Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 27/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit einer Klage gegen die Ablehnung einer Genehmigung zur Abrechnung der Leistungen nach Nr. 03312, 13410, 13412, 13424, 13430, 13431, 13662 und 13663 EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff.
Der Kläger ist als Facharzt für innere Medizin ohne Schwerpunkt mit Praxissitz in A-Stadt seit 02.01.1992 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er nimmt an der fachärztlichen Versorgung teil. Er führt eine Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. med. XE., Facharzt für innere Medizin ohne Schwerpunkt, der ebf. an der fachärztlichen Versorgung teilnimmt. Er versorgt am D.Krankenhaus zusammen mit Herrn Dr. med. XE. 16 Belegarztbetten.
Am 27.06.2005 beantragte er zusammen mit seinem Gemeinschaftspraxispartner die Genehmigung zur Abrechnung der strittigen und weiterer Leistungen. Sie wiesen darauf hin, diese Leistungen erbrächten sie durch ihre proktologisch-gastroenterologische Schwerpunkttätigkeit seit Gründung der Gemeinschaftspraxis regelmäßig ambulant und stationär.
Mit Bescheiden, jeweils vom 02.03.2006 erteilte die Beklagte dem Kläger und seinem Gemeinschaftspraxispartner die Genehmigung zur Abrechnung radiologischer Leistungen für die Nr. 13430 und 13431 EBM 2005 mit Wirkung ab 24.06.2005.
Mit Bescheid vom 22.03.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Genehmigung zur Abrechnung der strittigen Leistungen ab. Den Bescheid richtete sie an die "Gemeinschaftspraxis Dr. med. A., Dr. med. W. XE., z. Hd. Herrn Dr. XE.". Sie führte an, die Bestimmungen des EBM 2005 beinhalteten eine fachgruppenspezifische Abrechnungssystematik. Für fachärztlich tätige Internisten seien die Vorgaben der Präambel 13.1 EBM 2005 maßgebend. Die Berechnung der strittigen Leistungen sei danach ausgeschlossen. Dies gelte sowohl für die kurativ ambulanten als auch für die belegärztlichen Leistungen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen des Honorarverteilungsvertrages. Hiervon könne nur aus Gründen der Sicherstellung abgewichen werden. Nach einem Vorstandsbeschluss seien Patienten Wege in einem Umkreis von 50 km zumutbar. In A-Stadt und der näheren Umgebung seien mehrere Internisten mit Schwerpunkt Gastroenterologie vorhanden, die zur Erbringung der strittigen Leistungen berechtigt seien. Die Nr. 13412 EBM 2005 sei eine neue Leistung, die von diesen Ärzten nur in sehr geringem Umfang abgerechnet werde, so dass davon auszugehen sei, dass noch freie Kapazitäten vorhanden seien. Für die Leistungen nach Nr. 13410, 13412, 13424, 13430 und 13431 EBM 2005 habe daher keine Abrechnungsgenehmigung erteilt werden können. Für die pneumologischen Leistungen bestehe ebf. keine Sicherstellungsproblematik. Für die Leistung nach Nr. 03312 EBM 2005 ergäben sich ebf. keine Probleme in Bezug auf die Sicherstellung, da ausreichend hausärztlich tätige Ärzte vorhanden seien, die diese Leistung erbringen und abrechnen dürften. Soweit eine Abrechnungsgenehmigung für Notfälle begehrt werde, so könnten fachfremde Leistungen zwar im Notfall erbracht werden, was aber nicht zu einer generellen Abrechnungsgenehmigung für diese Leistungen führe.
Hiergegen legte der Kläger zusammen mit seinem Gemeinschaftspraxispartner am 10.04.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, sie akzeptierten, dass die Leistungen nicht mehr im ambulanten Sektor abgerechnet werden dürften. Im belegärztlichen stationären Bereich bestehe allerdings ein umfassender Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Einzelne Leistungen könnten nicht ausgegliedert werden. Anderenfalls könne das Krankenhaus den Versorgungsauftrag nicht wahrnehmen. Der Kläger verwies ferner auf sein beigefügtes Zeugnis als Oberarzt und darauf, dass er seitdem die Leistungen kontinuierlich erbracht habe.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 09.10.2006, jeweils zugestellt am 10.10., wies die Beklagte den Widerspruch sowohl des Klägers als auch seines Gemeinschaftspraxispartners zurück. In der Begründung führte sie aus, die Bestimmungen des EBM 2005 beinhalteten eine fachgruppenspezifische Abrechnungssystematik. Zugleich sei in den Präambeln der einzelnen Kapitel niedergelegt worden, dass grundsätzlich ausschließlich die dort genannten Leistungen außerhalb des fachgruppenspezifischen Kapitels zur Abrechnung kommen könnten. Ausschlaggebend sei deshalb die fachgruppenspezifische Zuordnung der Leistungen. Für Fachärzte für innere Medizin würden die Vorgaben in der Präambel des Kapitels 13.1 EBM 2005 gelten. Für ihn als fachärztlich tätiger Internist ohne Schwerpunkt seien die Leistungen nach Nr. 13410, 13412, 13430 und 13431 EBM 2005 grundsätzlich nicht berechnungsfähig. Hiervon könne nur aus Sicherstellungsgründen abgewichen werden. Der radiologische Qualifikationsnachweise führe nicht zu einer Berechnungsfähigkeit der Leistungen nach Nr. 13430 und 13431 EBM 2005. Hinsichtlich der belegärztlichen Tätigkeit obliege es dem Krankenhausträger dafür zu sorgen, dass gastroenterologische Leistungen auch weiterhin am Krankenhaus erbracht werden könnten. Die Leistung nach Nr. 03312 EBM 2005 könne er ebf. nicht berechnen. Zudem stünde eine ausreichende Anzahl hausärztlich tätiger Ärzte in A-Stadt zur Verfügung, die diese Leistung erbringen dürften. Die Befugnisse im Rahmen eines Notfalles könnten nicht zu einer generellen Abrechnungsgenehmigung führen. Auf seine fundierten Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen komme es nicht an. Aus der früheren unbeanstandeten Abrechnung des Klägers erwachse kein Recht für die Zukunft.
Hiergegen hat der Gemeinschaftspraxispartner des Klägers am 06.11.2006 durch den Prozessbevollmächtigten die Klage zum Az.: S 12 KA 998/06 erhoben.
Am 05.12.2005 hat der gemeinsame Prozessbevollmächtigte erklärt, Kläger seien beide Partner der Gemeinschaftspraxis. Im Rubrum des Widerspruchbescheides werde nur der Gemeinschaftspraxispartner genannt. Auf Hinweis des Gerichts hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, die Klage soll auch namens des Klägers erhoben sein, ggf. möge ein neues Aktenzeichen angelegt werden. Der Ursprungsbescheid vom 22.03.2006 sei an die Gemeinschaftspraxis zu Händen des Gemeinschaftspraxispartners gerichtet gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dann zwei Widerspruchsbescheide ergangen seien. Dies um so mehr, als die Leistungen von der Gemeinschaftspraxis abgerechnet werden würden. Bei dem Bescheid von 02.03.2006 sei es um die persönliche Qualifikation gegangen. Der Widerspruchbescheid vom 09.10.2006 sei offensichtlich mit einem falschen Adressaten versehen worden.
Der Kläger trägt weiter vor, die Gemeinschaftspraxis sei rechtsfähig. Jeder Partner sei uneingeschränkt zur Geschäftsführung befugt. Die Widerspruchsbescheide seien so zu verstehen, dass sie an die Gemeinschaftspraxis gerichtet seien. Die Abgrenzung der Fachgruppen gelte nur für den ambulanten Bereich. Für den internistischen Bereich mache sie keinen Sinn. Sie sei weder medizinisch begründbar noch aus Sicht einer patientengerechten Versorgung sinnvoll oder gar wirtschaftlich. Vorsorglich beantrage er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit zwei gleichlautenden Widerspruchsbescheiden sei nicht zu rechnen gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Genehmigung zur Erbringung der Leistungen Nr. 03312, 13410, 13412, 13424, 13430, 13431, 13662 und 13663 EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff. zu erteilen, hilfsweise dem Kläger Widereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Genehmigungen seien personenbezogen zu erteilen. Dementsprechend habe sie über den gemeinsam gestellten Antrag separate Bescheide erlassen. Das Widerspruchsverfahren sei ebf. getrennt mit verschiedenen Aktenzeichen durchgeführt worden. Der am 10.10.2006 zugestellte Widerspruchsbescheid sei bestandskräftig geworden, da die Klage nicht bis zum 10.11.2006 erhoben worden sei. Die Erstbescheide seien getrennt ergangen. Adressat seien jeweils die Gemeinschaftspraxispartner unter der Adresse der Gemeinschaftspraxis gewesen. Ferner trägt sie ergänzend zu den Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, eine weitere Aufteilung des Gebiets der inneren Medizin aufgrund der Schwerpunktbezeichnung sei rechtmäßig. Dies diene u. a. der Gewährleistung qualitativer Leistungserbringung wegen gesicherter fachlicher Eignung. Dies müsse für jede Form der vertragsärztlichen Tätigkeit gelten, also auch der belegärztlichen. Der Kläger ändere durch seine belegärztliche Tätigkeit nicht seinen Status. § 212 Abs. 2 SGB V lege fest, dass es sich bei den Belegärzten um nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte handele. Insofern differenziere auch der EBM nicht. Eine Differenzierung erschiene auch nicht sachgerecht, da sich lediglich der Ort der Leistungserbringung ändere. Die belegärztliche Tätigkeit habe sich im Rahmen der für die ambulante vertragsärztliche Tätigkeit geltenden Regelungen zu bewegen. Die belegärztliche Tätigkeit werde gemäß § 121 Abs. 3 Satz 1 SGB V als Teil der vertragsärztlichen Tätigkeit aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Strukturverschiebungen hätten Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit. §40 BMV-Ä zeige, dass die belegärztliche Tätigkeit untrennbar mit der Schwerpunktbezeichnung einhergehe. Ein Belegarzt dürfe fachfremde Leistungen nicht abrechnen. Was fachfremd sei, sei über den Zulassungsstatus zu bestimmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist unzulässig. Die am 05.12.2006 erhobene Klage ist verfristet.
Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGG).
Die Klagefrist gegen den ordnungsgemäß am 10.10.2006 zugestellten und mit einer nicht zu beanstandenden Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Widerspruchsbescheid vom 09.10.2006 lief vom 11.10.2006 bis zum 10.11.2006. Die Klage ging aber erst nach Fristablauf, nämlich am 05.12.2006 ein.
Eine Klage wurde zu keinem früheren Zeitpunkt erhoben, insbesondere nicht bereits am 06.11.2006. In der Klageschrift des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten der Gemeinschaftspraxispartner wird lediglich Klage im Namen des Gemeinschaftspraxispartners des Klägers erhoben. Nur er wird im Klagerubrum genannt. Im Klageantrag wird nur ein Bescheid (singular) in Bezug genommen. Es wird nur beantragt, "dem Kläger" die Abrechnungsgenehmigung zu erteilen. Auch hier ist damit ausschließlich der Gemeinschaftspraxispartner gemeint. Nur dieser wird zudem in der Rubrik "Unser Zeichen" erwähnt. Dieser erhebt auch offensichtlich nicht für die Gemeinschaftspraxis die Klage, da an keiner Stelle diese erwähnt wird, auch hätte es folgerichtig dann "die Klägerin" heißen müssen. Aufgrund der persönlichen Bescheide, so wird insbesondere im Adressfeld der Widerspruchsbescheide nur der jeweilige Gemeinschaftspraxispartner genannt, wäre die Gemeinschaftspraxis auch nicht die richtige Klägerin.
Eine Klageänderung im Sinne einer Klageerweiterung (§ 99 SGG) liegt nicht vor. Im Schriftsatz vom 04.12.2006 zum Az.: S 12 KA 998/06 wird erstmals der Kläger als weiterer Kläger eingeführt. Hierbei handelt es sich aber um eine Neuklage. Es handelte sich nicht um einen Beteiligtenwechsel oder Beteiligtenbeitritt. Der Kläger wandte sich vielmehr gegen einen ihn allein belastenden Bescheid. Durch eine Klageerweiterung kann die Klagefrist nicht umgangen werden. Im Übrigen hat die Beklagte einer möglichen Klageerweiterung unmittelbar mit Schriftsatz vom 04.01.2007 widersprochen. Sie wäre auch nicht sachdienlich, da damit die Klagefrist umgangen werden würde.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluss, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar (§ 67 Abs. 1, 2 und Abs. 4 SGG).
Der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Klagefrist einzuhalten. Die Beklagte hat getrennte Verwaltungsverfahren durchgeführt. Allein der Umstand, dass die Gemeinschaftspraxispartner jeweils zusammen den Antrag gestellt und den Widerspruch eingelegt haben, kann nicht die Annahme begründet haben, es werde ein einheitliches Verfahren durchgeführt. Auch bereits die Ausgangsbescheide sind getrennt an jeden der beiden Gemeinschaftspraxispartner ergangen. Soweit das Adressfeld in ihnen noch Raum für die Vorstellung gelassen haben sollte, es handele sich um einen einheitlichen Bescheid, der in zweifacher Ausfertigung zugestellt werde, so wird dies jedenfalls im Bescheid dahingehend klargestellt, dass es sich um zwei Bescheide gehandelt hat. So wird in den Bescheiden jeweils nur der entsprechende Gemeinschaftspraxispartner angesprochen. Aber selbst wenn von einem einheitlichen Bescheid auszugehen wäre, so sind eindeutig zwei Widerspruchsbescheide, getrennt für jeden der beiden Gemeinschaftspraxispartner ergangen. Bereits im Adressfeld und in der Anrede wird nur der jeweilige Gemeinschaftspraxispartner genannt. Es wird in der Begründung der jeweils andere Partner als Gemeinschaftspraxispartner genannt und es werden verschiedene Aktenzeichen geführt. Von daher waren die Widerspruchsbescheide eindeutig bzw. wäre es dem Kläger zumutbar gewesen, sich rechtzeitig beraten zu lassen bzw. innerhalb der Frist die Beklagte um Auskunft zu bitten. Eine unverschuldete Fristversäumnis liegt nicht vor. Von daher war der Hilfsantrag abzuweisen.
Im Übrigen wäre die Klage unbegründet. Die Kammer verweist insoweit auf ihr Urteil von heute im Verfahren des Gemeinschaftspraxispartners zum Az.: S 12 KA 998/06.
Im Ergebnis war die Klage daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit einer Klage gegen die Ablehnung einer Genehmigung zur Abrechnung der Leistungen nach Nr. 03312, 13410, 13412, 13424, 13430, 13431, 13662 und 13663 EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff.
Der Kläger ist als Facharzt für innere Medizin ohne Schwerpunkt mit Praxissitz in A-Stadt seit 02.01.1992 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er nimmt an der fachärztlichen Versorgung teil. Er führt eine Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. med. XE., Facharzt für innere Medizin ohne Schwerpunkt, der ebf. an der fachärztlichen Versorgung teilnimmt. Er versorgt am D.Krankenhaus zusammen mit Herrn Dr. med. XE. 16 Belegarztbetten.
Am 27.06.2005 beantragte er zusammen mit seinem Gemeinschaftspraxispartner die Genehmigung zur Abrechnung der strittigen und weiterer Leistungen. Sie wiesen darauf hin, diese Leistungen erbrächten sie durch ihre proktologisch-gastroenterologische Schwerpunkttätigkeit seit Gründung der Gemeinschaftspraxis regelmäßig ambulant und stationär.
Mit Bescheiden, jeweils vom 02.03.2006 erteilte die Beklagte dem Kläger und seinem Gemeinschaftspraxispartner die Genehmigung zur Abrechnung radiologischer Leistungen für die Nr. 13430 und 13431 EBM 2005 mit Wirkung ab 24.06.2005.
Mit Bescheid vom 22.03.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Genehmigung zur Abrechnung der strittigen Leistungen ab. Den Bescheid richtete sie an die "Gemeinschaftspraxis Dr. med. A., Dr. med. W. XE., z. Hd. Herrn Dr. XE.". Sie führte an, die Bestimmungen des EBM 2005 beinhalteten eine fachgruppenspezifische Abrechnungssystematik. Für fachärztlich tätige Internisten seien die Vorgaben der Präambel 13.1 EBM 2005 maßgebend. Die Berechnung der strittigen Leistungen sei danach ausgeschlossen. Dies gelte sowohl für die kurativ ambulanten als auch für die belegärztlichen Leistungen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen des Honorarverteilungsvertrages. Hiervon könne nur aus Gründen der Sicherstellung abgewichen werden. Nach einem Vorstandsbeschluss seien Patienten Wege in einem Umkreis von 50 km zumutbar. In A-Stadt und der näheren Umgebung seien mehrere Internisten mit Schwerpunkt Gastroenterologie vorhanden, die zur Erbringung der strittigen Leistungen berechtigt seien. Die Nr. 13412 EBM 2005 sei eine neue Leistung, die von diesen Ärzten nur in sehr geringem Umfang abgerechnet werde, so dass davon auszugehen sei, dass noch freie Kapazitäten vorhanden seien. Für die Leistungen nach Nr. 13410, 13412, 13424, 13430 und 13431 EBM 2005 habe daher keine Abrechnungsgenehmigung erteilt werden können. Für die pneumologischen Leistungen bestehe ebf. keine Sicherstellungsproblematik. Für die Leistung nach Nr. 03312 EBM 2005 ergäben sich ebf. keine Probleme in Bezug auf die Sicherstellung, da ausreichend hausärztlich tätige Ärzte vorhanden seien, die diese Leistung erbringen und abrechnen dürften. Soweit eine Abrechnungsgenehmigung für Notfälle begehrt werde, so könnten fachfremde Leistungen zwar im Notfall erbracht werden, was aber nicht zu einer generellen Abrechnungsgenehmigung für diese Leistungen führe.
Hiergegen legte der Kläger zusammen mit seinem Gemeinschaftspraxispartner am 10.04.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, sie akzeptierten, dass die Leistungen nicht mehr im ambulanten Sektor abgerechnet werden dürften. Im belegärztlichen stationären Bereich bestehe allerdings ein umfassender Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Einzelne Leistungen könnten nicht ausgegliedert werden. Anderenfalls könne das Krankenhaus den Versorgungsauftrag nicht wahrnehmen. Der Kläger verwies ferner auf sein beigefügtes Zeugnis als Oberarzt und darauf, dass er seitdem die Leistungen kontinuierlich erbracht habe.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 09.10.2006, jeweils zugestellt am 10.10., wies die Beklagte den Widerspruch sowohl des Klägers als auch seines Gemeinschaftspraxispartners zurück. In der Begründung führte sie aus, die Bestimmungen des EBM 2005 beinhalteten eine fachgruppenspezifische Abrechnungssystematik. Zugleich sei in den Präambeln der einzelnen Kapitel niedergelegt worden, dass grundsätzlich ausschließlich die dort genannten Leistungen außerhalb des fachgruppenspezifischen Kapitels zur Abrechnung kommen könnten. Ausschlaggebend sei deshalb die fachgruppenspezifische Zuordnung der Leistungen. Für Fachärzte für innere Medizin würden die Vorgaben in der Präambel des Kapitels 13.1 EBM 2005 gelten. Für ihn als fachärztlich tätiger Internist ohne Schwerpunkt seien die Leistungen nach Nr. 13410, 13412, 13430 und 13431 EBM 2005 grundsätzlich nicht berechnungsfähig. Hiervon könne nur aus Sicherstellungsgründen abgewichen werden. Der radiologische Qualifikationsnachweise führe nicht zu einer Berechnungsfähigkeit der Leistungen nach Nr. 13430 und 13431 EBM 2005. Hinsichtlich der belegärztlichen Tätigkeit obliege es dem Krankenhausträger dafür zu sorgen, dass gastroenterologische Leistungen auch weiterhin am Krankenhaus erbracht werden könnten. Die Leistung nach Nr. 03312 EBM 2005 könne er ebf. nicht berechnen. Zudem stünde eine ausreichende Anzahl hausärztlich tätiger Ärzte in A-Stadt zur Verfügung, die diese Leistung erbringen dürften. Die Befugnisse im Rahmen eines Notfalles könnten nicht zu einer generellen Abrechnungsgenehmigung führen. Auf seine fundierten Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen komme es nicht an. Aus der früheren unbeanstandeten Abrechnung des Klägers erwachse kein Recht für die Zukunft.
Hiergegen hat der Gemeinschaftspraxispartner des Klägers am 06.11.2006 durch den Prozessbevollmächtigten die Klage zum Az.: S 12 KA 998/06 erhoben.
Am 05.12.2005 hat der gemeinsame Prozessbevollmächtigte erklärt, Kläger seien beide Partner der Gemeinschaftspraxis. Im Rubrum des Widerspruchbescheides werde nur der Gemeinschaftspraxispartner genannt. Auf Hinweis des Gerichts hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, die Klage soll auch namens des Klägers erhoben sein, ggf. möge ein neues Aktenzeichen angelegt werden. Der Ursprungsbescheid vom 22.03.2006 sei an die Gemeinschaftspraxis zu Händen des Gemeinschaftspraxispartners gerichtet gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dann zwei Widerspruchsbescheide ergangen seien. Dies um so mehr, als die Leistungen von der Gemeinschaftspraxis abgerechnet werden würden. Bei dem Bescheid von 02.03.2006 sei es um die persönliche Qualifikation gegangen. Der Widerspruchbescheid vom 09.10.2006 sei offensichtlich mit einem falschen Adressaten versehen worden.
Der Kläger trägt weiter vor, die Gemeinschaftspraxis sei rechtsfähig. Jeder Partner sei uneingeschränkt zur Geschäftsführung befugt. Die Widerspruchsbescheide seien so zu verstehen, dass sie an die Gemeinschaftspraxis gerichtet seien. Die Abgrenzung der Fachgruppen gelte nur für den ambulanten Bereich. Für den internistischen Bereich mache sie keinen Sinn. Sie sei weder medizinisch begründbar noch aus Sicht einer patientengerechten Versorgung sinnvoll oder gar wirtschaftlich. Vorsorglich beantrage er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit zwei gleichlautenden Widerspruchsbescheiden sei nicht zu rechnen gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Genehmigung zur Erbringung der Leistungen Nr. 03312, 13410, 13412, 13424, 13430, 13431, 13662 und 13663 EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff. zu erteilen, hilfsweise dem Kläger Widereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Genehmigungen seien personenbezogen zu erteilen. Dementsprechend habe sie über den gemeinsam gestellten Antrag separate Bescheide erlassen. Das Widerspruchsverfahren sei ebf. getrennt mit verschiedenen Aktenzeichen durchgeführt worden. Der am 10.10.2006 zugestellte Widerspruchsbescheid sei bestandskräftig geworden, da die Klage nicht bis zum 10.11.2006 erhoben worden sei. Die Erstbescheide seien getrennt ergangen. Adressat seien jeweils die Gemeinschaftspraxispartner unter der Adresse der Gemeinschaftspraxis gewesen. Ferner trägt sie ergänzend zu den Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, eine weitere Aufteilung des Gebiets der inneren Medizin aufgrund der Schwerpunktbezeichnung sei rechtmäßig. Dies diene u. a. der Gewährleistung qualitativer Leistungserbringung wegen gesicherter fachlicher Eignung. Dies müsse für jede Form der vertragsärztlichen Tätigkeit gelten, also auch der belegärztlichen. Der Kläger ändere durch seine belegärztliche Tätigkeit nicht seinen Status. § 212 Abs. 2 SGB V lege fest, dass es sich bei den Belegärzten um nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte handele. Insofern differenziere auch der EBM nicht. Eine Differenzierung erschiene auch nicht sachgerecht, da sich lediglich der Ort der Leistungserbringung ändere. Die belegärztliche Tätigkeit habe sich im Rahmen der für die ambulante vertragsärztliche Tätigkeit geltenden Regelungen zu bewegen. Die belegärztliche Tätigkeit werde gemäß § 121 Abs. 3 Satz 1 SGB V als Teil der vertragsärztlichen Tätigkeit aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Strukturverschiebungen hätten Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit. §40 BMV-Ä zeige, dass die belegärztliche Tätigkeit untrennbar mit der Schwerpunktbezeichnung einhergehe. Ein Belegarzt dürfe fachfremde Leistungen nicht abrechnen. Was fachfremd sei, sei über den Zulassungsstatus zu bestimmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist unzulässig. Die am 05.12.2006 erhobene Klage ist verfristet.
Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGG).
Die Klagefrist gegen den ordnungsgemäß am 10.10.2006 zugestellten und mit einer nicht zu beanstandenden Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Widerspruchsbescheid vom 09.10.2006 lief vom 11.10.2006 bis zum 10.11.2006. Die Klage ging aber erst nach Fristablauf, nämlich am 05.12.2006 ein.
Eine Klage wurde zu keinem früheren Zeitpunkt erhoben, insbesondere nicht bereits am 06.11.2006. In der Klageschrift des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten der Gemeinschaftspraxispartner wird lediglich Klage im Namen des Gemeinschaftspraxispartners des Klägers erhoben. Nur er wird im Klagerubrum genannt. Im Klageantrag wird nur ein Bescheid (singular) in Bezug genommen. Es wird nur beantragt, "dem Kläger" die Abrechnungsgenehmigung zu erteilen. Auch hier ist damit ausschließlich der Gemeinschaftspraxispartner gemeint. Nur dieser wird zudem in der Rubrik "Unser Zeichen" erwähnt. Dieser erhebt auch offensichtlich nicht für die Gemeinschaftspraxis die Klage, da an keiner Stelle diese erwähnt wird, auch hätte es folgerichtig dann "die Klägerin" heißen müssen. Aufgrund der persönlichen Bescheide, so wird insbesondere im Adressfeld der Widerspruchsbescheide nur der jeweilige Gemeinschaftspraxispartner genannt, wäre die Gemeinschaftspraxis auch nicht die richtige Klägerin.
Eine Klageänderung im Sinne einer Klageerweiterung (§ 99 SGG) liegt nicht vor. Im Schriftsatz vom 04.12.2006 zum Az.: S 12 KA 998/06 wird erstmals der Kläger als weiterer Kläger eingeführt. Hierbei handelt es sich aber um eine Neuklage. Es handelte sich nicht um einen Beteiligtenwechsel oder Beteiligtenbeitritt. Der Kläger wandte sich vielmehr gegen einen ihn allein belastenden Bescheid. Durch eine Klageerweiterung kann die Klagefrist nicht umgangen werden. Im Übrigen hat die Beklagte einer möglichen Klageerweiterung unmittelbar mit Schriftsatz vom 04.01.2007 widersprochen. Sie wäre auch nicht sachdienlich, da damit die Klagefrist umgangen werden würde.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluss, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar (§ 67 Abs. 1, 2 und Abs. 4 SGG).
Der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Klagefrist einzuhalten. Die Beklagte hat getrennte Verwaltungsverfahren durchgeführt. Allein der Umstand, dass die Gemeinschaftspraxispartner jeweils zusammen den Antrag gestellt und den Widerspruch eingelegt haben, kann nicht die Annahme begründet haben, es werde ein einheitliches Verfahren durchgeführt. Auch bereits die Ausgangsbescheide sind getrennt an jeden der beiden Gemeinschaftspraxispartner ergangen. Soweit das Adressfeld in ihnen noch Raum für die Vorstellung gelassen haben sollte, es handele sich um einen einheitlichen Bescheid, der in zweifacher Ausfertigung zugestellt werde, so wird dies jedenfalls im Bescheid dahingehend klargestellt, dass es sich um zwei Bescheide gehandelt hat. So wird in den Bescheiden jeweils nur der entsprechende Gemeinschaftspraxispartner angesprochen. Aber selbst wenn von einem einheitlichen Bescheid auszugehen wäre, so sind eindeutig zwei Widerspruchsbescheide, getrennt für jeden der beiden Gemeinschaftspraxispartner ergangen. Bereits im Adressfeld und in der Anrede wird nur der jeweilige Gemeinschaftspraxispartner genannt. Es wird in der Begründung der jeweils andere Partner als Gemeinschaftspraxispartner genannt und es werden verschiedene Aktenzeichen geführt. Von daher waren die Widerspruchsbescheide eindeutig bzw. wäre es dem Kläger zumutbar gewesen, sich rechtzeitig beraten zu lassen bzw. innerhalb der Frist die Beklagte um Auskunft zu bitten. Eine unverschuldete Fristversäumnis liegt nicht vor. Von daher war der Hilfsantrag abzuweisen.
Im Übrigen wäre die Klage unbegründet. Die Kammer verweist insoweit auf ihr Urteil von heute im Verfahren des Gemeinschaftspraxispartners zum Az.: S 12 KA 998/06.
Im Ergebnis war die Klage daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
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