L 7 KA 9/03*25

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 1 KA 156/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 9/03*25
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichtes Potsdam vom 12. März 2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für die Quartale IV/1999, IV/2000 und I/2001 ein höheres Honorar. Er wendet sich gegen die Anwendung der Mengenzuwachsbegrenzungsregelungen in dem Honorarverteilungsmaßstäben (HVM) der Beklagten.

Der Kläger ist seit dem 29. Dezember 1991 als praktischer Arzt mit der in F zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen; er ist berechtigt, die Zusatzbezeichnung Sportmedizin und Chirotherapie zu führen. Seit Juni 1998 nimmt er an der Schmerztherapievereinbarung teil. Mit Bescheid vom 13. September 1999 wurde ihm rückwirkend ab 1. Juli 1998 das Zusatzbudget Schmerztherapie zuerkannt.

Die Beklagte legte der Honorierung des Klägers im IV. Quartal 1999 § 8 ihres HVM vom 14. Mai 1997 in der Fassung vom 25. Juni 1999 (HVM 1997) zugrunde. § 8 Abs. 2 HVM führte eine Punktzahlobergrenze ein, die sich aus dem Produkt der arztindividuellen Fallzahl (FZ) und den sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 und 4 HVM ergebenden Fallpunktzahlen (FZ P) ergab. Die arztindividuelle FZ wurde dabei dem Vorjahresquartal entnommen und um 5 % erhöht (§ 8 Abs. 2 Satz 1 HVM). Auf der Grundlage des arztindividuellen Fallzahlwertes wurden vier Fallzahlbereiche gebildet, für die die Fallzahlpunktwerte entweder angehoben (bis zu 50 % des Fallpunktzahlwerte) oder in mehreren Stufen abgesenkt wurden (§ 8 Abs. 2 Satz 2 bis 4 HVM).

Mit Honorarbescheid vom 4. Mai 2000 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal IV/1999 auf 65.201,78 DM fest. Dabei erkannte die Beklagte bei 855 (ohne 34 Notfälle) budgetrelevanten Fällen (Durchschnitt der Fachgruppe 900) eine Forderung nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) von 477.674 Punkten an (angefordert waren 653.160). Zusätzlich wurden nach § 6 Abs. 5 HVM noch 15.257 Punkte aus dem Bereich der freien Leistungen im Praxisbudget anerkannt. Bei der Mengenbegrenzung nach § 8 HVM ging die Beklagte von der individuellen FZ des Vorjahresquartals von 769 aus, erhöhte diese gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 HVM um 5 %, so dass sich eine individuelle FZ von 807 ergab. Daraus ergab sich eine FPZ von 669 (FPZ des Vorjahresquartals = 704) ergab.

Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Aufhebung der Begrenzung nach § 8 des HVM, da in dem von der Beklagten zugrunde gelegten Vergleichsquartal IV/1998 das Zusatzbudget für schmerztherapeutische Leistungen noch nicht anerkannt gewesen sei. Durch die Anerkennung sei seine Patientenzahl erheblich gestiegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2001 reduzierte die Beklagte die Begrenzung nach § 8 HVM von 9,18 % (66.611,9 Punkte) auf 7,16 % (51.897,0 Punkte) und vergütete 1.075,34 DM nach. Dabei wurden die abgerechneten Punkte in Höhe von 14.715 für das Zusatzbudget Schmerztherapie von der Mengenbegrenzung nach § 8 HVM ausgenommen, so dass 676.453,9 Punkte für das Quartal IV/1999 anerkannt wurden. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.

Für das Quartal IV/2000 und das Quartal I/2001 honorierte die Beklagte die vertragsärztlichen Leistungen des Klägers unter Heranziehung von § 9 des am 31. März 2000 beschlossenen HVM (HVM 2000). § 9 des HVM - beschlossen am 31. März 2000 - zugrunde zu legen, wobei hier wiederum auf die individuelle Punktzahlobergrenze bezogen auf das Vorjahresquartal abgestellt wurde. § 9 Abs. 1 HVM regelte, dass die Mengenzuwachsbegrenzung Anwendung fand, wenn der Punktwert für die nicht der Praxis- und Zusatzbudgetierung unterliegenden Leistungen des Honorarfonds Leistungen Hausärzte oder des Honorarfonds Leistungen Fachärzte den Wert von 6,5 DPf unterschritt. Nach § 9 Abs. 3 HVM ergab das um 5% erhöhte Produkt aus der je Beteiligtem anerkannten FPZ des Vorjahresquartals und der individuellen FZ des Vorjahresquartals die quartalsbezogene individuelle Punktzahlobergrenze für die Kostenträger (Primärkassen und Ersatzkassen) insgesamt. Maximal sollte eine Vergütung der angeforderten Punktzahlen bis zu dieser individuellen Punktzahlobergrenze erfolgen. Eine Regelung von vier Fallzahlbereichen entfiel. Die Festlegung der quartalsbezogenen durchschnittlichen FZ und FP Z erfolgte in § 9 Abs. 5 HVM.

Mit Honorarbescheid vom 30. April 2001 für das Quartal IV/2000 setzte die Beklagte das Honorar auf 82.958,04 DM fest. Für die Berechnung der quartalsbezogenen individuellen Punktzahlobergrenze nach § 9 Abs. 3 HVM multiplizierte die Beklagte die individuelle FZ mit der individuellen FPZ des Vorjahresquartals (889 x 669,4) und erhöhte das Produkt um 5 %. Danach erkannte sie von den für 893 Fälle angeforderten 743.686,1 Punkten 624,883,3 Punkte an, was einer Kürzung von 15,975 % entsprach.

Mit seinem Widerspruch wandte der Kläger sich gegen die Leistungsmengen- zuwachsbegrenzung nach und die fehlende Berücksichtigung der nach EBM Al B 4.3 beantragten Erweiterung der Zusatzbudgets für Chirotherapie und Physikalische Therapie.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2002 gab die Beklagte dem Widerspruch insoweit statt, als sie die Mengenbegrenzung gemäß § 9 HVM von 15,97 % (47.138,3 Punkte) auf 13,90 % (41.106,7 Punkte) reduzierte und 219,56 Euro nachvergütete. Des Weiteren half die Beklagte dem Widerspruch bezüglich der Zuzahlungsbeträge nach der GNr. 507 EBM für die Patienten der sonstigen Kostenträger ab und erstattete einen Zuzahlungsbetrag in Höhe von 8,05 Euro. Der darüber hinausgehende Widerspruch wurde zurückgewiesen.

Mit Honorarbescheid vom 23. Juli 2001 für das Quartal I/2001 setzte die Beklagte das Honorar auf 94.472,98 DM fest. Für die Berechnung der quartalsbezogenen individuellen Punktzahlobergrenze nach § 9 Abs. 3 HVM multiplizierte die Beklagte die individuelle FZ mit der individuellen FZ P des Vorjahresquartals (894 x 750,5) und erhöhte das Produkt um 5 %. Danach erkannte sie von den für 958 Fälle angeforderten 763.141,9 Punkten 704.465,5 Punkte an, was einer Kürzung von 7,689 % entsprach. Der weitergehende Widerspruch wurde zurückgewiesen.

Mit seinem Widerspruch wandte der Kläger sich gegen die Mengenbegrenzung nach § 9 HVM mit der Begründung, dass die von ihm durchgeführten Schmerztherapien als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen seien. Dadurch habe sich seine FZ von 894 auf 958 erhöht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2002 reduzierte die Beklagte die Mengenbegrenzung nach § 9 HVM von 7,69 % (23.022,0 Punkte) auf 6,75 % (20.319,5 Punkte) und vergütete 99,02 Euro nach. Im Übrigen wies den Widerspruch zurück.

Die gegen die Honorarbescheide für die Quartale IV/1999, IV/2000 und I/2001 zum Sozialgericht Potsdam erhobenen Klagen hat das Sozialgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum Aktenzeichen S 1 KA 156/01 verbunden.

Zur Begründung dieser Klagen hat der Kläger geltend gemacht: Er betreibe eine schwerpunktmäßig auf Schmerztherapie und Sportmedizin ausgerichtete allgemeinmedizinische Praxis in einem großen Sportkomplex in F. Seine Klientel bestehe überwiegend aus Patienten, die sich bei körperlicher Betätigung großen Belastungen aussetzten und in der Folge wegen Funktionsstörungen behandelt werden müssten. Seit 1. Juli 1998 sei er rückwirkend Teilnehmer der Schmerztherapievereinbarung. Durch die Bestimmungen der Schmerztherapievereinbarung sei ihm die Möglichkeit der Begrenzung der Leistungsmenge genommen. Die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie sei rückwirkend erfolgt. Im Quartal IV/1999 habe sein Überweisungsanteil mit 12,49 % bereits über dem Durchschnitt der Fachgruppe mit 8 % gelegen. Dabei sei die Regelung des § 8 Abs. 4 HVM durch die Beklagte zu berücksichtigen. Die im Rahmen der Schmerztherapievereinbarung erbrachten Leistungen rechtfertigen nämlich die Anerkennung als Praxisbesonderheit. Indem die Schmerztherapievereinbarung den Kläger zum Vorhalten eines nicht begrenzten, festgelegten Leistungsspektrums und einer Mindestsprechstundenzahl verpflichte, gehe der Ermessens- spielraum der Beklagen zur Anerkennung dieser Besonderheit bzgl. der Maßnahme gemäß § 8 HVM gegen Null. Dies beziehe sich auch die Fallzahlentwicklung und die Leistungen nach Vertrag. Wenigstens müsse als Praxisbesonderheit anerkannt werden, dass der Kläger primärkassenversicherte Patienten trotz der hohen zeitlichen Bindungsverpflichtung aus der Schmerztherapievereinbarung nicht abweisen könne, obwohl für die Behandlung dieser Patienten die Schmerztherapievereinbarung gerade nicht gelte.

Mit Urteil vom 12. März 2003 hat das Sozialgericht Potsdam die Klagen abgewiesen. Das Sozialgericht führt aus: Die §§ 8 und 9 HVM seien rechtmäßig, da sie die gesetzliche Ermächtigung des § 85 Abs. 4 Sätze 3 und 4 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) nicht überschritten und auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstießen. Die Beklagte habe den ihr bei der Normgebung zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten, da sie eine prozentuale Steigerung der Punktzahlobergrunze zulasse und den Fallzuwachs nicht entsprechend der prozentualen Steigerung des auf die jeweilige Arztgruppe entfallenden Gesamtvergütungsanteils begrenze. Im Abrechnungsquartal IV/1999 sei als Praxisbesonderheit zu Recht die Zubilligung des Zusatzbudgets für Schmerztherapie nachträglich berücksichtigt worden. In den Quartalen IV/2000 und I/2001 stellten die schmerztherapeutischen Leistungen keine Praxisbesonderheit gegenüber den jeweiligen Vorjahresquartalen dar, so dass sie der Mengenbegrenzung nach § 9 HVM unterlägen.

Gegen das ihm am 22. April 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Mai 2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht er sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. März 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 4. Mai 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2001, des Honorarbescheides vom 30. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2002 und des Honorarbescheides vom 23. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2002 zu verpflichten, die Vergütungsansprüche des Klägers in den Quartalen IV/1999, IV/2000 und I/2001 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakten des Sozialgerichtes Potsdam zu den Aktenzeichen S 1 KA 156/01 und S 1 KA 159/02 und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Honorarbescheide für die Quartale IV/1999, IV/2000 und I/2001 sind rechtzeitig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da die Mengenbegrenzungsregelungen der HVM der Beklagten nicht zu beanstanden sind.

Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung vertragsärztlichen Honorars ist für das IV. Quartal 1999 § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 des SGB V in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesundheitsreformgesetzes - GRG - vom 20. Dezember 1998 (BGBl. I 2477) und für die Quartale IV/2000 und I/2001 § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV – Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. 1999, S. 2626). Danach steht den an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligten Ärzten ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen errechneten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen im HVM zu.

Das Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars gemäß § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V ist ein Grundsatz, der eingeschränkt werden darf, wenn die Kassenärztliche Vereinigung andere billigenswerte Zwecke verfolgt. Solche anerkennenswerten Zielsetzungen können sich aus der Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in ihrem Bereich, aus Regelungen des EBM zur Honorarverteilung oder den zur Umsetzung des EBM getroffenen Vereinbarungen der Partner der Bundesmanteltarifverträge ergeben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind allerdings an die gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen des EBM gebunden (Bundessozialgericht - BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23). Die Existenz verbindlicher Honorierungsvorgaben im EBM haben jedoch grundsätzlich nichts daran geändert, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen kraft ihrer Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Honorarverteilung mengensteuernde Regelungen treffen dürfen, um ihrer Verantwortung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gerecht zu werden. Die Bildung individueller Budgets in einem HVM durch Begrenzung des gesamten je Arzt abrechenbaren Punktzahlvolumens hat das BSG wiederholt gebilligt (SozR 4-2500 § 72 Nr. 2; SozR 4-2500 § 85 Nr. 18). Die Budgets können sowohl nach Abrechnungswerten des Fachgruppendurchschnitts als auch nach eigenen Abrechnungsergebnissen des jeweiligen Arztes in vergangenen Zeiträumen bemessen werden; auch eine Kombination dieser Begrenzungsprinzipien ist möglich. Allerdings sind bei der Ausgestaltung der individuellen Budgets bestimmte Anforderungen zu beachten. Insbesondere muss jeder Arzt die Möglichkeit haben, durch Erhöhung der Zahl der zu behandelnden Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Deshalb sind Ausnahmeregelungen für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen, insbesondere Praxen in der Aufbauphase, erforderlich. Zudem muss in einem HVM, der individuelle Budgets vorschreibt, eine allgemeine Härteklausel enthalten sein, die es erlaubt, in besonderen Fällen Ausnahmen von einer Fallwert- und/oder Fallzahlbegrenzung zu bewilligen (BSG a. a. O.; SozR 4-2500 § 85 Nr. 44).

Gemessen an diesen Maßstäben erweisen sich die von dem Kläger beanstandeten Regelungen in § 8 HVM 1997 und § 9 HVM 2000 als rechtmäßig. Die Berechnung des maximal zu vergütenden Punktzahlvolumens erfolgte nach diesen Bestimmungen nicht in Relation zu den durchschnittlichen FZ und FPZ der Arztgruppe. Vielmehr zielte diese Regelung auf eine Begrenzung des Mengenzuwachses je Arzt ab. Sie sind nicht zu beanstanden, weil sie hinsichtlich der arztindividuellen FZ auf das Vorjahresquartal abstellen und diese Zahl um 5 % erhöhen. Die hier anzuwendenden HVM der Beklagten enthielten in § 8 Abs. 4 und § 9 Abs. 5 auch die erforderliche allgemeine Härteklausel, welche es ermöglichte, in besonderen Fällen Ausnahmen von der Honorarbegrenzung zu berücksichtigen. So hat die Beklagte die rückwirkende Bewilligung des Zusatzbudgets Schmerztherapie zum 1. Juli 1998 bereits im Widerspruchsverfahren bei der Honorarfestsetzung zu Recht als Praxisbesonderheit im IV. Quartal 1999 berücksichtigt (§ 8 Abs. 4 letzter Satz HVM), indem sie die 14.715 abgerechneten Punkte für das Zusatzbudget Schmerztherapie von der Mengenbegrenzung nach § 8 HVM ausnahm. In den Quartalen IV/2000 und I/2001 ist dies zu Recht nicht mehr als Praxisbesonderheit im Verhältnis zum jeweiligen Vorjahresquartal berücksichtigt worden. Vielmehr wirkte sich das im IV. Quartal 1999 zuerkannte Zusatzbudget nur im Rahmen der dadurch zu berücksichtigenden höheren individuellen FZ/FPZ des Vorjahresquartals aus. Insoweit unterlagen diese dann der Mengenbegrenzung nach § 9 HVM. Vor allem verkennt der Kläger, dass die im Rahmen der Schmerztherapievereinbarung erbrachten Leistungen i. W. nicht der Mengenbegrenzung nach dem HVM der Beklagten unterliegen, weil sie nicht in Punkten vergütet und unterliegen nicht der Mengenzuwachsbegrenzung. Sie gleichen den besonderen Aufwand für die Betreuung der Schmerzpatienten aus und fließen dem Kläger gesondert zu. Die in § 8 Abs. 4 erster Absatz HVM und § 9 Abs. 5 erster Absatz HVM geregelten Ausnahmen für neu zugelassene Vertragsärzte bzw. neu eröffnete Praxen waren aufgrund der bereits im Jahre 1991 erfolgten Zulassung des Klägers als Vertragsarzt nicht anzuwenden.

Selbst Praxen mit überdurchschnittlichen Behandlungsfallzahlen wird hinreichend Raum zu einer Weiterentwicklung gelassen. So greifen bei Praxen mit durchschnittlicher Behandlungsfallzahl der Fachgruppe Honorarkürzungen als Folge der Überschreitung der Grenze zulässigen Fallwachstums erst ein, wenn die Zahl der Behandlungsfälle gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres um mehr als 5 % ansteigt. Das bedeutet, dass bei dieser Regelung selbst die bei Einführung des Praxisbudgets am 1. Juli 1997 bereits überdurchschnittlich großen Praxen ihre Fallzahlen noch jeweils um 5 % im Vergleich zum Vorjahresquartal steigern können, ohne von Honorarkürzungen betroffen zu werden. Verhindert wird lediglich ein sprunghafter Anstieg der Fallzahlen in kurzen Zeiträumen. Darin liegt keine unverhältnismäßige Beschränkung der vertragsärztlichen Berufsausübung. Die (Mengenzuwachs-) Regelung ist vielmehr um einen vertretbaren Ausgleich zwischen den Interessen des einzelnen Arztes an einem möglichst ungehinderten Wachstum seiner Praxis und den Interessen aller Vertragsärzte an möglichst stabilen Punktwerten im Hinblick auf die Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit bemüht (BSG, Urteil vom 13. März 2002, B 6 KA 48/00 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 44).

Dass mit den Regelungen der § 8 und § 9 HVM nur eine begrenzte Fallzahlsteigerung möglich ist, und nicht bei konstanter Fallzahl auch ein gewisser Mengenzuwachs ermöglich wird, ist nicht rechtswidrig, da die arztindividuelle Fallzahl des Vorjahresquartal immer um 5 % aufgestockt wird, und zwar selbst dann, wenn sie sich tatsächlich nicht erhöht oder sogar gesunken ist. Damit ist auch im Falle von unterdurchschnittlichen, aber im Zeitverlauf gleich bleibenden Fallzahlen gewährleistet, dass eine Erhöhung der abrechenbaren Punktmenge und damit auch ein im gewissen Mindestmaß erhöhter Fallwert möglich ist. Indem innerhalb der begrenzten Gesamtvergütung durch die Begrenzung des abrechnungsfähigen Punktzahlvolumens aller Leistungserbringer ein stabilisierter Punktwert zur Auszahlung kommt, hat der Kläger selbst von den Mengenzuwachsbegrenzungsmaßnahmen profitiert, da er gleichwohl stabile Fallwerte erzielt hat (für IV/1998 = 67,31 DM, für IV/1999 = 68,97 DM, für IV/2000 = 91,03 DM und für IV/2001 = 95,74 DM). Vor diesem Hintergrund kann der Kläger auch nicht damit durchdringen, dass er den Zuwachs der Fallzahlen aufgrund der Teilnahme an der Schmerztherapievereinbarung nicht mehr steuern kann und ggf. ärztliche Leistungen nicht mehr vergütet bekommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in der bis zum 2. Januar 2002 geltenden Fassung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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