Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 849/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Tätigkeit eines Werkschutzmannes im letzten Krieg war kein militärähnlicher Dienst im Sinne des § 3 BVG.
Ein durch ein deutsches Militärfahrzeug verursachter Unfall bleibt ein privater Unfall, wenn die Voraussetzungen des § 5 BVG nicht vorliegen.
Ein durch ein deutsches Militärfahrzeug verursachter Unfall bleibt ein privater Unfall, wenn die Voraussetzungen des § 5 BVG nicht vorliegen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 26. Juni 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1896 geborene in der CSSR wohnhafte Klägerin deutscher Volkszugehörigkeit beantragte im Januar 1970 bei dem Versorgungsamt F. eine Entschädigung dafür, dass ihr Ehemann als Werkschutzmann am 14. April 1945 auf der Strasse nach M.-O. von einem deutschen Militärauto überfahren und getötet worden ist. Das tschechoslowakische Staatsamt für Kriegsbeschädigte in B. habe die Zahlung von Versorgung abgelehnt. Auf Befragen gab sie an, ihr Ehemann habe an diesem Tage frei gehabt. Der Unfall sei auf dem Heimweg von einer Apotheke geschehen. Am 14. April 1945 sei in M.-O. nur deutsches Militär gewesen. Die Stadt sei erst am 29./30.4.1945 von russischen Truppen besetzt worden.
Mit Bescheid vom 19. Januar 1972 lehnte das Versorgungsamt den Antrag der Klägerin ab, weil der Unfall nicht als Folge einer Schädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkungen anerkannt werden könne.
Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. März 1972).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Frankfurt/M. eine Auskunft von der Oberfinanzdirektion F. über Möglichkeiten der Klägerin eingeholt, nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz eine Entschädigung zu erhalten und hat sie hierfür informiert.
Mit Urteil vom 26. Juni 1973 hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es sich der Auffassung des Beklagten angeschlossen.
Gegen dieses durch öffentliche Bekanntmachung und zusätzlich mittels eingeschriebenen Briefes zugestellte Urteil richtet sich die am 27. August 1973 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen und weist auf ihre ungünstige finanzielle Lage hin.
Die Klägerin beantragt sinngemäss,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 26. Juni 1973 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 1972 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 1972 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Akten des Versorgungsamts F. mit der Archiv-Nr. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und dem der Gerichtsakten beider Instanzen wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäss § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). In der Sache hatte sie keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 1972 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29. März 1972 ist nicht rechtswidrig.
Ebenso wie das Sozialgericht musste auch der Senat feststellen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG besitzt. Eine einmalige Entschädigung oder Abfindung ist nach den gesetzlichen Bestimmungen ohnehin nicht vorgesehen.
Nach den Vorschriften der §§ 1 Abs. 5, 38 Abs. 1 BVG hat die Witwe Anspruch auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente, wenn ihr Ehemann an den Folgen einer Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG verstorben ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Wie das Vordergericht zutreffend ausgeführt hat, war der Ehemann der Klägerin kein Soldat. Als Werkschutzmann hat er nach den von ihr geschilderten Umständen seiner vertraglichen Anstellung keinen militärähnlichen Dienst gemäss § 3 Abs. 1 BVG geleistet. Selbst wenn ein solcher Dienst jedoch zu ihren Gunsten unterstellt werden könnte, würde ihr Begehren nicht begründet sein. Denn am Tage seines Todes hat der Ehemann der Klägerin keinen Dienst ausgeübt, sondern befand sich arbeitsfrei auf dem Wege von einer privaten Besorgung zu seiner Wohnung.
Sein Unfalltod beruht auch nicht auf einer unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 1 Abs. 2 a) in Verbindung mit § 5 BVG. Denn es handelt sich eindeutig um einen Verkehrsunfall, der nicht durch Kampfhandlungen und damit unmittelbar zusammenhängende militärische Massnahmen verursacht worden ist. Nach den eigenen Angaben der Klägerin wurde M.-O. erst am 29./30. April 1945 durch die Rote Armee besetzt, wohingegen der Verkehrsunfall schon am 14. April 1945 stattgefunden hat. Es ist zwar möglich und sogar anzunehmen, dass eine erhöhte Unfallgefahr deshalb bestand, weil die Stadt M.-O. voller deutscher Kampftruppen steckte. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr im Zeitpunkt des Unfalls durch Kampfhandlungen unmittelbar beeinträchtigt war, sei es etwa durch Bombenangriff oder sei es durch Formierung der Truppen, ist jedoch nicht vorhanden. Denn Gefechtsberührung hat es, wiederum nach der Schilderung der Klägerin, erst Tage später gegeben.
Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kommt dem Umstand keine rechtserhebliche Bedeutung zu, dass der Verkehrsunfall durch ein militärisches Fahrzeug verursacht worden ist. Es bleibt auf seiten des Ehemannes der Klägerin bei einem zivilen Unfall, der nicht unter die Vorschriften des BVG zu bringen ist. Welche sonstigen Entschädigungsmöglichkeiten bestehen könnten, hat das Vordergericht der Klägerin mitgeteilt, indem es ihr eine Durchschrift der Auskunft der Oberfinanzdirektion F. vom 30. Juni 1972 übermittelt hat. Der Senat hat dem nichts hinzuzusetzen.
Nach alledem war der Berufung der Erfolg mit der aus § 193 SGG entnommenen Kostenfolge zu versagen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1896 geborene in der CSSR wohnhafte Klägerin deutscher Volkszugehörigkeit beantragte im Januar 1970 bei dem Versorgungsamt F. eine Entschädigung dafür, dass ihr Ehemann als Werkschutzmann am 14. April 1945 auf der Strasse nach M.-O. von einem deutschen Militärauto überfahren und getötet worden ist. Das tschechoslowakische Staatsamt für Kriegsbeschädigte in B. habe die Zahlung von Versorgung abgelehnt. Auf Befragen gab sie an, ihr Ehemann habe an diesem Tage frei gehabt. Der Unfall sei auf dem Heimweg von einer Apotheke geschehen. Am 14. April 1945 sei in M.-O. nur deutsches Militär gewesen. Die Stadt sei erst am 29./30.4.1945 von russischen Truppen besetzt worden.
Mit Bescheid vom 19. Januar 1972 lehnte das Versorgungsamt den Antrag der Klägerin ab, weil der Unfall nicht als Folge einer Schädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkungen anerkannt werden könne.
Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. März 1972).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Frankfurt/M. eine Auskunft von der Oberfinanzdirektion F. über Möglichkeiten der Klägerin eingeholt, nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz eine Entschädigung zu erhalten und hat sie hierfür informiert.
Mit Urteil vom 26. Juni 1973 hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es sich der Auffassung des Beklagten angeschlossen.
Gegen dieses durch öffentliche Bekanntmachung und zusätzlich mittels eingeschriebenen Briefes zugestellte Urteil richtet sich die am 27. August 1973 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen und weist auf ihre ungünstige finanzielle Lage hin.
Die Klägerin beantragt sinngemäss,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 26. Juni 1973 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 1972 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 1972 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Akten des Versorgungsamts F. mit der Archiv-Nr. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und dem der Gerichtsakten beider Instanzen wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäss § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). In der Sache hatte sie keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 1972 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29. März 1972 ist nicht rechtswidrig.
Ebenso wie das Sozialgericht musste auch der Senat feststellen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG besitzt. Eine einmalige Entschädigung oder Abfindung ist nach den gesetzlichen Bestimmungen ohnehin nicht vorgesehen.
Nach den Vorschriften der §§ 1 Abs. 5, 38 Abs. 1 BVG hat die Witwe Anspruch auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente, wenn ihr Ehemann an den Folgen einer Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG verstorben ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Wie das Vordergericht zutreffend ausgeführt hat, war der Ehemann der Klägerin kein Soldat. Als Werkschutzmann hat er nach den von ihr geschilderten Umständen seiner vertraglichen Anstellung keinen militärähnlichen Dienst gemäss § 3 Abs. 1 BVG geleistet. Selbst wenn ein solcher Dienst jedoch zu ihren Gunsten unterstellt werden könnte, würde ihr Begehren nicht begründet sein. Denn am Tage seines Todes hat der Ehemann der Klägerin keinen Dienst ausgeübt, sondern befand sich arbeitsfrei auf dem Wege von einer privaten Besorgung zu seiner Wohnung.
Sein Unfalltod beruht auch nicht auf einer unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 1 Abs. 2 a) in Verbindung mit § 5 BVG. Denn es handelt sich eindeutig um einen Verkehrsunfall, der nicht durch Kampfhandlungen und damit unmittelbar zusammenhängende militärische Massnahmen verursacht worden ist. Nach den eigenen Angaben der Klägerin wurde M.-O. erst am 29./30. April 1945 durch die Rote Armee besetzt, wohingegen der Verkehrsunfall schon am 14. April 1945 stattgefunden hat. Es ist zwar möglich und sogar anzunehmen, dass eine erhöhte Unfallgefahr deshalb bestand, weil die Stadt M.-O. voller deutscher Kampftruppen steckte. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr im Zeitpunkt des Unfalls durch Kampfhandlungen unmittelbar beeinträchtigt war, sei es etwa durch Bombenangriff oder sei es durch Formierung der Truppen, ist jedoch nicht vorhanden. Denn Gefechtsberührung hat es, wiederum nach der Schilderung der Klägerin, erst Tage später gegeben.
Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kommt dem Umstand keine rechtserhebliche Bedeutung zu, dass der Verkehrsunfall durch ein militärisches Fahrzeug verursacht worden ist. Es bleibt auf seiten des Ehemannes der Klägerin bei einem zivilen Unfall, der nicht unter die Vorschriften des BVG zu bringen ist. Welche sonstigen Entschädigungsmöglichkeiten bestehen könnten, hat das Vordergericht der Klägerin mitgeteilt, indem es ihr eine Durchschrift der Auskunft der Oberfinanzdirektion F. vom 30. Juni 1972 übermittelt hat. Der Senat hat dem nichts hinzuzusetzen.
Nach alledem war der Berufung der Erfolg mit der aus § 193 SGG entnommenen Kostenfolge zu versagen.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved