Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 19 RA 1863/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 81/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juli 1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht nur noch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die 1944 geborene Klägerin nahm vom 01. April 1958 bis 31. März 1959 an einem Grundausbildungslehrgang für ländliche Hauswirtschaft teil, besuchte vom Schuljahr 1959/60 bis 28. März 1961 eine private Handelsschule (ohne spezielle Abschlussprüfung) und war anschließend zunächst als Kontoristin bzw. Stenokontoristin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1979 arbeitete sie bei der B-T GmbH (bzw. deren Vorgängerin R-B-GmbH) in B. Nach ihren Angaben hatte sich ihr Aufgabengebiet in den letzten Jahren von der Tätigkeit als Sekretärin auch in den Bereich der Sachbearbeitung verlagert, und bei dieser Tätigkeit habe sie sehr häufig telefonieren müssen und ca. einmal monatlich einen zwanzigminütigen Vortrag zu halten gehabt. Das Arbeitsverhältnis endete mit dem 31. Mai 1997 durch Aufhebungsvertrag unter Zahlung einer Abfindung, nach Angaben des Arbeitgebers wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes, während die Klägerin als wesentlichen Grund eine akute Verschlimmerung der bereits seit Jahren bestehenden Stimmprobleme nennt. Seit dem 01. Juni 1997 war die Klägerin arbeitsunfähig krank und bezog Krankengeld bis zum 31. Januar 1998. Vom 01. Februar 1998 bis 11. November 1999 bezog sie Arbeitslosengeld; die Zahlung wurde wegen erneuter Arbeitsunfähigkeit eingestellt. Vom 12. November 1999 bis 26. Mai 2000 erhielt sie Krankengeld, ab 27. Mai 2000 Arbeitslosengeld und schließlich Arbeitslosenhilfe bis zum Beginn der Altersrente ab 01. Juli 2004.
Vom 23. bis 29. Mai und 28. Juli bis 05. August 1997 wurde die Klägerin stationär wegen der bestehenden Stimmlippenleukoplakie behandelt. Sie beantragte im September 1997 wegen einer seit November 1996 bestehenden ständigen Heiserkeit mit Stimmverlust und seit 1995 bestehenden Rückenbeschwerden die Gewährung einer Rente. Die Beklagte ließ die Klägerin durch die HNO-Ärztin Dr. W und den Arzt für Innere Medizin Dr. K untersuchen und lehnte anschließend mit Bescheid vom 28. November 1997 den Rentenantrag ab, weil nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchungen die festgestellten Krankheiten ohne wesentlichen Einfluss auf das Leistungsvermögen der Klägerin seien und sie daher noch in der Lage sei, in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein, aber ohne besondere stimmliche Belastungen. Der Erfolg der Operation und der logopädischen Behandlung bleibe abzuwarten.
Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass sie immer noch mit ständiger Heiserkeit bis zum Stimmverlust zu kämpfen habe und deshalb nicht mehr in ihrem bisherigen Berufsbereich vollschichtig tätig sein könne. Auch könne sie wegen ständiger Rückenschmerzen nicht mehr den ganzen Tag auf einem Bürostuhl verbringen. Ferner gab sie an, sich auf Grund ihrer psychischen Situation (durch das Stimmversagen) in psychologische Behandlung begeben zu wollen. Die Beklagte ließ daraufhin ergänzend ein nervenärztliches Gutachten durch Dr. H vom 23. Februar 1998 (leichtgradige Anpassungsstörung mit multiplen psychovegetativen Begleiterscheinungen reaktiver Genese) erstatten, der die Klägerin ebenfalls in ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Sekretärin sowie für leichte körperliche Arbeiten vollschichtig leistungsfähig hielt. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 1998 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 28. April 1998 erhobenen Klage gewandt und geltend gemacht, ihre Stimmprobleme ließen einen Einsatz im bisherigen Berufsbereich nicht mehr zu; hinzu kämen die seit Februar 1999 verschlimmerten orthopädischen Leiden.
Das Sozialgericht Berlin (SG) hat Befundberichte der behandelnden Ärzte, des HNO-Arztes Dr. H, der Allgemeinmedizinerin Dr. M, der Ärztin für Psychiatrie Dr. S und der Orthopäden Dr. S u. a. ("Besserung") eingeholt. Ferner hat es die Gutachten des MDK vom 17. September 1997 und 30. November 1997 ("Befund hat sich stark gebessert") beigezogen und anschließend mit Urteil vom 19. Juli 1999 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es fehle bereits an den medizinischen Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn die Klägerin könne ihren bisherigen Beruf als Sekretärin ohne wesentliche Leistungseinschränkungen weiterhin vollschichtig ausüben, wie sich aus den Beschreibungen der Tätigkeiten unter der Berufsbezeichnung Sekretärin ergebe. Die stimmlichen Anforderungen seien bei zahlreichen der zum Aufgabengebiet einer Sekretärin gehörenden Tätigkeiten recht gering und entsprächen dem eingeschränkten stimmlichen Leistungsvermögen der Klägerin. Diese Einschätzung ergebe sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen. So sei bereits von der Gutachterin Dr. W anlässlich ihrer Untersuchung am 21. Oktober 1997 ausgeführt worden, dass die Klägerin Tätigkeiten ausführen könne, "bei denen keine hohen Anforderungen an die Stimme gestellt werden" und auch der behandelnde HNO-Arzt Dr. H habe in seinem Befundbericht vom 14. Juli 1998 eine Besserung angegeben. Aus den weiteren angegebenen Beschwerde ergäben sich nach den ärztlichen Feststellungen im Verwaltungsverfahren und den von der Kammer eingeholten Befundberichten ebenfalls keine Hinweise auf weitergehende Leistungseinschränkungen, die einen Einsatz im bisherigen Berufsbereich nicht mehr zulassen würden. Die von der Klägerin nachträglich behauptete Verschlimmerung ihrer Leiden sei ohne objektive Hinweise geblieben und erfordere nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen keine weiteren medizinischen Ermittlungen. Die Klägerin sei nach alledem weder berufsunfähig noch, was weitergehende gesundheitliche Einschränkungen voraussetze, erwerbsunfähig.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 13. August 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. September 1999 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin geltend macht, sie sei auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr leistungsfähig und ihr stehe daher eine Rente zu; sie hat dazu einen Bericht des St. G-Krankenhauses über eine stationäre Behandlung vom 11. bis 17. Januar 2000 und den Bericht einer ambulanten Untersuchung am 02. Februar 2000 im Klinikum S vorgelegt.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte, des HNO-Arztes Dr. H vom 02. April 2000, der Allgemeinmedizinerin Dr. M vom 30. März 2000 und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B vom 11. April 2000 eingeholt. Anschließend hat Dr. B ein psychiatrisches Gutachten vom 21. Juli 2000 erstattet. Darin hat er ausgeführt, dass bei der Klägerin eine neurotische Entwicklung zwanghafter und angstvoll/verunsicherter – dies in leichter Form – symptomatischer Ausgestaltung bestehe. Darüber hinaus sei eine Dysphonie (Heiserkeit) bei chronischer Laryngitis nach wiederholtem Abtrag von Stimmbandleukoplakien (regressiver Veränderungen der Schleimhaut) zu bestätigen. Festzustellen seien schließlich ein arterieller Bluthochdruck und das Beklagen von Rückenschmerzen (Lumbago) bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule in leichter Ausprägung. Unter Beachtung dieser Beschwerden könne sie noch regelmäßig vollschichtig körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen und im Freien unter allgemein zugemuteten Witterungsbedingungen verrichten. Wesentlich sei die Vermeidung einer Staubbelastung in der Atemluft. Zu vermeiden seien ausgesprochen einseitige körperliche Belastungen – anhaltende Zwangshaltungen "über Kopf" – sowie ausgesprochen stressbelastete Arbeiten unter Zeitdruck im Akkord und maschinengetaktet am Fließband. Im Hinblick auf die stimmlichen Einschränkungen hat er ausgeführt, dass die Klägerin erhöhten Anforderungen nicht mehr gewachsen sei, soweit stimmliche Durchsetzung in einer vielstimmigen Arbeitssituation – in überwiegend sprechender Tätigkeit mit Publikumsverkehr etwa – oder gegen einen erhöhten Lärmpegel/Nebengeräusche zu leisten sei. In diesem Zusammenhang stehe auch die psychosomatische Begründung für den Ausschluss ausgesprochen stressbelasteter Arbeiten und das Arbeiten unter Staubexposition.
