Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 480/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Reichsbahnbediensteter gehört nur dann zum Personenkreis des § 3 Abs. 1 d BVG, wenn er einmal zur Wehrmacht abgeordnet war und sodann, wenn er seinen Dienst außerhalb der früheren Reichsgrenzen zu verrichten hatte. Nur in diesem Fall leistete er militärähnlichen Dienst.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 26. März 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1908 geborene Kläger war vor dem zweiten Weltkrieg Schlosser und nach dem Kriege zeitweise Inhaber einer Maschinenbaufirma. Im Oktober 1971 beantragte er bei dem Beklagten die Gewährung von Versorgungsbezügen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Er sei im September 1941 als Beschäftigter der früheren Deutschen Reichsbahn im Bahnbetriebswerk G. zum Feldeisenbahndienst eingeteilt und somit der Wehrmacht unterstellt worden. Als Feldeisenbahner sei er noch im September 1941 von der Reichsbahndirektion E. eingekleidet worden und für den Dienst in F. vorgesehen gewesen. Bis zu einer Abkommandierung habe er weiter Dienst als Lokomotivschlosser bei dem Bahnbetriebswerk G. getan. Ende Oktober 1941 sei er erkrankt. Da der behandelnde Arzt hierbei eine Ursache nicht feststellen konnte, habe er weiterhin seinen Dienst verrichten müssen. Am 3. November 1941 sei er am Arbeitsplatz zusammengebrochen. Bei der daraufhin im Krankenhaus am gleichen Tage durchgeführten Operation sei eine Blinddarmeiterung festgestellt worden; wegen deren Folgen – Narbenbruch und Bauchwandinsuffizienz – sei er später von der Wehrmacht g.v.H. gemustert und nicht einberufen worden. Ab 1961 sei er in G. wohnhaft.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 1971 lehnte der Beklagte die Gewährung von Versorgung ab, weil der Kläger nicht zu dem Personenkreis des § 3 Abs. 1 d BVG gehöre. Zu den dort genannten zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten zählten nach dem einschlägigen Verwaltungsvorschriften (VV) (vgl. VV zu § 3 Nr. 2 a und c) Bedienstete, soweit und solange sie dem Oberquartiermeister B. und F. unterstellt waren oder zum Chef des Transportwesens abgeordnet und außerhalb der Reichsgrenzen eingesetzt waren, für die Dauer ihrer Abordnung. Diese Voraussetzungen träfen jedoch auf den Kläger nach dessen eigenen Angaben nicht zu.
Es wurde ihm zugleich anheimgestellt, seine Ansprüche bei der Deutschen Bundesbahn geltend zu machen.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er falle auch in dem Zeitraum zwischen Bereitstellung und Abtransport unter § 3 BVG. Am 17. Dezember 1971 teilte die Bundesbahndirektion F. dem Beklagten auf Antrage mit, daß der Kläger dort nicht geführt werde. Es wurde empfohlen, der Kläger solle sich selbst an die zuständigen Stellen der DDR wenden, weil erfahrungsgemäß von dort Behörden der Bundesrepublik Deutschland nur selten Auskunft erteilt werde. Im übrigen zog der Beklagte vor allem die Versicherungsunterlagen der Bundesbahn-Versicherungsanstalt betreffend den Kläger bei. Hierauf wurde mit Bescheid vom 5. Mai 1972 dem Widerspruch nicht abgeholfen. Hierbei wurde auch darauf hingewiesen, daß die VV Ziff. 2 d zu § 3 BVG vorliegend nach den vorhandenen bzw. beigezogenen Unterlagen nicht erfüllt sei. Auch wenn ein Dienst des Klägers als Feldeisenbahner oder auf Grund der Notdienstverordnung (vgl. § 3 Abs. 1 k BVG) nachgewiesen sei, sei keine Versorgung zu gewähren, da eine bestimmte Schädigung im Sinne von § 1 Abs. 1 BVG weder behauptet noch nachgewiesen sei, zumal er stets nur als Lokomotivschlosser beschäftigt gewesen sei.
Mit seiner hierauf erhobenen Klage trug der Kläger nunmehr vor, er sei erst Ende Oktober 1941 zur Wehrmacht abkommandiert worden und habe auf einer Fahrt zu einer Schulung drei Tage vor seiner Operation bereits starke Leibschmerzen verspürt. Später (gleichfalls noch vor der Operation) habe er noch an Schießübungen und am Handgranatenwerfen teilnehmen müssen. Nach der Operation habe er nur noch leichte Arbeiten verrichtet und am 1. September 1943 aus dem Reichsbahndienst ausgeschieden. Als Zeugen für seine Zugehörigkeit zur Feldeisenbahn hat er seine geschiedene Ehefrau benannt, die jedoch nach einer von ihr vorgelegten ärztlichen Bescheinigung wegen organischen Nervenleidens nicht reisefähig ist. Der Kläger hat am 26. März 1973 vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main u.a. erklärt, sein Werkmeister habe ihm im Oktober 1941 gesagt, er würde ab sofort zum Feldeisenbahndienst abgestellt. Sein späterer Blinddarmdurchbruch sei zwar bei und infolge seiner Tätigkeit als Lokomotivschlosser eingetreten. Er führe diesen Durchbruch aber auf die Belastungen durch sein oben erwähnten Übungen zurück.
Mit Urteil vom gleichen Tage hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die vorliegend nur in Frage kommende Abordnung zur Wehrmacht nach § 3 Abs. 1 d BVG sei nicht feststellbar, zumal auch die Antragen des Klägers bei verschiedenen DDR-Stellen ohne Ergebnis geblieben seien. Außerdem sei auch eine Schädigung im Sinne von § 1 Abs. 1 BVG mangels jeglicher medizinischer Unterlagen nicht nachweisbar. Auf die weiteren Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen dieses am 12. April 1973 mit Einschreiben an ihn abgesandte Urteil hat der Kläger mit einem am 11. Mai 1973 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit ihr macht er unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens geltend, er sei nach Teilnahme an der Schulung und den späteren Übungen bei einem Arbeitsversuch zusammengebrochen. Deshalb sei es bei ihm nicht zu dem üblichen leichten Verlauf seiner Erkrankung und der Operation sowie zu deren erheblichen Folgen gekommen. Er bitte deswegen um Einholung eines Gutachtens und Vernehmung seiner geschiedenen Ehefrau. Außerdem bemühe er sich auch weiter um Unterlagen aus der DDR. Er hat auf Anforderung seitens des Gerichts drei Auskünfte von DDR-Stellen vorgelegt, wonach seine früheren Personalakten dort nicht vorhanden sind. Es wurde lediglich auf Grund einer Liste seine Tätigkeit von August 1938 bis September 1944 als Schlosser bescheinigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 26. März 1973 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 26. Oktober 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 1972 zur Zahlung von Versorgungsbezügen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 25 v.H. wegen Folgeerscheinungen nach Narbenbruch (Bauchdecke) und Bauchwandinsuffizienz als Schädigungsfolge zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger gehöre nicht zu dem versorgungsberechtigten Personenkreis, so daß eine medizinische Sachaufklärung nicht angebracht sei.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Versorgungsakten sowie der beigezogenen Versicherungsunterlagen der Bundesbahn-Versicherungsanstalt, welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist insbesondere nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft.
Die Berufung hatte jedoch keinen Erfolg. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist jedenfalls im Ergebnis beizupflichten. Der streitige Versorgungsanspruch ist schon deshalb nicht begründet, weil nach den dem Kläger bzw. dessen Sohn erteilten mehrfachen Auskünften der zuständigen DDR-Stellen die Zugehörigkeit zum versorgungsberechtigten Personenkreis nach § 3 Abs. 1 d) BVG nicht feststellbar ist. Die frühere Personalakte des Klägers ist offenbar in Verlust geraten, wofür nicht zuletzt Kriegsereignisse als Ursache in Frage kommen.
Jedoch war der Kläger nach Überzeugung des Senats auch ungeachtet des Verlustes bzw. des Inhaltes seiner Personalakte nach seinem eigenen Vorbringen nicht im Sinne von § 3 Abs. 1 d) BVG "zur Wehrmacht abgeordnet”. Bei der Auslegung dieses Begriffes ist nach der Rechtsprechung des BSG (BSG 4, 8 ff., 272 ff.) auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen. Danach gehörten zu den zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten ab 26. August 1939 die in VV Nr. 2 zu § 3 BVG genannten Personen (vgl. Wilke, 3. Aufl., Anm. 4 a) zu § 3 BVG). Bei zusammenfassender Betrachtung dieser VV ergibt sich, daß mit ihnen jedenfalls grundsätzlich nur außerhalb der damaligen Reichsgrenzen eingesetzte Bedienstete gemeint waren, wie dies in VV Nr. 2 b), c) und e) auch ausdrücklich gesagt ist. Falls der Kläger also im Sinne von VV Nr. 2 c) zum Chef des Transportwesens abgeordnet gewesen sein sollte, entfällt seine Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 3 Abs. 1 d) BVG bereits ohne weiteres.
Aber auch im Falle einer Abordnung nach VV Nr. 2 a) oder d) kann sinngemäß nichts anderes gelten, zumal wesentliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung nicht ersichtlich sind (so offenbar im Ergebnis auch Schieckel/Gurgel, 4. Aufl. Anm. 7 zu § 3 BVG). Das vom Kläger geltendgemachte Geschehen hat sich erst in einem Vorbereitungsstadium einer Abordnung zur Wehrmacht im Sinne von § 3 Abs. 1 d) BVG ereignet, wofür insbesondere spricht, daß er nach seiner Erkrankung nicht in einem Wehrmachtslazarett sondern in einem zivilen Krankenhaus behandelt wurde; auch hatte er von der geplanten Abordnung offenbar nur mündlich erfahren.
Im übrigen hat der sach- und rechtskundig vertretene Kläger selbst nicht behauptet, etwa seinerzeit Dienst auf Grund der Notdienstverordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 k) geleistet zu haben. Hiergegen spricht auch, daß in den beigezogenen Versicherungsunterlagen erst 1943 von einer Dienstverpflichtung gesprochen wurde und er hiernach "freiwillig” aus dem Reichsbahndienst ausgeschieden ist.
Schließlich ist vorliegend der erforderliche Nachweis des schädigenden Ereignisses im Sinne von § 1 Abs. 1 BVG nicht erbracht, welches der Kläger auffälligerweise erstmals im Klageverfahren behauptet hat.
Nach alledem war, wie geschehen, zu entscheiden. Dabei mußte dahingestellt bleiben, ob dem Kläger etwa Leistungen aus anderen Rechtsgründen zustehen (vgl. BSG 4, 275).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1908 geborene Kläger war vor dem zweiten Weltkrieg Schlosser und nach dem Kriege zeitweise Inhaber einer Maschinenbaufirma. Im Oktober 1971 beantragte er bei dem Beklagten die Gewährung von Versorgungsbezügen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Er sei im September 1941 als Beschäftigter der früheren Deutschen Reichsbahn im Bahnbetriebswerk G. zum Feldeisenbahndienst eingeteilt und somit der Wehrmacht unterstellt worden. Als Feldeisenbahner sei er noch im September 1941 von der Reichsbahndirektion E. eingekleidet worden und für den Dienst in F. vorgesehen gewesen. Bis zu einer Abkommandierung habe er weiter Dienst als Lokomotivschlosser bei dem Bahnbetriebswerk G. getan. Ende Oktober 1941 sei er erkrankt. Da der behandelnde Arzt hierbei eine Ursache nicht feststellen konnte, habe er weiterhin seinen Dienst verrichten müssen. Am 3. November 1941 sei er am Arbeitsplatz zusammengebrochen. Bei der daraufhin im Krankenhaus am gleichen Tage durchgeführten Operation sei eine Blinddarmeiterung festgestellt worden; wegen deren Folgen – Narbenbruch und Bauchwandinsuffizienz – sei er später von der Wehrmacht g.v.H. gemustert und nicht einberufen worden. Ab 1961 sei er in G. wohnhaft.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 1971 lehnte der Beklagte die Gewährung von Versorgung ab, weil der Kläger nicht zu dem Personenkreis des § 3 Abs. 1 d BVG gehöre. Zu den dort genannten zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten zählten nach dem einschlägigen Verwaltungsvorschriften (VV) (vgl. VV zu § 3 Nr. 2 a und c) Bedienstete, soweit und solange sie dem Oberquartiermeister B. und F. unterstellt waren oder zum Chef des Transportwesens abgeordnet und außerhalb der Reichsgrenzen eingesetzt waren, für die Dauer ihrer Abordnung. Diese Voraussetzungen träfen jedoch auf den Kläger nach dessen eigenen Angaben nicht zu.
Es wurde ihm zugleich anheimgestellt, seine Ansprüche bei der Deutschen Bundesbahn geltend zu machen.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er falle auch in dem Zeitraum zwischen Bereitstellung und Abtransport unter § 3 BVG. Am 17. Dezember 1971 teilte die Bundesbahndirektion F. dem Beklagten auf Antrage mit, daß der Kläger dort nicht geführt werde. Es wurde empfohlen, der Kläger solle sich selbst an die zuständigen Stellen der DDR wenden, weil erfahrungsgemäß von dort Behörden der Bundesrepublik Deutschland nur selten Auskunft erteilt werde. Im übrigen zog der Beklagte vor allem die Versicherungsunterlagen der Bundesbahn-Versicherungsanstalt betreffend den Kläger bei. Hierauf wurde mit Bescheid vom 5. Mai 1972 dem Widerspruch nicht abgeholfen. Hierbei wurde auch darauf hingewiesen, daß die VV Ziff. 2 d zu § 3 BVG vorliegend nach den vorhandenen bzw. beigezogenen Unterlagen nicht erfüllt sei. Auch wenn ein Dienst des Klägers als Feldeisenbahner oder auf Grund der Notdienstverordnung (vgl. § 3 Abs. 1 k BVG) nachgewiesen sei, sei keine Versorgung zu gewähren, da eine bestimmte Schädigung im Sinne von § 1 Abs. 1 BVG weder behauptet noch nachgewiesen sei, zumal er stets nur als Lokomotivschlosser beschäftigt gewesen sei.
Mit seiner hierauf erhobenen Klage trug der Kläger nunmehr vor, er sei erst Ende Oktober 1941 zur Wehrmacht abkommandiert worden und habe auf einer Fahrt zu einer Schulung drei Tage vor seiner Operation bereits starke Leibschmerzen verspürt. Später (gleichfalls noch vor der Operation) habe er noch an Schießübungen und am Handgranatenwerfen teilnehmen müssen. Nach der Operation habe er nur noch leichte Arbeiten verrichtet und am 1. September 1943 aus dem Reichsbahndienst ausgeschieden. Als Zeugen für seine Zugehörigkeit zur Feldeisenbahn hat er seine geschiedene Ehefrau benannt, die jedoch nach einer von ihr vorgelegten ärztlichen Bescheinigung wegen organischen Nervenleidens nicht reisefähig ist. Der Kläger hat am 26. März 1973 vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main u.a. erklärt, sein Werkmeister habe ihm im Oktober 1941 gesagt, er würde ab sofort zum Feldeisenbahndienst abgestellt. Sein späterer Blinddarmdurchbruch sei zwar bei und infolge seiner Tätigkeit als Lokomotivschlosser eingetreten. Er führe diesen Durchbruch aber auf die Belastungen durch sein oben erwähnten Übungen zurück.
Mit Urteil vom gleichen Tage hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die vorliegend nur in Frage kommende Abordnung zur Wehrmacht nach § 3 Abs. 1 d BVG sei nicht feststellbar, zumal auch die Antragen des Klägers bei verschiedenen DDR-Stellen ohne Ergebnis geblieben seien. Außerdem sei auch eine Schädigung im Sinne von § 1 Abs. 1 BVG mangels jeglicher medizinischer Unterlagen nicht nachweisbar. Auf die weiteren Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen dieses am 12. April 1973 mit Einschreiben an ihn abgesandte Urteil hat der Kläger mit einem am 11. Mai 1973 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit ihr macht er unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens geltend, er sei nach Teilnahme an der Schulung und den späteren Übungen bei einem Arbeitsversuch zusammengebrochen. Deshalb sei es bei ihm nicht zu dem üblichen leichten Verlauf seiner Erkrankung und der Operation sowie zu deren erheblichen Folgen gekommen. Er bitte deswegen um Einholung eines Gutachtens und Vernehmung seiner geschiedenen Ehefrau. Außerdem bemühe er sich auch weiter um Unterlagen aus der DDR. Er hat auf Anforderung seitens des Gerichts drei Auskünfte von DDR-Stellen vorgelegt, wonach seine früheren Personalakten dort nicht vorhanden sind. Es wurde lediglich auf Grund einer Liste seine Tätigkeit von August 1938 bis September 1944 als Schlosser bescheinigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 26. März 1973 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 26. Oktober 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 1972 zur Zahlung von Versorgungsbezügen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 25 v.H. wegen Folgeerscheinungen nach Narbenbruch (Bauchdecke) und Bauchwandinsuffizienz als Schädigungsfolge zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger gehöre nicht zu dem versorgungsberechtigten Personenkreis, so daß eine medizinische Sachaufklärung nicht angebracht sei.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Versorgungsakten sowie der beigezogenen Versicherungsunterlagen der Bundesbahn-Versicherungsanstalt, welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist insbesondere nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft.
Die Berufung hatte jedoch keinen Erfolg. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist jedenfalls im Ergebnis beizupflichten. Der streitige Versorgungsanspruch ist schon deshalb nicht begründet, weil nach den dem Kläger bzw. dessen Sohn erteilten mehrfachen Auskünften der zuständigen DDR-Stellen die Zugehörigkeit zum versorgungsberechtigten Personenkreis nach § 3 Abs. 1 d) BVG nicht feststellbar ist. Die frühere Personalakte des Klägers ist offenbar in Verlust geraten, wofür nicht zuletzt Kriegsereignisse als Ursache in Frage kommen.
Jedoch war der Kläger nach Überzeugung des Senats auch ungeachtet des Verlustes bzw. des Inhaltes seiner Personalakte nach seinem eigenen Vorbringen nicht im Sinne von § 3 Abs. 1 d) BVG "zur Wehrmacht abgeordnet”. Bei der Auslegung dieses Begriffes ist nach der Rechtsprechung des BSG (BSG 4, 8 ff., 272 ff.) auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen. Danach gehörten zu den zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten ab 26. August 1939 die in VV Nr. 2 zu § 3 BVG genannten Personen (vgl. Wilke, 3. Aufl., Anm. 4 a) zu § 3 BVG). Bei zusammenfassender Betrachtung dieser VV ergibt sich, daß mit ihnen jedenfalls grundsätzlich nur außerhalb der damaligen Reichsgrenzen eingesetzte Bedienstete gemeint waren, wie dies in VV Nr. 2 b), c) und e) auch ausdrücklich gesagt ist. Falls der Kläger also im Sinne von VV Nr. 2 c) zum Chef des Transportwesens abgeordnet gewesen sein sollte, entfällt seine Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 3 Abs. 1 d) BVG bereits ohne weiteres.
Aber auch im Falle einer Abordnung nach VV Nr. 2 a) oder d) kann sinngemäß nichts anderes gelten, zumal wesentliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung nicht ersichtlich sind (so offenbar im Ergebnis auch Schieckel/Gurgel, 4. Aufl. Anm. 7 zu § 3 BVG). Das vom Kläger geltendgemachte Geschehen hat sich erst in einem Vorbereitungsstadium einer Abordnung zur Wehrmacht im Sinne von § 3 Abs. 1 d) BVG ereignet, wofür insbesondere spricht, daß er nach seiner Erkrankung nicht in einem Wehrmachtslazarett sondern in einem zivilen Krankenhaus behandelt wurde; auch hatte er von der geplanten Abordnung offenbar nur mündlich erfahren.
Im übrigen hat der sach- und rechtskundig vertretene Kläger selbst nicht behauptet, etwa seinerzeit Dienst auf Grund der Notdienstverordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 k) geleistet zu haben. Hiergegen spricht auch, daß in den beigezogenen Versicherungsunterlagen erst 1943 von einer Dienstverpflichtung gesprochen wurde und er hiernach "freiwillig” aus dem Reichsbahndienst ausgeschieden ist.
Schließlich ist vorliegend der erforderliche Nachweis des schädigenden Ereignisses im Sinne von § 1 Abs. 1 BVG nicht erbracht, welches der Kläger auffälligerweise erstmals im Klageverfahren behauptet hat.
Nach alledem war, wie geschehen, zu entscheiden. Dabei mußte dahingestellt bleiben, ob dem Kläger etwa Leistungen aus anderen Rechtsgründen zustehen (vgl. BSG 4, 275).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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