Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RJ 20/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 (18) RJ 32/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 34/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12.03.2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für den Berufungsrechtszug zu tragen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch, ob dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit zusteht.
Der am ...1948 geborene Kläger hat von April 1962 bis April 1965 eine Ausbildung zum D ... ohne Abschluss absolviert. Anschließend war er bis Juli 1975 bei verschiedenen Arbeitgebern als Hilfsarbeiter und Kraftfahrer tätig. Von Oktober 1975 bis Oktober 1994 war er - jeweils mit einigen Unterbrechungen - Geschäftsführer im Schaustellergewerbe, zuletzt vom 01.04.1987 bis 31.10.1994 bei der Fa. D ... Anschließend bezog er Leistungen vom Arbeitsamt. Infolge zweier Arbeitsunfälle bezieht er von der zuständigen Berufsgenossenschaft zwei Unfallrenten (Dauer-MdE von 30% nach Oberschenkelhalsbruch links 1988 sowie Dauer-MdE von 20% nach Trümmerbruch des rechten Handgelenks 1989).
Ein erster Rentenantrag vom 31.08.1995 wurde nach Einholung eines Gutachtens der Allgemein- und Sozialmedizinerin Dr. M ... vom 24.01.1996 von der Beklagten mit Bescheid vom 21.05.1996 abgelehnt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 12.03.1997 beantragte der Kläger erneut Rente. Er legte ein Attest des Orthopäden Dr. R ... vom 10.03.1997 vor, der darin wegen Gesundheitsstörungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates die Beantragung einer Erwerbsunfähigkeitsrente befürwortet.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. A ... vom 15.09.1997 ein mit folgenden Diagnosen:
Chronisch rezidivierendes Cervikolumbalsyndrom, Spondylosis deformans, Spondylarthrose und Osteochondrose der Wirbelsäule, Zustand nach Oberschenkelhalsbruch links (Arbeitsunfall 05.10.1988) mit anschließender Implantation einer Hüftgelenkstotalendoprothese (1993), Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks, Zustand nach Handgelenksbruch rechts (Arbeitsunfall vom 30.08.1989) mit erheblicher Bewegungseinschränkung bzw. Funktionsbehinderung des Handgelenks und Arthrose, Varicosis an beiden Beinen, rechts ausgeprägter als links, Chondropathia patellae mit diskreter Retropatellararthrose beidseits.
In der ausgeübten Tätigkeit im Schaustellerbereich sei der Kläger nicht mehr einsatzfähig. Vollschichtig möglich seien leichte Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, Knien und Hocken, ohne Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, ohne Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne kraftvollen Einsatz der Hand und ohne längere Anmarschwege (mehr als vier mal 500m seien zumutbar).
Mit Bescheid vom 04.11.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Kläger könne am allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein.
Der Kläger legte Widerspruch ein mit der Begründung, er könne wegen seiner Erkrankungen keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr nach gehen. Alle weiteren orthopädischen Erkrankungen seien von der Beklagten nicht berücksichtigt worden; es müsse eine entsprechende Untersuchung erfolgen.
Die Beklagte holte einen Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. S ... vom 14.08.1998 ein. Darin sind als Funktionsbehinderungen eine Gehbehinderung, Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks sowie eine Belastungsluftnot genannt. Die Beklagte wertete ferner ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Westfalen-Lippe in Herne vom 25.02.1997 aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.1999 wies sie den Widerspruch zu rück. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsetzbar; hierauf sei er mangels Berufsschutzes verweisbar.
Hiergegen hat der Kläger am 19.02.1999 Klage erhoben und vorgetragen, er leide an zahlreichen Einschränkungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule und der Hüfte.
Vor allem bestünden gravierende Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschäden sowie einem gravierenden Schmerzsyndrom. Internistisch bestehe der dringende Verdacht auf eine coronare Herzerkrankung, nachdem er 1994 einen Herzinfarkt erlitten habe. Im Übrigen sei der Arbeitsmarkt aus weiteren Gründen verschlossen. Er benötige mehrmals täglich 15minütige Pausen zur Auflockerung der Wirbelsäule. Darüber hinaus könne er einen Arbeitsplatz nicht mehr zumutbar erreichen, weil er wegen der erheblichen Schmerzsymptomatik keinesfalls mehr vier mal 500m zurücklegen könne. Daneben sei die Handbeweglichkeit beidseits schmerzhaft eingeschränkt. Insbesondere sei mit der Gebrauchshand ein normales Zugreifen und Halten nicht mehr möglich. Es bestehe damit eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung. Im Übrigen sei bei ihm von einem Facharbeiterstatus eines Mechanikers oder Monteurs auszugehen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 04.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab dem 12.03.1997 Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit anzunehmen und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat von Dr. S ... einen Befundbericht angefordert. Diese übersandte am 21.05.1999 den schon gegenüber der Beklagten abgegebenen Bericht vom 14.08.1998.
Das Sozialgericht hat ferner ein Gutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Z ... vom 13.09.1999 eingeholt. Dieser stellte folgende Diagnosen:
Wirbelsäulenschädigung im cervicalen und lumbalen Segment mit Verformung, Verschleiß und lumbalem Bandscheibenvorfall L4/L5 mit rezidivierenden und anhaltenden Bewegungseinschränkungen im lumbalen Segment und dem Auftreten von pseudoradiculären Wirbelsäulensyndromen in Form von geringen Cervikalgien und Lumbalgien, Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule, Zustand nach Oberschenkelhalsbruch links mit nachfolgender operativer Versorgung und letztlicher Implantation einer Hüftgelenkstotalendoprothese (Arbeitsunfall), Beinlängenverkürzung links, Minderbelastbarkeit des linken Beines, schmerzhafte Funktionseinschränkungen des linken Hüftgelenks, Zustand nach Arbeitsunfall des rechten Handgelenks mit Trümmerbruch und Abriss des Griffelfortsatzes der Elle mit operativer Versorgung und pseudoarthrotischer Ausheilung, Belastungsinsuffizienz und schmerzhafter Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks, Stammvaricosis der Vena saphena magna beidseits, rechts stärker als links, mit geringer venöser Insuffizienz.
Aus den Vorbefunden gehe hervor, dass der Verdacht auf Herzinfarkt 1994 im Stadtkrankenhaus Arolsen ausgeschlossen worden sei. Eine nachfolgende kardiologische Untersuchung im Dezember 1995 habe keinen Hinweis für eine gravierende coronare Herzerkrankung ergeben. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen und im Freien unter Witterungsschutz sowie in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Dabei könne häufiges Bücken, langanhaltendes Stehen und weiterhin Steigen, Klettern, Kriechen, häufiges Bücken und Heben, Tragen und Bewegen von Lasten nicht mehr ausgeübt werden. Zusätzliche Einschränkungen bestünden für Arbeiten unter Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit, weil hierbei Zwangshaltungen unumgänglich seien. Ferner bestünden Einschränkungen für überwiegend einseitige Körperhaltung, Gerüste, Leitern und laufende Maschinen sowie für ständige Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft. Die Gehleistung sei beeinträchtigt; viermal täglich mehr als 500m in jeweils 20min seien zu Fuß jedoch möglich. Öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden, ebenso ein PKW, mit dem der Kläger auch zur Untersuchung selbst angereist sei. Unübliche Pausen seien nicht erforderlich.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Chirurgen Prof. Dr. B ... vom 25.03.2000 eingeholt. Dieser führte aus, chronische Rückenschmerzen und eine eingeschränkte Belastbarkeit des linken Hüftgelenks bedingten eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30%, der Zustand nach Unterarmfraktur mit Bewegungseinschränkung eine Minderung von 20%. Retropatellararthrose und mutmaßliche Herzerkrankung gingen nicht in die Minderung der Erwerbsfähigkeit ein, nach dem hinsichtlich der Herzerkrankung derzeit keine Beschwerden angegeben würden. Das Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule könne deutlich gebessert werden, wenn der Kläger orthopädisches Schuhwerk mit einer Erhöhung um 2cm tragen würde; die Rückenschmerzen würden als Folge der Beinverkürzung aufgefasst. Daneben könnte bei einer Körpergröße von 172 cm und einem Gewicht von 90 kg eine Gewichtsreduktion ebenfalls die Rückenschmerzen mindern. Zu den für Beweisanordnungen im Rentenrecht typischen Beweisfragen hat der Gutachter nicht Stellung genommen. In einer ergänzenden Stellung nahme vom 19.04.2000 hat er mitgeteilt, er stimme mit dem Gutachten Dr. Z ... überein.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft der letzten Arbeitgeberin, der Fa. D ..., vom 02.07.1999 eingeholt. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
In einer mündlichen Verhandlung vom 25.07.2000 hat der Kläger angegeben, er sei seit 1975 als Geschäftsführer im Schaustellerbereich tätig gewesen. Er habe sich ab diesem Zeitpunkt alleinverantwortlich um verschiedene Fahrgeschäfte kümmern müssen. Dies habe den Transport, den Aufbau der Fahrgeschäfte, den Einsatz von Mitarbeitern und das Betreiben der Fahrgeschäfte beinhaltet. Ferner habe ihm die Abrechnung der Löhne und der Platzgelder oblegen. Er habe sich auch um ausreichend Personal für den Aufbau und den Betrieb des Fahrgeschäftes kümmern müssen. Er sei für die jährliche TÜV-Abnahme und die wöchentlichen Abnahmen durch die örtlichen Baubehörden verantwortlich gewesen. Beim Auf- und Abbau eines Fahrgeschäftes seien Tätigkeiten wie das Tragen von Teilen und Leiterarbeiten angefallen. Beim Aufbau hätten die Einzelteile zusammengesteckt und verschraubt werden müssen. Vor dem Aufstellen habe der Platz ausgewogen werden müssen. Schweißarbeiten seien nur in ganz geringem Umfang verrichtet worden. Kenntnisse im Bereich der Elektronik habe er sich aneignen müssen, da die Steuerung der Motoren heute elektronisch erfolge. Darüber hinaus habe er Reparaturen von Motoren bzw. an der Lichtanlage vorgenommen, z.B. das Ersetzen von Kabeln. Ein einzelnes Fahrgeschäft habe heute einen Wert von zwei bis fünf Millionen DM. Üblicherweise werde es von den Eigentümern selbst betrieben. Ihm seien nur eine handvoll Fälle bekannt, in denen ein Geschäft von einem Geschäftsführer betrieben werde.
Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, Geschäftsführung im Schaustellerbereich sei kein anerkannter Ausbildungsberuf. Eine tarifliche Einstufung erfolge in diesem Bereich ebenfalls nicht. Nach dem vom Kläger und der ehemaligen Arbeitgeberin geschilderten Tätigkeitsumfang komme eine Einstufung als Facharbeiter ebenfalls nicht in Betracht. Die vom Kläger angegebenen einzelnen Tätigkeitsanteile habe er sich selbst aneignen müssen, so dass von einer Ausbildung im rechtlichen Sinne nicht ausgegangen werden könne. Auch sei kein Qualitätsmaßstab im Vergleich mit anderen Ausbildungsberufen vorhanden. Eine Einstufung als Facharbeiter wäre daher nur willkürlich und nicht durch die von der Rechtsprechung hierfür entwickelten Kriterien zu rechtfertigen.
Der Kläger hat eine von ihm eingeholte Auskunft des Deutschen Schaustellerbundes e.V. vom 23.08.2000 vorgelegt, ferner eine Bedienungsanleitung (Kurzfassung eines Handbuches von mehreren hundert Seiten) für das Fahrgeschäft "Break Dance". Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Kurzfassung, die nach einem schweren Unglück vom Hersteller überarbeitet worden sei, mache deutlich, welche Verantwortung der Geschäftsführer eines solchen Fahrgeschäftes auf sich nehmen müsse. Diese Verantwortung könne nicht von einem angelernten oder auch nur einem Facharbeiter übernommen werden; jemand, der für derartige Sicherheit einzustehen habe, sei regelmäßig dem obersten Rang des von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas zum Berufsschutz zuzuordnen.
Das Sozialgericht hat vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eine Stellungnahme vom 08.05.2001 beigezogen, der eine Stellungnahme des Deutschen Schaustellerbundes e.V. vom gleichen Tage an das Ministerium beigefügt war. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Der Kläger hat später mitgeteilt, es sei nach telefonischer Auskunft des Deutschen Schaustellerbundes nicht damit zu rechnen, dass die beim Ministerium laufenden berufskundlichen Ermittlungen abgeschlossen würden. Er hat statt dessen eine Schilderung des Schaustellerbundes vom 06.09.2001 eingereicht und angeregt, dieses Berufsbild zugrunde zu legen.
Das Sozialgericht hat in einer mündlichen Verhandlung vom 06.11.2001 den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbundes, Dr. N ... W ..., als Sachverständigen vernommen. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Der Kläger hat nach Vertagung der mündlichen Verhandlung eine Teilnahmebestätigung für die Zeit vom 17. bis 21.02.1986 über einen Lehrgang für Aufsichtspersonen für technisch schwierige Fliegende Bauten der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten vorgelegt. Darin ist ausgeführt, der Lehrgang habe Wissen über die organisatorischen und sicherheitstechnischen Maßnahmen beim Auf- und Abbau technisch schwieriger Fliegender Bauten, deren Betrieb und über Schutzmaßnahmen auf einigen besonders wichtigen Gebieten der Arbeitssicherheit vermittelt. Damit sei eine Voraussetzung erfüllt, die in der Unfallverhütungsvorschrift "Schausteller- und Zirkusunternehmen" (VBG 72) von Aufsichtspersonen zur Leitung des Auf- und Abbaus und zum Betreiben von technisch schwierigen Fliegenden Bauten gefordert würden. Der Kläger hat vorgetragen, bei der Bescheinigung handele es sich um das einzige Testat, welches sich noch in seinem Besitz befinde. Darüber hinaus seien keine weitere Zeugnisse und Testate üblich gewesen, die zum Betrieb eines Fahrgeschäftes Vorschrift seien.
Das Sozialgericht hat eine weitere Arbeitgeberauskunft der Fa. D ... vom 04.12.2001 beigezogen, auf die Bezug genommen wird.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2002 hat der Kläger ergänzend angegeben, zur Beförderung des "Breakdancers" seien insgesamt drei Zugmaschinen eingesetzt gewesen, wovon eine mit einem Kranzum Auf- und Abbau des Fahrgeschäftes bestückt gewesen sei. Desweiteren seien fünf Transportanhänger und darüber hinaus noch zwei Betriebswohnwagen eingesetzt worden. Teilweise seien für die Fahrzeuge wegen Überlänge Sondergenehmigungen des Straßenverkehrsamtes einzuholen gewesen, um die er sich gekümmert habe. Eine Zugmaschine habe er selbst gefahren. Bei dem Aufbau des Fahrgeschäftes sei er aufsichtsführend tätig gewesen. Er habe den Mitarbeitern Anweisungen erteilt. Er habe anschließend die ausgeführten Arbeiten kontrolliert. Darüber hinaus habe er auch die Tätigkeiten eines Kranführers ausgeübt. Eine handwerkliche Tätigkeit sei insbesondere bei den beim Auf- und Abbau auftretenden Reparaturarbeiten angefallen. Diese habe er ausgeführt. Den Anteil der körperlichen Arbeit im Verhältnis zu den aufsichtsführenden Tätigkeiten schätze er auf 50 zu 50. Bis zur vollständigen Beherrschung des Fahrgeschäftes "Break Dance" sei bei ihm ein Zeitraum von ca. 2 bis 3 Monaten erforderlich gewesen.
Die Beklagte hat daraufhin erklärt, ihres Erachtens könne der Kläger noch auf eine Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer verwiesen werden, sofern er als Facharbeiter einzustufen sei.