Ferner hat die Klägerin nachträglich auf eine bereits am 11. September 2000 im Universitätsklinikum B F durchgeführte Operation hingewiesen, zu der der Senat entsprechende Unterlagen angefordert hat. Weiter hat die Klägerin ein – nach Aktenlage erstattetes – arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 20. November 2000 vorgelegt, wonach die Klägerin für das vollschichtige Verrichten körperlich leichter bis mittelschwerer Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen leistungsfähig sei; Tätigkeiten mit Telefon- und Auskunftsdienst sowie mit ständigem Publikumsverkehr seien zu vermeiden. Außerdem hat der Senat nach Hinweisen der Klägerin medizinische Unterlagen von der B-BKK sowie aktuelle Befundberichte der behandelnden Ärzte, des Orthopäden Dr. T L M und des HNO-Arztes Dr. H vom 23. September 2001 ("gebessert") eingeholt.
Aufgrund des im Termin am 24. Januar 2002 gemäß § 109 SGG gestellten Antrages hat der Senat schließlich nach Eingang des Kostenvorschusses am 13. Dezember 2002 Prof. Dr. M. G (Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie) mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragen können. Außerdem hat die Klägerin berufskundliche Unterlagen vorgelegt, aus denen sich u. a. die Verweisungstätigkeit Registrator ergibt. In dem am 09. Juli 2003 erstatteten Gutachten hat Prof. Dr. G unter Darstellung der verschiedenen durchgeführten Untersuchungen ausgeführt, dass eine gewisse Demonstrationsneigung bei tatsächlich bestehender Grunderkrankung und depressiver Grundstimmung bei Arbeitslosigkeit bestehe. Die hier vorgenommenen Untersuchungen bestätigten eine organische Stimmstörung bei Z. n. mehrmaliger Abtragungsoperation. Die Ergebnisse sprächen für eine eingeschränkte Belastbarkeit der Stimme. Die therapeutischen Möglichkeiten einer deutlichen Stimmverbesserung müssten als sehr gering eingeschätzt werden. Insgesamt seien die Ergebnisse der Untersuchung glaubwürdig, und die Einzelresultate passten zueinander. Die Klägerin sei aus phoniatrisch-pädaudiologischer Sicht für einfache Sekretariatsarbeit einsetzbar. Dabei sollte die Stimmbelastung auf insgesamt 2 Stunden je Arbeitstag beschränkt sein. Dies entspreche etwas weniger als einer durchschnittlichen Stimmbelastung als Sekretärin.
Schließlich hat der Senat noch über die für betriebliche Altersversorgung ihres ehemaligen Arbeitgebers zuständige Stelle aus der Personalakte der Klägerin verschiedene Unterlagen, insbesondere das Zeugnis vom 31. Mai 1997, beigezogen. Danach hat die Klägerin bei der Firma R B GmbH bzw. B T GmbH seit 1979 als Stenokontoristin, später als Sekretärin in verschiedenen Abteilungen gearbeitet. Seit 1984 war sie im Bereich Kundendienst/Ausbildung im Wesentlichen mit der Organisation von Kundenlehrgängen und dem Erstellen von Beschreibungen nach Manuskripten beschäftigt. Zuletzt war sie seit März 1995 in der Abteilung Vertrieb Inland eingesetzt. Zu ihrem Aufgabengebiet gehörten hauptsächlich folgende Tätigkeiten: - Verwalten der Schulungsteilnehmer mittels PC - Erstellen von Teilnehmerstatistiken - Bearbeiten des Rechnungseingangs und –ausgangs sowie das Kontrollieren und Eingeben der Rechnungen in den PC - Führen der Auftrags- und Kundenlisten - Erstellen der Provisionsabrechnungen - Führen des Schriftverkehrs und selbständiges Erledigen allgemeiner Sekretariatsaufgaben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Berlin vom 19. Juli 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 28. November 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1998 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01. Oktober 1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
hilfsweise, die divergierenden Aussagen zur Leistungsbeurteilung im ärztlichen Gutachten der Agentur für Arbeit vom 20. November 2000 bzgl. der Ausübung von Arbeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen zu den übrigen Gutachteraussagen durch ein entsprechendes weiteres Gutachten abzuklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verneint weiterhin einen Rentenanspruch. Wegen der stimmlichen Probleme schieden Sekretärinnenarbeiten, bei denen es auf Repräsentation, Empfang, Telefonverkehr und organisatorische Aufgaben ankomme, dabei wohl aus. Als Sachbearbeiterin gebe es aber zahlreiche Betätigungsfelder, wo hauptsächlich schriftliche Unterlagen oder Bildschirmtexte bearbeitet werden müssten und die Stimme nur gelegentlich eingesetzt werden müsse. Für solche Arbeiten sei eine Einschränkung nicht zu erkennen. Im Hinblick auf das nunmehr vorliegende qualifizierte Zeugnis und die daraus ersichtlichen Aufgaben der Klägerin könne sie jedenfalls Aufgaben im kaufmännischen Innendienstbereich, insbesondere in der Buchhaltung, erledigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Versicherungsnummer: ) und die beigezogene Leistungsakte (Stamm-Nr. ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auch ein Anspruch auf eine im Berufungsverfahren nur noch geltend gemachte Rente wegen Berufsunfähigkeit steht der Klägerin auf ihren Antrag vom September 1997 nicht zu, wie das SG zutreffend entschieden hat.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung ist auf Grund des Rentenantrages vom September 1997 § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung.
Voraussetzung für einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI ist zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss Berufsunfähigkeit vorliegen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen in ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden könne. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 SGB VI. Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. Grundsätzlich ist dies die letzte, nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R). Die Klägerin war nach der Arbeitsbescheinigung in der Leistungsakte zuletzt als Abteilungssekretärin und nach eigenen Angaben als Sekretärin/Sachbearbeiterin beschäftigt. Nach dem nunmehr vorliegenden qualifizierten Zeugnis vom 31. Mai 1997 war die Klägerin zuletzt seit 1995 im Bereich Vertrieb Inland beschäftigt und hat dort kaufmännisch-buchhalterische Aufgaben sowie auch allgemeine Sekretariatsarbeiten erledigt. Es ist damit von einem Mischarbeitsplatz als Sekretärin/Sacharbeiterin auszugehen. Zwar lassen die im Zeugnis konkret aufgeführten Tätigkeiten nicht den Schluss zu, dass die Klägerin ihnen wegen ihres eingeschränkten Sprechvermögens nicht mehr gewachsen gewesen sein könnte, weil sie ersichtlich überwiegend durch Lesen und Schreiben zu erledigen sind (z. B. Rechnungsbearbeitung am PC, Listenführungen, Provisionsabrechnung). Berücksichtigt man daneben aber auch die Angaben der Klägerin, dass sie bei ihren Sekretariatsaufgaben häufig mündlich kommunizieren musste und regelmäßig kleine Vorträge gehalten hat, dürfte ihr zuzugestehen sein, dass sie den Anforderungen ihrer Tätigkeit bei der Firma B nicht mehr voll entsprechen konnte. Davon geht auch die Beklagte aus.
Gleichwohl ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit steht einem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine andere sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen unterteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, dass heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale umschrieben wird. Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m. w. N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 37).
Die Klägerin ist in diesem – in Anlehnung an die Arbeiterberufe auch für die Angestellten gebildeten (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, Rdnr. 69 zu § 240 SGB VI) – Mehrstufenschema danach der dritten Stufe und damit der Gruppe der Fachkräfte mit einer längeren als zweijährigen, regelmäßig dreijährigen Berufsausbildung zuzuordnen. Denn auch wenn die Klägerin keine entsprechende Berufsausbildung durchlaufen, sondern lediglich eine kürzere Zeit eine private Handelsschule besucht hat, so lassen die in dem Zeugnis vom 31. Mai 1997 genannten Tätigkeiten jedenfalls zweifelsfrei erkennen, dass diesen eine Qualität wie den Aufgaben einer ausgebildeten Fachkraft zukommt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Mit ihren in jahrzehntelanger Berufserfahrung erworbenen vielfältigen Kenntnisse und Fähigkeiten wäre die Klägerin zweifellos auch weiterhin für derartige qualifizierte Büroarbeiten im Innendienst einsetzbar gewesen, wenn diese nur nicht mit den von ihr geschilderten erhöhten Anforderungen an ihr Sprechvermögen, insbesondere durch Vorträge, verbunden sind. Die Klägerin ist aber auch sozial zumutbar auf nur angelernte Tätigkeiten im Bürobereich verweisbar.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen ist das Leistungsvermögen für Bürotätigkeiten auch noch ausreichend. Die Klägerin verweist zur Begründung der ihres Erachtens bestehenden Erwerbsminderung auf 1. ihre stimmliche Belastung, 2. ihre Rückenbeschwerden und 3. ihre psychische Verfassung. Der gerichtliche Gutachter Dr. B sieht in seinem sorgfältigen und ausführlichen Gutachten, das der Senat für überzeugend hält und dem er folgt, als wesentliche Leistungseinschränkung (nur) ihre stimmliche/nervliche Minderbelastbarkeit, wobei er eine Wechselwirkung sieht und deshalb Arbeiten, die eine stimmliche Belastung sowie eine Stressbelastung bewirken können, nicht für zumutbar hält. Zu vermeiden sind außerdem ausgesprochen einseitige körperliche Belastungen – anhaltende Zwangshaltungen "über Kopf" – sowie Arbeiten unter Zeitdruck im Akkord und maschinengetaktet am Fließband und in Nachtschicht, ferner Tätigkeiten auf hohen Leitern und Gerüsten oder mit ständigem Bücken, Hocken oder Knien. Das Heben und Tragen ist auf leichte bis mittelschwere Gewichte zu beschränken. Der Gutachter hat damit überzeugend herausgearbeitet, dass als wesentliche Leistungseinschränkung für den vorliegend angesprochenen Bereich der beruflichen Tätigkeiten allein die eingeschränkte stimmliche Belastbarkeit verbleibt. Insofern hat er nachvollziehbar dargestellt, dass die Klägerin Arbeiten, die ein häufiges Sprechen wie z. B. Telefon- oder Auskunftsdienst oder Arbeiten mit Publikumsverkehr verlangen, oder in einer geräuschvollen Umgebung zu leisten sind, nicht mehr verrichten kann. Auch wenn die Klägerin damit den Anforderungen ihrer letzten Tätigkeit, bei der sie nach ihren Angaben u. a. in erheblichem Umfang Aufgaben am Telefon erledigen und Vorträge halten musste, gesundheitlich nicht mehr gewachsen ist, bedeutet dies nicht, dass sie damit auch für eine andere Bürotätigkeit ausfiele. Denn wie der Gutachter erläutert hat, war mit der Klägerin ein gut zweistündiges Gespräch möglich, ohne dass sich bei ihr stimmliche Schwierigkeiten einstellten. Der vom Senat eingeholte Befundbericht des HNO-Arztes vom 23. September 2000 gibt keinen Anlass, die dargestellte Auffassung des gerichtlichen Gutachters in seinem Gutachten vom 21. Juli 2000 als überholt anzusehen; denn in dem Befundbericht wird von einer Besserung der Befunde nach der letzten Behandlung im August 2000 gesprochen. Schließlich bestätigt auch das fachärztliche Gutachten von Prof. Dr. G vom 09. Juli 2003, eine wenn auch eingeschränkte sprachliche Leistungsfähigkeit der Klägerin. Auch wenn nicht zu allen Beweisfragen im Einzelnen in der für ein Rentengutachten üblichen Weise aus Sicht des Gutachters, sondern unter Zugrundelegung subjektiver Angaben der Klägerin Stellung genommen worden ist, so belegt seine abschließende Einschätzung, die auf umfangreichen eigenen Feststellungen beruht, dass die Klägerin durch ihr eingeschränktes Sprechvermögen nicht daran gehindert ist, einer Tätigkeit in ihrem bisherigen Berufsbereich nachzugehen. Denn als Ergebnis seiner umfassenden fachspezifischen Untersuchungen hat er eine stimmliche Belastung mit insgesamt bis zu ca. 2 Stunden pro Arbeitstag – das bedeutet immerhin ein Viertel der üblichen täglichen Arbeitszeit – für die Klägerin als zumutbar angesehen.
Der Senat sieht auch nach der mündlichen Verhandlung keinen Anlass, den dargestellten Einschätzungen der Gutachter Dr. B und Prof. Dr. G nicht zu folgen. Denn die Klägerin hat sich mit ihrer dunklen, wenn auch heiseren Stimme in der Verhandlung gut verständlich und ohne Verzögerung geäußert. Einen ähnlichen Eindruck hatte im übrigen offensichtlich schon das SG in seiner damaligen Verhandlung gewonnen, wie dem angefochtenen Urteil zu entnehmen ist.
Auch wenn danach der Klägerin wegen der fehlenden stimmlichen Durchsetzungsfähigkeit in einer "vielstimmigen Arbeitssituation" zweifellos ein Arbeitseinsatz "mittendrin" nicht mehr möglich ist, so lassen die Gutachten doch keinesfalls den Schluss zu, die Klägerin könne nicht in einer halbwegs üblichen Arbeitsumgebung arbeiten. Dass die Klägerin in diesem Zusammenhang bereits durch das Laufgeräusch üblicher Bürogeräte eine ihr nicht mehr zumutbare Geräuschkulisse als gegeben ansieht, wie sie in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, lässt sich mit den gutachterlichen Feststellungen schwerlich begründen. Dr. B hat insofern lediglich festgestellt, dass die Klägerin "erhöhten" Anforderungen an ihre Stimme insoweit nicht gewachsen ist, als sie beispielsweise gegen einen erhöhten Lärmpegel/Nebengeräusche nicht ankämpfen kann. Ebenso wenig belegt das Gutachten von Prof. Dr. G die klägerische Auffassung. Eher ist der Schluss gerechtfertigt, der Gutachter habe bei seiner Einschätzung, die Klägerin könne noch übliche Sekretariatsarbeiten – wenn auch mit Stimmbelastung in begrenztem zeitlichen Umfang – verrichten, eine gängige Büroausstattung mit den damit einhergehenden offenbar als relativ gering angesehenen Geräuschen vor Augen gehabt.
Nach alledem deutet nichts darauf hin, dass die Klägerin nicht im Bürobereich arbeiten kann, sofern nicht besondere Anforderungen gestellt werden, wie sie sich aus ihrem letzten speziellen Arbeitsplatz ergeben haben. In diesem Sinne besitzt sie mit der zeitlichen Einschränkung auf 2 Stunden ein durchaus "normales" Sprechvermögen. Jedenfalls deutet nichts darauf hin, dass sie nicht in den ihr offenbar nach eigener Einschätzung fachlich offen stehenden Einsatzmöglichkeiten im Bereich der privaten Wirtschaft als auch in der öffentlichen Verwaltung, zu denen sie berufskundliche Unterlagen (u. a. zum Industriekaufmann, Bürokaufmann, Verwaltungsangestellten/Registrator) vorgelegt hat, arbeiten könnte, soweit nur "normale" Arbeitsbedingungen herrschen. Dass das in den eingereichten Unterlagen angesprochene "normale Hör- und Sprechvermögen" eher in diesem als im Sinne eines uneingeschränkten Sprechvermögens zu verstehen ist, ist dem zu diesen Anforderungen angefügten Klammerzusatz "bzw. ausgleichbare Funktionsdefizite" zu entnehmen (z. B. durch Hörgeräte oder Sprachverstärker). Dem entspricht auch die Beklagte in ihrer letzten berufskundlichen Stellungnahme vom 05. April 2007, wenn sie zugesteht, dass bei der Erledigung allgemeiner Sekretariatsaufgaben eine erhöhte Sprechbelastung anfallen kann und deshalb vorrangig andere Einsatzmöglichkeiten geprüft würden. Wenn die Beklagte dabei aus dem von der Klägerin ausweislich des Zeugnisses vom 31. Mai 1997 bewältigten umfangreichen Aufgabenkatalog schließt, dass die Klägerin befähigt ist, im Innendienst durchaus anspruchsvollere Arbeiten, z. B. in der Buchhaltung zu erledigen, so begegnet dies keinen grundsätzlichen Bedenken, da insofern nicht ersichtlich ist, dass dafür ein umfängliches Sprechvermögen erforderlich ist. Mag auch der Einwand der Klägerin berechtigt sein, dass sie als spezielle Buchhaltungskraft mangels umfassender Kenntnisse für diesen Bereich nicht geeignet ist, so bleibt doch ein Einsatz in den auch von der Klägerin angesprochenen weiteren Bereichen aus fachlicher Sicht möglich; ihr beruflicher Werdegang gerade auch bei ihrem letzten Arbeitgeber belegt vielfältige Erfahrungen sowohl im kaufmännischen als auch im verwaltenden Bereich.
Mit ihrem gutachterlich festgestellten Leistungsvermögen kann die Klägerin jedenfalls auch auf eine Bürotätigkeit als Registratorin in der öffentlichen Verwaltung nach der Vergütungsgruppe VIII des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) verwiesen werden, die für eine Fachkraft eine sozial zumutbare Verweisungstätigkeit darstellt (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Zu den Tätigkeiten der Registratorin gehören beispielsweise die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, die Führung von Brieftagebücher schwieriger Art, die Führung von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geführten Karteien. Die für die Einarbeitung innerhalb von drei Monaten erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten bringt die Klägerin aufgrund ihrer langjährigen Berufstätigkeit im kaufmännischen Bereich zweifellos mit. Eine Tätigkeit als Registratorin hat die Klägerin selbst schon als fachlich und sozial zumutbar angesehen, aber im Hinblick auf die von ihr angenommene unzumutbare sprachliche Belastung – zu Unrecht – abgelehnt. Dass eine Berufstätigkeit in diesem Bereich regelmäßig mit Publikumsverkehr in erheblichem Umfang oder in anderer stimmlich besonders beanspruchender Weise erfolgen muss, ist nicht ersichtlich, vielmehr machen die zu erledigenden Aufgaben deutlich, dass die Registratorin vorwiegend "für sich" zu arbeiten hat und dabei mit schriftlich zu erledigenden Tätigkeiten befasst ist. Mithin ist nicht erkennbar, dass die Klägerin für die hier regelmäßig vorliegenden "normalen" Arbeitsplatzbedingungen keine ausreichende stimmliche Belastbarkeit mitbringt.
Somit liegt Berufsunfähigkeit nicht vor.
Dem Hilfsantrag der Klägerin war nicht zu entsprechen. Das dazu von der Klägerin angeführte arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 20. November 2000 ist nicht geeignet, eine weitere Klärungsbedürftigkeit ihres Gesundheitszustandes aufzuzeigen; weitere medizinische Ermittlungen sind zur Überzeugung des Senats nicht erforderlich. Dieses lediglich nach Aktenlage erstattete Gutachten gibt keinen Anlass, das nach einer gründlichen – auch körperlichen - Untersuchung erstattete Gutachten von Dr. B insofern in Frage zu stellen, als dieser keine besonderen Anforderungen zur Haltungsart bzw. zu einem Haltungswechsel formuliert hat, weil er bei der Klägerin in Bezug auf den Stütz- und Bewegungsapparat nur geringfügige Einschränkungen der ansonsten altersgemäßen Leistungsfähigkeit vorgefunden hat. Im übrigen ist festzustellen, dass sie nach dem Gutachten vom 20. November 2000 "überwiegend stehend, gehend, sitzend im Wechsel" arbeiten kann. Das heißt, dass sie in jeder dieser Haltungsarten "überwiegend" arbeiten kann und (nur) in diesem Rahmen ein Wechsel erforderlich ist. Es besteht somit auch keine entscheidungserhebliche Abweichung von dem Gutachten von Dr. B, selbst wenn man einen solchen Haltungswechsel für erforderlich halten wollte. Denn bei einer Tätigkeit als Registratorin wird überwiegend im Sitzen und zeitweise im Gehen und Stehen gearbeitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht nur noch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die 1944 geborene Klägerin nahm vom 01. April 1958 bis 31. März 1959 an einem Grundausbildungslehrgang für ländliche Hauswirtschaft teil, besuchte vom Schuljahr 1959/60 bis 28. März 1961 eine private Handelsschule (ohne spezielle Abschlussprüfung) und war anschließend zunächst als Kontoristin bzw. Stenokontoristin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1979 arbeitete sie bei der B-T GmbH (bzw. deren Vorgängerin R-B-GmbH) in B. Nach ihren Angaben hatte sich ihr Aufgabengebiet in den letzten Jahren von der Tätigkeit als Sekretärin auch in den Bereich der Sachbearbeitung verlagert, und bei dieser Tätigkeit habe sie sehr häufig telefonieren müssen und ca. einmal monatlich einen zwanzigminütigen Vortrag zu halten gehabt. Das Arbeitsverhältnis endete mit dem 31. Mai 1997 durch Aufhebungsvertrag unter Zahlung einer Abfindung, nach Angaben des Arbeitgebers wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes, während die Klägerin als wesentlichen Grund eine akute Verschlimmerung der bereits seit Jahren bestehenden Stimmprobleme nennt. Seit dem 01. Juni 1997 war die Klägerin arbeitsunfähig krank und bezog Krankengeld bis zum 31. Januar 1998. Vom 01. Februar 1998 bis 11. November 1999 bezog sie Arbeitslosengeld; die Zahlung wurde wegen erneuter Arbeitsunfähigkeit eingestellt. Vom 12. November 1999 bis 26. Mai 2000 erhielt sie Krankengeld, ab 27. Mai 2000 Arbeitslosengeld und schließlich Arbeitslosenhilfe bis zum Beginn der Altersrente ab 01. Juli 2004.
Vom 23. bis 29. Mai und 28. Juli bis 05. August 1997 wurde die Klägerin stationär wegen der bestehenden Stimmlippenleukoplakie behandelt. Sie beantragte im September 1997 wegen einer seit November 1996 bestehenden ständigen Heiserkeit mit Stimmverlust und seit 1995 bestehenden Rückenbeschwerden die Gewährung einer Rente. Die Beklagte ließ die Klägerin durch die HNO-Ärztin Dr. W und den Arzt für Innere Medizin Dr. K untersuchen und lehnte anschließend mit Bescheid vom 28. November 1997 den Rentenantrag ab, weil nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchungen die festgestellten Krankheiten ohne wesentlichen Einfluss auf das Leistungsvermögen der Klägerin seien und sie daher noch in der Lage sei, in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein, aber ohne besondere stimmliche Belastungen. Der Erfolg der Operation und der logopädischen Behandlung bleibe abzuwarten.
Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass sie immer noch mit ständiger Heiserkeit bis zum Stimmverlust zu kämpfen habe und deshalb nicht mehr in ihrem bisherigen Berufsbereich vollschichtig tätig sein könne. Auch könne sie wegen ständiger Rückenschmerzen nicht mehr den ganzen Tag auf einem Bürostuhl verbringen. Ferner gab sie an, sich auf Grund ihrer psychischen Situation (durch das Stimmversagen) in psychologische Behandlung begeben zu wollen. Die Beklagte ließ daraufhin ergänzend ein nervenärztliches Gutachten durch Dr. H vom 23. Februar 1998 (leichtgradige Anpassungsstörung mit multiplen psychovegetativen Begleiterscheinungen reaktiver Genese) erstatten, der die Klägerin ebenfalls in ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Sekretärin sowie für leichte körperliche Arbeiten vollschichtig leistungsfähig hielt. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 1998 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 28. April 1998 erhobenen Klage gewandt und geltend gemacht, ihre Stimmprobleme ließen einen Einsatz im bisherigen Berufsbereich nicht mehr zu; hinzu kämen die seit Februar 1999 verschlimmerten orthopädischen Leiden.
Das Sozialgericht Berlin (SG) hat Befundberichte der behandelnden Ärzte, des HNO-Arztes Dr. H, der Allgemeinmedizinerin Dr. M, der Ärztin für Psychiatrie Dr. S und der Orthopäden Dr. S u. a. ("Besserung") eingeholt. Ferner hat es die Gutachten des MDK vom 17. September 1997 und 30. November 1997 ("Befund hat sich stark gebessert") beigezogen und anschließend mit Urteil vom 19. Juli 1999 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es fehle bereits an den medizinischen Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn die Klägerin könne ihren bisherigen Beruf als Sekretärin ohne wesentliche Leistungseinschränkungen weiterhin vollschichtig ausüben, wie sich aus den Beschreibungen der Tätigkeiten unter der Berufsbezeichnung Sekretärin ergebe. Die stimmlichen Anforderungen seien bei zahlreichen der zum Aufgabengebiet einer Sekretärin gehörenden Tätigkeiten recht gering und entsprächen dem eingeschränkten stimmlichen Leistungsvermögen der Klägerin. Diese Einschätzung ergebe sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen. So sei bereits von der Gutachterin Dr. W anlässlich ihrer Untersuchung am 21. Oktober 1997 ausgeführt worden, dass die Klägerin Tätigkeiten ausführen könne, "bei denen keine hohen Anforderungen an die Stimme gestellt werden" und auch der behandelnde HNO-Arzt Dr. H habe in seinem Befundbericht vom 14. Juli 1998 eine Besserung angegeben. Aus den weiteren angegebenen Beschwerde ergäben sich nach den ärztlichen Feststellungen im Verwaltungsverfahren und den von der Kammer eingeholten Befundberichten ebenfalls keine Hinweise auf weitergehende Leistungseinschränkungen, die einen Einsatz im bisherigen Berufsbereich nicht mehr zulassen würden. Die von der Klägerin nachträglich behauptete Verschlimmerung ihrer Leiden sei ohne objektive Hinweise geblieben und erfordere nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen keine weiteren medizinischen Ermittlungen. Die Klägerin sei nach alledem weder berufsunfähig noch, was weitergehende gesundheitliche Einschränkungen voraussetze, erwerbsunfähig.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 13. August 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. September 1999 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin geltend macht, sie sei auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr leistungsfähig und ihr stehe daher eine Rente zu; sie hat dazu einen Bericht des St. G-Krankenhauses über eine stationäre Behandlung vom 11. bis 17. Januar 2000 und den Bericht einer ambulanten Untersuchung am 02. Februar 2000 im Klinikum S vorgelegt.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte, des HNO-Arztes Dr. H vom 02. April 2000, der Allgemeinmedizinerin Dr. M vom 30. März 2000 und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B vom 11. April 2000 eingeholt. Anschließend hat Dr. B ein psychiatrisches Gutachten vom 21. Juli 2000 erstattet. Darin hat er ausgeführt, dass bei der Klägerin eine neurotische Entwicklung zwanghafter und angstvoll/verunsicherter – dies in leichter Form – symptomatischer Ausgestaltung bestehe. Darüber hinaus sei eine Dysphonie (Heiserkeit) bei chronischer Laryngitis nach wiederholtem Abtrag von Stimmbandleukoplakien (regressiver Veränderungen der Schleimhaut) zu bestätigen. Festzustellen seien schließlich ein arterieller Bluthochdruck und das Beklagen von Rückenschmerzen (Lumbago) bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule in leichter Ausprägung. Unter Beachtung dieser Beschwerden könne sie noch regelmäßig vollschichtig körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen und im Freien unter allgemein zugemuteten Witterungsbedingungen verrichten. Wesentlich sei die Vermeidung einer Staubbelastung in der Atemluft. Zu vermeiden seien ausgesprochen einseitige körperliche Belastungen – anhaltende Zwangshaltungen "über Kopf" – sowie ausgesprochen stressbelastete Arbeiten unter Zeitdruck im Akkord und maschinengetaktet am Fließband. Im Hinblick auf die stimmlichen Einschränkungen hat er ausgeführt, dass die Klägerin erhöhten Anforderungen nicht mehr gewachsen sei, soweit stimmliche Durchsetzung in einer vielstimmigen Arbeitssituation – in überwiegend sprechender Tätigkeit mit Publikumsverkehr etwa – oder gegen einen erhöhten Lärmpegel/Nebengeräusche zu leisten sei. In diesem Zusammenhang stehe auch die psychosomatische Begründung für den Ausschluss ausgesprochen stressbelasteter Arbeiten und das Arbeiten unter Staubexposition.
Ferner hat die Klägerin nachträglich auf eine bereits am 11. September 2000 im Universitätsklinikum B F durchgeführte Operation hingewiesen, zu der der Senat entsprechende Unterlagen angefordert hat. Weiter hat die Klägerin ein – nach Aktenlage erstattetes – arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 20. November 2000 vorgelegt, wonach die Klägerin für das vollschichtige Verrichten körperlich leichter bis mittelschwerer Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen leistungsfähig sei; Tätigkeiten mit Telefon- und Auskunftsdienst sowie mit ständigem Publikumsverkehr seien zu vermeiden. Außerdem hat der Senat nach Hinweisen der Klägerin medizinische Unterlagen von der B-BKK sowie aktuelle Befundberichte der behandelnden Ärzte, des Orthopäden Dr. T L M und des HNO-Arztes Dr. H vom 23. September 2001 ("gebessert") eingeholt.
Aufgrund des im Termin am 24. Januar 2002 gemäß § 109 SGG gestellten Antrages hat der Senat schließlich nach Eingang des Kostenvorschusses am 13. Dezember 2002 Prof. Dr. M. G (Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie) mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragen können. Außerdem hat die Klägerin berufskundliche Unterlagen vorgelegt, aus denen sich u. a. die Verweisungstätigkeit Registrator ergibt. In dem am 09. Juli 2003 erstatteten Gutachten hat Prof. Dr. G unter Darstellung der verschiedenen durchgeführten Untersuchungen ausgeführt, dass eine gewisse Demonstrationsneigung bei tatsächlich bestehender Grunderkrankung und depressiver Grundstimmung bei Arbeitslosigkeit bestehe. Die hier vorgenommenen Untersuchungen bestätigten eine organische Stimmstörung bei Z. n. mehrmaliger Abtragungsoperation. Die Ergebnisse sprächen für eine eingeschränkte Belastbarkeit der Stimme. Die therapeutischen Möglichkeiten einer deutlichen Stimmverbesserung müssten als sehr gering eingeschätzt werden. Insgesamt seien die Ergebnisse der Untersuchung glaubwürdig, und die Einzelresultate passten zueinander. Die Klägerin sei aus phoniatrisch-pädaudiologischer Sicht für einfache Sekretariatsarbeit einsetzbar. Dabei sollte die Stimmbelastung auf insgesamt 2 Stunden je Arbeitstag beschränkt sein. Dies entspreche etwas weniger als einer durchschnittlichen Stimmbelastung als Sekretärin.
Schließlich hat der Senat noch über die für betriebliche Altersversorgung ihres ehemaligen Arbeitgebers zuständige Stelle aus der Personalakte der Klägerin verschiedene Unterlagen, insbesondere das Zeugnis vom 31. Mai 1997, beigezogen. Danach hat die Klägerin bei der Firma R B GmbH bzw. B T GmbH seit 1979 als Stenokontoristin, später als Sekretärin in verschiedenen Abteilungen gearbeitet. Seit 1984 war sie im Bereich Kundendienst/Ausbildung im Wesentlichen mit der Organisation von Kundenlehrgängen und dem Erstellen von Beschreibungen nach Manuskripten beschäftigt. Zuletzt war sie seit März 1995 in der Abteilung Vertrieb Inland eingesetzt. Zu ihrem Aufgabengebiet gehörten hauptsächlich folgende Tätigkeiten: - Verwalten der Schulungsteilnehmer mittels PC - Erstellen von Teilnehmerstatistiken - Bearbeiten des Rechnungseingangs und –ausgangs sowie das Kontrollieren und Eingeben der Rechnungen in den PC - Führen der Auftrags- und Kundenlisten - Erstellen der Provisionsabrechnungen - Führen des Schriftverkehrs und selbständiges Erledigen allgemeiner Sekretariatsaufgaben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Berlin vom 19. Juli 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 28. November 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1998 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01. Oktober 1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
hilfsweise, die divergierenden Aussagen zur Leistungsbeurteilung im ärztlichen Gutachten der Agentur für Arbeit vom 20. November 2000 bzgl. der Ausübung von Arbeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen zu den übrigen Gutachteraussagen durch ein entsprechendes weiteres Gutachten abzuklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verneint weiterhin einen Rentenanspruch. Wegen der stimmlichen Probleme schieden Sekretärinnenarbeiten, bei denen es auf Repräsentation, Empfang, Telefonverkehr und organisatorische Aufgaben ankomme, dabei wohl aus. Als Sachbearbeiterin gebe es aber zahlreiche Betätigungsfelder, wo hauptsächlich schriftliche Unterlagen oder Bildschirmtexte bearbeitet werden müssten und die Stimme nur gelegentlich eingesetzt werden müsse. Für solche Arbeiten sei eine Einschränkung nicht zu erkennen. Im Hinblick auf das nunmehr vorliegende qualifizierte Zeugnis und die daraus ersichtlichen Aufgaben der Klägerin könne sie jedenfalls Aufgaben im kaufmännischen Innendienstbereich, insbesondere in der Buchhaltung, erledigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Versicherungsnummer: ) und die beigezogene Leistungsakte (Stamm-Nr. ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auch ein Anspruch auf eine im Berufungsverfahren nur noch geltend gemachte Rente wegen Berufsunfähigkeit steht der Klägerin auf ihren Antrag vom September 1997 nicht zu, wie das SG zutreffend entschieden hat.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung ist auf Grund des Rentenantrages vom September 1997 § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung.
Voraussetzung für einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI ist zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss Berufsunfähigkeit vorliegen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen in ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden könne. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 SGB VI. Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. Grundsätzlich ist dies die letzte, nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R). Die Klägerin war nach der Arbeitsbescheinigung in der Leistungsakte zuletzt als Abteilungssekretärin und nach eigenen Angaben als Sekretärin/Sachbearbeiterin beschäftigt. Nach dem nunmehr vorliegenden qualifizierten Zeugnis vom 31. Mai 1997 war die Klägerin zuletzt seit 1995 im Bereich Vertrieb Inland beschäftigt und hat dort kaufmännisch-buchhalterische Aufgaben sowie auch allgemeine Sekretariatsarbeiten erledigt. Es ist damit von einem Mischarbeitsplatz als Sekretärin/Sacharbeiterin auszugehen. Zwar lassen die im Zeugnis konkret aufgeführten Tätigkeiten nicht den Schluss zu, dass die Klägerin ihnen wegen ihres eingeschränkten Sprechvermögens nicht mehr gewachsen gewesen sein könnte, weil sie ersichtlich überwiegend durch Lesen und Schreiben zu erledigen sind (z. B. Rechnungsbearbeitung am PC, Listenführungen, Provisionsabrechnung). Berücksichtigt man daneben aber auch die Angaben der Klägerin, dass sie bei ihren Sekretariatsaufgaben häufig mündlich kommunizieren musste und regelmäßig kleine Vorträge gehalten hat, dürfte ihr zuzugestehen sein, dass sie den Anforderungen ihrer Tätigkeit bei der Firma B nicht mehr voll entsprechen konnte. Davon geht auch die Beklagte aus.
Gleichwohl ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit steht einem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine andere sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen unterteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, dass heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale umschrieben wird. Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m. w. N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 37).
Die Klägerin ist in diesem – in Anlehnung an die Arbeiterberufe auch für die Angestellten gebildeten (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, Rdnr. 69 zu § 240 SGB VI) – Mehrstufenschema danach der dritten Stufe und damit der Gruppe der Fachkräfte mit einer längeren als zweijährigen, regelmäßig dreijährigen Berufsausbildung zuzuordnen. Denn auch wenn die Klägerin keine entsprechende Berufsausbildung durchlaufen, sondern lediglich eine kürzere Zeit eine private Handelsschule besucht hat, so lassen die in dem Zeugnis vom 31. Mai 1997 genannten Tätigkeiten jedenfalls zweifelsfrei erkennen, dass diesen eine Qualität wie den Aufgaben einer ausgebildeten Fachkraft zukommt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Mit ihren in jahrzehntelanger Berufserfahrung erworbenen vielfältigen Kenntnisse und Fähigkeiten wäre die Klägerin zweifellos auch weiterhin für derartige qualifizierte Büroarbeiten im Innendienst einsetzbar gewesen, wenn diese nur nicht mit den von ihr geschilderten erhöhten Anforderungen an ihr Sprechvermögen, insbesondere durch Vorträge, verbunden sind. Die Klägerin ist aber auch sozial zumutbar auf nur angelernte Tätigkeiten im Bürobereich verweisbar.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen ist das Leistungsvermögen für Bürotätigkeiten auch noch ausreichend. Die Klägerin verweist zur Begründung der ihres Erachtens bestehenden Erwerbsminderung auf 1. ihre stimmliche Belastung, 2. ihre Rückenbeschwerden und 3. ihre psychische Verfassung. Der gerichtliche Gutachter Dr. B sieht in seinem sorgfältigen und ausführlichen Gutachten, das der Senat für überzeugend hält und dem er folgt, als wesentliche Leistungseinschränkung (nur) ihre stimmliche/nervliche Minderbelastbarkeit, wobei er eine Wechselwirkung sieht und deshalb Arbeiten, die eine stimmliche Belastung sowie eine Stressbelastung bewirken können, nicht für zumutbar hält. Zu vermeiden sind außerdem ausgesprochen einseitige körperliche Belastungen – anhaltende Zwangshaltungen "über Kopf" – sowie Arbeiten unter Zeitdruck im Akkord und maschinengetaktet am Fließband und in Nachtschicht, ferner Tätigkeiten auf hohen Leitern und Gerüsten oder mit ständigem Bücken, Hocken oder Knien. Das Heben und Tragen ist auf leichte bis mittelschwere Gewichte zu beschränken. Der Gutachter hat damit überzeugend herausgearbeitet, dass als wesentliche Leistungseinschränkung für den vorliegend angesprochenen Bereich der beruflichen Tätigkeiten allein die eingeschränkte stimmliche Belastbarkeit verbleibt. Insofern hat er nachvollziehbar dargestellt, dass die Klägerin Arbeiten, die ein häufiges Sprechen wie z. B. Telefon- oder Auskunftsdienst oder Arbeiten mit Publikumsverkehr verlangen, oder in einer geräuschvollen Umgebung zu leisten sind, nicht mehr verrichten kann. Auch wenn die Klägerin damit den Anforderungen ihrer letzten Tätigkeit, bei der sie nach ihren Angaben u. a. in erheblichem Umfang Aufgaben am Telefon erledigen und Vorträge halten musste, gesundheitlich nicht mehr gewachsen ist, bedeutet dies nicht, dass sie damit auch für eine andere Bürotätigkeit ausfiele. Denn wie der Gutachter erläutert hat, war mit der Klägerin ein gut zweistündiges Gespräch möglich, ohne dass sich bei ihr stimmliche Schwierigkeiten einstellten. Der vom Senat eingeholte Befundbericht des HNO-Arztes vom 23. September 2000 gibt keinen Anlass, die dargestellte Auffassung des gerichtlichen Gutachters in seinem Gutachten vom 21. Juli 2000 als überholt anzusehen; denn in dem Befundbericht wird von einer Besserung der Befunde nach der letzten Behandlung im August 2000 gesprochen. Schließlich bestätigt auch das fachärztliche Gutachten von Prof. Dr. G vom 09. Juli 2003, eine wenn auch eingeschränkte sprachliche Leistungsfähigkeit der Klägerin. Auch wenn nicht zu allen Beweisfragen im Einzelnen in der für ein Rentengutachten üblichen Weise aus Sicht des Gutachters, sondern unter Zugrundelegung subjektiver Angaben der Klägerin Stellung genommen worden ist, so belegt seine abschließende Einschätzung, die auf umfangreichen eigenen Feststellungen beruht, dass die Klägerin durch ihr eingeschränktes Sprechvermögen nicht daran gehindert ist, einer Tätigkeit in ihrem bisherigen Berufsbereich nachzugehen. Denn als Ergebnis seiner umfassenden fachspezifischen Untersuchungen hat er eine stimmliche Belastung mit insgesamt bis zu ca. 2 Stunden pro Arbeitstag – das bedeutet immerhin ein Viertel der üblichen täglichen Arbeitszeit – für die Klägerin als zumutbar angesehen.
Der Senat sieht auch nach der mündlichen Verhandlung keinen Anlass, den dargestellten Einschätzungen der Gutachter Dr. B und Prof. Dr. G nicht zu folgen. Denn die Klägerin hat sich mit ihrer dunklen, wenn auch heiseren Stimme in der Verhandlung gut verständlich und ohne Verzögerung geäußert. Einen ähnlichen Eindruck hatte im übrigen offensichtlich schon das SG in seiner damaligen Verhandlung gewonnen, wie dem angefochtenen Urteil zu entnehmen ist.
Auch wenn danach der Klägerin wegen der fehlenden stimmlichen Durchsetzungsfähigkeit in einer "vielstimmigen Arbeitssituation" zweifellos ein Arbeitseinsatz "mittendrin" nicht mehr möglich ist, so lassen die Gutachten doch keinesfalls den Schluss zu, die Klägerin könne nicht in einer halbwegs üblichen Arbeitsumgebung arbeiten. Dass die Klägerin in diesem Zusammenhang bereits durch das Laufgeräusch üblicher Bürogeräte eine ihr nicht mehr zumutbare Geräuschkulisse als gegeben ansieht, wie sie in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, lässt sich mit den gutachterlichen Feststellungen schwerlich begründen. Dr. B hat insofern lediglich festgestellt, dass die Klägerin "erhöhten" Anforderungen an ihre Stimme insoweit nicht gewachsen ist, als sie beispielsweise gegen einen erhöhten Lärmpegel/Nebengeräusche nicht ankämpfen kann. Ebenso wenig belegt das Gutachten von Prof. Dr. G die klägerische Auffassung. Eher ist der Schluss gerechtfertigt, der Gutachter habe bei seiner Einschätzung, die Klägerin könne noch übliche Sekretariatsarbeiten – wenn auch mit Stimmbelastung in begrenztem zeitlichen Umfang – verrichten, eine gängige Büroausstattung mit den damit einhergehenden offenbar als relativ gering angesehenen Geräuschen vor Augen gehabt.
Nach alledem deutet nichts darauf hin, dass die Klägerin nicht im Bürobereich arbeiten kann, sofern nicht besondere Anforderungen gestellt werden, wie sie sich aus ihrem letzten speziellen Arbeitsplatz ergeben haben. In diesem Sinne besitzt sie mit der zeitlichen Einschränkung auf 2 Stunden ein durchaus "normales" Sprechvermögen. Jedenfalls deutet nichts darauf hin, dass sie nicht in den ihr offenbar nach eigener Einschätzung fachlich offen stehenden Einsatzmöglichkeiten im Bereich der privaten Wirtschaft als auch in der öffentlichen Verwaltung, zu denen sie berufskundliche Unterlagen (u. a. zum Industriekaufmann, Bürokaufmann, Verwaltungsangestellten/Registrator) vorgelegt hat, arbeiten könnte, soweit nur "normale" Arbeitsbedingungen herrschen. Dass das in den eingereichten Unterlagen angesprochene "normale Hör- und Sprechvermögen" eher in diesem als im Sinne eines uneingeschränkten Sprechvermögens zu verstehen ist, ist dem zu diesen Anforderungen angefügten Klammerzusatz "bzw. ausgleichbare Funktionsdefizite" zu entnehmen (z. B. durch Hörgeräte oder Sprachverstärker). Dem entspricht auch die Beklagte in ihrer letzten berufskundlichen Stellungnahme vom 05. April 2007, wenn sie zugesteht, dass bei der Erledigung allgemeiner Sekretariatsaufgaben eine erhöhte Sprechbelastung anfallen kann und deshalb vorrangig andere Einsatzmöglichkeiten geprüft würden. Wenn die Beklagte dabei aus dem von der Klägerin ausweislich des Zeugnisses vom 31. Mai 1997 bewältigten umfangreichen Aufgabenkatalog schließt, dass die Klägerin befähigt ist, im Innendienst durchaus anspruchsvollere Arbeiten, z. B. in der Buchhaltung zu erledigen, so begegnet dies keinen grundsätzlichen Bedenken, da insofern nicht ersichtlich ist, dass dafür ein umfängliches Sprechvermögen erforderlich ist. Mag auch der Einwand der Klägerin berechtigt sein, dass sie als spezielle Buchhaltungskraft mangels umfassender Kenntnisse für diesen Bereich nicht geeignet ist, so bleibt doch ein Einsatz in den auch von der Klägerin angesprochenen weiteren Bereichen aus fachlicher Sicht möglich; ihr beruflicher Werdegang gerade auch bei ihrem letzten Arbeitgeber belegt vielfältige Erfahrungen sowohl im kaufmännischen als auch im verwaltenden Bereich.
Mit ihrem gutachterlich festgestellten Leistungsvermögen kann die Klägerin jedenfalls auch auf eine Bürotätigkeit als Registratorin in der öffentlichen Verwaltung nach der Vergütungsgruppe VIII des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) verwiesen werden, die für eine Fachkraft eine sozial zumutbare Verweisungstätigkeit darstellt (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Zu den Tätigkeiten der Registratorin gehören beispielsweise die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, die Führung von Brieftagebücher schwieriger Art, die Führung von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geführten Karteien. Die für die Einarbeitung innerhalb von drei Monaten erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten bringt die Klägerin aufgrund ihrer langjährigen Berufstätigkeit im kaufmännischen Bereich zweifellos mit. Eine Tätigkeit als Registratorin hat die Klägerin selbst schon als fachlich und sozial zumutbar angesehen, aber im Hinblick auf die von ihr angenommene unzumutbare sprachliche Belastung – zu Unrecht – abgelehnt. Dass eine Berufstätigkeit in diesem Bereich regelmäßig mit Publikumsverkehr in erheblichem Umfang oder in anderer stimmlich besonders beanspruchender Weise erfolgen muss, ist nicht ersichtlich, vielmehr machen die zu erledigenden Aufgaben deutlich, dass die Registratorin vorwiegend "für sich" zu arbeiten hat und dabei mit schriftlich zu erledigenden Tätigkeiten befasst ist. Mithin ist nicht erkennbar, dass die Klägerin für die hier regelmäßig vorliegenden "normalen" Arbeitsplatzbedingungen keine ausreichende stimmliche Belastbarkeit mitbringt.
Somit liegt Berufsunfähigkeit nicht vor.
Dem Hilfsantrag der Klägerin war nicht zu entsprechen. Das dazu von der Klägerin angeführte arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 20. November 2000 ist nicht geeignet, eine weitere Klärungsbedürftigkeit ihres Gesundheitszustandes aufzuzeigen; weitere medizinische Ermittlungen sind zur Überzeugung des Senats nicht erforderlich. Dieses lediglich nach Aktenlage erstattete Gutachten gibt keinen Anlass, das nach einer gründlichen – auch körperlichen - Untersuchung erstattete Gutachten von Dr. B insofern in Frage zu stellen, als dieser keine besonderen Anforderungen zur Haltungsart bzw. zu einem Haltungswechsel formuliert hat, weil er bei der Klägerin in Bezug auf den Stütz- und Bewegungsapparat nur geringfügige Einschränkungen der ansonsten altersgemäßen Leistungsfähigkeit vorgefunden hat. Im übrigen ist festzustellen, dass sie nach dem Gutachten vom 20. November 2000 "überwiegend stehend, gehend, sitzend im Wechsel" arbeiten kann. Das heißt, dass sie in jeder dieser Haltungsarten "überwiegend" arbeiten kann und (nur) in diesem Rahmen ein Wechsel erforderlich ist. Es besteht somit auch keine entscheidungserhebliche Abweichung von dem Gutachten von Dr. B, selbst wenn man einen solchen Haltungswechsel für erforderlich halten wollte. Denn bei einer Tätigkeit als Registratorin wird überwiegend im Sitzen und zeitweise im Gehen und Stehen gearbeitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved