Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 844/72
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Sinn und Zweck der sogenannten Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Abs. 1 BVG ist der Ausgleich eines wesentlichen und nachhaltigen wirtschaftlichen Schadens, der einer Braut durch den kriegsbedingten Tod des Verlobten entstanden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 9. Mai 1972 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1911 geborene Klägerin ist in der CSSR wohnhaft. Im August 1968 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Brautversorgung. Sie habe sich mit dem 1911 geborenen J. F. (F.), mit dem sie seit 1936 bekannt gewesen sei, kurz vor dessen am 16. Februar 1941 erfolgter Einberufung verlobt. Dieser habe bei der früheren Deutschen Wehrmacht Jedoch keinen Urlaub mehr erhalten und sei am 5. März 1942 gefallen. Hierdurch sei die für Dezember 1941 beabsichtigt gewesene Heirat verhindert worden. Auf Antrage hat die Klägerin erklärt, daß sie nach dem Tode des F. keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten habe. Sie habe vielmehr in der elterlichen Gastwirtschaft bzw. in dem eigenen Schuhgeschäft weiter gearbeitet, bis diese 1944/45 geschlossen wurden. Sie sei später von 1946 bis 1962 in einer Fabrik beschäftigt gewesen und dann wegen eines Hüftleidens invalidisiert worden, wonach sie nur eine kleine Invalidenrente beziehe. Mit Schreiben vom 22. Januar 1971 teilte der Hessische Arbeitsminister dem Landesversorgungsamt Hessen mit, daß vorliegend die Gewährung von Brautversorgung als Härteausgleich nach § 89 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht möglich sei. Die Klägerin sei nach der Schulentlassung bis 1962 erwerbstätig gewesen. Die Aufgabe der Tätigkeit sei nicht infolge des Verlöbnisses oder des Todes des Verlobten erfolgt, sondern infolge von Krankheit. Aus der Verbindungsei auch ein Kind hervorgegangen. Hiernach seien durch Verlöbnis und Tod des Verlobten kein wirtschaftlicher Schaden entstanden, was nach § 89 Abs. 1 BVG erforderlich sei. Hierauf lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 2. Februar den Antrag der Klägerin ab, da diese durch das Verlöbnis und den Tod des Verlobten nicht in eine der einer versorgungsberechtigten Witwe nahekommende Lage geraten sei, sondern weil ihre Bedürftigkeit alters- und krankenheitsbedingt sei. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Bescheid vom 14. April 1971 nicht ab. Nach deutschem Recht stehe eine Verlobte einer Ehefrau auch nicht annähernd gleich und habe deshalb keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Es liege aber auch keine besondere Härte nach § 89 BVG vor, da sich – anders als bei einer Ehefrau – die wirtschaftliche Lage der Klägerin infolge des Verlöbnisses und des Kriegstodes des Verlobten nicht geändert habe.
Mit ihrer hierauf erhobenen Klage hat die Klägerin geltend Gemacht, die ernsthafte Absicht einer baldigen Eheschließung sei nur durch den Tod des Verlobten verhindert worden; sie hätte als Ehefrau heute eine Stütze an ihm. Mit Urteil vom 9. Mai 1972 wies das Sozialgericht Frankfurt (Main) die Klage als unbegründet ab. Auf die Entscheidungsgründe wird im einzelnen Bezug genommen.
Gegen dieses mit Einschreiben am 5. Juni 1972 an sie abgesandte Urteil hat die Klägerin am 31. August 1972 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens weist sie vor allem darauf hin, daß sie mit einer kleinen Invalidenrente allein stehe. Hätte sie seinerzeit heiraten können, so hätte sie heute eine Witwenrente. Es sei unbillig, daß nach sechs Jahren Bekanntschaft und nach dem Tod des Verlobten keine Entschädigung gezahlt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 9. Mai 1972 sowie den Bescheid vom 2. Februar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 1971 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Versorgungsakten wird in einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere nach § 151 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – form und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft. Die Entscheidung konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist beizupflichten. Wie schon die Vorinstanz zutreffend und vor der Klägerin unwidersprochen im einzelnen ausgeführt hat, steht vorliegend die Gewährung von Versorgung nach §§ 64 Abs. 2, 7 Abs. 1 Nr. 2 BVG im Ermessen des Beklagten. Insoweit sind jedoch keine Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG festzustellen.
Nach dem Bundesversorgungsgesetz (vgl. § 38) haben entgegen der offenbar von der Klägerin vertretenen Auffassung Bräute gefallener Soldaten im Gegensatz zu Witwen eindeutig keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Dies entspricht der Tatsache, daß der deutschen Rechtsordnung eine rechtliche Gleichstellung von Witwen und Bräuten grundsätzlich fremd ist.
Einer Braut kann hiernach nur dann ein Ausgleich gewährt werden, wenn für sie der Ausschluß von der Witwenversorgung eine besondere Härte im Sinne von § 89 Abs. 1 BVG bedeutet; auch insoweit besteht für die Braut eindeutig kein Rechtsanspruch. Eine besondere Härte in vorgenannten Sinn besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG 31, 83) u.a., wenn die Braut durch das Verlöbnis und den Kriegstod des Verlobten einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat. Dieser liegt vor allem dann vor, wenn die Braut mit der Sorge für ein aus dem Verlöbnis hervorgegangenes Kind belastet ist, was vorliegend jedoch nicht der Fall war.
Die Klägerin hat aber auch nicht wehen des Verlöbnisses oder des Todes des Verlobten ihrer Beruf oder eine andere Erwerbsaussicht – etwa im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung – aufgegeben und dadurch einen wesentlichen und nachhaltigen wirtschaftlichen Schaden erlitten. Sie hat dies selbst in Verwaltungsverfahren eingeräumt (vgl. Bl. 13 VA). Sie hat ebenso wie schon vor dem Verlöbnis auch später eine Tätigkeit in der elterlichen Gastwirtschaft bzw. in ihrem eigenen Schuhgeschäft ausgeübt, bis dies durch nicht mit dem Verlöbnis bzw. dem Tod des Verlobten zusammenhängende Gründe gegen Kriegsende unmöglich wurde. Die vorgenannten Umstände haben auch nicht zur Beendigung ihrer später bis 1962 ausgeübten Arbeitnehmertätigkeit geführt, sondern diese Erwerbstätigkeit wurde offenbar krankheitshalber beendet.
Bei einer – wie vorliegend – aus Krankheits- und Altersgründen nunmehr bedürftig gewordenen Braut kann aber im Hinblick auf die obengenannte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht allein unter dem Gesichtspunkt des durch den Kriegstod des Verlobten entgangenen ehelichen Unterhalts eine besondere Härte im Sinne des § 89 Abs. 1 BVG bejaht werden. Nichts anderes ergibt sich bei Berücksichtigung des Umstands, daß zugleich mit dem – ohne den kriegsbedingten Tod des Verlobten sicheren – Status der Witwe auch der sich hieraus regelmäßig ergebende Rechtsanspruch auf Versorgung verloren geht (vgl. Urteil des BSG vom 25. Juli 1968 – 8 RV 191/67 –); sonst würde ohne gesetzliche Grundlage die hinterbliebene Braut dennoch einer Witwe gleichgestellt. Bei alledem ist die von der Klägerin hervorgehobene längere Dauer der Bekanntschaft mit dem späteren verlobten gleichfalls unerheblich.
Demnach war die unbegründete Berufung, wie geschehen, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1911 geborene Klägerin ist in der CSSR wohnhaft. Im August 1968 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Brautversorgung. Sie habe sich mit dem 1911 geborenen J. F. (F.), mit dem sie seit 1936 bekannt gewesen sei, kurz vor dessen am 16. Februar 1941 erfolgter Einberufung verlobt. Dieser habe bei der früheren Deutschen Wehrmacht Jedoch keinen Urlaub mehr erhalten und sei am 5. März 1942 gefallen. Hierdurch sei die für Dezember 1941 beabsichtigt gewesene Heirat verhindert worden. Auf Antrage hat die Klägerin erklärt, daß sie nach dem Tode des F. keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten habe. Sie habe vielmehr in der elterlichen Gastwirtschaft bzw. in dem eigenen Schuhgeschäft weiter gearbeitet, bis diese 1944/45 geschlossen wurden. Sie sei später von 1946 bis 1962 in einer Fabrik beschäftigt gewesen und dann wegen eines Hüftleidens invalidisiert worden, wonach sie nur eine kleine Invalidenrente beziehe. Mit Schreiben vom 22. Januar 1971 teilte der Hessische Arbeitsminister dem Landesversorgungsamt Hessen mit, daß vorliegend die Gewährung von Brautversorgung als Härteausgleich nach § 89 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht möglich sei. Die Klägerin sei nach der Schulentlassung bis 1962 erwerbstätig gewesen. Die Aufgabe der Tätigkeit sei nicht infolge des Verlöbnisses oder des Todes des Verlobten erfolgt, sondern infolge von Krankheit. Aus der Verbindungsei auch ein Kind hervorgegangen. Hiernach seien durch Verlöbnis und Tod des Verlobten kein wirtschaftlicher Schaden entstanden, was nach § 89 Abs. 1 BVG erforderlich sei. Hierauf lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 2. Februar den Antrag der Klägerin ab, da diese durch das Verlöbnis und den Tod des Verlobten nicht in eine der einer versorgungsberechtigten Witwe nahekommende Lage geraten sei, sondern weil ihre Bedürftigkeit alters- und krankenheitsbedingt sei. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half der Beklagte mit Bescheid vom 14. April 1971 nicht ab. Nach deutschem Recht stehe eine Verlobte einer Ehefrau auch nicht annähernd gleich und habe deshalb keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Es liege aber auch keine besondere Härte nach § 89 BVG vor, da sich – anders als bei einer Ehefrau – die wirtschaftliche Lage der Klägerin infolge des Verlöbnisses und des Kriegstodes des Verlobten nicht geändert habe.
Mit ihrer hierauf erhobenen Klage hat die Klägerin geltend Gemacht, die ernsthafte Absicht einer baldigen Eheschließung sei nur durch den Tod des Verlobten verhindert worden; sie hätte als Ehefrau heute eine Stütze an ihm. Mit Urteil vom 9. Mai 1972 wies das Sozialgericht Frankfurt (Main) die Klage als unbegründet ab. Auf die Entscheidungsgründe wird im einzelnen Bezug genommen.
Gegen dieses mit Einschreiben am 5. Juni 1972 an sie abgesandte Urteil hat die Klägerin am 31. August 1972 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens weist sie vor allem darauf hin, daß sie mit einer kleinen Invalidenrente allein stehe. Hätte sie seinerzeit heiraten können, so hätte sie heute eine Witwenrente. Es sei unbillig, daß nach sechs Jahren Bekanntschaft und nach dem Tod des Verlobten keine Entschädigung gezahlt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 9. Mai 1972 sowie den Bescheid vom 2. Februar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 1971 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Versorgungsakten wird in einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere nach § 151 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – form und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft. Die Entscheidung konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist beizupflichten. Wie schon die Vorinstanz zutreffend und vor der Klägerin unwidersprochen im einzelnen ausgeführt hat, steht vorliegend die Gewährung von Versorgung nach §§ 64 Abs. 2, 7 Abs. 1 Nr. 2 BVG im Ermessen des Beklagten. Insoweit sind jedoch keine Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG festzustellen.
Nach dem Bundesversorgungsgesetz (vgl. § 38) haben entgegen der offenbar von der Klägerin vertretenen Auffassung Bräute gefallener Soldaten im Gegensatz zu Witwen eindeutig keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Dies entspricht der Tatsache, daß der deutschen Rechtsordnung eine rechtliche Gleichstellung von Witwen und Bräuten grundsätzlich fremd ist.
Einer Braut kann hiernach nur dann ein Ausgleich gewährt werden, wenn für sie der Ausschluß von der Witwenversorgung eine besondere Härte im Sinne von § 89 Abs. 1 BVG bedeutet; auch insoweit besteht für die Braut eindeutig kein Rechtsanspruch. Eine besondere Härte in vorgenannten Sinn besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG 31, 83) u.a., wenn die Braut durch das Verlöbnis und den Kriegstod des Verlobten einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat. Dieser liegt vor allem dann vor, wenn die Braut mit der Sorge für ein aus dem Verlöbnis hervorgegangenes Kind belastet ist, was vorliegend jedoch nicht der Fall war.
Die Klägerin hat aber auch nicht wehen des Verlöbnisses oder des Todes des Verlobten ihrer Beruf oder eine andere Erwerbsaussicht – etwa im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung – aufgegeben und dadurch einen wesentlichen und nachhaltigen wirtschaftlichen Schaden erlitten. Sie hat dies selbst in Verwaltungsverfahren eingeräumt (vgl. Bl. 13 VA). Sie hat ebenso wie schon vor dem Verlöbnis auch später eine Tätigkeit in der elterlichen Gastwirtschaft bzw. in ihrem eigenen Schuhgeschäft ausgeübt, bis dies durch nicht mit dem Verlöbnis bzw. dem Tod des Verlobten zusammenhängende Gründe gegen Kriegsende unmöglich wurde. Die vorgenannten Umstände haben auch nicht zur Beendigung ihrer später bis 1962 ausgeübten Arbeitnehmertätigkeit geführt, sondern diese Erwerbstätigkeit wurde offenbar krankheitshalber beendet.
Bei einer – wie vorliegend – aus Krankheits- und Altersgründen nunmehr bedürftig gewordenen Braut kann aber im Hinblick auf die obengenannte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht allein unter dem Gesichtspunkt des durch den Kriegstod des Verlobten entgangenen ehelichen Unterhalts eine besondere Härte im Sinne des § 89 Abs. 1 BVG bejaht werden. Nichts anderes ergibt sich bei Berücksichtigung des Umstands, daß zugleich mit dem – ohne den kriegsbedingten Tod des Verlobten sicheren – Status der Witwe auch der sich hieraus regelmäßig ergebende Rechtsanspruch auf Versorgung verloren geht (vgl. Urteil des BSG vom 25. Juli 1968 – 8 RV 191/67 –); sonst würde ohne gesetzliche Grundlage die hinterbliebene Braut dennoch einer Witwe gleichgestellt. Bei alledem ist die von der Klägerin hervorgehobene längere Dauer der Bekanntschaft mit dem späteren verlobten gleichfalls unerheblich.
Demnach war die unbegründete Berufung, wie geschehen, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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