kläger nunmehr zu einer anderen Auffassung gelange, sei legitim, aber nicht zwingend. Es lägen auch keine neuen Erkenntnisse vor, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2004 stellte das VA auf den Antrag des Klägers vom 26. August 2003 die Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines höheren Berufsschadensausgleichs wegen der Arbeitslosigkeit des Klägers und des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe neu fest und hob den Bescheid vom 29. November 2002 auf.
Durch Urteil vom 16. November 2004 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Bescheid vom 21. August 2000 hinsichtlich der Einstufung des Klägers nach § 7 i.V.m. § 4 Berufsschadensausgleichsverordnung unrichtig sei. Nur dies sei zwischen den Beteiligten streitig. Der Kläger habe nicht darlegen können, dass er in Stufe 4, entsprechend dem höheren Dienst, einzustufen wäre. Soweit der Kläger auf seinen Vater verweise, sei dem Gericht nicht nachvollziehbar, warum der Vater nicht nach der Übersiedlung noch ein Hochschulstudium absolviert habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass der Vater in der ehemaligen DDR an einem entsprechenden Studium aus politischen Gründen gehindert gewesen sei, da der jüngere Bruder des Vaters noch in der DDR ein entsprechendes Studium absolviert habe. Soweit der Kläger auf seine Schwester abstelle, habe diese eine Fachhochschulausbildung für den gehobenen Dienst durchlaufen. Dass sie zuvor zwei Semester an der Universität Konstanz studiert habe, ändere die Beurteilung nicht. Es spreche mehr dafür, dass die Schwester aus Gründen der persönlichen Neigung das Studium aufgegeben habe, denn dafür, dass sie nach so kurzer Zeit der Bekanntschaft mit ihrem späteren Ehemann und in so jungem Lebensalter schon so weit reichende Entscheidungen bezüglich der späteren beruflichen Entwicklung getroffen habe. Die gebotene Prognoseentscheidung rechtfertige daher keine Einstufung in eine höhere Stufe, bloße Zweifel seien für eine Rücknahme nach § 44 SGB X nicht ausreichend.
Gegen das ihm am 3. Januar 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Januar 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, man hätte Vater und Schwester als Zeugen laden müssen, um eine umfassende Klärung des sozialen Umfelds herbeizuführen. Die Angaben des Beklagten stützten sich nur auf seine Angaben im Erstantrag aus dem Jahr 1989. Seine Fähigkeiten würden nicht zur Kenntnis genommen, sondern nur auf den beruflichen und sozialen Werdegang der Familie abgestellt. Er werde als Behinderter in der Gesellschaft nicht effektiv unterstützt. Der Beklagte solle daher belegen, welche Förderungen er ab 1975 erbracht habe, um ihm eine angemessene Integration zu sichern.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. November 2004 sowie den Bescheid vom 4. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2003 aufzuheben, den Bescheid vom 11. Februar 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 21. August 2000 teilweise zurückzunehmen und ihm Berufsschadensausgleich unter Berücksichtigung eines Vergleichseinkommens für Beamte des höheren Dienstes zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, es lägen keine zwingenden Gründe für eine Einstufung in den höheren Dienst vor. Der Kläger habe zwar die Fachhochschulreife erreicht, die Fachhochschule aber nicht abgeschlossen und nie seinem Vorbildungsniveau entsprechend gearbeitet. Auch der Vater des Klägers und seine Schwester hätten keinen Hochschulabschluss erreicht. Bereits im Erstantrag habe der Kläger angegeben, dass er ebenso wie seine Schwester einen diplomierten Berufsabschluss erreicht hätte. Der Verweis auf eine abgebrochene akademische Ausbildung der Schwester oder eine abgeschlossene Ausbildung der Brüder des Vaters genüge nicht, um die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 21. August 2000 anzunehmen. Auch belege der Akteninhalt, dass der Kläger durch das VA in den vergangenen Jahren intensiv betreut worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte bei der mit Bescheid vom 21. August 2000 erfolgten Zugunstenentscheidung bezüglich des BSA von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wäre oder dass sich der Bescheid aus anderen Gründen als rechtswidrig erweist.
Verfahrensrechtlich beurteilt sich der geltend gemachte Anspruch nach § 44 SGB X. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Materiell-rechtlich sind die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) i.V.m. dem BVG maßgeblich. Nach § 60 IfSG erhält, wer durch eine Schutzimpfung oder eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG.
Gemäß § 30 Abs. 3 BVG erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, BSA. Zwischen der Minderung des Erwerbseinkommens und den Schädigungsfolgen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Ob dieser vorliegt, beurteilt sich nach dem im Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsmaßstab der wesentlichen Bedingung (vgl. bereits BSGE 1, 72, 76; 1, 105). Was unter Einkommensminderung bzw. Einkommensverlust zu verstehen ist, ergibt sich aus der Begriffsbestimmung in § 30 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 30 Abs. 5 BVG. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ist Einkommensverlust der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Das Vergleichseinkommen, das höher sein muss als das derzeitige Einkommen, ist nach § 30 Abs. 5 BVG zu errechnen, d.h. auf statistischer oder tariflicher Grundlage "aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder der Wirtschaftsgruppe, der der Beschäftigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte". Die Fassung des Gesetzes - "ohne die Schädigung" - zeigt, dass der schädigende Vorgang insgesamt weggedacht und der wahrscheinliche Berufsweg von dem Zeitpunkt an nachgezeichnet werden muss, in dem die Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG stattgefunden hat. Grundsätzlich ist deshalb zur Ermittlung der maßgeblichen Berufsgruppe von dem Beruf auszugehen, aus dem der Beschädigte durch die Schädigung verdrängt worden ist. Dieser Beruf einschließlich der Entwicklung, die ein Nichtbeschädigter in diesem Beruf genommen hätte, ist Vergleichsgrundlage (vgl. BSG SozR 3100 § 30 Nr. 74).
Im Falle eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X ist davon auszugehen, dass eine antragsgemäße Einstufung erfolgen kann, wenn ein entsprechender hypothetischer Berufsverlauf entgegen einer früheren bestandskräftigen Ablehnung doch wahrscheinlich ist. Insoweit gilt für die hypothetische Bestimmung eines Berufswegs nichts anderes als in Erstantragsfällen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG ("wahrscheinlich"). Wahrscheinlichkeit ist - auch im Sinne des § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG - zu bejahen, wenn mehr Gesichtspunkte für als gegen einen bestimmten Umstand- hier die behauptete berufliche Entwicklung - sprechen, so dass sich darauf die Überzeugung der Verwaltung oder des entscheidenden Gerichts gründen kann. Die Wahrscheinlichkeit erstreckt sich allerdings nicht auf die dieser Beurteilung zugrunde zu legenden Tatsachen. Diese müssen erwiesen sein. Der hypothetische Berufsweg wird danach aufgrund festgestellter Tatsachen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen als hypothetischer, d.h. gedachter, Berufsweg für den Fall, dass die Schädigung nicht stattgefunden hätte, prognostiziert (vgl. BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49 sowie BSGE 57, 103 , 104 = SozR 3100 § 30 Nr. 62). Dafür muss er ab dem Zeitpunkt der Schädigung nachgezeichnet werden, wofür insbesondere die berufliche Entwicklung, die der Betreffende genommen hätte, d.h. welchen Beruf er heute hätte, zu berücksichtigen ist (vgl. BSG SozR 3100 § 30 Nr. 74).
Wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluss der Schulausbildung erlittenen Schädigung - also auch im vorliegenden Fall - zu ermitteln ist, hat die vom Gesetzgeber in § 30 Abs. 14 Buchst b BVG ermächtigte Bundesregierung in der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juni 1984, zuletzt geändert durch Art. 27 des Rentenreformgesetzes 1999 (BGBl I S. 201) i.V.m. Art. 1 § 1 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1989 (BGBl I S. 3843) bestimmt. Das Vergleichseinkommen richtet sich in diesen Fällen nach den Besoldungsgruppen des Bundesbesoldungsgesetzes (§ 2 Abs. 1 Satz 2 , § 7 Abs. 1 Satz 1 BSchAV). In welche dieser Besoldungsgruppen der Antragsteller einzustufen ist, entscheidet sich nach seiner Veranlagung und seinen Fähigkeiten, hilfsweise auch unter Berücksichtigung der beruflichen und sozialen Stellung seiner Eltern und sonstigen Lebensverhältnisse (§ 7 Abs. 1 Satz 2 BSchAV). Bei vermutlichem Abschluss einer höheren oder gleichwertigen Schulausbildung ist das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des gehobenen Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen maßgeblich, bei vermutlichem Abschluss einer Hochschulausbildung (§ 3 Abs. 5 Satz 2 BSchAV) das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des höheren Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BSchAV).
Auf dieser Grundlage hat der Beklagte zutreffend entschieden, dass dem Kläger Berufsschadensausgleich nach dem Durchschnittseinkommen eines Beamten im gehobenen Dienst zu gewähren ist. Neue Tatsachen, die die Unrichtigkeit der Entscheidung vom 21. August 2000 begründen könnten, wurden vom Kläger auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Maßgeblich für die Beurteilung ist die Entwicklung, die der Kläger nach seinen Fähigkeiten und seiner Veranlagung genommen hätte, wenn er nicht den Impfschaden erlitten hätte.
Der Kläger hat den Besuch des Gymnasiums behinderungsbedingt abgebrochen, ist auf eine Sprachförderschule gewechselt und hat dort den Hauptschulabschluss erzielt. Über die sich anschließende Berufsausbildung zum Elektroinstallateur hat er die Fachhochschulreife erlangt. Der Senat geht daher - in Übereinstimmung mit dem Beklagten - davon aus, dass der Kläger ohne die Schädigung den Abschluss auch an einem allgemeinbildenden Gymnasium (wie auch seine Schwester) erreicht hätte. Von Februar 1984 bis Juni 1986 besuchte er die Technikerschule, die er ohne Abschluss verließ. Zur Begründung, warum er den Abschluss nicht erreicht hat, hat der Kläger im Berufungsverfahren zwar ausgeführt, die Notwendigkeit, Referate zu halten, habe ihm den weiteren Besuch und damit auch den Abschluss unmöglich gemacht.
Dies ist für den Senat aber nicht glaubhaft. Die aktenkundigen Zeugnisse belegen vielmehr, dass der Kläger erfolgreich das Studium betrieben und regelmäßig gute bis befriedigende Noten in den Studienfächern erzielt hat. Lediglich in einem Fach des fachrichtungsbezogenen Anwendungsbereichs sind die Leistungen mit mangelhaft bewertet worden. Das Nichtbestehen der Technikerprüfung bzw. der Nichtantritt zur Wiederholungsprüfung ist damit nicht auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen, sondern auf eine aus anderen Gründen getroffene persönliche Entscheidung des Klägers oder auf das unzureichende technische Verständnis, das er selbst in seinem Formantrag vom 24. Januar 1989 auch als Grund für den Abbruch der Fachhochschule aufgeführt und daher auch die Berufswahl zum Elektroinstallateur nur als Hilfsweg bezeichnet hat. Die vom Kläger nunmehr vorgebrachte Unfähigkeit, Referate zu halten, ist insbesondere aufgrund der im Fach Deutsch im dritten Studienjahr erteilten Note "2" nicht nachvollziehbar. Zudem hat der Kläger auch die Prüfung zum Industriemeister erfolgreich abgelegt. Es liegen somit keine neuen Tatsachen vor, die eine andere, von den angefochtenen Entscheidungen abweichende Bewertung rechtfertigen würden.