Mit Urteil vom 12.03.2002 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 15.04.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.04.2002 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe den Kläger zu Unrecht als Facharbeiter eingestuft. Für eine Tätigkeit wie seine letzte als Geschäftsführer des Rundfahrgeschäftes "Break Dance" gebe es keine Ausbildungsverordnung und auch keinen Tarifvertrag. Allein das vom Sozialgericht einzig herangezogene Kriterium der Verantwortungsfülle sei nicht akzeptabel. Denn viele Tätigkeiten seien verantwortungsvoll, obwohl sie keine Facharbeitertätigkeiten seien. Wenn das Sozialgericht darauf verweise, das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Entscheidung vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 11/90 einen Omnibusfahrer als Facharbeiter eingestuft, so habe das nicht an der verantwortungsvollen Tätigkeit des Omnibusfahrers, sondern an des sen tariflicher Einordnung gelegen; der Kläger könne insofern nicht damit verglichen werden. Sicherlich habe er bei dem Betrieb des Fahrgeschäftes eine Vielzahl von Tätigkeiten zu bewerkstelligen gehabt. Allerdings ergebe auch diese Summierung von Tätigkeiten nicht insgesamt das Bild eines Facharbeiters. Es sei auch nur bedingt richtig, von einer besonderen Verantwortung für die Gesundheit der Fahrgeschäftsbesucher zu sprechen. Allein dessen Betriebsgefahr stelle noch kein Kriterium für eine Facharbeitertätigkeit dar. Der Aufbau und die Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen richte sich nach genauen Anweisungen bzw. Plänen; jede neue Veranstaltung wiederhole diese Tätigkeiten. Der TÜV führe vor jeder Veranstaltung eine Sicherheitsabnahme durch; so sei letztlich der TÜV für die Sicherheit des Fahrgeschäftes entscheidend, den er entscheide über die Inbetriebnahme. Der Kläger sei deshalb hauptsächlich für die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen bei bereits in Betrieb genommenem Fahrgeschäft verantwortlich gewesen. Die kurze Dauer des von ihm besuchten Lehrgangs bei der Berufsgenossenschaft mache es unverständlich, dass das Sozialgericht den Verantwortungsbereich des Klägers so hoch eingestuft habe. Auch das Verwalten der Tageseinnahmen, die Ersatzteilbeschaffung bis 10.000,00 DM und die Mitarbeiteranwerbung zeigten lediglich, dass der Inhaber des Fahrgeschäftes besonderes Vertrauen zum Kläger ge habt habe. Dies und allein der Umgang mit technisch hochwertigen Maschinen und Fahrzeugen rechtfertige allerdings nicht die Annahme einer Facharbeiterqualifikation. Der Kläger sei vielmehr dem Leitberuf des Angelernten zuzuordnen und könne mit seinem Restleistungsvermögen noch auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12.03.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf das von der Beklagten angefochtene Urteil. Der darin mit einem Omnibusfahrer gezogene Vergleich sei insofern doch zutreffend, als das BSG in der betreffenden Entscheidung diesen Fahrer nicht wegen der tariflichen Eingruppierung, sondern insbesondere auch wegen seiner verantwortungsvollen Tätigkeit als Facharbeiter eingestuft habe.
Auf Anfrage des Senats hat der zuständige Referent des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung telefonisch mitgeteilt, es seien von der Bundesanstalt für Arbeit keine weiteren berufskundlichen Ermittlungen über Geschäftsführer von Schaustellerunternehmen mehr zu erwarten.
Der Kläger hat auf Anfrage des Senats nach Adressen ehemaliger Mitarbeiter und der Inhaberin/Eigentümerin des Fahrgeschäfts "Break Dance" mitgeteilt, ihm seien bis auf die aus den Arbeitgeberauskünften ersichtliche Adresse der Inhaberin (Zeugin D ...) keine Adressen mehr bekannt. Die Zeugin D ... hat auf Anfrage telefonisch mitgeteilt, aus damaliger Zeit stünden keine Mitarbeiter mehr in einem Beschäftigungsverhältnis; andere Zeugen seien nicht bekannt.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Zeugin D ... zur Tätigkeit des Klägers vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Bescheides zur Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente für den Kläger verurteilt. Der angefochtene Bescheid verletzte den Kläger im Umfang seines erstinstanzlichen Obsiegens gem. § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleich wertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zu gemutet werden können. Nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs. 2 und § 302b Abs. 1 SGB VI, letztere neugefasst durch Gesetz vom 20.12.2000 (BGBl I 1827), ist diese Vorschrift für einen am 31.12.2000 bestehenden Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit weiterhin maßgebend (vgl. auch BSG Urteil vom 24.02.1999 - B 5 RJ 28/98 R = SozR 3-2600 § 300 Nr. 14 m.w.N.).
Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte verischerungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls wenn sie die qualitativ höchste ist (BSG Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 14/02 R m.w.N.).
Kann der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden, hängt der Rentenanspruch davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) mit Unterscheidung in einen oberen und unteren Bereich, und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Aus der eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine zumutbar in Betracht kommende Tätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG a.a.O. m.w.N.).
Ausschlaggebend für die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einer der Gruppen des Mehrstufenschemas ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde qualitative Wert der Arbeit für den Betrieb. Grundlage für die Bestimmung dieser Qualität sind die in § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. genannten Merkmale (d.h. Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und die besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit). Erforderlich ist eine Gesamtschau aller möglichen Bewertungskriterien, also das sich ergebende Gesamtbild. Als Kriterien bzw. Indizien werden insoweit üblicherweise die für die Tätigkeit absolvierte Ausbildung, ihre tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausübung, die Höhe der Entlohnung und die Anforderungen des Berufs herangezogen (KK-Niesel, § 43 SGB VI a.F. Rz. 52 m.w.N.).
Letzte berufliche Tätigkeit des Klägers war die des Geschäftsführers eines Fahrgeschäfts, und zwar in den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit die des Karussels "Break Dancer". Diese Tätigkeit kann er gesundheitlich nicht mehr ausüben. Dies hat die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme ebenso bestätigt wie die bereits im Verwaltungsverfahren durchgeführte medizinische Untersuchung des Klägers, und es ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass für die Einordnung dieser Tätigkeit in das Mehrstufenschema etliche der genannten Kriterien keinen Anhaltspunkt geben. Denn eine solche Tätigkeit wird üblicherweise von den Betriebsinhabern selbst und nur selten von angestellten Geschäftsführern ausgeübt; eine Ausbildung hierzu ist im BBiG nicht vorgesehen und schon wegen der in der Regel selbständigen Ausübung dieses Berufes im Familienbetrieb auch nicht üblich. Ein einschlägiger Tarifvertrag, der abstrakt über die Bewertung einer solchen Tätigkeit durch die Tarifvertragsparteien Auskunft geben könnte (vgl. dazu BSG Urteil vom 03.07.2002 - B 5 RJ 18/01 R m.w.N.), existiert ebenfalls nicht. Die Dauer der Berufsausübung kann nur dann Indizwirkung entfalten, wenn es eine für den ausgeübten Beruf vorgesehene Ausbildung gibt, diese jedoch nicht durchlaufen wurde, und die theoretischen und praktischen Fertigkeiten dieses Berufs im Laufe der Zeit durch "learning by doing" angeeignet worden sind, so dass die Tätigkeit vollwertig wie nach einem Absolvieren der eigentlich vorgeschriebenen Ausbildung verrichtet wurde (vgl. KK-Niesel a.a.O. Rz. 59 f. und 62 ff. m.w.N.). Die Höhe der Entlohnung ist nur ein Indiz für den qualitativen Wert des Berufes; aus der Entlohnung allein kann - jedenfalls wenn sie sich nicht an einem Tarifvertrag orientiert hat - nicht auf die entsprechende Qualität geschlossen werden (a.a.O. Rz. 61 m.w.N.).
Ergeben sich aus diesen Kriterien für die Tätigkeit des Klägers keine Anhaltspunkte zu ihrer Einordnung ins Mehrstufenschema, kann nur auf die konkreten Anforderungen seines Berufs abgestellt werden. Für solche Fälle ist eine Einstufung als Facharbeiter anerkannt, wenn der Umfang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder sonstige Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit den Anforderungen an einen Facharbeiter gleichzuachten sind (a.a.O. Rz. 44 und 66). So wurde beispielsweise ein sog. "Lascher-Vormann" wegen Wahrnehmung von Leitungs- und Aufsichtsfunktionen einem Facharbeiter gleichgestellt (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 12).
Der Senat sieht die vom Kläger als Geschäftsführer des Karussels "Break Dancer" jahrelang ausgeübte Tätigkeit als eine solche an, die einer Facharbeitertätigkeit qualitativ gleichwertig ist. Zur Begründung wird zunächst nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil (S. 9 - 11) Bezug genommen.
Die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin D ... als Arbeitgeberin des Klägers hat die Richtigkeit der vom Sozialgericht angenommenen qualitativen Einstufung bestätigt und bestärkt. Aus der Schilderung der Zeugin hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass die Tätigkeit des Klägers eine sehr verantwortungsvolle und vielgestaltige gewesen ist, die neben Menschenführungsqualitäten auch wirtschaftliche Übersicht, in mehrere Gewerbebereiche hineinreichendes handwerklich-technisches Geschick und eine enorme Arbeitsbereitschaft erforderte. Dies hat sich in der Zusammenschau auch in seinem Gehalt niedergeschlagen. Nach den Angaben der Zeugin D ... hat der Kläger, der in ihrem Betrieb bis Oktober 1994 beschäftigt war, etwa 4.700,00 DM brutto verdient. Zur gleichen Zeit (1994) lag die Bezugsgröße, also das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (nach näherer Maßgabe des § 18 Abs. 1 SGB IV) in den Alt-Bundesländern bei monatlich 3.920,00 DM. Der Kläger hat somit ein deutlich überdurchschnittliches rentenversichrungspflichtiges Einkommen erzielt.
Die Zeugin D ... hat u.a. berichtet, der Kläger sei ein besonders zuverlässiger Geschäftsführer gewesen, der in dem besonderen beruflichen Milieu der Schaustellerei die Fähigkeit gehabt habe, Mitarbeiter zu motivieren und vor allem so an den Betrieb zu binden, dass sie bis zum Ende einer Saison die Tätigkeit durchhielten. Dies setze besondere Menschenführungskenntnisse voraus. Der Kläger habe auch Einstellungen und Entlassungen vorgenommen. Technisch habe er ein Gespür dafür gehabt, wo etwaige Defekte aufgetreten waren. Er habe Pläne lesen und Defekte sicher eingrenzen können; die Behebung sei im Kontakt mit dem Hersteller i.d.R. durch ihn selbst geschehen.
Reparaturen an Drehteilen, besonders an beanspruchten Lagerteilen, seien nicht nur selten angefallen. Nach jedem Aufbau habe auch eine Wartung der Anlage stattgefunden, bei der auch Reparaturen vorgenommen worden seien. Einfache Ausbesserungsarbeiten einschließlich einfacherer Schweißarbeiten habe ebenfalls der Kläger erledigt. Nur große Inspektionen der Elektroanlage habe der Hersteller vorgenommen. Dabei stelle die Elektroanlage, die der Kläger ansonsten auch repariert habe, im Vergleich zu älteren Karusselltypen schwierige Anforderungen. Beim Transport des Fahrgeschäfts, zu dem es Sondergenehmigungen bedurft habe, habe er das Mittelstück gefahren. Er sei zudem zu einem genauen Platzieren des Mittelteils bei teilweise sehr eng zugeschnittenen Standverhältnissen und zum Auswägen der Anlage in der Lage gewesen. Beim Betrieb des Karussells habe der Kläger den Fahrstand besetzt; bei dem relativ rauhen und "rummeligen" Publikum des Breakdancers habe er insbesondere die Unfallgefahr im Auge behalten müssen. Der Kläger habe täglich die Kasse abgerechnet und auch die Löhne der Mitarbeiter ausgezahlt sowie Reparatur- und Aufwendungsbelege aufgelistet. Auch Auflagen der örtlichen Bauordnungsämter habe er ausgeführt. Für eine Tätigkeit wie die des Klägers sei eine berufliche Vorerfahrung zwingend; man müsse, wenn man hierfür geeignet sei, sicher 10 Jahre in die Tätigkeit hineinwachsen. Heute würde das Nettogehalt für eine Geschäftsführertätigkeit sicher bei 3.000,00 EUR monatlich liegen; es handele sich um einen Mangelberuf.
Der Senat hält die Angaben der Zeugin für glaubhaft. Die Zeugin ist selbst seit Jahrzehnten im Schaustellerberuf tätig und konnte in der mündlichen Verhandlung ein nachvollziehbares, detailreiches Bild dieser Tätigkeit, insbesondere auch bei technisch schwierigen Karussells wie dem "Break Dancer", geben. Dabei wurden die gehobenen unternehmerischen Anforderungen an die Tätigkeit des Klägers deutlich, die es für den Senat ersichtlich machen, dass ein Zeitraum von etwa 10 Jahren der Tätigkeit im Schaustellergewerbe nötig ist, um ein solches Karussell als Geschäftsführer erfolgreich betreiben zu können.
Schon die mechanischen und elektrischen/elektronischen Anforderungen sind nicht gering zu achten. Dies zeigt - neben den Angaben der Zeugin - auch die vom Kläger zu den Akten gereichte Kurzfassung der Betriebsanleitung des "Break Dancers" (Bl. 113 - 130 Gerichtsakte). Danach hat das im Reisebetrieb etwa 40t schwere Karussell insgesamt 16 Zwei-Personen-Gondeln, die auf einer Fläche von 20 mal 20 Metern 360 Grad frei schwingen und sich dabei in einer Vielzahl möglicher Fahrvariationen auf- und abbewegen. Die Anweisungen der Betriebsanleitung - insbesondere für Auf- und Abbau sowie Schmierung und Wartung - zeigen, dass fundiertes mechanisches Verständnis nötig ist, um den Betriebverantwortungsgerecht sicherzustellen. Die elektrische Komplexität der Anlage geht bereits daraus hervor, dass die Betriebsanleitung (ausweislich des Inhaltsverzeichnisses der Kurzfassung) allein 222 Seiten mit Elektroschaltplänen beinhaltet. Daneben mußte der Kläger auch die Pläne bzw. Zeichnungen für Getriebe, Hydraulik, Unterpallung und sonstige mechanische Einrichtungen des Geschäfts lesen können (laut Inhaltsangabe 8 Seiten). Dass er die Pläne des Karussells lesen und für Reparatur- und Wartungsarbeiten auswerten konnte, hat die Zeugin D ... bestätigt. Im Übrigen nimmt die Kurzfassung der Betriebsanleitung an etlichen Stellen auf verschiedene Zeichnungen Bezug; ohne die Fähigkeit, diese Zeichnungen zu lesen, könnte deshalb ein ordnungsgemäßer Betrieb nicht durch geführt werden.
Selbst wenn diese Anforderungen auch durch einen technisch versierten Mitarbeiter zu bewältigen sein sollten, der - wie der Kläger - keine einschlägige Facharbeiterausbildung bis zum erfolgreichen Ablegen der Prüfung durchlaufen hat, würde dies nichts an der qualitativen Gleichwertigkeit der Geschäftsführertätigkeit des Klägers mit derjenigen eines Facharbeiters ändern. Denn neben die technische Versiertheit traten noch weitere Anforderungen, die jedenfalls in der Gesamtschau zu einer qualitativ hochwertigen Tätigkeit führen. So musste das Karussell an Reisetagen als Schwertransport bewegt werden können, wobei der Kläger das Mittelteil gefahren hat, das nach der Betriebsanleitung eine Stahlkonstruktion in der Größe von ca. 14 mal 2,5 x 3,1 Meter ist. Beim Aufbau musste die Anlage sorgfältig ausgewogen werden. Der Kläger hatte die nötigen Pflege- und Unterhaltungsarbeiten durchzuführen bzw. zu überwachen. Schließlich war er, der nach den Angaben der Zeugin beim Betrieb des Fahrgeschäftes im Fahrstand war, für die Beachtung der Sicherheitsanforderungen verantwortlich, was bei einem technisch schwierigen fliegenden Bau besondere Umsicht erfordert. Dies ergibt sich nicht nur aus den Angaben der Zeugin, sondern auch schon aus den Sicherheitsauflagen der Betriebsanleitung (dort S. 12 - 14). Hinzu kamen noch die unternehmerischen Anforderungen wie Abrechnungstätigkeiten, Überwachung und Koordinierung der Arbeitsabläufe und Personalentscheidungen.
Insgesamt ergibt sich für den Senat ein Tätigkeitsbild, das zeigt, dass eine hohe, aus unterschiedlichsten Begabungsressourcen zusammengesetzte Befähigung Voraussetzung für den geschäftsführenden Betrieb eines Karussels wie den "Break Dancer" ist, die erst nach langen Jahren der Einarbeitung sowohl in die Tätigkeit als auch in die Besonderheiten des Schaustellermilieus ausgeübt werden kann. Qualitativ steht dies mindestens einer beispielsweise handwerklichen oder einzelhandelskaufmännischen Tätigkeit mit abgeschlossener Ausbildung von mehr als zwei Jahren gleich. Dementsprechend genießt der Kläger Berufsschutz, auch wenn die üblichen Kriterien für eine Einstufung in das von der Rechtsprechung entwickelte Mehrstufenschema in seinem Fall nicht greifen.
Zumutbare Verweisungstätigkeiten sind nicht ersichtlich. Auch die Beklagte hat lediglich in einem Gerichtstermin diejenige des Gabelstaplerfahrers benannt. Sie ist hierauf später nicht mehr zurückgekommen. Die Tätigkeit ist auch ungeeignet, weil der Kläger sie mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen zum einen nicht ausüben kann und zum anderen nicht ersichtlich ist, dass sie ihm bei Innehabung eines Facharbeiterstatus sozial zumutbar wäre. Der Senat nimmt auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch, ob dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit zusteht.
Der am ...1948 geborene Kläger hat von April 1962 bis April 1965 eine Ausbildung zum D ... ohne Abschluss absolviert. Anschließend war er bis Juli 1975 bei verschiedenen Arbeitgebern als Hilfsarbeiter und Kraftfahrer tätig. Von Oktober 1975 bis Oktober 1994 war er - jeweils mit einigen Unterbrechungen - Geschäftsführer im Schaustellergewerbe, zuletzt vom 01.04.1987 bis 31.10.1994 bei der Fa. D ... Anschließend bezog er Leistungen vom Arbeitsamt. Infolge zweier Arbeitsunfälle bezieht er von der zuständigen Berufsgenossenschaft zwei Unfallrenten (Dauer-MdE von 30% nach Oberschenkelhalsbruch links 1988 sowie Dauer-MdE von 20% nach Trümmerbruch des rechten Handgelenks 1989).
Ein erster Rentenantrag vom 31.08.1995 wurde nach Einholung eines Gutachtens der Allgemein- und Sozialmedizinerin Dr. M ... vom 24.01.1996 von der Beklagten mit Bescheid vom 21.05.1996 abgelehnt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 12.03.1997 beantragte der Kläger erneut Rente. Er legte ein Attest des Orthopäden Dr. R ... vom 10.03.1997 vor, der darin wegen Gesundheitsstörungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates die Beantragung einer Erwerbsunfähigkeitsrente befürwortet.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. A ... vom 15.09.1997 ein mit folgenden Diagnosen:
Chronisch rezidivierendes Cervikolumbalsyndrom, Spondylosis deformans, Spondylarthrose und Osteochondrose der Wirbelsäule, Zustand nach Oberschenkelhalsbruch links (Arbeitsunfall 05.10.1988) mit anschließender Implantation einer Hüftgelenkstotalendoprothese (1993), Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks, Zustand nach Handgelenksbruch rechts (Arbeitsunfall vom 30.08.1989) mit erheblicher Bewegungseinschränkung bzw. Funktionsbehinderung des Handgelenks und Arthrose, Varicosis an beiden Beinen, rechts ausgeprägter als links, Chondropathia patellae mit diskreter Retropatellararthrose beidseits.
In der ausgeübten Tätigkeit im Schaustellerbereich sei der Kläger nicht mehr einsatzfähig. Vollschichtig möglich seien leichte Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, Knien und Hocken, ohne Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, ohne Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne kraftvollen Einsatz der Hand und ohne längere Anmarschwege (mehr als vier mal 500m seien zumutbar).
Mit Bescheid vom 04.11.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Kläger könne am allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein.
Der Kläger legte Widerspruch ein mit der Begründung, er könne wegen seiner Erkrankungen keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr nach gehen. Alle weiteren orthopädischen Erkrankungen seien von der Beklagten nicht berücksichtigt worden; es müsse eine entsprechende Untersuchung erfolgen.
Die Beklagte holte einen Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. S ... vom 14.08.1998 ein. Darin sind als Funktionsbehinderungen eine Gehbehinderung, Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks sowie eine Belastungsluftnot genannt. Die Beklagte wertete ferner ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Westfalen-Lippe in Herne vom 25.02.1997 aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.1999 wies sie den Widerspruch zu rück. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsetzbar; hierauf sei er mangels Berufsschutzes verweisbar.
Hiergegen hat der Kläger am 19.02.1999 Klage erhoben und vorgetragen, er leide an zahlreichen Einschränkungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule und der Hüfte.
Vor allem bestünden gravierende Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschäden sowie einem gravierenden Schmerzsyndrom. Internistisch bestehe der dringende Verdacht auf eine coronare Herzerkrankung, nachdem er 1994 einen Herzinfarkt erlitten habe. Im Übrigen sei der Arbeitsmarkt aus weiteren Gründen verschlossen. Er benötige mehrmals täglich 15minütige Pausen zur Auflockerung der Wirbelsäule. Darüber hinaus könne er einen Arbeitsplatz nicht mehr zumutbar erreichen, weil er wegen der erheblichen Schmerzsymptomatik keinesfalls mehr vier mal 500m zurücklegen könne. Daneben sei die Handbeweglichkeit beidseits schmerzhaft eingeschränkt. Insbesondere sei mit der Gebrauchshand ein normales Zugreifen und Halten nicht mehr möglich. Es bestehe damit eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung. Im Übrigen sei bei ihm von einem Facharbeiterstatus eines Mechanikers oder Monteurs auszugehen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 04.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab dem 12.03.1997 Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit anzunehmen und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat von Dr. S ... einen Befundbericht angefordert. Diese übersandte am 21.05.1999 den schon gegenüber der Beklagten abgegebenen Bericht vom 14.08.1998.
Das Sozialgericht hat ferner ein Gutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Z ... vom 13.09.1999 eingeholt. Dieser stellte folgende Diagnosen:
Wirbelsäulenschädigung im cervicalen und lumbalen Segment mit Verformung, Verschleiß und lumbalem Bandscheibenvorfall L4/L5 mit rezidivierenden und anhaltenden Bewegungseinschränkungen im lumbalen Segment und dem Auftreten von pseudoradiculären Wirbelsäulensyndromen in Form von geringen Cervikalgien und Lumbalgien, Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule, Zustand nach Oberschenkelhalsbruch links mit nachfolgender operativer Versorgung und letztlicher Implantation einer Hüftgelenkstotalendoprothese (Arbeitsunfall), Beinlängenverkürzung links, Minderbelastbarkeit des linken Beines, schmerzhafte Funktionseinschränkungen des linken Hüftgelenks, Zustand nach Arbeitsunfall des rechten Handgelenks mit Trümmerbruch und Abriss des Griffelfortsatzes der Elle mit operativer Versorgung und pseudoarthrotischer Ausheilung, Belastungsinsuffizienz und schmerzhafter Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks, Stammvaricosis der Vena saphena magna beidseits, rechts stärker als links, mit geringer venöser Insuffizienz.
Aus den Vorbefunden gehe hervor, dass der Verdacht auf Herzinfarkt 1994 im Stadtkrankenhaus Arolsen ausgeschlossen worden sei. Eine nachfolgende kardiologische Untersuchung im Dezember 1995 habe keinen Hinweis für eine gravierende coronare Herzerkrankung ergeben. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen und im Freien unter Witterungsschutz sowie in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Dabei könne häufiges Bücken, langanhaltendes Stehen und weiterhin Steigen, Klettern, Kriechen, häufiges Bücken und Heben, Tragen und Bewegen von Lasten nicht mehr ausgeübt werden. Zusätzliche Einschränkungen bestünden für Arbeiten unter Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit, weil hierbei Zwangshaltungen unumgänglich seien. Ferner bestünden Einschränkungen für überwiegend einseitige Körperhaltung, Gerüste, Leitern und laufende Maschinen sowie für ständige Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft. Die Gehleistung sei beeinträchtigt; viermal täglich mehr als 500m in jeweils 20min seien zu Fuß jedoch möglich. Öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden, ebenso ein PKW, mit dem der Kläger auch zur Untersuchung selbst angereist sei. Unübliche Pausen seien nicht erforderlich.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Chirurgen Prof. Dr. B ... vom 25.03.2000 eingeholt. Dieser führte aus, chronische Rückenschmerzen und eine eingeschränkte Belastbarkeit des linken Hüftgelenks bedingten eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30%, der Zustand nach Unterarmfraktur mit Bewegungseinschränkung eine Minderung von 20%. Retropatellararthrose und mutmaßliche Herzerkrankung gingen nicht in die Minderung der Erwerbsfähigkeit ein, nach dem hinsichtlich der Herzerkrankung derzeit keine Beschwerden angegeben würden. Das Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule könne deutlich gebessert werden, wenn der Kläger orthopädisches Schuhwerk mit einer Erhöhung um 2cm tragen würde; die Rückenschmerzen würden als Folge der Beinverkürzung aufgefasst. Daneben könnte bei einer Körpergröße von 172 cm und einem Gewicht von 90 kg eine Gewichtsreduktion ebenfalls die Rückenschmerzen mindern. Zu den für Beweisanordnungen im Rentenrecht typischen Beweisfragen hat der Gutachter nicht Stellung genommen. In einer ergänzenden Stellung nahme vom 19.04.2000 hat er mitgeteilt, er stimme mit dem Gutachten Dr. Z ... überein.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft der letzten Arbeitgeberin, der Fa. D ..., vom 02.07.1999 eingeholt. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
In einer mündlichen Verhandlung vom 25.07.2000 hat der Kläger angegeben, er sei seit 1975 als Geschäftsführer im Schaustellerbereich tätig gewesen. Er habe sich ab diesem Zeitpunkt alleinverantwortlich um verschiedene Fahrgeschäfte kümmern müssen. Dies habe den Transport, den Aufbau der Fahrgeschäfte, den Einsatz von Mitarbeitern und das Betreiben der Fahrgeschäfte beinhaltet. Ferner habe ihm die Abrechnung der Löhne und der Platzgelder oblegen. Er habe sich auch um ausreichend Personal für den Aufbau und den Betrieb des Fahrgeschäftes kümmern müssen. Er sei für die jährliche TÜV-Abnahme und die wöchentlichen Abnahmen durch die örtlichen Baubehörden verantwortlich gewesen. Beim Auf- und Abbau eines Fahrgeschäftes seien Tätigkeiten wie das Tragen von Teilen und Leiterarbeiten angefallen. Beim Aufbau hätten die Einzelteile zusammengesteckt und verschraubt werden müssen. Vor dem Aufstellen habe der Platz ausgewogen werden müssen. Schweißarbeiten seien nur in ganz geringem Umfang verrichtet worden. Kenntnisse im Bereich der Elektronik habe er sich aneignen müssen, da die Steuerung der Motoren heute elektronisch erfolge. Darüber hinaus habe er Reparaturen von Motoren bzw. an der Lichtanlage vorgenommen, z.B. das Ersetzen von Kabeln. Ein einzelnes Fahrgeschäft habe heute einen Wert von zwei bis fünf Millionen DM. Üblicherweise werde es von den Eigentümern selbst betrieben. Ihm seien nur eine handvoll Fälle bekannt, in denen ein Geschäft von einem Geschäftsführer betrieben werde.
Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, Geschäftsführung im Schaustellerbereich sei kein anerkannter Ausbildungsberuf. Eine tarifliche Einstufung erfolge in diesem Bereich ebenfalls nicht. Nach dem vom Kläger und der ehemaligen Arbeitgeberin geschilderten Tätigkeitsumfang komme eine Einstufung als Facharbeiter ebenfalls nicht in Betracht. Die vom Kläger angegebenen einzelnen Tätigkeitsanteile habe er sich selbst aneignen müssen, so dass von einer Ausbildung im rechtlichen Sinne nicht ausgegangen werden könne. Auch sei kein Qualitätsmaßstab im Vergleich mit anderen Ausbildungsberufen vorhanden. Eine Einstufung als Facharbeiter wäre daher nur willkürlich und nicht durch die von der Rechtsprechung hierfür entwickelten Kriterien zu rechtfertigen.
Der Kläger hat eine von ihm eingeholte Auskunft des Deutschen Schaustellerbundes e.V. vom 23.08.2000 vorgelegt, ferner eine Bedienungsanleitung (Kurzfassung eines Handbuches von mehreren hundert Seiten) für das Fahrgeschäft "Break Dance". Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen. Die Kurzfassung, die nach einem schweren Unglück vom Hersteller überarbeitet worden sei, mache deutlich, welche Verantwortung der Geschäftsführer eines solchen Fahrgeschäftes auf sich nehmen müsse. Diese Verantwortung könne nicht von einem angelernten oder auch nur einem Facharbeiter übernommen werden; jemand, der für derartige Sicherheit einzustehen habe, sei regelmäßig dem obersten Rang des von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas zum Berufsschutz zuzuordnen.
Das Sozialgericht hat vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eine Stellungnahme vom 08.05.2001 beigezogen, der eine Stellungnahme des Deutschen Schaustellerbundes e.V. vom gleichen Tage an das Ministerium beigefügt war. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Der Kläger hat später mitgeteilt, es sei nach telefonischer Auskunft des Deutschen Schaustellerbundes nicht damit zu rechnen, dass die beim Ministerium laufenden berufskundlichen Ermittlungen abgeschlossen würden. Er hat statt dessen eine Schilderung des Schaustellerbundes vom 06.09.2001 eingereicht und angeregt, dieses Berufsbild zugrunde zu legen.
Das Sozialgericht hat in einer mündlichen Verhandlung vom 06.11.2001 den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbundes, Dr. N ... W ..., als Sachverständigen vernommen. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Der Kläger hat nach Vertagung der mündlichen Verhandlung eine Teilnahmebestätigung für die Zeit vom 17. bis 21.02.1986 über einen Lehrgang für Aufsichtspersonen für technisch schwierige Fliegende Bauten der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten vorgelegt. Darin ist ausgeführt, der Lehrgang habe Wissen über die organisatorischen und sicherheitstechnischen Maßnahmen beim Auf- und Abbau technisch schwieriger Fliegender Bauten, deren Betrieb und über Schutzmaßnahmen auf einigen besonders wichtigen Gebieten der Arbeitssicherheit vermittelt. Damit sei eine Voraussetzung erfüllt, die in der Unfallverhütungsvorschrift "Schausteller- und Zirkusunternehmen" (VBG 72) von Aufsichtspersonen zur Leitung des Auf- und Abbaus und zum Betreiben von technisch schwierigen Fliegenden Bauten gefordert würden. Der Kläger hat vorgetragen, bei der Bescheinigung handele es sich um das einzige Testat, welches sich noch in seinem Besitz befinde. Darüber hinaus seien keine weitere Zeugnisse und Testate üblich gewesen, die zum Betrieb eines Fahrgeschäftes Vorschrift seien.
Das Sozialgericht hat eine weitere Arbeitgeberauskunft der Fa. D ... vom 04.12.2001 beigezogen, auf die Bezug genommen wird.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2002 hat der Kläger ergänzend angegeben, zur Beförderung des "Breakdancers" seien insgesamt drei Zugmaschinen eingesetzt gewesen, wovon eine mit einem Kranzum Auf- und Abbau des Fahrgeschäftes bestückt gewesen sei. Desweiteren seien fünf Transportanhänger und darüber hinaus noch zwei Betriebswohnwagen eingesetzt worden. Teilweise seien für die Fahrzeuge wegen Überlänge Sondergenehmigungen des Straßenverkehrsamtes einzuholen gewesen, um die er sich gekümmert habe. Eine Zugmaschine habe er selbst gefahren. Bei dem Aufbau des Fahrgeschäftes sei er aufsichtsführend tätig gewesen. Er habe den Mitarbeitern Anweisungen erteilt. Er habe anschließend die ausgeführten Arbeiten kontrolliert. Darüber hinaus habe er auch die Tätigkeiten eines Kranführers ausgeübt. Eine handwerkliche Tätigkeit sei insbesondere bei den beim Auf- und Abbau auftretenden Reparaturarbeiten angefallen. Diese habe er ausgeführt. Den Anteil der körperlichen Arbeit im Verhältnis zu den aufsichtsführenden Tätigkeiten schätze er auf 50 zu 50. Bis zur vollständigen Beherrschung des Fahrgeschäftes "Break Dance" sei bei ihm ein Zeitraum von ca. 2 bis 3 Monaten erforderlich gewesen.
Die Beklagte hat daraufhin erklärt, ihres Erachtens könne der Kläger noch auf eine Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer verwiesen werden, sofern er als Facharbeiter einzustufen sei.
Mit Urteil vom 12.03.2002 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 15.04.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.04.2002 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe den Kläger zu Unrecht als Facharbeiter eingestuft. Für eine Tätigkeit wie seine letzte als Geschäftsführer des Rundfahrgeschäftes "Break Dance" gebe es keine Ausbildungsverordnung und auch keinen Tarifvertrag. Allein das vom Sozialgericht einzig herangezogene Kriterium der Verantwortungsfülle sei nicht akzeptabel. Denn viele Tätigkeiten seien verantwortungsvoll, obwohl sie keine Facharbeitertätigkeiten seien. Wenn das Sozialgericht darauf verweise, das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Entscheidung vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 11/90 einen Omnibusfahrer als Facharbeiter eingestuft, so habe das nicht an der verantwortungsvollen Tätigkeit des Omnibusfahrers, sondern an des sen tariflicher Einordnung gelegen; der Kläger könne insofern nicht damit verglichen werden. Sicherlich habe er bei dem Betrieb des Fahrgeschäftes eine Vielzahl von Tätigkeiten zu bewerkstelligen gehabt. Allerdings ergebe auch diese Summierung von Tätigkeiten nicht insgesamt das Bild eines Facharbeiters. Es sei auch nur bedingt richtig, von einer besonderen Verantwortung für die Gesundheit der Fahrgeschäftsbesucher zu sprechen. Allein dessen Betriebsgefahr stelle noch kein Kriterium für eine Facharbeitertätigkeit dar. Der Aufbau und die Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen richte sich nach genauen Anweisungen bzw. Plänen; jede neue Veranstaltung wiederhole diese Tätigkeiten. Der TÜV führe vor jeder Veranstaltung eine Sicherheitsabnahme durch; so sei letztlich der TÜV für die Sicherheit des Fahrgeschäftes entscheidend, den er entscheide über die Inbetriebnahme. Der Kläger sei deshalb hauptsächlich für die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen bei bereits in Betrieb genommenem Fahrgeschäft verantwortlich gewesen. Die kurze Dauer des von ihm besuchten Lehrgangs bei der Berufsgenossenschaft mache es unverständlich, dass das Sozialgericht den Verantwortungsbereich des Klägers so hoch eingestuft habe. Auch das Verwalten der Tageseinnahmen, die Ersatzteilbeschaffung bis 10.000,00 DM und die Mitarbeiteranwerbung zeigten lediglich, dass der Inhaber des Fahrgeschäftes besonderes Vertrauen zum Kläger ge habt habe. Dies und allein der Umgang mit technisch hochwertigen Maschinen und Fahrzeugen rechtfertige allerdings nicht die Annahme einer Facharbeiterqualifikation. Der Kläger sei vielmehr dem Leitberuf des Angelernten zuzuordnen und könne mit seinem Restleistungsvermögen noch auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12.03.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf das von der Beklagten angefochtene Urteil. Der darin mit einem Omnibusfahrer gezogene Vergleich sei insofern doch zutreffend, als das BSG in der betreffenden Entscheidung diesen Fahrer nicht wegen der tariflichen Eingruppierung, sondern insbesondere auch wegen seiner verantwortungsvollen Tätigkeit als Facharbeiter eingestuft habe.
Auf Anfrage des Senats hat der zuständige Referent des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung telefonisch mitgeteilt, es seien von der Bundesanstalt für Arbeit keine weiteren berufskundlichen Ermittlungen über Geschäftsführer von Schaustellerunternehmen mehr zu erwarten.
Der Kläger hat auf Anfrage des Senats nach Adressen ehemaliger Mitarbeiter und der Inhaberin/Eigentümerin des Fahrgeschäfts "Break Dance" mitgeteilt, ihm seien bis auf die aus den Arbeitgeberauskünften ersichtliche Adresse der Inhaberin (Zeugin D ...) keine Adressen mehr bekannt. Die Zeugin D ... hat auf Anfrage telefonisch mitgeteilt, aus damaliger Zeit stünden keine Mitarbeiter mehr in einem Beschäftigungsverhältnis; andere Zeugen seien nicht bekannt.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Zeugin D ... zur Tätigkeit des Klägers vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Bescheides zur Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente für den Kläger verurteilt. Der angefochtene Bescheid verletzte den Kläger im Umfang seines erstinstanzlichen Obsiegens gem. § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleich wertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zu gemutet werden können. Nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs. 2 und § 302b Abs. 1 SGB VI, letztere neugefasst durch Gesetz vom 20.12.2000 (BGBl I 1827), ist diese Vorschrift für einen am 31.12.2000 bestehenden Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit weiterhin maßgebend (vgl. auch BSG Urteil vom 24.02.1999 - B 5 RJ 28/98 R = SozR 3-2600 § 300 Nr. 14 m.w.N.).
Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte verischerungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls wenn sie die qualitativ höchste ist (BSG Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 14/02 R m.w.N.).
Kann der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden, hängt der Rentenanspruch davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) mit Unterscheidung in einen oberen und unteren Bereich, und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Aus der eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine zumutbar in Betracht kommende Tätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG a.a.O. m.w.N.).
Ausschlaggebend für die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einer der Gruppen des Mehrstufenschemas ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde qualitative Wert der Arbeit für den Betrieb. Grundlage für die Bestimmung dieser Qualität sind die in § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. genannten Merkmale (d.h. Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und die besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit). Erforderlich ist eine Gesamtschau aller möglichen Bewertungskriterien, also das sich ergebende Gesamtbild. Als Kriterien bzw. Indizien werden insoweit üblicherweise die für die Tätigkeit absolvierte Ausbildung, ihre tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausübung, die Höhe der Entlohnung und die Anforderungen des Berufs herangezogen (KK-Niesel, § 43 SGB VI a.F. Rz. 52 m.w.N.).
Letzte berufliche Tätigkeit des Klägers war die des Geschäftsführers eines Fahrgeschäfts, und zwar in den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit die des Karussels "Break Dancer". Diese Tätigkeit kann er gesundheitlich nicht mehr ausüben. Dies hat die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme ebenso bestätigt wie die bereits im Verwaltungsverfahren durchgeführte medizinische Untersuchung des Klägers, und es ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass für die Einordnung dieser Tätigkeit in das Mehrstufenschema etliche der genannten Kriterien keinen Anhaltspunkt geben. Denn eine solche Tätigkeit wird üblicherweise von den Betriebsinhabern selbst und nur selten von angestellten Geschäftsführern ausgeübt; eine Ausbildung hierzu ist im BBiG nicht vorgesehen und schon wegen der in der Regel selbständigen Ausübung dieses Berufes im Familienbetrieb auch nicht üblich. Ein einschlägiger Tarifvertrag, der abstrakt über die Bewertung einer solchen Tätigkeit durch die Tarifvertragsparteien Auskunft geben könnte (vgl. dazu BSG Urteil vom 03.07.2002 - B 5 RJ 18/01 R m.w.N.), existiert ebenfalls nicht. Die Dauer der Berufsausübung kann nur dann Indizwirkung entfalten, wenn es eine für den ausgeübten Beruf vorgesehene Ausbildung gibt, diese jedoch nicht durchlaufen wurde, und die theoretischen und praktischen Fertigkeiten dieses Berufs im Laufe der Zeit durch "learning by doing" angeeignet worden sind, so dass die Tätigkeit vollwertig wie nach einem Absolvieren der eigentlich vorgeschriebenen Ausbildung verrichtet wurde (vgl. KK-Niesel a.a.O. Rz. 59 f. und 62 ff. m.w.N.). Die Höhe der Entlohnung ist nur ein Indiz für den qualitativen Wert des Berufes; aus der Entlohnung allein kann - jedenfalls wenn sie sich nicht an einem Tarifvertrag orientiert hat - nicht auf die entsprechende Qualität geschlossen werden (a.a.O. Rz. 61 m.w.N.).
Ergeben sich aus diesen Kriterien für die Tätigkeit des Klägers keine Anhaltspunkte zu ihrer Einordnung ins Mehrstufenschema, kann nur auf die konkreten Anforderungen seines Berufs abgestellt werden. Für solche Fälle ist eine Einstufung als Facharbeiter anerkannt, wenn der Umfang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder sonstige Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit den Anforderungen an einen Facharbeiter gleichzuachten sind (a.a.O. Rz. 44 und 66). So wurde beispielsweise ein sog. "Lascher-Vormann" wegen Wahrnehmung von Leitungs- und Aufsichtsfunktionen einem Facharbeiter gleichgestellt (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 12).
Der Senat sieht die vom Kläger als Geschäftsführer des Karussels "Break Dancer" jahrelang ausgeübte Tätigkeit als eine solche an, die einer Facharbeitertätigkeit qualitativ gleichwertig ist. Zur Begründung wird zunächst nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil (S. 9 - 11) Bezug genommen.
Die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin D ... als Arbeitgeberin des Klägers hat die Richtigkeit der vom Sozialgericht angenommenen qualitativen Einstufung bestätigt und bestärkt. Aus der Schilderung der Zeugin hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass die Tätigkeit des Klägers eine sehr verantwortungsvolle und vielgestaltige gewesen ist, die neben Menschenführungsqualitäten auch wirtschaftliche Übersicht, in mehrere Gewerbebereiche hineinreichendes handwerklich-technisches Geschick und eine enorme Arbeitsbereitschaft erforderte. Dies hat sich in der Zusammenschau auch in seinem Gehalt niedergeschlagen. Nach den Angaben der Zeugin D ... hat der Kläger, der in ihrem Betrieb bis Oktober 1994 beschäftigt war, etwa 4.700,00 DM brutto verdient. Zur gleichen Zeit (1994) lag die Bezugsgröße, also das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr (nach näherer Maßgabe des § 18 Abs. 1 SGB IV) in den Alt-Bundesländern bei monatlich 3.920,00 DM. Der Kläger hat somit ein deutlich überdurchschnittliches rentenversichrungspflichtiges Einkommen erzielt.
Die Zeugin D ... hat u.a. berichtet, der Kläger sei ein besonders zuverlässiger Geschäftsführer gewesen, der in dem besonderen beruflichen Milieu der Schaustellerei die Fähigkeit gehabt habe, Mitarbeiter zu motivieren und vor allem so an den Betrieb zu binden, dass sie bis zum Ende einer Saison die Tätigkeit durchhielten. Dies setze besondere Menschenführungskenntnisse voraus. Der Kläger habe auch Einstellungen und Entlassungen vorgenommen. Technisch habe er ein Gespür dafür gehabt, wo etwaige Defekte aufgetreten waren. Er habe Pläne lesen und Defekte sicher eingrenzen können; die Behebung sei im Kontakt mit dem Hersteller i.d.R. durch ihn selbst geschehen.
Reparaturen an Drehteilen, besonders an beanspruchten Lagerteilen, seien nicht nur selten angefallen. Nach jedem Aufbau habe auch eine Wartung der Anlage stattgefunden, bei der auch Reparaturen vorgenommen worden seien. Einfache Ausbesserungsarbeiten einschließlich einfacherer Schweißarbeiten habe ebenfalls der Kläger erledigt. Nur große Inspektionen der Elektroanlage habe der Hersteller vorgenommen. Dabei stelle die Elektroanlage, die der Kläger ansonsten auch repariert habe, im Vergleich zu älteren Karusselltypen schwierige Anforderungen. Beim Transport des Fahrgeschäfts, zu dem es Sondergenehmigungen bedurft habe, habe er das Mittelstück gefahren. Er sei zudem zu einem genauen Platzieren des Mittelteils bei teilweise sehr eng zugeschnittenen Standverhältnissen und zum Auswägen der Anlage in der Lage gewesen. Beim Betrieb des Karussells habe der Kläger den Fahrstand besetzt; bei dem relativ rauhen und "rummeligen" Publikum des Breakdancers habe er insbesondere die Unfallgefahr im Auge behalten müssen. Der Kläger habe täglich die Kasse abgerechnet und auch die Löhne der Mitarbeiter ausgezahlt sowie Reparatur- und Aufwendungsbelege aufgelistet. Auch Auflagen der örtlichen Bauordnungsämter habe er ausgeführt. Für eine Tätigkeit wie die des Klägers sei eine berufliche Vorerfahrung zwingend; man müsse, wenn man hierfür geeignet sei, sicher 10 Jahre in die Tätigkeit hineinwachsen. Heute würde das Nettogehalt für eine Geschäftsführertätigkeit sicher bei 3.000,00 EUR monatlich liegen; es handele sich um einen Mangelberuf.
Der Senat hält die Angaben der Zeugin für glaubhaft. Die Zeugin ist selbst seit Jahrzehnten im Schaustellerberuf tätig und konnte in der mündlichen Verhandlung ein nachvollziehbares, detailreiches Bild dieser Tätigkeit, insbesondere auch bei technisch schwierigen Karussells wie dem "Break Dancer", geben. Dabei wurden die gehobenen unternehmerischen Anforderungen an die Tätigkeit des Klägers deutlich, die es für den Senat ersichtlich machen, dass ein Zeitraum von etwa 10 Jahren der Tätigkeit im Schaustellergewerbe nötig ist, um ein solches Karussell als Geschäftsführer erfolgreich betreiben zu können.
Schon die mechanischen und elektrischen/elektronischen Anforderungen sind nicht gering zu achten. Dies zeigt - neben den Angaben der Zeugin - auch die vom Kläger zu den Akten gereichte Kurzfassung der Betriebsanleitung des "Break Dancers" (Bl. 113 - 130 Gerichtsakte). Danach hat das im Reisebetrieb etwa 40t schwere Karussell insgesamt 16 Zwei-Personen-Gondeln, die auf einer Fläche von 20 mal 20 Metern 360 Grad frei schwingen und sich dabei in einer Vielzahl möglicher Fahrvariationen auf- und abbewegen. Die Anweisungen der Betriebsanleitung - insbesondere für Auf- und Abbau sowie Schmierung und Wartung - zeigen, dass fundiertes mechanisches Verständnis nötig ist, um den Betriebverantwortungsgerecht sicherzustellen. Die elektrische Komplexität der Anlage geht bereits daraus hervor, dass die Betriebsanleitung (ausweislich des Inhaltsverzeichnisses der Kurzfassung) allein 222 Seiten mit Elektroschaltplänen beinhaltet. Daneben mußte der Kläger auch die Pläne bzw. Zeichnungen für Getriebe, Hydraulik, Unterpallung und sonstige mechanische Einrichtungen des Geschäfts lesen können (laut Inhaltsangabe 8 Seiten). Dass er die Pläne des Karussells lesen und für Reparatur- und Wartungsarbeiten auswerten konnte, hat die Zeugin D ... bestätigt. Im Übrigen nimmt die Kurzfassung der Betriebsanleitung an etlichen Stellen auf verschiedene Zeichnungen Bezug; ohne die Fähigkeit, diese Zeichnungen zu lesen, könnte deshalb ein ordnungsgemäßer Betrieb nicht durch geführt werden.
Selbst wenn diese Anforderungen auch durch einen technisch versierten Mitarbeiter zu bewältigen sein sollten, der - wie der Kläger - keine einschlägige Facharbeiterausbildung bis zum erfolgreichen Ablegen der Prüfung durchlaufen hat, würde dies nichts an der qualitativen Gleichwertigkeit der Geschäftsführertätigkeit des Klägers mit derjenigen eines Facharbeiters ändern. Denn neben die technische Versiertheit traten noch weitere Anforderungen, die jedenfalls in der Gesamtschau zu einer qualitativ hochwertigen Tätigkeit führen. So musste das Karussell an Reisetagen als Schwertransport bewegt werden können, wobei der Kläger das Mittelteil gefahren hat, das nach der Betriebsanleitung eine Stahlkonstruktion in der Größe von ca. 14 mal 2,5 x 3,1 Meter ist. Beim Aufbau musste die Anlage sorgfältig ausgewogen werden. Der Kläger hatte die nötigen Pflege- und Unterhaltungsarbeiten durchzuführen bzw. zu überwachen. Schließlich war er, der nach den Angaben der Zeugin beim Betrieb des Fahrgeschäftes im Fahrstand war, für die Beachtung der Sicherheitsanforderungen verantwortlich, was bei einem technisch schwierigen fliegenden Bau besondere Umsicht erfordert. Dies ergibt sich nicht nur aus den Angaben der Zeugin, sondern auch schon aus den Sicherheitsauflagen der Betriebsanleitung (dort S. 12 - 14). Hinzu kamen noch die unternehmerischen Anforderungen wie Abrechnungstätigkeiten, Überwachung und Koordinierung der Arbeitsabläufe und Personalentscheidungen.
Insgesamt ergibt sich für den Senat ein Tätigkeitsbild, das zeigt, dass eine hohe, aus unterschiedlichsten Begabungsressourcen zusammengesetzte Befähigung Voraussetzung für den geschäftsführenden Betrieb eines Karussels wie den "Break Dancer" ist, die erst nach langen Jahren der Einarbeitung sowohl in die Tätigkeit als auch in die Besonderheiten des Schaustellermilieus ausgeübt werden kann. Qualitativ steht dies mindestens einer beispielsweise handwerklichen oder einzelhandelskaufmännischen Tätigkeit mit abgeschlossener Ausbildung von mehr als zwei Jahren gleich. Dementsprechend genießt der Kläger Berufsschutz, auch wenn die üblichen Kriterien für eine Einstufung in das von der Rechtsprechung entwickelte Mehrstufenschema in seinem Fall nicht greifen.
Zumutbare Verweisungstätigkeiten sind nicht ersichtlich. Auch die Beklagte hat lediglich in einem Gerichtstermin diejenige des Gabelstaplerfahrers benannt. Sie ist hierauf später nicht mehr zurückgekommen. Die Tätigkeit ist auch ungeeignet, weil der Kläger sie mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen zum einen nicht ausüben kann und zum anderen nicht ersichtlich ist, dass sie ihm bei Innehabung eines Facharbeiterstatus sozial zumutbar wäre. Der Senat nimmt auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Rechtskraft
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