Wenn der Kläger weiter vorbringt, die Prognoseentscheidung sei schon deshalb zu revidieren, weil er davon ausgehe, ohne seine Behinderung hätte er Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften studiert, ist dieser Vortrag nicht nur im Berufungsverfahren erstmals erfolgt. Vielmehr sprechen auch die Ausführungen des Klägers in den Anträgen auf Gewährung von BSA gegen eine entsprechende Zielrichtung. Als seine Schwester die Prüfung für den gehobenen Dienst erfolgreich abgeschlossen hatte, verwies der Kläger darauf, auch diesen oder einen kaufmännischen Beruf ergriffen zu haben, wenn er nicht sprachbehindert wäre. Gleicher Vortrag wiederholte sich fortlaufend. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger tatsächlich eine Hochschulausbildung angestrebt hätte, ergeben sich auch aus seinen eigenen Bekundungen nicht. Dass er sich möglicherweise zwischenzeitlich eine andere Entwicklung vorstellen könnte, macht die vom Beklagten getroffene Prognoseentscheidung nicht unrichtig. In einer derartigen Prognoseentscheidung mit Wahrscheinlichkeitsüberlegungen sind zwangsläufig Unsicherheiten enthalten, was die künftigen beruflichen Veränderungen anbelangt.
Soweit der Kläger weiter vorbringt, der Beklagte, aber auch andere Institutionen hätten ihre Pflicht zur Förderung Behinderter nicht erfüllt, so dass deshalb die bei ihm zu treffende Prognoseentscheidung beinahe zwingend zu seinem Nachteil ausgehen müsse, überzeugt auch dieser Einwand den Senat nicht. Zum einen hat der Kläger, wie aus dem Akteninhalt unschwer ersehen werden kann, vom VA die gebotene Unterstützung erhalten. Dass sich der Kläger möglicherweise von anderen Institutionen, insbesondere dem Integrationsamt, nicht ausreichend unterstützt fühlt, kann nicht zu Lasten der Versorgungsverwaltung gehen. Zudem reicht es im Rahmen des § 44 SGB X nicht aus, pauschal darauf zu verweisen, dass Behinderte in der Gesellschaft nur unzureichend Anerkennung finden würden. Der Kläger hat auch nichts vorgetragen, das den Senat davon überzeugen könnte, dass in seinem konkreten Fall auf ein Vorbringen oder einen Antrag von ihm seitens des Beklagten oder des VA konkrete Hilfsmaßnahmen unterlassen wurden. Der Kläger hat nie gegenüber dem Beklagten etwa eine Förderung zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife oder der Durchführung eines Studiums beantragt. Auch der Wechsel vom Gymnasium auf die Sprachförderschule, den der Kläger selbst als Auslöser seiner schwierigen beruflichen Entwicklung empfindet, geschah ohne Beteiligung des VA. Neue Tatsachen, die eine andere Bewertung insoweit rechtfertigen, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Soweit er weiter ausführt, wegen seiner Sprachbehinderung den Arbeitsplatz verloren zu haben, kann der Senat offen lassen, ob und inwieweit insoweit tatsächlich ein Zusammenhang besteht. Denn das VA hat bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs die eingetretene Arbeitslosigkeit und die dadurch bedingte Minderung des Einkommens berücksichtigt. Für die zur Überprüfung gestellte prognostische Entscheidung der Entwicklung und Fähigkeiten des Klägers ohne die Schädigung ist dieser Umstand ohne Bedeutung.
Daher kann sich der Senat auch unter Würdigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren nicht davon überzeugen, dass mehr Gesichtspunkte für die von ihm geltend gemachte berufliche Entwicklung als dagegen sprechen.
Es liegen daher keine Tatsachen vor, die die Aufhebung des Bescheids vom 21. August 2000 nach § 44 SGB X rechtfertigen.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleichs (BSA) bei anerkanntem Impfschaden im Wege des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Der Kläger ist am 9. August 1960 geboren. Bei einer Pockenimpfung erlitt er als Kind einen Impfschaden. Sein Vater war als Elektromeister beruflich tätig, die Schwester hat nach zwei Semestern Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität K. das Hochschulstudium abgebrochen und eine Ausbildung zum gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst bei der Kommunalverwaltung erfolgreich durchlaufen. Die Mutter des Klägers ist nicht berufstätig.
Nach dem Besuch der Grundschule war der Kläger von 1971 bis 1973 auf dem H.-Gymnasium in K., von welchem er auf eine Sprachheilschule wechselte, die er 1976 mit dem Hauptschulabschluss verließ. Vom 16. August 1976 bis 5. Juni 1978 besuchte er die Gewerbeschule in K., die er mit der Fachschulreife abschloss. Von 1976 bis Juli 1980 absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung als Elektroinstallateur. Danach war der Kläger als Saisonaushilfe in einer Schokoladenfabrik, als Berufskraftfahrer, im erlernten Beruf als Elektroinstallateur und als Aushilfe bei den Stadtwerken K. beschäftigt. Von Februar 1984 bis Juni 1986 besuchte er die Technikerschule, die er ohne Abschluss verließ. Von Februar 1987 bis Dezember 1988 hielt er sich im Ausland auf, ohne einer Beschäftigung nachzugehen. Ab März 1989 arbeitete er als Berufskraftfahrer, 1990/1991 besuchte er die D.-Akademie N., die er mit dem Abschluss als Industriemeister, Fachrichtung Kraftverkehr, erfolgreich verließ. Ab 1. April 1991 arbeitete der Kläger als Busfahrer bei den Stadtwerken K., ab Juni 2001 war er dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt und erhielt nach Ablauf der Krankengeldzahlung Arbeitslosengeld. Mit Auflösungsvertrag vom 27. Mai 2003 wurde das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 2003 unter Zahlung einer Abfindung in Höhe von 25.000,- EUR beendet. Ab Oktober 2003 erhielt der Kläger Arbeitslosenhilfe.
Mit Bescheid vom 4. November 1975 stellte das Versorgungsamt Freiburg, Außenstelle Radolfzell (VA) in Ausführung des zur Erledigung des Rechtsstreits S 1 Vi 1240/74 (Sozialgericht Konstanz) abgeschlossenen außergerichtlichen Vergleichs eine leichte hirnorganische Leistungsschwäche als Impfschaden fest und bewilligte dem Kläger eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Diesem Vergleich lag das Gutachten von Prof. Dr. G., Universitätsklinik W., vom 21. Mai 1975 zugrunde. Darin war u.a. zusammenfassend aufgeführt, dass auch bei sonderpädagogischen Bemühungen mit einem Dauerschaden und einer nur begrenzten Besserungsfähigkeit zu rechnen sei. Es liege im Interesse des Klägers, wenn ihm und seinen Eltern keine illusionären Erfolge oder Bildungsziele vorschweben würden. Der Besuch eines Gymnasiums sei ebenso unmöglich wie der Besuch einer Fachhochschule, bedingt durch die Notwendigkeit, Fremdsprachen zu erlernen.
Mit Schreiben vom 15. Januar 1989 machte der Kläger geltend, dass seine Schwester vor wenigen Monaten einen Abschluss als Diplom-Verwaltungswirtin (FH) erreicht habe. Nach seiner Auffassung habe ihn seine Körperbehinderung gehindert, einen vergleichbaren Abschluss zu erreichen. Er bitte um einen Ausgleich der erheblich unterschiedlichen Berufschancen, verglichen mit denen seiner Schwester.
Mit Bescheid vom 16. März 1989 lehnte das VA nach Einholung einer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme die Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger trotz seiner anerkannten Schädigungsfolgen eine gut durchschnittliche intellektuelle Allgemeinbefähigung besitze. Das von ihm geltend gemachte unzureichende technische Verständnis, welches offensichtlich für das Nichterreichen des Ausbildungsziels als Elektrotechniker ursächlich sei, sei nicht schädigungsbedingt. Es sei auch nicht zutreffend, dass er bei der Ausübung seines Berufs als Elektroinstallateur besonders beruflich betroffen sei, da ein erheblich höherer Energieaufwand als bei einer Beschäftigung im allgemeinen Erwerbsleben nicht notwendig sei. Dass er durch seinen schädigungsbedingten Sprachfehler bei Kollegen oder Vorgesetzten auf Ablehnung gestoßen sei, sei nicht berufsspezifisch.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, das VA gehe bei seiner Beurteilung unzutreffend vom beruflichen Ist-Zustand aus. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass er wegen seiner Sprachbehinderung über die Ausbildung als Elektroinstallateur hinaus - im Gegensatz zu seiner Schwester - keine weitere beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten gehabt habe.
Das Vorbringen des Klägers wertete das VA zugleich als Antrag auf BSA. Diesen Antrag lehnte das VA mit Bescheid vom 20. Oktober 1989 ab, da der Kläger durch die Schädigungsfolgen nicht unfähig gewesen sei, den erlernten Beruf als Elektroinstallateur auszuüben. Er sei auch infolge der Schädigungsfolgen nicht unfähig, den angestrebten Beruf als Techniker auszuüben. Er besitze eine gut durchschnittliche intellektuelle Allgemeinbefähigung. Die gezeigten schulischen Leistungen an der Technikerschule würden dies unterstreichen. In allgemeinen Fächern habe er gute bis befriedigende Leistungen erzielt. Lediglich in einem Fach des fachrichtungsbezogenen Anwendungsbereichs seien die Leistungen mit mangelhaft bewertet worden. Das Nichtbestehen der Technikerprüfung sei damit nicht auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen, sondern auf das unzureichende technische Verständnis. Er hätte darüber hinaus die Technikerprüfung auch wiederholen können, habe aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Da er die Schädigung vor Abschluss der Schulausbildung erlitten habe, sei zu prüfen, ob nicht die Ermittlung des Durchschnittseinkommens nach § 7 der Verordnung zu § 30 Abs. 3 BVG zu erfolgen habe. Die Eingruppierung sei nach seinen Veranlagungen und Fähigkeiten sowie hilfsweise unter Berücksichtigung der beruflichen und sozialen Stellung der Eltern und Geschwister vorzunehmen. Sein Vater sei Elektromeister, die Schwester habe die Ausbildung für den gehobenen Dienst erfolgreich bestanden. Nach seinen eigenen Angaben hätte er ohne die Schädigung ein vergleichbares Berufsziel verfolgt. Die Ermittlung des Durchschnittseinkommens habe daher anhand des Einkommens von Beamten im gehobenen Dienst zu erfolgen. Da er jedoch im zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife erlangt habe, wäre das Erreichen eines diplomierten Berufsabschlusses möglich gewesen, zumal die Zulassung zur Ausbildung für den gehobenen Dienst mit dem Bildungsstand der Fachhochschulreife möglich sei. Eine diesbezügliche Bewerbung sei durch den Kläger nicht erfolgt. Daher sei das Nichterreichen eines entsprechenden Berufsabschlusses nicht schädigungsbedingt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1990 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16. März 1989 zurück. Im sich anschließenden Verfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) anerkannte der Beklagte eine besondere berufliche Betroffenheit und bewilligte mit Ausführungsbescheid vom 13. Januar 1992 Rente nach einer MdE um 40 v.H. ab 1. Januar 1989.
Am 18. August 1999 wandte sich der Kläger erneut an den Beklagten und machte einen Anspruch auf Gewährung von BSA geltend. Zur Begründung führte er aus, trotz seiner Ausbildung zum Industriemeister habe er nur durch die Protektion seines Vaters eine Anstellung als Busfahrer bei den Stadtwerken K. erhalten. Alle Versuche, betriebsintern seinem Ausbildungsstand entsprechend aufzusteigen, seien wegen seiner Behinderung gescheitert.
Nach weiteren Sachverhaltsermittlungen, insbesondere bei der Industrie- und Handelskammer K. über die beruflichen Einsatzmöglichkeiten einer Person mit vergleichbaren Qualifikationen wie der des Klägers, erstellte die Versorgungsärztin Dr. W. unter dem 17. Februar 2000 ein vä Gutachten, insbesondere zu der Frage der mit den Sprachstörungen verbundenen kommunikativen Auswirkungen einschließlich der psychischen Beeinträchtigungen bei der beruflichen Entwicklung. Diese führte aus, beim Kläger bestehe eine erhebliche Selbstwertproblematik, bedingt durch die empfundene Zurücksetzung wegen seines Sprachfehlers. Er sei massiv gekränkt, dass seine berufliche Qualifikation bei der Vergabe von Arbeitsplätzen nicht berücksichtigt werde. Jeder Misserfolg führe zu einer Destabilisierung seines mühsam aufrecht erhaltenen Selbstwerts. Trotz der Sprachstörung sei der Kläger in der Lage, eine Tätigkeit als Industriemeister auszuüben, die Sprachstörung sei aber gerade angesichts der ungünstigen Arbeitsmarktlage immer ein ungünstiger Faktor bei Bewerbungen. Es sei aber davon auszugehen, dass der Kläger schon immer in Schule und Beruf benachteiligt worden sei.
Mit Bescheid vom 21. August 2000 nahm das VA nach § 44 SGB X den Bescheid vom 20. Oktober 1989 zurück und bewilligte dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1995 BSA in Höhe von 441,- DM monatlich. Vergleichseinkommen sei dasjenige eines Beamten im gehobenen Dienst.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2001 teilte der Kläger mit, dass er seit Juni 2001 arbeitsunfähig sei und er den Beruf als Busfahrer wegen der Schädigungsfolgen auf Anraten seiner Ärzte nicht mehr ausüben solle. Eine innerbetriebliche Umsetzung werde ihm vom Arbeitgeber nur auf "Handlangerarbeiten" angeboten, nicht seiner Qualifikation entsprechend. Er sehe sich finanziell und existenziell in einer ausweglosen Situation.
Nach Einholung eines weiteren vä Gutachtens erhöhte das VA mit Bescheid vom 14. August 2002 unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 1992 die MdE ab 1. Juli 2001 auf 50 v.H., da sich die anerkannten Schädigungsfolgen wesentlich verschlimmert hätten. Da er nun mit einer MdE um 50 v.H. Schwerbeschädigter sei, sei zu prüfen gewesen, ob ihm Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag zu gewähren sei. Bei der Höhe seiner Einkünfte hätten diese Leistungen aber nicht gewährt werden können.
Ab 30. Oktober 2002 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 265,30 EUR wöchentlich.
Mit Schreiben vom 19. November 2002 beantragte der Kläger die Neuberechnung des BSA und trug vor, Vergleichsbasis müsse das Nettoeinkommen seiner Schwester in Höhe von 2.590,14 EUR sein. Diesen Betrag fordere er als BSA ein.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2002 lehnte das VA den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheids nach § 44 SGB X ab, da im Bescheid vom 21. August 2000 als Vergleichseinkommen der Durchschnittsverdienst eines Beamten im gehobenen Dienst berücksichtigt worden sei. Dass er ohne die Schädigung vermutlich eine Hochschulausbildung abgeschlossen hätte, sei nicht wahrscheinlich. Daher sei als Vergleichseinkommen das nach Abschluss einer Fachhochschulausbildung und nicht das nach einer Hochschulausbildung zugrunde zu legen. Er habe nichts vorgebracht, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könne.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, schon 1975 seien von den Gutachtern der Universitätsklinik W. Fördermaßnahmen angeraten worden, die er aber nie erhalten habe. Daraus sei zu schließen, dass er mit den Fördermaßnahmen ohne Zweifel ein Universitätsstudium mit Abschluss geschafft hätte. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2003 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 17. Februar 2003 Klage zum SG und machte geltend, ihm seien nicht die von der Universitätsklinik W. empfohlenen Förderungs- und Eingliederungshilfen gewährt worden. Vielmehr habe er weder vom VA, dem Arbeitsamt noch dem Integrationsamt die notwendigen Hilfen erlangt, so dass er mittlerweile sogar arbeitslos sei. Spätestens bei Kenntnis seiner schwierigen Situation hätte sich das VA einschalten müssen und über Möglichkeiten der Förderung, Integration und Weiterbildung nachdenken und aktiv werden müssen. Es sei auch durch das VA zu beweisen, dass er keinen Universitätsabschluss erreicht hätte. Er empfinde diese Unterstellung als Zumutung. Daher sei zusammenfassend der BSA nach einem Vergleichseinkommen zu berechnen, wie er es nach einem Universitätsabschluss ohne die Behinderung erzielt hätte. Es sei auch zu beachten, dass sein Vater nur deshalb kein Hochschulstudium aufgenommen habe, weil ihm dies in der ehemaligen DDR versagt worden sei. Deshalb sei er 1955 auch in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Auch habe seine Schwester vor dem Fachhochschulstudium in den Jahren 1984/1985 zwei Semester an der Universität K. studiert und diesen Studiengang nur aufgegeben, weil sie ihren Ehemann kennen gelernt (Heirat etwa 1990) und beschlossen habe, sich in der späteren Ehe vorrangig der Kindererziehung und Haushaltsführung zu widmen.
Der Beklagte trug vor, dass der Kläger selbst in den Erhebungsbögen 1989 und 1999 angegeben habe, ein Fachhochschulstudium angestrebt zu haben, wenn ihn nicht seine Behinderungen daran gehindert hätten. Dem habe man letztlich mit den zur Überprüfung gestellten Bescheiden Rechnung getragen. Dass der Kläger nunmehr zu einer anderen Auffassung gelange, sei legitim, aber nicht zwingend. Es lägen auch keine neuen Erkenntnisse vor, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2004 stellte das VA auf den Antrag des Klägers vom 26. August 2003 die Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines höheren Berufsschadensausgleichs wegen der Arbeitslosigkeit des Klägers und des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe neu fest und hob den Bescheid vom 29. November 2002 auf.
Durch Urteil vom 16. November 2004 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Bescheid vom 21. August 2000 hinsichtlich der Einstufung des Klägers nach § 7 i.V.m. § 4 Berufsschadensausgleichsverordnung unrichtig sei. Nur dies sei zwischen den Beteiligten streitig. Der Kläger habe nicht darlegen können, dass er in Stufe 4, entsprechend dem höheren Dienst, einzustufen wäre. Soweit der Kläger auf seinen Vater verweise, sei dem Gericht nicht nachvollziehbar, warum der Vater nicht nach der Übersiedlung noch ein Hochschulstudium absolviert habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass der Vater in der ehemaligen DDR an einem entsprechenden Studium aus politischen Gründen gehindert gewesen sei, da der jüngere Bruder des Vaters noch in der DDR ein entsprechendes Studium absolviert habe. Soweit der Kläger auf seine Schwester abstelle, habe diese eine Fachhochschulausbildung für den gehobenen Dienst durchlaufen. Dass sie zuvor zwei Semester an der Universität Konstanz studiert habe, ändere die Beurteilung nicht. Es spreche mehr dafür, dass die Schwester aus Gründen der persönlichen Neigung das Studium aufgegeben habe, denn dafür, dass sie nach so kurzer Zeit der Bekanntschaft mit ihrem späteren Ehemann und in so jungem Lebensalter schon so weit reichende Entscheidungen bezüglich der späteren beruflichen Entwicklung getroffen habe. Die gebotene Prognoseentscheidung rechtfertige daher keine Einstufung in eine höhere Stufe, bloße Zweifel seien für eine Rücknahme nach § 44 SGB X nicht ausreichend.
Gegen das ihm am 3. Januar 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Januar 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, man hätte Vater und Schwester als Zeugen laden müssen, um eine umfassende Klärung des sozialen Umfelds herbeizuführen. Die Angaben des Beklagten stützten sich nur auf seine Angaben im Erstantrag aus dem Jahr 1989. Seine Fähigkeiten würden nicht zur Kenntnis genommen, sondern nur auf den beruflichen und sozialen Werdegang der Familie abgestellt. Er werde als Behinderter in der Gesellschaft nicht effektiv unterstützt. Der Beklagte solle daher belegen, welche Förderungen er ab 1975 erbracht habe, um ihm eine angemessene Integration zu sichern.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16. November 2004 sowie den Bescheid vom 4. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2003 aufzuheben, den Bescheid vom 11. Februar 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 21. August 2000 teilweise zurückzunehmen und ihm Berufsschadensausgleich unter Berücksichtigung eines Vergleichseinkommens für Beamte des höheren Dienstes zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, es lägen keine zwingenden Gründe für eine Einstufung in den höheren Dienst vor. Der Kläger habe zwar die Fachhochschulreife erreicht, die Fachhochschule aber nicht abgeschlossen und nie seinem Vorbildungsniveau entsprechend gearbeitet. Auch der Vater des Klägers und seine Schwester hätten keinen Hochschulabschluss erreicht. Bereits im Erstantrag habe der Kläger angegeben, dass er ebenso wie seine Schwester einen diplomierten Berufsabschluss erreicht hätte. Der Verweis auf eine abgebrochene akademische Ausbildung der Schwester oder eine abgeschlossene Ausbildung der Brüder des Vaters genüge nicht, um die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 21. August 2000 anzunehmen. Auch belege der Akteninhalt, dass der Kläger durch das VA in den vergangenen Jahren intensiv betreut worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte bei der mit Bescheid vom 21. August 2000 erfolgten Zugunstenentscheidung bezüglich des BSA von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wäre oder dass sich der Bescheid aus anderen Gründen als rechtswidrig erweist.
Verfahrensrechtlich beurteilt sich der geltend gemachte Anspruch nach § 44 SGB X. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Materiell-rechtlich sind die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) i.V.m. dem BVG maßgeblich. Nach § 60 IfSG erhält, wer durch eine Schutzimpfung oder eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG.
Gemäß § 30 Abs. 3 BVG erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, BSA. Zwischen der Minderung des Erwerbseinkommens und den Schädigungsfolgen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Ob dieser vorliegt, beurteilt sich nach dem im Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsmaßstab der wesentlichen Bedingung (vgl. bereits BSGE 1, 72, 76; 1, 105). Was unter Einkommensminderung bzw. Einkommensverlust zu verstehen ist, ergibt sich aus der Begriffsbestimmung in § 30 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 30 Abs. 5 BVG. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ist Einkommensverlust der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Das Vergleichseinkommen, das höher sein muss als das derzeitige Einkommen, ist nach § 30 Abs. 5 BVG zu errechnen, d.h. auf statistischer oder tariflicher Grundlage "aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder der Wirtschaftsgruppe, der der Beschäftigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte". Die Fassung des Gesetzes - "ohne die Schädigung" - zeigt, dass der schädigende Vorgang insgesamt weggedacht und der wahrscheinliche Berufsweg von dem Zeitpunkt an nachgezeichnet werden muss, in dem die Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG stattgefunden hat. Grundsätzlich ist deshalb zur Ermittlung der maßgeblichen Berufsgruppe von dem Beruf auszugehen, aus dem der Beschädigte durch die Schädigung verdrängt worden ist. Dieser Beruf einschließlich der Entwicklung, die ein Nichtbeschädigter in diesem Beruf genommen hätte, ist Vergleichsgrundlage (vgl. BSG SozR 3100 § 30 Nr. 74).
Im Falle eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X ist davon auszugehen, dass eine antragsgemäße Einstufung erfolgen kann, wenn ein entsprechender hypothetischer Berufsverlauf entgegen einer früheren bestandskräftigen Ablehnung doch wahrscheinlich ist. Insoweit gilt für die hypothetische Bestimmung eines Berufswegs nichts anderes als in Erstantragsfällen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG ("wahrscheinlich"). Wahrscheinlichkeit ist - auch im Sinne des § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG - zu bejahen, wenn mehr Gesichtspunkte für als gegen einen bestimmten Umstand- hier die behauptete berufliche Entwicklung - sprechen, so dass sich darauf die Überzeugung der Verwaltung oder des entscheidenden Gerichts gründen kann. Die Wahrscheinlichkeit erstreckt sich allerdings nicht auf die dieser Beurteilung zugrunde zu legenden Tatsachen. Diese müssen erwiesen sein. Der hypothetische Berufsweg wird danach aufgrund festgestellter Tatsachen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen als hypothetischer, d.h. gedachter, Berufsweg für den Fall, dass die Schädigung nicht stattgefunden hätte, prognostiziert (vgl. BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49 sowie BSGE 57, 103 , 104 = SozR 3100 § 30 Nr. 62). Dafür muss er ab dem Zeitpunkt der Schädigung nachgezeichnet werden, wofür insbesondere die berufliche Entwicklung, die der Betreffende genommen hätte, d.h. welchen Beruf er heute hätte, zu berücksichtigen ist (vgl. BSG SozR 3100 § 30 Nr. 74).
Wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluss der Schulausbildung erlittenen Schädigung - also auch im vorliegenden Fall - zu ermitteln ist, hat die vom Gesetzgeber in § 30 Abs. 14 Buchst b BVG ermächtigte Bundesregierung in der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juni 1984, zuletzt geändert durch Art. 27 des Rentenreformgesetzes 1999 (BGBl I S. 201) i.V.m. Art. 1 § 1 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1989 (BGBl I S. 3843) bestimmt. Das Vergleichseinkommen richtet sich in diesen Fällen nach den Besoldungsgruppen des Bundesbesoldungsgesetzes (§ 2 Abs. 1 Satz 2 , § 7 Abs. 1 Satz 1 BSchAV). In welche dieser Besoldungsgruppen der Antragsteller einzustufen ist, entscheidet sich nach seiner Veranlagung und seinen Fähigkeiten, hilfsweise auch unter Berücksichtigung der beruflichen und sozialen Stellung seiner Eltern und sonstigen Lebensverhältnisse (§ 7 Abs. 1 Satz 2 BSchAV). Bei vermutlichem Abschluss einer höheren oder gleichwertigen Schulausbildung ist das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des gehobenen Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen maßgeblich, bei vermutlichem Abschluss einer Hochschulausbildung (§ 3 Abs. 5 Satz 2 BSchAV) das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des höheren Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BSchAV).
Auf dieser Grundlage hat der Beklagte zutreffend entschieden, dass dem Kläger Berufsschadensausgleich nach dem Durchschnittseinkommen eines Beamten im gehobenen Dienst zu gewähren ist. Neue Tatsachen, die die Unrichtigkeit der Entscheidung vom 21. August 2000 begründen könnten, wurden vom Kläger auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Maßgeblich für die Beurteilung ist die Entwicklung, die der Kläger nach seinen Fähigkeiten und seiner Veranlagung genommen hätte, wenn er nicht den Impfschaden erlitten hätte.
Der Kläger hat den Besuch des Gymnasiums behinderungsbedingt abgebrochen, ist auf eine Sprachförderschule gewechselt und hat dort den Hauptschulabschluss erzielt. Über die sich anschließende Berufsausbildung zum Elektroinstallateur hat er die Fachhochschulreife erlangt. Der Senat geht daher - in Übereinstimmung mit dem Beklagten - davon aus, dass der Kläger ohne die Schädigung den Abschluss auch an einem allgemeinbildenden Gymnasium (wie auch seine Schwester) erreicht hätte. Von Februar 1984 bis Juni 1986 besuchte er die Technikerschule, die er ohne Abschluss verließ. Zur Begründung, warum er den Abschluss nicht erreicht hat, hat der Kläger im Berufungsverfahren zwar ausgeführt, die Notwendigkeit, Referate zu halten, habe ihm den weiteren Besuch und damit auch den Abschluss unmöglich gemacht.
Dies ist für den Senat aber nicht glaubhaft. Die aktenkundigen Zeugnisse belegen vielmehr, dass der Kläger erfolgreich das Studium betrieben und regelmäßig gute bis befriedigende Noten in den Studienfächern erzielt hat. Lediglich in einem Fach des fachrichtungsbezogenen Anwendungsbereichs sind die Leistungen mit mangelhaft bewertet worden. Das Nichtbestehen der Technikerprüfung bzw. der Nichtantritt zur Wiederholungsprüfung ist damit nicht auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen, sondern auf eine aus anderen Gründen getroffene persönliche Entscheidung des Klägers oder auf das unzureichende technische Verständnis, das er selbst in seinem Formantrag vom 24. Januar 1989 auch als Grund für den Abbruch der Fachhochschule aufgeführt und daher auch die Berufswahl zum Elektroinstallateur nur als Hilfsweg bezeichnet hat. Die vom Kläger nunmehr vorgebrachte Unfähigkeit, Referate zu halten, ist insbesondere aufgrund der im Fach Deutsch im dritten Studienjahr erteilten Note "2" nicht nachvollziehbar. Zudem hat der Kläger auch die Prüfung zum Industriemeister erfolgreich abgelegt. Es liegen somit keine neuen Tatsachen vor, die eine andere, von den angefochtenen Entscheidungen abweichende Bewertung rechtfertigen würden.
Wenn der Kläger weiter vorbringt, die Prognoseentscheidung sei schon deshalb zu revidieren, weil er davon ausgehe, ohne seine Behinderung hätte er Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften studiert, ist dieser Vortrag nicht nur im Berufungsverfahren erstmals erfolgt. Vielmehr sprechen auch die Ausführungen des Klägers in den Anträgen auf Gewährung von BSA gegen eine entsprechende Zielrichtung. Als seine Schwester die Prüfung für den gehobenen Dienst erfolgreich abgeschlossen hatte, verwies der Kläger darauf, auch diesen oder einen kaufmännischen Beruf ergriffen zu haben, wenn er nicht sprachbehindert wäre. Gleicher Vortrag wiederholte sich fortlaufend. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger tatsächlich eine Hochschulausbildung angestrebt hätte, ergeben sich auch aus seinen eigenen Bekundungen nicht. Dass er sich möglicherweise zwischenzeitlich eine andere Entwicklung vorstellen könnte, macht die vom Beklagten getroffene Prognoseentscheidung nicht unrichtig. In einer derartigen Prognoseentscheidung mit Wahrscheinlichkeitsüberlegungen sind zwangsläufig Unsicherheiten enthalten, was die künftigen beruflichen Veränderungen anbelangt.
Soweit der Kläger weiter vorbringt, der Beklagte, aber auch andere Institutionen hätten ihre Pflicht zur Förderung Behinderter nicht erfüllt, so dass deshalb die bei ihm zu treffende Prognoseentscheidung beinahe zwingend zu seinem Nachteil ausgehen müsse, überzeugt auch dieser Einwand den Senat nicht. Zum einen hat der Kläger, wie aus dem Akteninhalt unschwer ersehen werden kann, vom VA die gebotene Unterstützung erhalten. Dass sich der Kläger möglicherweise von anderen Institutionen, insbesondere dem Integrationsamt, nicht ausreichend unterstützt fühlt, kann nicht zu Lasten der Versorgungsverwaltung gehen. Zudem reicht es im Rahmen des § 44 SGB X nicht aus, pauschal darauf zu verweisen, dass Behinderte in der Gesellschaft nur unzureichend Anerkennung finden würden. Der Kläger hat auch nichts vorgetragen, das den Senat davon überzeugen könnte, dass in seinem konkreten Fall auf ein Vorbringen oder einen Antrag von ihm seitens des Beklagten oder des VA konkrete Hilfsmaßnahmen unterlassen wurden. Der Kläger hat nie gegenüber dem Beklagten etwa eine Förderung zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife oder der Durchführung eines Studiums beantragt. Auch der Wechsel vom Gymnasium auf die Sprachförderschule, den der Kläger selbst als Auslöser seiner schwierigen beruflichen Entwicklung empfindet, geschah ohne Beteiligung des VA. Neue Tatsachen, die eine andere Bewertung insoweit rechtfertigen, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Soweit er weiter ausführt, wegen seiner Sprachbehinderung den Arbeitsplatz verloren zu haben, kann der Senat offen lassen, ob und inwieweit insoweit tatsächlich ein Zusammenhang besteht. Denn das VA hat bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs die eingetretene Arbeitslosigkeit und die dadurch bedingte Minderung des Einkommens berücksichtigt. Für die zur Überprüfung gestellte prognostische Entscheidung der Entwicklung und Fähigkeiten des Klägers ohne die Schädigung ist dieser Umstand ohne Bedeutung.
Daher kann sich der Senat auch unter Würdigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren nicht davon überzeugen, dass mehr Gesichtspunkte für die von ihm geltend gemachte berufliche Entwicklung als dagegen sprechen.
Es liegen daher keine Tatsachen vor, die die Aufhebung des Bescheids vom 21. August 2000 nach § 44 SGB X rechtfertigen.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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